Annahmeverzug

Unter dem Begriff „Annahmeverzug“ kannst Du Dir vielleicht im ersten Moment noch wenig vorstellen. Allerdings spielt der Annahmeverzug sowohl im Alltag als auch im beruflichen Leben eine Rolle.

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    Deswegen wirst Du hier erfahren, was überhaupt unter dem Annahmeverzug zu verstehen ist, welche Voraussetzungen dafür vorliegen müssen, welche Rechtsfolgen der Annahmeverzug nach sich zieht und welche Besonderheiten für Arbeitsverträge gelten.

    Annahmeverzug – Definition

    Zunächst ist es wichtig, dass Du weißt, was unter einem Annahmeverzug zu verstehen ist. Der Annahmeverzug ist in den §§ 293 ff. des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB) geregelt und ist ein Begriff aus dem Schuldrecht.

    Der*die Gläubiger*in kommt in Annahmeverzug, wenn er*sie die ihm*ihr von dem*der Schuldner*in angebotene Leistung nicht annimmt, § 293 BGB.

    Du merkst vielleicht, dass Du zum Verständnis des Annahmeverzugs wissen solltest, wer der*die Schuldner*in und wer der*die Gläubiger*in ist.

    Der*die Schuldner*in ist die Person, die aus einem vertraglichen oder gesetzlichen Schuldverhältnis eine Leistungspflicht trifft. Der*die Gläubiger*in ist die Person, die von dem*der Schuldner*in eine Leistung fordern kann, § 241 Abs. 1 S. 1 BGB.

    Der*die Schuldner*in ist also die Person, die die Leistung dem*der anderen schuldet. Der*die Gläubiger*in ist im Gegensatz dazu die Person, die die Leistung von dem*der anderen fordern und den Anspruch geltend machen kann.

    Der Verkäufer Timo und die Käuferin Fiona haben vereinbart, dass Fiona ein Auto bei Timo kauft. Sie haben dadurch einen Kaufvertrag gem. § 433 BGB abgeschlossen. Fiona stellt sich die Frage, ob sie Schuldnerin oder Gläubigerin ist. Die Antwort auf die Frage ist, dass sie beides ist. Es müssen die verschiedenen Ansprüche aus dem Kaufvertrag voneinander unterschieden werden. Bei einem Kaufvertrag muss der Kaufpreis gezahlt und die Sache muss übergeben werden.

    Bezüglich des Kaufpreises ist

    • Fiona die Schuldnerin, weil sie aus dem Kaufvertrag verpflichtet ist, dem Verkäufer den vereinbarten Kaufpreis zu zahlen, § 433 Abs. 2 BGB,
    • und Timo der Gläubiger, weil er einen Anspruch auf die Zahlung des Kaufpreises gegen Fiona hat gem. § 433 Abs. 2 BGB.

    Bezüglich der Übergabe des Autos ist

    • Timo der Schuldner, weil er aus dem Kaufvertrag verpflichtet ist, der Käuferin die Sache zu übergeben und das Eigentum an der Sache zu verschaffen, § 433 Abs. 1 S. 1 BGB,
    • und Fiona die Gläubigerin, weil sie einen Anspruch auf die Übergabe und Übereignung der Kaufsache gegen den Verkäufer hat, § 433 Abs. 1 S. 1 BGB.

    Versuch Dir immer klarzumachen, wer was von wem verlangen kann.

    Bei dem Annahmeverzug nimmt der*die Gläubiger*in die angebotene Leistung des*der Schuldners*in nicht an.

    Denk noch einmal an das Beispiel mit Timo und Fiona. Stelle Dir vor, dass Timo das Auto, wie vertraglich vereinbart, bei Fiona vorbeibringen möchte. Er klingelt an der Haustür und es stellt sich heraus, dass Fiona nicht zu Hause ist. Sie, als Gläubigerin, nimmt die vom Schuldner angebotene Sache also nicht an. Demzufolge kommt es zu einem Annahmeverzug.

    Der Annahmeverzug wird auch Gläubigerverzug genannt, weil der Gläubiger in Verzug gerät.

    Der Gläubigerverzug führt zu einer Störung des Schuldverhältnisses. Es wird jedoch keine Pflicht verletzt. Eine echte Mitwirkungspflicht des*der Gläubigers*in gibt es in den meisten gegenseitigen Verträgen nicht. Allerdings trifft ihn*sie eine Obliegenheit, die angebotene Leistung anzunehmen. Die Folge davon, dass die Mitwirkungspflicht des*der Gläubiger*in in den meisten Fällen keine tatsächliche Pflicht ist, ist, dass diese Obliegenheit nicht rechtlich durchgesetzt werden kann. Der Annahmeverzug schützt daher den*die Schuldner*in, wenn der*die Gläubiger*in die angebotene Leistung nicht annimmt.

    Unterschiede des Gläubiger- und Schuldnerverzugs

    Der Annahmeverzug ist das Gegenstück zum Schuldnerverzug. Daher ist es wichtig, dass Du den Gläubiger- und Schuldnerverzug auseinanderhalten kannst. Beim Schuldnerverzug gerät nicht der*die Gläubiger*in in Verzug, sondern der*die Schuldner*in.

    Der Schuldnerverzug tritt gem. § 286 Abs. 1 S. 1 BGB ein, wenn der*die Schuldner*in seine*ihre fällige Leistung trotz Mahnung nicht erbringt.

    Der*die Schuldner*in gerät immer dann in Verzug, wenn er*sie die Leistung nicht zur vereinbarten Zeit, am vereinbarten oder in der vereinbarten Art und Weise erbringt. Aufgrund des Schuldnerverzugs hat der*die Gläubiger*in gegen den*die Schuldner*in einen Anspruch auf Schadensersatz für die Verzugsschaden gem. §§ 280 I, II, 286 BGB. Ein Unterschied ist, dass der Annahmeverzug ohne das Verschulden des*der Gläubigers*in eintritt. Des Weiteren ist für die Rechtsfolgen des Annahmeverzugs grundsätzlich keine Mahnung erforderlich. Bei dem Schuldnerverzug kann nicht nur Aufwendungsersatz, sondern Schadensersatz verlangt werden.

