Prokura

Der Begriff Prokura hört sich im ersten Moment vielleicht kompliziert an. Die Prokura ist jedoch eine wichtige Form der Stellvertretung im Handelsrecht. Die Prokura wird Dir also im Berufsleben bestimmt noch begegnen.

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    Deswegen ist es für Dich wichtig zu wissen, was unter dem Begriff zu verstehen ist, wie die Prokura erteilt werden kann, was sie umfasst, wie sie erlischt und wie sie von der Handlungsvollmacht abgegrenzt werden kann.

    Prokura: Definition und HGB

    Die Prokura ist eine spezielle Art der Vollmacht im Handelsrecht und ist in den §§ 48-53 HGB geregelt. Auf die Prokura können grundsätzlich auch die allgemeinen Regeln der Stellvertretung gem. §§ 164 ff. BGB angewandt werden. Die speziellen Regelungen des Handelsgesetzbuchs gelten jedoch vorrangig.

    Die allgemeinen Regelungen zur Stellvertretung gem. §§ 164 ff. BGB ermöglichen, dass eine andere Person für den*die Vertretene*n Rechtsgeschäfte abschließt. Mit der Erlaubnis der Person, die vertreten wird, kann der*die Vertreter*in etwa Verträge abschließen, die für und gegen den*die Vertretene*n wirken. Die allgemeinen Regelungen im Bürgerlichen Gesetzbuch bestimmen, wie die Stellvertretung grundsätzlich funktioniert. In den §§ 48-53 HGB findest Du Vorschriften, die einige Besonderheiten zu der Prokura regeln.

    Der Begriff Prokura setzt sich aus dem lateinischen pro (für) und cura (Sorge) zusammen. Prokura bedeutet also für etwas Sorge tragen (lat.: procurare).

    Durch die Erteilung der Prokura wird dem*der Prokurist*in eine allumfassende Vollmacht eingeräumt. Umfasst werden alle Arten von gerichtlichen und außergerichtlichen Geschäften, die bei einem Betrieb eines Handelsgewerbes geschlossen werden.

    Durch die Prokura soll die Schnelligkeit, Leichtigkeit und Effektivität des Handelsverkehrs verbessert werden. Der*die Inhaber*in des Handelsgeschäfts kann ab einer bestimmten Größe des Handelsgeschäfts nicht alle Aufgaben und Rechtsgeschäfte persönlich erledigen.

    Daher gibt es die Möglichkeit der Vollmachtserteilung an eine*n Prokurist*in. Diese*r kann die Geschäfte des Handelsgeschäfts für den*die Inhaber*in übernehmen und ausführen. Die Prokura ist also ein wichtiges Mittel zur Entlastung des*der Inhabers*in des Handelsgeschäfts und führt zu einer Verbesserung des Handelsverkehrs.

    Prokura erteilen

    Zunächst ist es für Dich wichtig, zu wissen, wie die Prokura erteilt wird. An die Erteilung der Prokura werden vergleichsweise strenge Anforderungen gestellt, die unter anderem in § 48 Abs. 1 HGB geregelt sind. Wenn die Vorschriften des Handelsgesetzbuchs nichts Spezielles regeln, gelten für die Erteilung der Prokura die §§ 167 ff. BGB.

    Die Voraussetzungen zur Erteilung der Prokura sind:

    1. Erteilung durch den*die Inhaber*in eines Handelsgeschäfts, § 48 Abs. 1 HGB

    2. Erteilung durch einseitige, ausdrückliche, empfangsbedürftige Willenserklärung

    3. Anmeldung zur Eintragung im Handelsregister, § 53 Abs. 1 HGB

    "Die Prokura kann nur von dem Inhaber des Handelsgeschäfts oder seinem gesetzlichen Vertreter und nur mittels ausdrücklicher Erklärung erteilt werden" § 48 Abs. 1 HGB.

