Bedeutung von Disability Pride
Disability Pride kommt aus dem Englischen und bezeichnet eine in den USA entstandene soziale Bewegung. Auf Deutsch bedeutet der Begriff wortwörtlich übersetzt „Behindertenstolz“, wobei es aber unüblich ist diesen zu verwenden. Disability Pride heißt, dass Menschen mit Behinderung stolz auf ihre Identität sind und selbstbewusst, trotz der Ungerechtigkeit und Ausgrenzung, der sie nach wie vor ausgesetzt sind.
Disability Pride – Definition
Auf Anfrage von Sage Publications, verfasste Sarah Triano (Mitglied der Nationalen Vereinigung behinderter Studenten in den USA) eine Definition von Disability Pride für die „Encyclopedia of Disability„. Wir haben diese auf Deutsch übersetzt:
Disability Pride lehnt die Vorstellung ab, dass unsere körperlichen, sensorischen, mentalen und kognitiven Unterschiede zur nichtbehinderten Norm in irgendeiner Weise falsch oder schlecht sind, und ist ein Bekenntnis zu unserer Selbstakzeptanz, Würde und unserem Stolz. Sie ist ein öffentlicher Ausdruck unserer Überzeugung, dass unsere Behinderungen ein natürlicher Teil der menschlichen Vielfalt sind, eine Feier unseres Erbes und unserer Kultur und eine Bestätigung unserer Erfahrungen. Disability Pride ist ein integraler Bestandteil des Aufbaus einer Bewegung und eine direkte Herausforderung an systemische Behindertenfeindlichkeit und stigmatisierende Definitionen von Behinderung. Sie ist ein kämpferischer Akt der Selbstdefinition, eine gezielte Wertschätzung dessen, was gesellschaftlich abgewertet wird, und ein Versuch, uns aus der komplexen Matrix negativer Überzeugungen, Einstellungen und Gefühle zu befreien, die aus der Annahme der dominanten Gruppe erwachsen, dass mit unseren Behinderungen und unserer Identität etwas von Natur aus nicht stimmt.
Disability Pride Bewegung
Menschen mit Behinderung sind auch heutzutage noch mit alltäglicher Diskriminierung, Ausgrenzung und Stigmatisierung konfrontiert. Sie erleben – unter anderem – Ungleichheiten vor dem Gesetz, beim Einkommen, in der Bildung und Gesundheit. Darüber hinaus sind sie auch in Medien und der Politik unterrepräsentiert. Bei der Disability Pride Bewegung geht es deshalb, so wie zum Beispiel auch bei LGBTQIA+-Pride, darum, Menschen mit Behinderung eine gleichwertige Teilhabe am gesellschaftlichen Leben zu ermöglichen, und gegen Ausgrenzung sowie Stigmatisierung von Menschen mit Behinderungen zu kämpfen.
➡️ Wenn du mehr zur Behindertenbewegung in Deutschland, zu ihrem Ursprung und ihrer Geschichte erfahren möchtest, empfehlen wir dir diesen Artikel der Bundeszentrale für politische Bildung.
Disability Pride Bewegung – Mission
Die Mission der Disability Pride Bewegung, kann in folgende Bereiche untergliedert werden:
- Die Art und Weise ändern, wie Menschen über Behinderung denken und sie definieren.
- Die zum Teil verinnerlichte Scham von Menschen mit Behinderung aufbrechen und beenden.
- Die Überzeugung in der Gesellschaft fördern, dass Behinderung ein natürlicher und schöner Teil der menschlichen Vielfalt ist, auf den Menschen mit Behinderung stolz sein können.
Disability Pride Bewegung – Ziel
Ziele der Disability Pride Bewegung sind unter anderem Selbstbestimmung, Barrierefreiheit und Inklusion von Menschen mit Behinderung. Sie haben ein Anrecht auf einen gleichberechtigten Platz in einer Gesellschaft, in der Vielfältigkeit geschätzt wird, und in der niemand aufgrund einer Behinderung in irgendeiner Form benachteiligt wird. So soll also ein sozialer Wandel zu einer inklusiven Gesellschaft vollzogen werden.