    Der Gläubiger- und Schuldnerverzug stellen also jeweils die verspätete Leistung des*der Gläubigers*in oder des*der Schuldners*in dar. Da der Gläubiger- und Schuldnerverzug unterschiedliche Rechtsfolgen haben, solltest Du genau auseinanderhalten, wer der*die Schuldner*in und wer der*die Gläubiger*in ist.

    Annahmeverzug – Schema

    Der Annahmeverzug beinhaltet verschiedene Voraussetzungen und, wenn diese erfüllt sind, unterschiedliche Rechtsfolgen. Damit Du es Dir besser vorstellen kannst, hier das Schema zum Annahmeverzug:

    I Voraussetzungen

    1. Erfüllbarer Anspruch § 271 BGB

    2. Ordnungsgemäßes Angebot § 293 BGB

      1. Tatsächliches Angebot § 294 BGB

      2. Wörtliches Angebot § 295 BGB

      3. Entbehrlichkeit des Angebots § 296 BGB

    3. Nichtannahme des Angebots §§ 293, 298 BGB

    4. Kein Ausschluss §§ 297, 299 BGB

      1. Vorübergehende Unmöglichkeit § 297 BGB

      2. Vorübergehende Annahmeverhinderung § 299 BGB

    II Rechtsfolgen

    1. Keine Leistungsbefreiung

    2. Haftungsmilderung § 300 Abs. 1 BGB

    3. Übergang der Leistungsgefahr bei Gattungsschulden § 300 Abs. 2 BGB

    4. Aufwendungsersatzanspruch des*der Schuldners*in § 304 BGB

    5. Übergang der Preisgefahr beim gegenseitigen Vertrag § 326 Abs. 2 S. 1 2. Fall BGB

    Damit Du auch weißt, was mit den unterschiedlichen Punkten gemeint ist, werden diese im Folgenden näher erklärt.

    Annahmeverzug – Voraussetzungen

    Die Voraussetzungen des Annahmeverzugs sind im Einzelnen, dass der*die Schuldner*in einen erfüllbaren Anspruch hat und die Leistung von dem*der Gläubiger*in ordnungsgemäß angeboten bekommt. Außerdem darf der*die Schuldner*in die Leistung nicht angenommen haben und der Annahmeverzug darf nicht ausgeschlossen sein.

    Deep dive:

    Du solltest noch wissen, was genau ein Anspruch und eine Leistung ist.

    Der Begriff des Anspruchs ist in § 194 Abs. 1 BGB legal definiert.

    Das Recht, von einem anderen ein Tun oder Unterlassen zu verlangen - Anspruch) […], § 194 Abs. 1 BGB.

    Dies bedeutet, dass der*diejenige, also der*die Gläubiger*in, der*die einen Anspruch gegen eine*n andere*n, also den*die Schuldner*in hat, kann von ihr*ihm ein Tun oder Unterlassen verlangen.

    Vera und Anton haben einen Kaufvertrag geschlossen. Dieser beinhaltet, dass Anton ihr einen Küchenschrank verkauft und Vera dafür 500 € zahlt. Wenn Du herausfinden möchtest, wer gegen wen einen Anspruch hat, solltest Du erst einmal feststellen, wer der*die Schuldner*in oder wer der*die Gläubiger*in ist. Bei dem Kaufvertrag gibt es wieder zwei verschiedene schuldrechtliche Ansprüche: zum einen den Anspruch auf Übergabe des Küchenschrankes und zum anderen den Anspruch auf Übergabe des Kaufpreises.

    1. In Bezug auf den Küchenschrank ist Vera die Gläubigerin, weil sie aus dem Kaufvertrag gem. § 433 Abs. 1 S. 1 BGB einen Anspruch gegen Anton auf Leistung hat. Anton ist der Schuldner, da er verpflichtet ist, der Käuferin die Sache zu übergeben.
    2. In Bezug auf den Kaufpreis ist Anton der Gläubiger, weil er einen Anspruch auf Zahlung des Kaufpreises gegen Vera hat aus dem Kaufvertrag gem. § 433 Abs. 2 BGB. Vera ist die Schuldnerin, denn sie ist verpflichtet, dem Verkäufer den vereinbarten Kaufpreis zu zahlen.

    Du merkst also, dass Du bereits bei der Feststellung, wer Schuldner*in und wer Gläubiger*in ist, prüfst, wer gegen wen den Anspruch hat.

    Sollten noch mehr Personen bei einem Vertrag beteiligt sein, kann es immer hilfreich sein, wenn Du ein Schaubild erstellst, wer welchen Anspruch gegen wen hat.

    Nun bleibt noch die Frage, was unter der Leistung zu verstehen ist.

    Die Leistung ist ein Tun oder Unterlassen des*der Schuldners*in zur Erfüllung einer Schuld. Der*die Schuldner*in ist wegen eines geschlossenen Schuldverhältnisses zu einer Leistung an den*die Gläubiger*in verpflichtet.

    Der*die Schuldner*in ist also wegen eines mit dem*der Gläubiger*in geschlossenen Rechtsgeschäfts verpflichtet, an sie*ihn zu leisten. Beispielsweise bei einem Kaufvertrag ist die geschuldete Leistung von dem*der Käufer*in die Zahlung des Kaufpreises. Die Leistung, die der*die Verkäufer*in erbringen muss, ist die Übergabe und das Verschaffen des Eigentums an der Kaufsache.