    Das heißt, dass die Prokura nur durch einen Kaufmann oder durch eine*n gesetzliche*n Vertreter*in erteilt werden kann. Inhaber*in eines kaufmännischen Handelsgeschäfts sind alle Kaufleute. Außerdem muss sie ausdrücklich erteilt werden, sodass eine konkludente Erteilung ausgeschlossen ist.

    Eine Willenserklärung wird konkludent erteilt, wenn sie nicht durch eine ausdrückliche Erklärung, sondern durch schlüssiges Verhalten abgegeben wird. Die Person, die die Willenserklärung abgibt, macht durch ihr Verhalten deutlich, dass sie das Rechtsgeschäft schließen möchte.

    Die Erteilung der Prokura ist also eine einseitige, ausdrückliche, empfangsbedürftige Willenserklärung.

    Des Weiteren ist die Erteilung der Prokura nur gegenüber einer natürlichen Person möglich.

    Natürliche Personen sind alle Menschen, die rechtsfähig sind. Von der Geburt bis zum Tod ist jeder Mensch mit Rechtsfähigkeit ausgestattet, kann also Träger*in von Rechten und Pflichten sein.

    Juristische Personen sind im Gegensatz dazu Personenvereinigungen, die Träger von Rechten und Pflichten sind. Beispiele für juristische Personen sind die GmbH, die Aktiengesellschaft, der Verein und die eingetragene Genossenschaft.

    Der Grund dafür ist unter anderem, dass die Prokura auf einem besonderen persönlichen Vertrauensverhältnis beruht, vergleiche § 52 Abs. 2 HGB. Ein solches Vertrauensverhältnis ist ausschließlich mit anderen Menschen möglich und nicht mit juristischen Personen.

    Der*die Prokurist*in unterzeichnet Verträge mit der Abkürzung ppa., um seine*ihre Befugnisse als Prokurist*in deutlich zu machen. Diese Unterzeichnung entspricht der Regelung in § 51 HGB, die fordert, dass der*die Prokurist*in in der Weise zu unterzeichnen hat, dass er*sie der Firma seinen*ihren Namen mit einem die Prokura andeutenden Zusatz beifügt.

    Eine weitere Voraussetzung für die Erteilung der Prokura ist, dass der*die Prokurist*in von dem Kaufmann zur Eintragung in das Handelsregister anzumelden ist, § 53 HGB.

    Die Prokura ist jedoch auch ohne die Eintragung in das Handelsregister wirksam und der*die Prokurist*in kann als Bevollmächtigte*r im Rechtsverkehr auftreten. Die Eintragung hat lediglich informierende Wirkung für den Rechtsverkehr.

    Der Kaufmann Chris möchte, dass seine Angestellte Samia seine Prokuristin wird. Er fragt sich, was er bei der Erteilung der Prokura beachten muss.

    Chris ist als Kaufmann der Inhaber des Handelsgeschäfts und Samia ist eine natürliche Person, sodass eine Erteilung der Prokura grundsätzlich möglich ist. Er muss die Prokura ausdrücklich erteilen und sie zur Eintragung in das Handelsregister anmelden, § 53 HGB.

    Prokura: Umfang

    Durch die Erteilung der Prokura erhält der*die Prokurist*in eine umfassende Vertretungsmacht. Der Umfang der Prokura ist in § 49 Abs. 1 HGB gesetzlich geregelt.

    Die Prokura ermächtigt den*die Prokurist*in, alle infrage kommenden Arten von gerichtlichen und außergerichtlichen Rechtsgeschäften und -handlungen vorzunehmen, die der Betrieb eines Handelsgewerbes mit sich bringt.

    Der*die Prokurist*in ist also dazu bevollmächtigt, alle Rechtsgeschäfte des Handelsgewerbes zu schließen. Es kann sich bei den Rechtsgeschäften auch um branchenuntypische Geschäfte handeln. Er*sie kann beispielsweise:

    • Kaufverträge abschließen

    • Arbeitsverträge schließen, sowie Arbeitnehmer*innen einstellen oder entlassen

    • Darlehen aufnehmen

    • Mietverträge abschließen

    • Handlungsvollmachten erteilen

    • oder eine Klage erheben.

