Introvertiert vs. Extrovertiert vs. Ambivertiert – Was ist besser?
Oft werden die Begriffe introvertiert und extrovertiert in den Raum geschmissen, ohne ihre richtige Bedeutung verstanden zu haben. So werden introvertierte Menschen häufig pauschal als schüchtern eingestuft und extrovertierte Menschen als laut. Den Begriff ambivertiert hören wir hingegen sehr selten.
Außerdem werden manchmal die Eigenschaften dieser Persönlichkeitsmerkmale sogar als negativ oder positiv gewertet. Die Antwort auf die Frage, was denn nun besser ist, ist ganz klar: nichts! Alle Merkmale bringen Vor- und Nachteile mit sich. Zudem ist jeder Mensch einzigartig, weshalb es keinen Sinn ergibt, sie miteinander zu vergleichen und zu bewerten.
Ambivertiert – Definition und Bedeutung
Du kannst die Introversion und Extraversion als zwei Pole betrachten. Ein ambivertierter Mensch zeigt Merkmale beider Pole auf. Die Ambiversion, auch Ambivalenz genannt, schwankt dabei je nach Situation und Stimmung zwischen den Extremen der beiden Pole. Diese Schwankungen können unterschiedlich stark sein, weshalb die Ausprägung und Erscheinung der Merkmale wechselhaft sein kann.
Ambivertiert – Was sagt die Psychologie?
In der Psychologie beschrieb der Psychiater und Psychoanalytiker Carl Gustav Jung bereits im Jahr 1921, dass es extrovertierte und introvertierte Menschen gibt. Er stellte zudem fest, dass es eine Grauzone dazwischen gibt. Trotzdem lehnte er den Begriff der Ambiversion ab.
Der Psychologe Hans-Jürgen Eysneck erforschte dieses Gebiet ebenfalls und ging davon aus, dass Menschen einem festen Wert auf der Skala zwischen den Extremen der Intro- und Extraversion zugeordnet sind. Neuere Forschungen der Psychologie weisen bei der Ambiversion jedoch vielmehr auf ein Schwanken als auf einen festen Wert hin.
„Es gibt niemanden, der vollkommen introvertiert oder extrovertiert ist. Ein solcher Mensch wäre im Irrenhaus.“ – Zitat von C.G. Jung
Ambivertierte Eigenschaften – Das Beste aus zwei Welten
Obwohl es typische und öfter vorkommende Eigenschaften in Menschen gibt, können wir sie trotzdem nicht so einfach in Schubladen stecken. Dennoch gibt es einige Merkmale, die Indizien sein könnten, dass jemand ambivertiert ist. Diese sind, wie gesagt, nur typische und häufige Merkmale, müssen aber nicht immer zwingend zutreffen.
- Du kannst Dich selbst nicht schnell einordnen. Wenn Du Dich damit schwertust Dich als introvertiert oder extrovertiert einzuordnen, ist die Wahrscheinlichkeit höher, dass Du ambivertiert bist. Vor allem dann, wenn Du alle Eigenschaften nachvollziehen kannst und sie bei Dir abhängig vom Tag oder der Situation sind.
- Du fühlst Dich in verschiedenen Umfeldern wohl. Ambivertierte Menschen können gerne alleine und in sich gekehrt sein, es aber genauso mögen unter (vielen) Menschen zu sein. Zudem können ambivertierte Personen gute Teamplayer sein, aber auch gut alleine arbeiten.
- Du kannst Dich ganz unterschiedlich verhalten. Abhängig von Umfeld, Situation oder Laune kann eine ambivertierte Person mal mehr und mal weniger introvertierte und extrovertierte Merkmale aufweisen.
- Dir wird oft gesagt, dass Du sympathisch bist. Da ambivertierte Menschen oft verschiedene Rollen einnehmen, können sie sich an Umfeld und Situation meistens ebenso gut anpassen. Und fügst Du Dich gut Deinem Umfeld ein, wirst Du natürlich auch als sympathisch empfunden.