    Annahmeverzug – Erfüllbarer Anspruch § 271 BGB

    Zunächst solltest Du prüfen, ob ein erfüllbarer Anspruch vorliegt. Dies richtet sich nach § 271 Abs. 2 BGB. Der*die Schuldner*in muss zur Leistung berechtigt sein. Die Leistung muss deswegen erfüllbar sein.

    Unter der Erfüllbarkeit wird der Zeitpunkt verstanden, in dem geleistet werden kann. Wenn die Beteiligten nichts anderes vereinbart haben, ist dieser Zeitpunkt im Zweifel sofort, § 271 Abs. 1 BGB.

    Ist eine Zeit für die Leistung weder bestimmte noch aus den Umständen zu entnehmen, so kann der Gläubiger die Leistung sofort verlangen, der Schuldner kann sie sofort bewirken. - § 271 Abs. 1 BGB.

    Der Zeitpunkt zur Leistung kann also entweder von den Beteiligten vereinbart werden oder sich aus den Umständen ergeben. Wenn der Zeitpunkt sich nicht mit diesen Anhaltspunkten anders bestimmen lässt, muss der*die Schuldner*in sofort leisten und der*die Gläubiger*in hat einen Anspruch darauf, dass der*die Schuldner*in sofort leistet.

    Beispiel:

    Anna und Tom haben einen Kaufvertrag vereinbart. Anna kauft in dem Möbelgeschäft von Tom einen Sessel. Sie vereinbaren, dass Tom den Sessel am 09.05.2022 an Anna liefert. Der Zeitpunkt, in dem der Schuldner Tom die Leistung erbringen muss, ist daher vertraglich vereinbart. Tom muss die Leistung am 09.05.2022 erbringen und Anna hat einen Anspruch darauf, dass er die Leistung an diesem Tag erbringt.

    Anna möchte außerdem bald heiraten. Sie erklärt der Bäckerin Finja, dass sie am 15.05.2022 heiratet und für diesen Tag eine Hochzeitstorte kaufen möchte. Anna und Finja vereinbaren jedoch nicht genau, dass Finja die Torte an diesem Tag liefert. Es ergibt sich jedoch aus den Umständen, dass die Torte am Tag der Hochzeit geliefert werden muss.

    Außerdem möchte Anna ein Buch kaufen. Sie schließt in der Buchhandlung von Finn einen Kaufvertrag ab. Der Zeitpunkt der Leistung ist weder bestimmt noch den Umständen zu entnehmen. Finn muss als Schuldner die Leistung in Form der Übergabe und der Verschaffung des Eigentums an dem Buch deswegen sofort bewirken.

    Annahmeverzug – Ordnungsgemäßes Angebot §§ 294-296 BGB

    Die Leistung muss dem*der Gläubiger*in von dem*der Schuldner*in ordnungsgemäß angeboten worden sein. Der*die Schuldner*in ist verpflichtet, die geschuldete Leistung am richtigen Ort, zur richtigen Zeit und in der richtigen Art und Weise anzubieten, §§ 294, 295, 296 BGB.

    Dabei wird zwischen verschiedenen Formen des Angebots unterschieden und ein Angebot kann in bestimmten Fällen auch entbehrlich sein.

    Tatsächliches Angebot § 294 BGB

    Grundsätzlich muss der*die Schuldner*in dem*der Gläubiger*in die Leistung tatsächlich anbieten, § 294 BGB.

    Die Leistung muss dem Gläubiger so, wie sie zu bewirken ist, tatsächlich angeboten werden - § 294 BGB

    Das tatsächliche Angebot beinhaltet, dass der*die Schuldner*in die Leistung am richtigen Ort, zur richtigen Zeit und in richtiger Beschaffenheit und Vollständigkeit anbieten. Das tatsächliche Anbieten bedeutet, dass der*die Gläubiger*in nur noch zugreifen muss, um die Leistung annehmen zu können.

    Um zu erkennen, ob die Leistung am richtigen Ort erbracht worden ist, solltest Du wissen, was unter dem Leistungsort und dem Erfolgsort zu verstehen ist.

    Der Leistungsort ist der Ort, an dem die Leistung erbracht werden muss.

    Der Leistungsort wird im Gesetz auch als Erfüllungsort bezeichnet.

    Der Erfolgsort ist der Ort, an dem der Leistungserfolg eintritt.

    In den Fällen der Hol- und Bringschuld ist der Leistungsort gleichzeitig der Erfolgsort. Bei der Schickschuld ist dies nicht der Fall. Wenn Du Dich fragst, an welchem Ort die Leistung erbracht werden muss, solltest noch die Folgenden voneinander unterscheiden:

    • Holschuld
    • Bringschuld
    • Schickschuld

    Holschuld

    Die Holschuld ist der gesetzliche Regelfall und ist in § 269 Abs. 1 BGB geregelt.

    Der Leistungsort ist bei der Holschuld der Wohnsitz des*der Schuldners*in.

    Der*die Gläubiger*in muss die Leistung bei dem*der Schuldner*in holen. Der*die Schuldner*in muss die Leistung zur Abholung anbieten. Der Wohnsitz des Schuldners ist der Leistungs- und Erfolgsort.

    Ben und Lea haben einen Kaufvertrag geschlossen und nichts bezüglich der Abholung vereinbart. Daher tritt der gesetzliche Regelfall des § 269 Abs. 1 BGB in Form der Holschuld ein. Ben muss die Kaufsache daher bei Lea abholen und Lea muss die Kaufsache zur Abholung durch Ben bereithalten.

    Bringschuld

    Davon zu unterscheiden ist die Bringschuld.

    Der*die Schuldner*in muss die Leistung an den Wohnsitz des*der Gläubiger*in bringen. Der Leistungs- und Erfolgsort ist also der Wohnsitz des*der Gläubigers*in.