    Prokura: Einschränkungen

    Grundsätzlich kommen also sehr viele Bereiche in Betracht, in denen der*die Prokurist*in Geschäfte schließen kann. Einige Geschäfte sind jedoch auch ausgeschlossen, unter anderem:

    • Geschäfte, die private Angelegenheiten des*der Geschäftsinhabers*in betreffen

    • Geschäfte, die nicht dem Betrieb des Handelsgewerbes dienen (z. B. die Veräußerung des Geschäftsbetriebs)

    • Grundlagengeschäfte, die grundlegenden Einfluss auf den Betrieb des Handelsgewerbes haben (z. B. Änderung der Firma, Änderung der Geschäftsanschrift)

    • und Inhabergeschäfte, die der*die Inhaber*in persönlich vornehmen muss (z. B. Handelsregisteranmeldung gem. § 49 Abs. 1 HGB)

    Gesetzlich wird der Umfang der Prokura durch § 49 Abs. 2 HGB eingeschränkt.

    "Zur Veräußerung und Belastung von Grundstücken ist der Prokurist nur ermächtigt, wenn ihm diese Befugnis besonders erteilt ist" § 49 Abs. 2 BGB

    Dies bedeutet, dass der*die Prokurist*in grundsätzlich keine Grundstücke kaufen oder verkaufen kann. Ausnahmsweise kann er*sie dazu ermächtigt sein, wenn der*die Inhaber*in eine entsprechende Erlaubnis erteilt hat.

    Prokura: Beschränkung im Innen- und Außenverhältnis

    Angesichts des weiten Handlungsspielraums des*der Prokuristen*in fragst Du Dich vielleicht, ob und wie es möglich ist, den Umfang der Prokura zu beschränken. Bei der Möglichkeit der Beschränkung der Prokura musst Du zwischen dem Innen- und Außenverhältnis unterscheiden.

    Das Innenverhältnis ist das Verhältnis zwischen dem*der Inhaber*in des Handelsgeschäfts und dem*der Prokurist*in.

    Das Außenverhältnis ist dagegen das Verhältnis des*der Prokuristen*in gegenüber der dritten Person, mit der beispielsweise das Rechtsgeschäft geschlossen werden soll.

    Diese Unterscheidung zwischen Innen- und Außenverhältnis ist wichtig, weil die Prokura im Innenverhältnis beschränkt werden kann, im Außenverhältnis dagegen nicht.

    Im Innenverhältnis können der*die Inhaber*in und der*die Prokurist*in vertraglich vereinbaren, welche Handlungsspielräume der*die Prokurist*in hat, sodass der Umfang der Prokura beschränkt werden kann. Im Gegensatz dazu kann der Umfang der Prokura im Außenverhältnis nicht beschränkt werden. Dies ist auch in § 50 Abs. 1, 2 HGB geregelt.

    "Eine Beschränkung des Umfangs der Prokura ist Dritten gegenüber unwirksam" § 50 Abs. 1 HGB

    Gegenüber Dritten ist eine Beschränkung des gesetzlichen Umfangs der Prokura daher nicht möglich. Gem. § 50 Abs. 2 HGB gilt dies insbesondere für die Beschränkung, dass die Prokura nur für gewisse Geschäfte oder gewisse Arten von Geschäften oder nur unter gewissen Umständen oder für eine gewisse Zeit oder an einzelnen Orten ausgeübt werden soll.

    Auch wenn die Prokura im Außenverhältnis nicht beschränkt werden kann, muss sich der*die Prokurist*in im Innenverhältnis an die vertraglich vereinbarte Beschränkung halten. Wenn er*sie gegen die, mit dem*der Inhaber vereinbarte, Beschränkung verstößt, kann der*die Inhaber*in einen Schadensersatzanspruch gegen ihn*sie haben.