- Du hast Deine Gefühle meistens im Griff. Weil ambivertierte Personen generell von Balance gekennzeichnet sind, haben sie meistens auch ihre Emotionen und Gefühle mehr unter Kontrolle. Da wir aber alle nur Menschen sind, bedeutet das natürlich nicht, dass Ambiversion mit perfekter emotionaler Stabilität gleichzusetzen ist (insofern es diese überhaupt gibt).
- Du kannst soziale Situationen gut verstehen und einschätzen. Ambivertierte Menschen können sich meist gut in verschiedene Personen hineinversetzen. Sie denken oft auch über ihr soziales Umfeld nach und passen sich Situationen gut an, egal, ob auf extrovertierte oder introvertierte Weise.
Ambivertiert und hochsensibel
Hochsensibilität zeichnet sich durch eine stärkere Wahrnehmung aus. Das kann einerseits zu viel Grübelei führen, andererseits auch zu verstärkter Empathie. Da sich ambivertierte Menschen gut an ihr Umfeld und verschiedene Situationen anpassen können und sich leicht in andere Menschen hineinversetzen, treten Ambiversion und Hochsensibilität oft zusammen auf. Daher haben ambivertierte Menschen auch meist ein feines Gespür für ihr soziales Umfeld.
Ambivertiert – Vorteile aus dem Mix
Das Pendeln zwischen den Polen der Intro- und Extraversion mag unentschlossen und inkonsistent klingen. Dabei bringt die Ambiversion viele Vorteile mit sich, die sich auf Deine Beziehungen, schulische und berufliche Erfolge positiv auswirken können:
Du…
- … verfügst über eine Balance aus Offenheit und Zurückhaltung
- … bist sehr anpassungsfähig
- … verbringst gerne Zeit alleine, aber auch unter Menschen
- … hast gute soziale Kompetenzen
- … bist sowohl Teamplayer als auch Einzelgänger
- … besitzt viel Verständnis, Einfühlsamkeit und Empathie für Deine Mitmenschen
- … wirkst sympathisch auf andere
Jetzt fragst Du Dich vielleicht, was Dir diese Vorteile überhaupt bringen und wie sie in Deinem Alltag zum Vorschein kommen. Diese Beispiele zeigen Dir, wie das konkret aussehen könnte:
- Im Unterricht kannst Du sowohl ruhig zuhören, als auch engagiert teilnehmen
- Dir ist selten langweilig, da Du gerne ruhige Abende mit einem Buch hast, aber auch Spaß auf einer Party unter Menschen haben kannst
- Deine Mitmenschen fühlen sich in Deiner Gegenwart wohl, da Du Dich gut anpassen kannst und somit gut zuhörst, aber auch charismatisch erzählen kannst
- Du arbeitest konzentriert an Hausaufgaben und beteiligst Dich aber auch gut an einer Gruppenpräsentation
- In Deinem Job hörst Du gut zu und bist aufnahmefähig, kannst aber ebenso die Initiative ergreifen und proaktiv arbeiten
- Du erlebst wenig Streit, da Du verständnisvoll bist
Ambivertiert – Fazit
Wenn man ambivertiert ist, bedeutet das mehr, als sich nach anderen zu richten und anzupassen. Ambivertiert sein bedeutet facettenreich zu sein. Diese Anpassungsfähigkeit erlaubt Dir nämlich Deine verschiedenen Seiten auszuleben. So kannst Du Dich auch mal zurückziehen, in die Beobachterrolle schlüpfen oder in Dich gekehrt sein, aber auch die Initiative ergreifen und ganz offen sein.
Genau wie bei extrovertierten und introvertierten Menschen hat auch die Ambiversion ihre eigenen Vorteile. Das bedeutet aber nicht, dass das eine besser als das andere ist. Daher ist es am besten, sich auf seine individuellen Stärken zu fokussieren und die Unterschiede in den Menschen zu feiern. Wäre das Leben denn nicht langweilig, wenn alle gleich wären? 🙂
Quellen:
https://www.stellenmarkt.de/karrieremagazin/ambivertiert