    Kira soll das Auto von Jan reparieren und es ihm anschließend repariert nach Hause bringen. Kira und Jan haben einen Werkvertrag mit einer Bringschuld vereinbart. Der Leistungs- und Erfolgsort ist dabei der Wohnsitz von Jan.

    Schickschuld

    Die dritte Möglichkeit ist die Schickschuld.

    Die Schickschuld liegt vor, wenn die Leistung versendet wird. Der*die Schuldner*in muss die Leistung an den*die Gläubiger*in schicken.

    Die Besonderheit ist, dass der Leistungs- und Erfolgsort auseinanderfallen. Der Leistungsort ist am Wohnsitz des*der Schuldners*in, an dem diese*r die Leistung verschicken muss. Der Erfolgsort ist am Wohnsitz des*der Gläubigers*in, da dort die Leistung ankommt.

    Lina schließt mit Adam einen Kaufvertrag mit dem Inhalt, dass er Lina fünf Bücher schickt und sie Adam den Kaufpreis überweist. Bezogen auf die Kaufsache ist der Leistungsort der Wohnsitz des Schuldners Adam, der die Bücher verschicken muss. Der Erfolgsort ist der Wohnsitz der Gläubigerin Lina, an dem die Bücher ankommen. Deswegen handelt es sich um eine Schickschuld.

    Wenn die Leistung an einem falschen Ort angeboten wird, kann der*die Gläubiger*in das Angebot ablehnen, ohne dass er*sie in Annahmeverzug gerät.

    Wörtliches Angebot § 295 BGB

    Das tatsächliche Angebot muss normalerweise für das Leistungsangebot vorliegen. Ausnahmsweise genügt ein wörtliches Angebot gem. § 295 BGB.

    Ein wörtliches Angebot ist die Erklärung des*der Schuldners*in, dass er*sie die geschuldete Leistung bewirken will, dafür aber die erforderliche Handlung des*der Gläubiger*in notwendig ist.

    Der*die Schuldner*in muss also nicht tatsächlich handeln und die Leistung erbringen, sondern es reicht aus, wenn er*sie dem*der Gläubiger*in mitteilt, dass er*sie die Leistung bewirken möchte. Dabei muss der*die Schuldner*in den*die Gläubiger*in auffordern, die erforderliche Handlung vorzunehmen, § 295 S. 2 BGB.

    Ein wörtliches Angebot genügt,

    • wenn der*die Gläubiger*in dem*der Schuldner*in erklärt hat, dass er*sie die Leistung nicht annehmen werde, oder

    • wenn zur Leistungsbewirkung eine Handlung des*der Gläubigers*in erforderlich ist.

    Sarah und Timon schließen einen Kaufvertrag mit dem Inhalt, dass Timon einen Tisch zu Sarah bringen soll und sie dafür den Kaufpreis zahlt. Einen Tag vor dem vereinbarten Termin, teilt Sarah mit, dass sie den Tisch nicht annehmen will. Aufgrund der Verweigerung der Annahme reicht ein wörtliches Angebot gem. § 295 BGB aus. Es genügt daher für das Leistungsangebot, dass Timon Sarah gegenüber erklärt, dass er den Tisch liefern möchte.

    Anja und Torben vereinbaren, dass sie ein Sofa bei Torben abholt und dafür einen Kaufpreis zahlt. Dadurch, dass die Käuferin die Sache abholen möchte, wurde eine Holschuld vereinbart. Durch diese Vereinbarung hat sich Anja zu einer Mitwirkungshandlung verpflichtet. Anja holt das Sofa nicht bei Torben ab. Damit unterlässt sie die erforderliche Mitwirkungshandlung und ein wörtliches Angebot von Torben ist ausreichend.

    Entbehrlichkeit des Angebots § 296 BGB

    In gewissen Ausnahmefällen ist überhaupt kein Angebot notwendig. Die Entbehrlichkeit des Angebots ist in § 296 BGB geregelt. Durch § 296 BGB werden die Fälle ergänzt, bei denen eine Mitwirkungshandlung des*der Gläubiger*in erforderlich ist.

    Die Voraussetzung für die Entbehrlichkeit des Angebots ist, dass der Zeitpunkt der Mitwirkungshandlung kalendermäßig bestimmt ist, § 296 S. 1 BGB. Alternativ kann das Angebot auch entbehrlich sein, wenn der Zeitpunkt ab Eintritt eines voraus zugehenden Ereignisses berechenbar ist.

    Der Zeitpunkt der Mitwirkungshandlung muss also für die Entbehrlichkeit mittels eines Datums im Kalender vereinbart sein oder sich anders berechnen lassen (zum Beispiel durch die Angabe von Wochen, Tagen etc.). In diesen Fällen kommt der*die Gläubiger*in in Annahmeverzug, wenn er*sie die Mitwirkungshandlung unterlässt, auch wenn die Leistung nicht angeboten wurde.

    Beispiel:

    Kiara und Fabio vereinbaren am 03.05.2022, dass Fabio das Auto von Kiara repariert. Das Auto soll von Kiara am 20.05.2022 bei ihm abgeholt werden. An dem kalendarisch bestimmten Zeitpunkt taucht Kiara nicht bei Fabio auf und holt das Auto nicht ab.

    Kiara und Fabio haben eine Holschuld vereinbart, da Kiara das Auto abholen soll. Dadurch wurde sich gleichzeitig auf eine Mitwirkungshandlung von ihr geeinigt. Diese Mitwirkungshandlung hat Kiara nicht erfüllt, da sie das Auto nicht an dem vereinbarten Termin abgeholt hat. Daher ist ein Angebot von Fabio gem. § 296 S. 1 BGB entbehrlich.