    Der Grund dafür ist, dass der*die Prokurist*in durch die Handlungen außerhalb der Vollmacht eine vertragliche Pflicht verletzt. Die Geschäftshandlungen, die der*die Prokurist*in, entgegen der Beschränkungen im Innenverhältnis, im Außenverhältnis gegenüber einer dritten Person tätigt, sind trotzdem wirksam.

    Die Inhaberin eines Lebensmittelgeschäfts Linda erteilt ihrem Angestellten David eine Prokura. Sie vereinbaren vertraglich, dass David Geschäfte bis zu einer Höhe von 15.000 € schließen kann.

    Für Rechtsgeschäfte, die einen höheren Wert zum Gegenstand haben, hat David keine Vollmacht. Trotzdem kauft er als Prokurist Ware für einen Kaufpreis von 18.000 €. Linda möchte nicht an diesen Vertrag gebunden sein und fragt sich, ob sie sich an den Vertrag halten muss. Linda und David haben im Innenverhältnis vereinbart, dass der Prokurist nur Verträge bis zu einer Höhe von 15.000 € schließen darf. Durch den Kaufvertrag mit dem Kaufpreis von 18.000 € hat David daher ohne Vollmacht gehandelt, weil diese beschränkt wurde.

    Allerdings ist die Prokura im Außenverhältnis nicht beschränkbar, § 50 Abs. 1 HGB. Der Kaufvertrag gegenüber der dritten Person in Höhe von 18.000 € ist daher weiterhin wirksam. Linda ist deswegen gegenüber der dritten Person an den durch David geschlossenen Kaufvertrag gebunden. Die Beschränkung der Prokura ist jedoch im Innenverhältnis, also im Verhältnis zwischen Linda und David möglich und wirksam.

    David hat gegen die Beschränkung seines Handlungsspielraums verstoßen, indem er ein Geschäft in Höhe von 18.000 € geschlossen hat. Linda hat daher die Möglichkeit, die Schäden vom Prokuristen ersetzt zu verlangen.

    Prokura: Arten

    Bisher wurde die Prokura in Form der Einzelprokura beschrieben. Im Fall der Einzelprokura wird einem*einer einzelnen Prokuristen*in die Befugnis erteilt, in vollem Umfang Geschäfte vornehmen zu können. Allerdings kann die Prokura auch mehrere Personen betreffen, wenn eine Gesamtprokura oder Filialprokura erteilt wird.

    Gesamtprokura

    Bei einer Gesamtprokura wird die Prokura mehreren Personen erteilt. Die Gesamtprokura ist gesetzlich in § 48 Abs. 2 HGB geregelt. Demnach kann die Erteilung der Prokura an mehrere Personen gemeinschaftlich erfolgen.

    Eine Gesamtprokura liegt vor, wenn mehrere Personen zu Prokurist*innen ermächtigt werden und nur gemeinsam ihre Aufgaben wahrnehmen können, § 48 Abs. 2 HGB.

    Der*die Prokurist*in kann also nicht allein handeln, sondern die Prokurist*innen müssen bei der Gesamtprokura einstimmig und gemeinsam auftreten. Wenn einer*eine der Gesamtprokurist*innen trotzdem ohne die Zustimmung der übrigen Gesamtprokurist*innen oder allein rechtsgeschäftlich auftritt, handelt er*sie ohne Vertretungsmacht. Dass die Gesamtprokurist*innen gemeinschaftlich handeln müssen, wird auch Gesamtvertretung genannt.

    Die Gesamtprokura muss gem. § 53 Abs. 1 HGB in das Handelsregister eingetragen werden.

    Ein Grund für die Erteilung einer Gesamtprokura kann sein, dass nicht nur ein*eine Prokurist*in bevollmächtigt sein soll, alle Geschäfte für den Handelsbetrieb zu schließen. Aus Gründen der Sicherheit sollen die Geschäfte von mehreren Personen gemeinsam geschlossen werden.

