Dyskalkulie Definition
Die Dyskalkulie wird nach dem internationalen Klassifikationsschema ICD-10 der Weltgesundheitsorganisation (WHO) wie folgt definiert:
„Diese Störung bezeichnet eine Beeinträchtigung der Rechenfertigkeiten, die nicht allein durch eine allgemeine Intelligenzminderung oder eine unangemessene Beschulung erklärbar ist.“
Dyskalkulie kann demnach nicht mit normalen Rechenschwierigkeiten gleichgesetzt werden und hat auch nichts mit mangelnder Intelligenz oder Faulheit zu tun. Sie ist eine Beeinträchtigung des kompletten arithmetischen Denkens und eine medizinische Diagnose, da sie nach der WHO als schulische Entwicklungsstörung angesehen wird.
Menschen mit der Rechenstörung Dyskalkulie haben ein großes Problem mit Mengenangaben und sehen Zahlen nur als Symbole. Demnach können sie grundlegender Rechenfertigkeiten wie Addition, Subtraktion, Multiplikation und Division nicht verinnerlichen.
Dyskalkulie Symptome
Kinder mit Dyskalkulie zeigen i.d.R. einige oder mehrere der folgenden Symptome:
- Fehlendes Verständnis für Mengen und Maße (Zeit, Länge, Gewicht, Geld…)
- Kinder haben Schwierigkeiten, die Uhr zu lesen
- Auch in höheren Klassen oder bei sehr leichten Aufgaben werden Finger zum Abzählen genutzt
- Kein Verständnis für mathematische Logik
- Rechenschritte werden nur auswendig gelernt und können nicht angewendet werden
- Kinder brauchen überdurchschnittlich viel Zeit zum Lösen von Aufgaben
- Verwechslung der Rechenarten
- Vertauschen von Rechenzeichen
- Offensichtlich falsche Ergebnisse werden nicht erkannt bzw. korrigiert
- Bekannte Mengen werden immer wieder neu abgezählt
- Zahlen werden falsch herum oder auf dem Kopf stehend geschrieben
Dyskalkulie Ursachen
Es ist bisher noch unbekannt, wie genau die Rechenstörung Dyskalkulie entsteht, jedoch wird von verschiedenen beeinflussenden Faktoren ausgegangen.
Genetische Faktoren | Besondere Hirnfunktionen | Risikofaktoren |
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Genetische Faktoren
Genetische Faktoren scheinen eine erhebliche Rolle zu spielen. Oft ist auch ein Elternteil oder Geschwisterkind mit der Rechenstörung betroffen. Eltern oder Großeltern können oft undiagnostiziert unter Dyskalkulie leiden. Sind dein Kind oder Kinder betroffen, werfe ein Blick in deine Familiengeschichte.
Besondere Hirnfunktionen
Es wird außerdem vermutet, dass Besonderheiten der Hirnfunktion zu Dyskalkulie führen. Das Lösen von mathematischen Aufgaben erfordert das Zusammenspiel mehrerer Gehirnregionen. In Studien wurden untypische Entwicklungen und Unteraktivität in den für das Rechnen verantwortlichen Hirnregionen gezeigt.
Risikofaktoren
Einige Risikofaktoren, wie Hirnstörungen, psychische Auffälligkeiten oder andere schwere Krankheiten (z. B. Epilepsie), könnten ebenfalls ein Auslöser für die Rechenstörung sein. Ebenso kann Alkohol- oder Drogenmissbrauch in der Schwangerschaft oder eine Frühgeburt Risikofaktoren darstellen.
Dyskalkulie Diagnose Kinder
Eine frühe Diagnose ist wichtig für die Entwicklung deines Kindes. Schon bei geringstem Verdacht auf eine Rechenstörung sollten Symptome deshalb abgeklärt werden, damit es passende Förderung bekommt und Schwierigkeiten in der Schullaufbahn minimiert werden. Kinderärzte und Kinder- und Jugendpsychotherapeuten diagnostizieren Dyskalkulie.
Diagnostisches Gespräch
Zuerst erfolgt i.d.R. ein diagnostisches Gespräch mit den Eltern. Besprochen werden Symptome und Probleme bzw. andere Faktoren wie die Familiensituation oder psychische Krankheiten. Ratsam wäre es hier, sich zuvor mit Lehrenden oder anderen Betreuenden in Kontakt zu setzen, die ebenfalls Informationen und konkrete Beispiele beisteuern könnten.
Auch den Kindern selbst könnte Fragen gestellt bekommen, z. B. wie sie ihre Probleme selbst beschreiben würden und was besonders schwerfällt.