    Hätten Kiara und Fabio vereinbart, dass sie das Auto nach genau zwei Wochen abholen soll, wäre es möglich den Termin zu berechnen. Der Zeitpunkt, an dem Kiara das Auto abholen muss, ist der 17.05.2022. Wenn sie das Auto an diesem Tag nicht abholt, ist ein Angebot von Fabio entbehrlich gem. § 296 S. 2 BGB.

    Der*die Gläubiger*in ist ab dem Zeitpunkt nicht mehr im Verzug, in dem er*sie die Mitwirkungshandlung nachholt.

    Annahmeverzug – Nichtannahme des Angebots §§ 293, 298 BGB

    Die nächste Voraussetzung für den Annahmeverzug ist, dass der*die Gläubiger*in das ordnungsgemäße Angebot nicht annimmt, § 293 BGB.

    Der*die Gläubiger*in nimmt das Angebot nicht an, wenn er*sie die Leistung nicht entgegennimmt.

    Der*die Gläubiger*in muss die Annahme nicht ausdrücklich verweigern, sondern es reicht aus, dass er*sie die Leistung nicht entgegennimmt. Ein Verschulden des*der Gläubigers*in ist für die Nichtannahme nicht erforderlich. Ein weiterer Fall der Nichtannahme des Angebots ist in § 298 BGB geregelt. Danach gerät der*die Gläubiger*in auch in Annahmeverzug, wenn er*sie die Leistung annehmen, aber die geforderte und fällige Gegenleistung nicht erbringen will.

    Ella und Gerd haben einen Kaufvertrag geschlossen. Dieser beinhaltet, dass Gerd ihr ein Fahrrad vorbeibringt und sie ihm den Kaufpreis zahlt. Zum vereinbarten Zeitpunkt ist Ella nicht zu Hause, sodass sie die Leistung nicht annimmt, § 293 BGB. Mona und Daniel vereinbaren, dass er ihr einen Fernseher schickt und sie dafür den Kaufpreis zahlt. Es wird also ein Kaufvertrag vereinbart, bei dem Zug-um-Zug die Kaufsache verschickt und dafür der Kaufpreis gezahlt werden muss.

    Mona möchte den Fernseher zwar annehmen, aber erst einmal nichts dafür bezahlen. Sie möchte die erforderliche Gegenleistung also nicht erbringen, sodass sie gem. § 298 BGB das Angebot nicht annimmt.

    Annahmeverzug – Kein Ausschluss

    Des Weiteren darf kein Ausschluss vorliegen, weshalb es dem*der Schuldner*in nicht möglich ist zu leisten. Diese Fälle sind in §§ 297, 299 BGB geregelt.

    Keine vorübergehende Unmöglichkeit § 297 BGB

    Der Annahmeverzug kann nur eintreten, wenn es dem*der Schuldner*in auch möglich ist zu leisten. Es greifen daher die Regelungen zur Unmöglichkeit der Leistung gem. § 275 BGB. Wenn der Anspruch gem. § 275 Abs. 1 BGB wegen Unmöglichkeit ausgeschlossen ist, kann kein Annahmeverzug eintreten.

    Die Leistung ist unmöglich, wenn sie für den*die Schuldner*in oder für jedermann dauerhaft nicht mehr erbringbar ist, § 275 Abs. 1 BGB. Entscheidend ist, ob die geschuldete Leistung noch nachholbar ist oder endgültig nicht mehr möglich ist.

    Simon soll Janas Auto reparieren und ihr dieses an einem bestimmten Tag bringen. Sie haben damit einen Werkvertrag gem. § 631 BGB und eine Bringschuld vereinbart. An dem Tag, bevor Simon das Auto an Jana liefern soll, bricht bei ihm ohne sein Verschulden ein Brand aus und zerstört das Auto vollkommen. Es ist ihm deshalb nicht mehr möglich, das reparierte Auto zu liefern, weshalb Unmöglichkeit gem. § 275 Abs. 1 BGB vorliegt. Durch die Unmöglichkeit kommt die Gläubigerin Jana gem. § 297 BGB nicht in Verzug, wenn sie das Angebot nicht annimmt.

    Keine vorübergehende Annahmeverhinderung § 299 BGB

    In den Ausnahmefällen des § 299 BGB kommt der*die Gläubiger*in nicht in Verzug, wenn er*sie zur Annahme außerstande ist.

    Es kommt zwar nicht auf ein Verschulden des*der Gläubigers*in an, weshalb der Grund für die Nichtannahme grundsätzlich unerheblich ist. § 299 BGB macht davon für bestimmte Fälle jedoch eine Ausnahme, sodass in den Fällen dennoch kein Gläubigerverzug eintritt.

    Der Gläubigerverzug tritt nicht ein, wenn

    • die Leistungszeit nicht bestimmt ist oder der*die Schuldner*in bereits vor dem bestimmten Zeitpunkt leisten darf, und

    • der*die Schuldner*in versucht zu leisten, die Leistung aber nicht angenommen wird, und

    • der*die Schuldner*in diese Leistung nicht eine angemessene Zeit vorher angekündigt hat.

    Gemeint sind Fälle, in denen der*die Schuldner*in die Leistung unerwartet früh leisten möchte. Eine frühe Leistung führt dann zum Annahmeverzug, wenn sie eine angemessene Zeit vorher angekündigt wurde. Die Angemessenheit der vorherigen Ankündigung ist im Einzelfall zu beurteilen. Der*die Schuldner*in muss die Leistung also etwa telefonisch bei dem*der Gläubiger*in ankündigen.

    Hanna und Sascha vereinbaren, dass er ihr spätestens bis zum Ende des Monats einen Tisch herstellen und liefern soll. Sascha ist schon nach zwei Tagen mit der Herstellung des Werkes fertig und möchte es jetzt bereits bei Hanna vorbeibringen. Diese frühzeitige Leistung ist nur möglich, wenn er die Leistung eine angemessene Zeit vorher ankündigt. Eine angemessene Zeit vorher ist in diesem Fall ca. ein bis zwei Tage bevor er den Tisch liefert, damit Hanna die Möglichkeit hat den Tisch anzunehmen. Würde Sascha die frühzeitige Leistung nicht ankündigen und Hanna würde, weil sie die Lieferung nicht erwartet, die Leistung nicht annehmen, würde sie gem. § 299 BGB nicht in Annahmeverzug kommen.