    Die oben beschriebene Gesamtprokura stellt eine sogenannte echte Gesamtprokura dar, weil die Gesamtprokurist*innen gemeinschaftlich handeln. Davon zu unterscheiden ist die unechte Gesamtprokura.

    Eine unechte Gesamtprokura ist eine Gesamtvertretung des*der Prokuristen*in zusammen mit einem*einer anderen Vertreter*in.

    Als ein*eine andere* Vertreter*in kommt beispielsweise der*die Geschäftsführer*in oder ein*eine Gesellschafter*in in Betracht, § 125 Abs. 3 HGB, § 78 Abs. 3 AktG. Bei der unechten Gesamtprokura ist die Vertretungsmacht eines*einer Vertreters*in von der Mitwirkung des*der Prokuristen*in abhängig.

    Filialprokura

    Eine weitere Form der Prokura ist die Filialprokura.

    Für den Fall, dass der*die Geschäftsinhaber*in mehrere Filialen hat, kann die Prokura auf eine dieser Niederlassungen beschränkt werden, § 50 Abs. 3 HGB.

    Der*die Prokurist*in ist bei einer Erteilung der Filialprokura lediglich dazu berechtigt, Rechtshandlungen vorzunehmen, die sich auf seine*ihre Niederlassung beschränken.

    Prokura: Erlöschen

    Vielleicht fragst Du Dich, wie die Prokura wieder beendet werden kann. In Betracht kommen verschiedene Gründe für das Erlöschen der Prokura.

    Grundsätzlich kann die Prokura widerrufen werden. Dieser Widerruf durch den*die Inhaber*in ist in § 52 Abs. 1 HGB geregelt.

    "Die Prokura ist ohne Rücksicht auf das der Erteilung zugrunde liegende Rechtsverhältnis jederzeit widerruflich […]" § 52 Abs. 1 HGB

    Der*die Inhaber*in des Handelsgeschäfts kann also die Prokura jederzeit durch eine formlose Erklärung gegenüber dem*der Prokurist*in widerrufen.

    Der Widerruf der Prokura ist, wie die Erteilung der Prokura, gem. § 53 Abs. 2 HGB zur Eintragung in das Handelsregister anzumelden.

    Der Widerruf der Prokura kann auch vertraglich ausgeschlossen werden. Allerdings ist der Widerruf auch in dem Fall möglich, wenn ein wichtiger Grund vorliegt, weshalb dem*der Inhaber*in nicht zugemutet werden kann, weiter an der Prokura festzuhalten.

    Die Prokura erlischt gem. § 168 Abs. 1 BGB, mit dem Ende des zugrundeliegenden Rechtsverhältnisses. Das zugrunde liegende Rechtsverhältnis ist meistens ein Arbeitsvertrag zwischen dem*der Inhaber*in und dem*der Prokuristen*in. Wird der Arbeitsvertrag beendet, erlischt auch die Prokura.

    Des Weiteren erlischt die Prokura mit dem Tod des*der Prokuristen*in, § 52 Abs. 2 HGB. Der Grund dafür ist, dass die Prokura nicht übertragbar ist, sodass die Prokura nicht weiter bestehen kann, wenn der*die einzelne Prokurist*in nicht mehr lebt.

    Jedoch erlischt die Prokura, gem. § 53 Abs. 3 HGB, nicht mit dem Tod des*der Inhabers*in des Handelsgeschäfts.

    Ein weiterer Fall, in dem die Prokura erlischt, ist die Eröffnung eines Insolvenzverfahrens über das Vermögen der Gesellschaft, §§ 117 Abs. 1, 2, 115 Abs. 1 InsO.

    Auch wenn der*die Inhaber*in seine*ihre Kaufmannseigenschaft verliert, erlischt die Prokura.