Die Disability Pride Flaggen und ihre Bedeutung
Es gibt mittlerweile mehrere Disability-Pride-Flaggen, die Menschen mit Behinderung, ihren Stolz und ihren Kampf um Gleichberechtigung und Teilhabe symbolisieren sollen. Die Bedeutung von zwei der bekanntesten Flaggen erklären wir im Folgenden.
Eros Recio – Flagge der Behinderten (oder auch Flagge der Überwindung) | Ann Magill – Flagge der Disability Pride Bewegung |
Gold, Silber und Bronze stehen für die Siege und Errungenschaften und sollen auch an die drei Medaillen der Paralympischen Spiele erinnern. | Schwarz = Trauer für alle, die unter Ableismus-Gewalt leiden und sterben mussten, aber auch Rebellion und Protest Fünf Farben = Vielfalt der Bedürfnisse und Erfahrungen und die verschiedenen Formen von Behinderung*Parallelität = Solidarität innerhalb der Gemeinschaft der Behinderten |
* Ursprünglich waren die Streifen auf der Flagge im Zickzackmuster und außerdem in knalligeren Farben designt. Dieses Muster und die Farbgebung, kann aber durch Scrollen am Handy oder PC einen „Stroboskopeffekt“ erzeugen, und damit einen Trigger für Menschen mit Epilepsie- oder Migräne darstellen.
Der Disability Pride Month weltweit
Einen offiziellen Disability Pride Month gibt es noch nicht sehr lange. Erst im Jahr 2015 erklärte der damalige New Yorker Bürgermeister Bill de Blasio, den Juli zum Disability Pride Month, um das 25-jährige Bestehen des Americans with Disabilities Act (kurz: ADA) zu feiern. Der ADA schreibt die Gleichstellung von Menschen mit Behinderungen vor. Seit 2015 finden in New York City und anderen Städten deshalb jährlich Paraden, Demonstration und Aktionen zum Anlass des Disability Pride Month statt. Und auch in anderen Ländern der Welt wird Disability Pride gefeiert, zum Beispiel in Neuseeland, Großbritannien und Irland. Hier findet aber „nur“ eine Pride Woche statt.
In Deutschland findet der Disability Pride Month in dieser Form leider nicht statt. Die Etablierung eines solchen Monats, ähnlich wie der der LGBTQIA+-Community, wäre aber eine große Chance, die Anliegen dieser Menschen der breiten Öffentlichkeit näher zu bringen und ein Bewusstsein zu schaffen.
Disability Pride Paraden in Deutschland
Inzwischen gibt es Disability Pride Paraden, im Zuge des Pride Months, in vielen Teilen der Welt, auch in Deutschland, Österreich und Schweiz. In Deutschland gibt es seit 2013 die „Behindert und verrückt feiern Pride Parade Berlin„, sie ist aber nur wenigen Menschen ohne Behinderung bekannt.
Wie du dich für Disability Pride als Ally engagieren kannst
Es gibt einige Punkte, die du beachten solltest um ein Ally für Disability Pride und Menschen mit Behinderung zu sein:
- Verstehe, dass die Behinderung einen Menschen nicht definiert, aber ein wichtiger Teil der eigenen Identität sein kann.
- Begreife, dass eine Behinderung das Leben eines Menschen nicht in irgendeiner Weise „tragischer“, „inspirierender“ oder „mitleiderregender“ macht als deins.
- Respektiere und würdige die individuellen Erfahrungen und Fähigkeiten von Menschen mit Behinderung.
- Achte auf deine Sprache und konfrontiere deinen eigenen Ableismus.
- Bilde dich weiter und lerne, es gibt unzählige Ressourcen (Podcasts, Bücher, Dokumentationen, Vorträge, soziale Medien etc.).
- Folge Influencerinnen und Influencern mit Behinderung, zum Beispiel: @jillianmercado, @chellaman, @habengirma, @sitting_pretty, @leeroymatata, @notjustdown, @aannggeellll, @luisalaudace, @henrikcox
- Nutze deine Stimme oder Reichweite, um auf Inklusion und Zugänglichkeit aufmerksam zu machen.