    Annahmeverzug – Folgen

    Der Annahmeverzug hat einige Auswirkungen. Diese Rechtsfolgen sind zunächst in §§ 300-304 BGB geregelt. Daneben können noch weitere Normen des Schuldrechts die Rechtsfolgen festlegen.

    Annahmeverzug – Keine Leistungsbefreiung

    Zunächst ist es für Dich wichtig zu wissen, dass der Annahmeverzug nicht zur Folge hat, dass der*die Schuldner*in von der Leistungspflicht befreit ist. Der*die Schuldner*in hat also weiterhin die Pflicht, die Leistung an den*die Gläubiger*in zu bewirken.

    Wenn der*die Käufer*in die gelieferte Sache von dem*der Verkäufer*in nicht annimmt, bedeutet das nicht, dass der*die Verkäufer*in die Kaufsache nicht mehr an den*die Käufer*in leisten muss.

    Annahmeverzug – Haftungsmilderung § 300 Abs. 1 BGB

    Der Annahmeverzug hat jedoch die Folge, dass der*die Schuldner*in während des Verzugs des*der Gläubiger*in gem. § 300 Abs. 1 BGB nur Vorsatz und grobe Fahrlässigkeit zu vertreten hat. Dies ist für den*die Schuldner*in eine Haftungserleichterung, da er*sie normalerweise für Fahrlässigkeit und Vorsatz haften muss.

    Ina möchte Dennis, wie vertraglich vereinbart, eine Torte liefern. Dennis ist jedoch nicht zu Hause anzutreffen und nimmt das Angebot von Ina nicht an. Dadurch befindet sich Dennis im Annahmeverzug. Ina lässt die Torte auf dem Rückweg zum Wagen durch ein Stolpern leicht fahrlässig fallen, wodurch die Torte vollkommen zerstört wird. Ina fragt sich, ob sie dafür haften muss. Gem. § 300 Abs. 1 BGB haftet der*die Schuldner*in während des Annahmeverzugs nur für Vorsatz und grobe Fahrlässigkeit. Ina hat jedoch nur leicht fahrlässig gehandelt, weshalb sie nicht haften muss. Ohne des Annahmeverzug hätte sie auch für die leichte Fahrlässigkeit haften müssen.

    Übergang der Leistungsgefahr bei Gattungsschulden § 300 Abs. 2 BGB

    Gem. § 300 Abs. 2 BGB geht bei Gattungsschulden die Leistungsgefahr auf den*die Gläubiger*in über, wenn er*sie die angebotene Leistung nicht annimmt.

    Damit Du diese Wirkung des Annahmeverzugs verstehst, musst Du wissen, was eine Gattungsschuld ist.

    Bei einer Gattungsschuld schuldet der*die Schuldner*in kein konkretes Einzelstück (Stückschuld), sondern eine Sache aus einer Gattung. Eine Gattung sind viele Gegenstände mit allgemeinen, gleichen Merkmalen.

    Beispiel:

    Beispiele für eine Gattung sind

    • viele Autos desselben Modells
    • Massenwaren mit derselben Bestellnummer
    • oder viele Früchte derselben Sorte Obst

    Diese Rechtsfolge bedeutet, dass der*die Schuldner*in ab dem Zeitpunkt des Annahmeverzugs keine andere Sache aus der Gattung leisten muss. Voraussetzung dafür ist, dass die angebotene Sache nicht mehr vorhanden, also beschädigt oder zerstört ist.

    Aufwendungsersatzanspruch des*der Schuldners*in § 304 BGB

    Der*die Schuldner*in hat gem. § 304 BGB einen Aufwendungsersatzanspruch gegen den*die Gläubiger*in. Er*sie kann die Kosten ersetzt verlangen, die durch die längere Lagerung der Sache entstanden sind, weil sie nicht von dem*der Gläubiger*in angenommen wurden.

    Emelie hat das Leistungsangebot von Tom in Form der Lieferung eines Kühlschrankes nicht angenommen und befindet sich im Annahmeverzug. Tom entstehen Kosten durch die weitere Lagerung des Kühlschrankes. Diese kann er gem. § 304 BGB von Emelie ersetzt verlangen.

    Übergang der Preisgefahr beim gegenseitigen Vertrag § 326 Abs. 2 S. 1 Fall 2 BGB (H3)

    Der Übergang der Preisgefahr bedeutet, dass der*die Gläubiger*in im Annahmeverzug die Gegenleistung auch dann erbringen muss, wenn die Sache wegen Unmöglichkeit nicht geliefert werden kann. Der Ausgangspunkt ist § 326 Abs. 2 S. 1 Fall 2 BGB. Demnach hat der*die Schuldner*in einen Anspruch auf die Gegenleistung des*der Gläubigers*in, wenn der*die Schuldner*in nicht für die Zerstörung oder Beschädigung der Sache verantwortlich ist.

    Dadurch, dass der*die Schuldner*in bei einem Annahmeverzug nur für Vorsatz und grobe Fahrlässigkeit haften muss, muss er*sie häufig nicht für die Zerstörung oder Beschädigung der Sache haften. In dem Fall kann er*sie trotzdem die Gegenleistung von dem*der Schuldner*in verlangen.