Tests
Es werden außerdem einige Tests durchgeführt, um Dyskalkulie festzustellen:
- IQ-Test
- Rechentest
- Weitere Tests
IQ-Test
Wie schon in der Definition von Dyskalkulie erwähnt, hängt diese Rechenstörung nicht von der Intelligenz ab (Kinder können auch mit Hochbegabung Dyskalkulie haben). Deshalb muss für die Diagnose ein kompletter IQ-Test durchgeführt werden.
Dyskalkulie wird nur diagnostiziert, wenn der Intelligenzquotient größer als 70 ist. Befindet er sich darunter, liegt eine Rechenschwäche aufgrund niedriger Intelligenz vor.
Rechentest
Hier werden Schulstoff und allgemeine mathematische Fähigkeiten abgefragt. Beispiele für Rechentests sind: TEDI-MATH, DEMAT, spielerische Dyskalkulie-Tests und der Heidelberger Rechentest.
Weitere Tests
Wird das Vorliegen einer Dyskalkulie vermutet, werden auch weitere Tests durchgeführt, die andere psychische Erkrankungen (z. B. ADHS), neurologischen Erkrankungen oder den körperlichen/psychischen Zustand untersuchen.
Es wird außerdem ausgeschlossen, ob die Rechenstörung wegen mangelnden Unterrichts besteht.
Dyskalkulie Therapie
Die Rechenstörung ist nicht heilbar, durch richtige Therapie, in Form von Förderung, kann sich die Leistung von Kindern jedoch deutlich verbessern.
Dyskalkulie Förderung
Durch ausgebildete Therapeuten werden verschiedene Übungen durchgeführt, die sich individuell am Kind orientieren. Dazu gehören zum Beispiel das Trainieren der visuell-räumlichen Wahrnehmung, Lernen lernen, rechnen mit greifbaren Gegenständen und die Einführung von Belohnungssystemen, um die Lernmotivation zu erhöhen.
Auch der Besuch von speziellen Privatschulen kann eine gute Fördermaßnahme sein.
Dyskalkulie Nachteilsausgleich
Da Dyskalkulie eine anerkannte Rechenstörung ist, haben Kinder Anspruch auf einen Nachteilsausgleich, um ihre Schwierigkeiten zu minimieren. Dieser wird von Bundesland zu Bundesland anders gehandhabt.
Der Nachteilsausgleich kann einen oder mehrere der folgenden Maßnahmen enthalten:
- Einen Förderplan
- Notenschutz
- Mehr Zeit für Aufgaben
- Zusätzliche Hilfsmittel (Z.B. Taschenrechner)
- Angepasste Aufgabenstellungen (Z.B. deutlich definierte Aufgaben statt lange Texte)
In einigen Bundesländern, z. B. Bayern, gibt es jedoch generell keinen Nachteilsausgleich. Auch bei Abschlussprüfungen, wie dem Abitur, wird in allen Bundesländern keine zusätzliche Hilfe gestattet.
Dyskalkulie Übungen
Eltern sollten die vom Therapeuten mitgegebenen Fördermaßnahmen mit ihren Kindern regelmäßig anwenden. Wichtig sind kurze Intervalle mit Pausen, um die Motivation aufrechtzuerhalten und Prokrastination zu überwinden.
Es gibt aber auch einige Übungen, die Eltern ohne therapeutische Begleitung einfach und spielerisch in den Alltag einbauen können:
- Zählspiele: Zusammen zählt man Treppenstufen auf dem Klettergerüst, wie vielen Kuscheltieren auf dem Bett gute Nacht gesagt wird oder alle Menschen mit einem Hund, die einem entgegenkommen.
- Zusammen kochen: Kinder können beim Kochen helfen, indem sie verschiedene Zutaten reichen. Z. B. 2 Äpfel, 4 Stücke Fleisch, eine halbe Zwiebel. Diese werden wiederum in z. B. 6 Stücke geschnitten oder geviertelt.
- Verkäufer/Verkäuferin spielen: Dein Kind ,,verkauft“ verschiedene Produkte im Haus an dich. Das Spiel übt Mengen, Summieren, Abziehen und den Umgang mit Geld.
- Preise abfragen: Beim gemeinsamen Einkaufen könntest du fragen, welches Produkt das billigste ist.
- Mengenraten: Das gemeinsame Erraten von Mengen, z.B. die exakte Anzahl von Erbsen beim Kochen, kann mit einem Spiel verbunden werden. Wer am nächsten am Ergebnis ist, hat gewonnen.
Rechenstörung Fazit
Auch wenn die Rechenstörung nicht heilbar ist, kannst du dein Kind dennoch gut unterstützen. Wichtig ist, so früh wie möglich für Förderung zu sorgen und eine Diagnose stellen zu lassen.