    Die Inhaberin eines Handelsgeschäfts Verena hat Felix als Prokurist eingesetzt. Aufgrund eines Streits zwischen Verena und Felix möchte sie ihm die Prokura entziehen. Sie fragt sich, auf welche Art dies möglich ist. Gem. § 52 Abs. 1 HGB kann die Prokura jederzeit widerrufen werden. Verena kann Felix gegenüber daher formfrei den Widerruf erklären. Sie muss den Widerruf der Prokura jedoch zur Eintragung in das Handelsregister anmelden, § 53 Abs. 1 HGB.

    Prokura: Abgrenzung zur Handlungsvollmacht

    Die Prokura und die Handlungsvollmacht sind beides Formen der Stellvertretung im handelsrechtlichen Bereich. Die Prokura gem. §§ 48 ff. HGB ähnelt in vielen Punkten der Handlungsvollmacht gem. §§ 54 ff. HGB. Allerdings gibt es wichtige Unterschiede, die Du kennen solltest.

    Durch die Handlungsvollmacht wird der*die Bevollmächtigte zu einer begrenzten geschäftlichen Vertretungsmacht ermächtigt. Auf Grundlage der Handlungsvollmacht hat der*die Bevollmächtigte das Recht, im Namen des*der Vollmachtgebers*in rechtsgeschäftlich zu handeln.

    Insbesondere bei dem Umfang der Vollmacht ergibt sich ein großer Unterschied. Bei einer Handlungsvollmacht darf der*die Handlungsbevollmächtigte immer nur branchenübliche Geschäfte tätigen. Der*die Prokurist*in darf grundsätzlich alle infrage kommenden Geschäfte für den Betrieb übernehmen. Der Umfang der Prokura wird gesetzlich in § 49 HGB konkretisiert und ist dabei deutlich weiter als der einer Handlungsvollmacht.

    Die Prokura muss außerdem ausdrücklich erteilt und die Erteilung muss in das Handelsregister eingetragen werden, § 53 Abs. 1 HGB. Eine Handlungsvollmacht kann auch konkludent erteilt und muss nicht in das Handelsregister eingetragen werden.

    Des Weiteren muss die Prokura von dem*der Inhaber*in des Handelsgeschäfts selbst erteilt werden. Die Handlungsvollmacht kann auch durch den*die Prokurist*in erteilt werden.

    Ein weiterer Unterschied betrifft die Übertragbarkeit. Die Handlungsvollmacht kann mit Zustimmung des*der Handlungsbevollmächtigten und des*der Vollmachtgebers*in an eine andere Person übertragen werden. Die Prokura ist dagegen nicht an eine dritte Person übertragbar.

    Prokura – Das Wichtigste

    • Die Prokura ist eine spezielle Form der Vollmacht im Handelsrecht und ist in den §§ 48-53 HGB geregelt.
    • Durch die Erteilung der Prokura wird dem*der Prokurist*in eine allumfassende Vollmacht eingeräumt. Umfasst werden alle Arten von gerichtlichen und außergerichtlichen Geschäften, die bei einem Betrieb eines Handelsgewerbes geschlossen werden.
    • Die Prokura kann nur durch den*die Inhaber*in des Handelsgeschäfts durch eine einseitige, ausdrückliche, empfangsbedürftige Willenserklärung erteilt werden.
    • Die Erteilung und der Widerruf der Prokura sind von dem Kaufmann zur Eintragung in das Handelsregister anzumelden, § 53 HGB.
    • Die Prokura ermächtigt den*die Prokurist*in, alle infrage kommenden Arten von gerichtlichen und außergerichtlichen Rechtsgeschäften und -handlungen vorzunehmen, die der Betrieb eines Handelsgewerbes mit sich bringt.
    • Im Innenverhältnis kann die Prokura vertraglich beschränkt werden. An diese Beschränkung muss sich der*die Prokurist*in halten, da er*sie sich sonst gegenüber dem*der Inhaber*in schadensersatzpflichtig macht.
    • Die Überschreitung der Beschränkung durch den*die Prokurist*in führt im Außenverhältnis nicht zu einer Unwirksamkeit des Vertrags mit der dritten Person.
    • Im Außenverhältnis, also gegenüber Dritten, kann die Prokura nicht beschränkt werden, § 50 Abs. 1 HGB.
    • Eine Gesamtprokura liegt vor, wenn mehrere Personen zu Prokurist*innen ermächtigt werden und nur gemeinsam ihre Aufgaben wahrnehmen können, § 48 Abs. 2 HGB.
    • Für den Fall, dass der*die Geschäftsinhaber*in mehrere Filialen hat, kann die Prokura auf eine dieser Niederlassung beschränkt werden, § 50 Abs. 3 HGB.
    • Die Prokura kann, unabhängig von dem zugrunde liegenden Rechtsverhältnis, jederzeit durch den*die Inhaber*in des Handelsgeschäfts widerrufen werden, § 52 Abs. 1 HGB.
    • Die Prokura ist von der Handlungsvollmacht abzugrenzen, weil der Umfang, die Erteilung, die Übertragbarkeit und der Handlungsspielraum unterschiedlich geregelt sind.