    Annika möchte Gina am vertraglich vereinbarten Termin ein Fahrrad liefern. Gina öffnet nicht die Tür und nimmt das ordnungsgemäße Angebot von Annika nicht an, sodass sie sich im Annahmeverzug befindet. Auf dem Rückweg verursacht Annika leicht fahrlässig einen Unfall, wodurch das Fahrrad zerstört wird. Sie verlangt dennoch die Zahlung des Kaufpreises von Gina. Dies ist gem. § 326 Abs. 2 S. 1 Fall 2 BGB auch möglich, weil Annika während des Annahmeverzugs von Gina nur für grobe Fahrlässigkeit und Vorsatz haftet. Sie hat den Unfall nur leicht fahrlässig verursacht, sodass sie einen Anspruch auf Zahlung des Kaufpreises hat.

    Annahmeverzug – Arbeitgeber*in

    Besonderheiten des Annahmeverzugs ergeben sich bei Arbeitsverträgen. Für den Arbeitsvertrag, der eine besondere Form eines Dienstvertrages ist, gelten die speziellen Regelungen des § 615 BGB für den Annahmeverzug des*der Arbeitgebers*in. Dabei betrifft § 615 BGB lediglich die Rechtsfolge und die allgemeinen Regelungen der §§ 293 ff. BGB gelten auch im Arbeitsrecht.

    Kommt der Dienstberechtigte mit der Annahme der Dienste in Verzug, so kann der Verpflichtete für die infolge des Verzugs nicht geleisteten Dienste die vereinbarte Vergütung verlangen, ohne zur Nachleistung verpflichtet zu sein. - § 615 S. 1 BGB.

    Der*die Arbeitnehmer*in hat also auch im Annahmeverzug des*der Arbeitgebers*in einen Anspruch auf Zahlung der Vergütung.

    Voraussetzungen des Annahmeverzugs des*der Arbeitgebers*in

    Welche Voraussetzungen im Einzelnen für den Annahmeverzug vorliegen müssen, erfährst Du jetzt. Die Voraussetzungen des Annahmeverzugs des*der Arbeitgebers*in sind, dass ein erfüllbares Arbeitsverhältnis besteht und die Arbeitsleistung durch den*die Arbeitnehmer*in angeboten wird. Des Weiteren muss der*die Arbeitgeber*in die Leistung nicht angenommen haben.

    Die Voraussetzungen des Annahmeverzugs im Arbeitsrecht unterscheiden sich nur wenig von dem Annahmeverzug im Schuldrecht.

    Erfüllbares Arbeitsverhältnis

    Zwischen dem*der Arbeitgeber*in und dem*der Arbeitnehmer*in muss ein erfüllbares Arbeitsverhältnis bestehen. Sie müssen also einen wirksamen Arbeitsvertrag geschlossen haben.

    Ordnungsgemäßes Angebot der Arbeitsleistung

    Die Arbeitsleistung muss von dem*der Arbeitnehmer*in angeboten worden sein. Infrage kommt dabei ein tatsächliches oder wörtliches Angebot oder die Entbehrlichkeit des Angebots.

    Der*die Arbeitnehmer*in bietet die Arbeitsleistung tatsächlich an, wenn er*sie selbst die Leistung zur richtigen Zeit, am richtigen Ort und in richtiger Weise anbietet, § 294 BGB.

    Ein wörtliches Angebot reicht aus, wenn der*die Arbeitgeber*in erklärt, dass er*sie die Arbeitsleistung nicht annehmen würde, § 295 BGB. Wenn zur Bewirkung der Leistung die Handlung des*der Arbeitgebers*in erforderlich ist und er*sie dieser Mitwirkung nicht nachkommt, kann das Angebot gem. § 296 BGB entbehrlich sein.

    Arbeitsfähigkeit und Leistungsbereitschaft des*der Arbeitnehmer*in

    Weiterhin muss der*die Arbeitnehmer*in objektiv arbeitsfähig und subjektiv leistungsbereit sein. Wenn diese Voraussetzungen bei dem*der Arbeitnehmer*in nicht vorliegen, kommt der*die Arbeitgeber*in nicht in Annahmeverzug.

    Die objektive Arbeitsfähigkeit bezieht sich auf die gesamte geschuldete Arbeitsleistung. Auch der subjektive Leistungswille muss sich auf die vertraglich geschuldete Tätigkeit beziehen.

    Nichtannahme des Leistungsangebots

    Wenn der*die Arbeitgeber*in das Angebot der Arbeitsleistung des*der Arbeitnehmer*in nicht annimmt, gerät er*sie in Annahmeverzug.

    Annahmeverzug – Rechtsfolgen im Arbeitsrecht

    Die Rechtsfolge des Annahmeverzugs des*der Arbeitgeber*in ist, dass der*die Arbeitnehmer*in einen Anspruch auf die Vergütung hat, § 615 S. 1 BGB. Dieser Anspruch bezieht sich auf die Zeit, in der er*sie die Arbeitsleistung ordnungsgemäß angeboten hat, der*die Arbeitgeber*in diese aber nicht angenommen hat.

    Der Arbeitgeber Thomas hat gegenüber Sina eine Kündigung ausgesprochen und beschäftigt sie daher nicht mehr. Sina kommt trotzdem jeden Tag zur Arbeitsstelle und bietet an zu arbeiten. Sie hält die Kündigung für unwirksam und nach Abschluss des Kündigungsschutzprozesses stellt sich heraus, dass dies tatsächlich der Fall ist. Die Arbeitsleistung wurde durch das tatsächliche Angebot der Arbeitsleistung am richtigen Ort, zur richtigen Zeit und in der richtigen Art und Weise angeboten. Sina war auch objektiv arbeitsfähig und subjektiv leistungsbereit. Der Arbeitgeber hat diese Arbeitsleistung jedoch nicht angenommen. Thomas hat sich während der Zeit, in der er die Kündigung ausgesprochen hat und Sina dennoch zur Arbeit gekommen ist, im Annahmeverzug befunden und muss daher gem. § 615 S. 1 BGB die Vergütung für diese Zeit zahlen.

