Grenzen setzen lernen
Persönliche Grenzen sind ein wichtiger Teil des Lebens. Kinder lernen bereits im Alter von sechs bis sieben Monaten, dass sie separat von ihrem austragenden Elternteil sind. Später lernen sie ihre Vorlieben kennen: Das mag ich, das mag ich nicht. Als Teenager wird der Wunsch stark, sich weiter von den Eltern abzunabeln. Das Streben der Menschen nach Autonomie (also Selbstbestimmung) findet ein Leben lang statt.
Grenzen sind sowohl eine physische als auch eine psychische Angelegenheit. Im Kontext von Grenzen setzen geht es vorrangig darum, die eigenen Bedürfnisse zu definieren und dafür einzustehen, dass sie bestenfalls befriedigt und mindestens respektiert werden.
Wenn du das Grenzen setzen lernst, ist das ein Akt der Selbstliebe und Selfcare – denn indem du sagst „bis hierhin und nicht weiter“ stehst du für dich selbst ein. Du kannst lernen, Grenzen zu setzen, indem du dir bewusst machst, dass es gesund ist, nicht alles mit dir machen zu lassen. Halte dir Folgendes vor Augen:
- Ich achte auf mich selbst, indem ich meine Grenzen beachte.
- Jedes Mal, wenn ich meine Grenzen einhalte, fühle ich mich sicherer, meine Bedürfnisse zu äußern und meinen Wünschen Raum zu geben.
- Meine Grenzen helfen mir, mich jeden Tag liebevoll um meinen Körper, meinen Geist und meine Seele zu kümmern.
Schritte, um Grenzen setzen zu lernen
Hier ein Guide inklusive Tipps, wie du lernst, deine Grenzen zu setzen und einzuhalten:
- Frage dich, welchen Umgang du tolerierst und wo deine Grenzen liegen
- Wann fühle ich mich wohl? – Wann fühle ich mich respektiert, wahrgenommen, gehört, groß und wichtig?
- Wann fühle ich mich unwohl? – Wann fühle ich mich umgangen, ignoriert, klein oder unwichtig?
- Eine regelmäßige Reflexion deiner Grenzen bietet sich an, denn Grenzen können sich im Laufe der Zeit ändern.
- Kommuniziere deine Grenzen
- Teile deine Grenzen mit den Menschen, die sie einhalten sollen – also Freundinnen und Freunden, der Familie, den Arbeitskolleginnen und -kollegen und auch dir selbst gegenüber.
- Sorge dafür, dass deine Grenzen eingehalten werden
- Wenn eine Situation aufkommt, in der deine Grenzen überschritten werden, weise respektvoll darauf hin, dass deine Grenzen bestehen und du darauf achtest, dass sie eingehalten werden.
- Sei konkret
- Sowohl bei der Nennung deiner Grenzen als auch bei einer Übertretung dieser: Zeige konkrete Grenzen und ggf. Änderungen auf, die innerhalb deiner Grenzen liegen.
- Entziehe dich aus Situationen oder Beziehungen, in denen deine Grenzen nicht respektiert werden – zeige Konsequenzen
- Wenn andere Menschen deine Grenzen nicht respektieren, ist das ihr Fehler und nicht deiner. Es liegt in deiner Macht, die Situation zu ändern oder im Zweifelsfall zu verlassen, wenn deine Grenzen nicht wahrgenommen und eingehalten werden.
- Zeige deine Entschlossenheit, Grenzen zu setzen und einzuhalten, indem du Situationen und Beziehungen nicht tolerierst, in denen deine Grenzen überschritten werden.
Grenzen setzen Psychologie
Gesetzte Grenzen sind gesund für die Psyche. Du zeigst dir selbst, dass du dich respektierst und diesen Respekt auch von anderen Menschen erwartest. Insofern stärken klare Grenzen dein Selbstbewusstsein und stärken deine Selbstkenntnis.
Grenzen setzen vermittelt auch anderen Menschen, dass du ein starkes Selbstbewusstsein hast. Das macht sympathisch und attraktiv, sei es im Job, in Freundschaften, bei Bekannten oder in romantischen Beziehungen, Partnerschaften oder beim Dating. Oft glauben wir, nicht zu gefallen, wenn wir „nein“ sagen. Dabei zeigt es mentale Stärke, Selbstbestimmtheit und Sicherheit – und das bewundern andere Menschen dann bewusst oder unbewusst.