    Nachweise

    1. Peter Kindler (2020). Grundkurs Handels- und Gesellschaftsrecht. C.H. Beck.
    2. Günther Roth; Marc-Philippe Weller; Jens Prütting (2020). Handels- und Gesellschaftsrecht. Vahlen.
    3. JURA - Juristische Ausbildung (Februar, 2012). Walter de Gruyter GmbH & Co. KG.
    4. Andreas Wien (N/A). Handels- und Gesellschaftsrecht. Springer Gabler.
    5. Juraindividuell.de. PROKURA, §§ 48 FF. HGB. (17.05.2022)
    6. Iurastudent.de. Prokura. (17.05.2022)
    7. Juracademy.de. Handels- und Gesellschaftsrecht: Prokura. (17.05.2022)
    8. Juracademy.de. Duldungs- und Anscheinsvollmacht. (17.05.2022)
    9. Lecturio.de. Gesamtprokura, § 48 Abs. 2 HGB. (17.05.2022)
    10. Welt-der-bwl.de. Prokura Definition. (17.05.2022)
    11. Lexikon.jura-basic.de. Handelsrechtliche Vertretung (Prokura). (17.05.2022)
    Häufig gestellte Fragen zum Thema Prokura

    Was darf man mit einer Prokura?

    Durch die Erteilung der Prokura wird dem*der Prokurist*in eine allumfassende Vollmacht eingeräumt. Der*die Prokurist*in darf alle infrage kommenden Arten von gerichtlichen und außergerichtlichen Rechtsgeschäften und -handlungen vornehmen, die der Betrieb eines Handelsgewerbes mit sich bringt.

    Was ist der Unterschied zwischen Prokura und Handlungsvollmacht?

    Bei einer Handlungsvollmacht darf der*die Handlungsbevollmächtigte nur branchenübliche Geschäfte tätigen. Der*die Prokurist*in darf alle infrage kommenden Geschäfte für den Betrieb übernehmen.


    Die Prokura muss ausdrücklich von dem*der Inhaber*in des Handelsgeschäfts erteilt und muss ins Handelsregister eingetragen werden. Die Handlungsvollmacht kann auch konkludent erteilt werden und bedarf keiner Eintragung.

    Was bedeutet eine Prokura in einer GmbH?

    Auch bei einer Gesellschaft mit beschränkter Haftung (GmbH) ist eine Erteilung der Prokura möglich. Der*die Prokurist*in wird von der Geschäftsführung ermächtigt. Für die Erteilung der Prokura ist bei einer GmbH ein Gesellschafterbeschluss notwendig.

    Wann wird die Prokura wirksam?

    Die Prokura wird unmittelbar nach der Erklärung zur Erteilung der Prokura dem*der Prokurist*in oder Dritten gegenüber wirksam. Die erforderliche Eintragung in das Handelsregister ist keine Voraussetzung für die Wirksamkeit der Prokura. 

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