    Annahmeverzug – Das Wichtigste

    • Der*die Gläubiger*in kommt in Annahmeverzug, wenn er die ihm*ihr von dem*der Schuldner*in angebotene Leistung nicht annimmt, § 293 BGB.
    • Die Voraussetzungen des Annahmeverzugs sind, dass der*die Schuldner*in einen erfüllbaren Anspruch hat und die Leistung von dem*der Gläubiger*in ordnungsgemäß angeboten bekommt. Außerdem darf der*die Schuldner*in die Leistung nicht angenommen haben.
    • Unter der Erfüllbarkeit wird der Zeitpunkt verstanden, in dem geleistet werden kann. Wenn die Beteiligten nichts anderes vereinbart haben, ist dieser Zeitpunkt im Zweifel sofort, § 271 Abs. 1 BGB.
    • Bei einem tatsächlichen Angebot muss der*die Schuldner*in die Leistung am richtigen Ort, zur richtigen Zeit und in der richtigen Beschaffenheit und Vollständigkeit anbieten, § 294 BGB.
    • Ein wörtliches Angebot ist die Erklärung des*der Schuldners*in, dass er*sie die geschuldete Leistung bewirken will, dafür aber die erforderliche Handlung des*der Gläubiger*in erforderlich ist.
      • Ein wörtliches Angebot reicht gem. § 295 BGB aus, wenn der*die Gläubiger*in dem*der Schuldner*in erklärt hat, dass er*sie die Leistung nicht annehmen werde oder wenn eine Handlung des*der Gläubigers*in erforderlich ist.
    • Ausnahmsweise ist das Angebot gem. § 296 BGB entbehrlich. Die Voraussetzung für die Entbehrlichkeit des Angebots ist, dass der Zeitpunkt der Mitwirkungshandlung kalendermäßig bestimmt ist, § 296 S. 1 BGB. Alternativ kann das Angebot auch entbehrlich sein, wenn der Zeitpunkt ab Eintritt eines voraus zugehenden Ereignisses berechenbar ist.
    • Das Angebot darf von dem*der Gläubiger*in nicht angenommen worden sein, § 293 BGB.
    • Der Annahmeverzug kann durch die vorübergehende Unmöglichkeit der Leistung durch den*die Schuldner*in gem. § 297 BGB oder die vorübergehende Annahmeverhinderung gem. § 299 BGB ausgeschlossen sein.
    • Die Wirkungen des Annahmeverzugs sind,

      • dass der*die Schuldner*in während des Gläubigerverzugs nur für Vorsatz und grobe Fahrlässigkeit haftet, § 300 Abs. 1 BGB,

      • dass bei Gattungsschulden die Leistungsgefahr auf den*die Gläubiger*in übergeht, § 300 Abs. 2 BGB,

      • dass der*die Schuldner*in einen Aufwendungsersatzanspruch gegen den*die Schuldner*in hat, § 304 BGB,

      • und dass der*die Gläubiger*in die Gegenleistung während des Annahmeverzugs auch dann erbringen muss, wenn die Sache wegen Unmöglichkeit nicht mehr geliefert werden kann, § 326 Abs. 2 S. 1 Fall 2 BGB.

    • Der*die Arbeitgeber*in befindet sich im Annahmeverzug, wenn ein erfüllbares Arbeitsverhältnis besteht, die Arbeitsleistung ordnungsgemäß angeboten wurde, der*die Arbeitnehmer*in arbeitsfähig und leistungsbereit war und das Leistungsangebot nicht angenommen wurde.

    • Die Rechtsfolge des Annahmeverzugs des*der Arbeitgeber*in ist, dass der*die Arbeitnehmer*in einen Anspruch auf die Vergütung hat, § 615 S. 1 BGB.

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    Häufig gestellte Fragen zum Thema Annahmeverzug

    Was versteht man unter einem Annahmeverzug?

    Unter einem Annahmeverzug ist die Situation zu verstehen, wenn der*die Gläubiger*in die ordnungsgemäß durch den*die Schuldner*in angebotene Leistung nicht annimmt, § 293 BGB.

    Unter welchen Voraussetzungen tritt ein Annahmeverzug ein?

    Die Voraussetzungen des Annahmeverzugs sind

    • das Vorliegen eines erfüllbaren Anspruchs, § 271 BGB,

    • das ordnungsgemäße Angebot §§ 293 ff. BGB,

    • die Nichtannahme des Angebots §§ 293, 298 BGB,

    • und dass kein Ausschluss vorliegt, §§ 297, 299 BGB.

    Wann befindet man sich in einem Annahmeverzug?

    Der*die Gläubiger*in befindet sich im Annahmeverzug, wenn er*sie die ordnungsgemäß angebotene Leistung von dem*der Schuldner*in nicht annimmt, § 293 BGB.

    Des Weiteren darf kein Ausschlussgrund gem. §§ 297, 299 BGB vorliegen.

    Welche Rechte hat man bei einem Annahmeverzug?

    Die Wirkungen des Annahmeverzugs sind,

    • dass keine Leistungsbefreiung des*der Schuldners*in besteht,

    • dass der*die Schuldner*in während des Annahmeverzugs nur für grobe Fahrlässigkeit und Vorsatz haften muss, § 300 Abs. 1 BGB,

    • dass die Leistungsgefahr bei Gattungsschulden auf den*die Gläubiger*in übergeht, § 300 Abs. 2 BGB,

    • dass der*die Gläubiger*in dem*der Schuldner*in die entstandenen Aufwendungen ersetzen muss, § 304 BGB,

    • und dass die Preisgefahr bei einem gegenseitigen Vertrag auf den*die Gläubiger*in übergeht, § 326 Abs. 2 S. 1 2. Fall BGB. 

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