Grenzen setzen Formulierungen
Wenn Grenzen überschritten werden, kann das dazu führen, dass ein Gefühlschaos ausgelöst wird und in einer solchen Situation ist es nicht immer leicht, die richtigen Worte zu finden. Deshalb habe ich hier einige Formulierungen zum Grenzen setzen zusammengetragen, die dich hoffentlich inspirieren.
Bereich zum Grenzen setzen | Formulierungsvorschlag |
emotional |
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finanziell |
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physisch |
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intellektuell |
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sexuell |
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Meistens kannst du deine Grenzen freundlich durchsetzen. Denk aber auch daran: „Nein“ ist ein kompletter Satz und benötigt keine weitere Erklärung.
Grenzen setzen Beispiele
Grenzen können und sollten in jedem Bereich deines Lebens gesetzt werden. Überall, wo du in Kontakt mit anderen Menschen kommst, kannst du Grenzen setzen.
Grenzen setzen Familie
„Du hast über die Feiertage aber zugenommen!“, „Wann bekomme ich denn endlich ein Enkelkind?“ oder „Mama, Mama, Mama, Mama, Mama…“ – die Familie bietet endlose Möglichkeiten der Grenzsetzung und -überschreitung.
Du kannst
- Eltern und Verwandte bitten, keine ungefragten Kommentare zu deinem Verhalten, Aussehen oder Leben abzugeben.
- deine Partnerin oder deinen Partner um Zeit allein oder regelmäßige Kommunikation bitten.
- deine Kinder um eine Auszeit bitten und ihnen erklären, dass auch Eltern Menschen sind, die oftmals die gleichen Gefühle haben, wie Kinder – und ebenso lernen müssen, mit diesen umzugehen.
Grenzen setzen Job
Produktivität ist das Gesetz der Stunde. Und wo besser produktiv sein, als bei der Arbeit? Gerade deshalb werden immer mehr Leute zu Workaholics. Angemessen gesetzte Grenzen können Abhilfe leisten:
- Ich mache maximal fünf Überstunden diese Woche.
- Eine Work-Life-Balance ist wichtiger als eine schnelle Beförderung.
- Alle Aufgaben, die außerhalb meines Zuständigkeitsbereiches (und meiner Bezahlung!) liegen, übernehme ich nicht mehr.
Grenzen gelten für andere, aber auch für dich selbst. Sieh es als einen Akt der Selbstachtung, dass du deine eigenen Grenzen einhältst und schätzt. Somit setzt du anderen Menschen auch ein Vorbild, was deine Grenzen betrifft.
Grenzen setzen Beziehung
Beim engen Miteinander mit einer anderen Personen scheinen Grenzen manchmal zu verschwimmen – wo fängst du an und wo höre ich auf? Trotzdem sind Grenzen ein essenzieller Bestandteil einer jeden gesunden Beziehung. Zum Beispiel so:
- Mindestens einen Abend in der Woche verbringt jeder für sich und geht eigenen Hobbys nach.
- Wir lernen uns Stück für Stück kennen – ich möchte dir nicht beim ersten Date meine Lebensgeschichte detailliert vorlegen. Wir haben Zeit und nehmen uns diese.
- Ich bleibe meine eigene Person und behalte andere wichtige Beziehungen in meinem Leben bei.
Achte auch darauf, dass du nicht Opfer von Gaslighting in deiner Beziehung wirst.
Grenzen setzen Fazit
- Grenzen spielen in jedem Bereich deines Lebens eine Rolle: Im Job, in der Beziehung, mit deiner Familie.
- Es ist sinnvoll, persönliche Grenzen zu setzen und einzuhalten, weil dein Selbstwertgefühl dadurch steigt und du dir selbst Respekt entgegenbringst – und nach außen kommunizierst, dass du Achtung erwartest.
Es geht beim Grenzen setzen nicht darum, dass du dich gnadenlos von allem und jedem in deinem Leben abgrenzt, sondern darum, dich nicht im Außen zu verlieren und alles mit dir machen zu lassen.