Die wichtigsten Gütekriterien qualitativer Forschung

Die qualitative Forschung verfolgt das Ziel, Einstellungen bestimmter Personengruppen, deren Meinungen oder Motive zu ergründen und nachzuvollziehen. So etwas kann aber nicht in Statistiken erfasst werden, wie man es von der quantitativen Forschung kennt, die mit standardisierten Verfahren arbeitet. Wie sorgt man nun dafür, dass eine qualitative Forschungsarbeit trotzdem Akzeptanz und Anerkennung findet? Indem man Vertrauen herstellt. Das gelingt am besten mit Gütekriterien. Denn die gibt es auch in der qualitativen Forschung. In diesem Artikel erklären wir die die Gütekriterien qualitativer Forschung nach Mayring, Steinke und Flick.

Gütekriterien qualitativer Forschung, StudySmarter Magazine

Gütekriterien qualitativer Forschung

In der qualitativen Forschung sind die Gütekriterien nicht so strikt festgelegt wie im quantitativen Bereich. Jedoch haben sich einige Forschende Gedanken dazu gemacht, welche Gütekriterien für qualitative Forschung gelten sollten. Die wichtigsten Ansätze sowie Autorinnen und Autoren stellen wir dir im Folgenden vor.

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Gütekriterien qualitativer Forschung nach Mayring

Mayring ist dir vielleicht schon bei der qualitativen Inhaltsanalyse begegnet, da er auch diese Methode mitbegründet hat. Im Folgenden stellen wir dir die von ihm entwickelten Gütekriterien qualitativer Forschung vor.

 

  1. Verfahrensdokumentation

Im ersten Schritt ist genau zu überlegen, wie das Forschungsprojekt aufgebaut sein soll. Es muss also klargestellt werden, was genau der Forschungsgegenstand ist und welche Personengruppen diesbezüglich herangezogen werden sollten. Wichtig ist hier die Frage, welche Merkmale gegeben sein sollten. Beispiele wären etwa eine bestimmte politische Ausrichtung der Personen, eine festgelegte Altersgruppe oder der gleiche Bildungsgrad. Zur Verfahrensplanung gehört auch die Entscheidung darüber, welche Methode zur Erforschung angewandt werden soll und wie die dadurch erhobenen Daten ausgewertet werden. All das muss zum Beispiel in deiner Bachelorarbeit ganz genau schriftlich dokumentiert werden, damit man die Ergebnisse der Studie gut nachvollziehen kann.

 

  1. Regelgeleitetheit

Im Vorhinein werden zudem Regeln für die Auswertung festgelegt. Diese können im Verlauf des Forschungsprojektes angepasst werden; auch das muss dann wieder genau dokumentiert sein.

 

  1. Argumentative Interpretationsabsicherung

Wenn du dich etwa in deiner Masterarbeit dazu entschließt, dass das Führen von Interviews für das Projekt am gewinnbringendsten ist, musst du dir die dabei gemachten Aussagen ganz genau anschauen und nach Gemeinsamkeiten und Unterschieden zwischen den Interviews Ausschau halten. Die daraus resultierenden Meinungen oder interpretativen Ansätze musst du immer begründen. Doch auch Alternativen sollten von dir erwähnt und überprüft werden.

 

  1. Nähe zum Gegenstand

Unter Nähe zum Gegenstand, versteht man das Zusammentreffen mit den ausgewählten Personen deines Forschungsprojekts. Dieses sollte möglichst in deren alltäglicher Lebenswelt stattfinden oder dort, wo das meiste Potenzial für einen hohen Erkenntnisgewinn zu erwarten ist.

 

  1. Kommunikative Validation

Die Ergebnisse der Studie werden nicht veröffentlicht, bevor die Erforschten nicht selbst einen Blick darauf werfen konnten um gegebenenfalls Aussagen zu korrigieren, die sie eigentlich anders gemeint haben oder die falsch aufgefasst wurden. Das bestätigt die Erkenntnisse der Studie.

 

  1. Triangulation

Das letzte Gütekriterium nach Mayring (2016) ist dann erfüllt, wenn die Forschenden sich einlesen, wie andere auf diesem Gebiet vorgegangen sind und welche Methoden sie verwendet haben. So können grobe Fehler in der Verfahrensplanung umgangen werden. Dieses Gütekriterium ist nicht unbedingt dann erfüllt, wenn alles in sich stimmig ist. Vielmehr geht es darum, Stärken und Schwächen von verschiedenen Theorien oder Ansätzen aufzuzeigen. So können weitere Erkenntnismöglichkeiten und andere Perspektiven erschlossen werden.

 

Gütekriterien qualitativer Forschung nach Steinke

Steinke (2000) schlägt sieben Gütekriterien qualitativer Forschung vor, die je nach Herangehensweise angewandt oder sogar konkretisiert werden sollen.

 

  1. Intersubjektive Nachvollziehbarkeit

Intersubjektive Nachvollziehbarkeit dient dazu, die Forschungsergebnisse auch für andere Forschende nachvollziehbar zu machen (die selbst nicht Teil des Projektes waren) ist es wichtig:

  • den Forschungsprozess gründlich zu dokumentieren
  • die gesammelten Daten in Forschergruppen zu interpretieren
  • das methodische Vorgehen zu vereinheitlichen

 

  1. Indikation des Forschungsprozesses

Hier wird entlang verschiedener Fragen sichtbar, ob das Forschungsprojekt gut und folgerichtig konstruiert ist. Die Fragen sind:

  • Ist die qualitative Forschung bei dieser Untersuchung der Quantitativen vorzuziehen?
  • Sind die Methoden zielgerichtet?
  • Sind die Transkriptionsregeln zu (un)genau?
  • Ist die Stichprobe gut gewählt?
  • Sind die Bewertungskriterien im Bezug auf die Thematik und die gewählte Methode angemessen?

 

  1. Empirische Verankerung

Wenn du eine eigene Theorie entwickelst oder eine wenig bekannte Theorie verwendest ist es wichtig, dass diese in Daten begründet ist. Sollte dies nicht der Fall sein liegt es an dir, die Theorie anhand von Daten zu bestätigen oder gegebenenfalls zu widerlegen. Ebenso musst du zu Beginn des Prozesses getätigte Annahmen hinterfragen und vielleicht auch korrigieren.

 

  1. Limitation

Bei diesem Kriterium geht es darum, ob die Studienergebnisse verallgemeinert werden können oder limitiert sind. So kann man etwa extreme Gegenbeispiele zu einer vorhandenen Theorie analysieren, um die Theorie anschließend zu bestätigen oder gegebenenfalls zu widerlegen. In deiner Bachelorarbeit kann es passieren, dass die Ergebnisse etwa aufgrund einer zu geringen Fallzahl nicht verallgemeinerbar sind. Da das aber meist an den knappen Vorgaben wie die dir zur Verfügung stehende Zeit oder die begrenzte Seitenzahl liegt, ist das in diesem Fall völlig in Ordnung.

 

  1. Kohärenz

Hier geht es darum, Widersprüche aufzudecken. Diese können etwa in den Daten oder deren Interpretation auftreten.

 

  1. Relevanz

Dieser Punkt ist mehr oder weniger selbsterklärend und wirft die Frage auf, ob die Untersuchung einen wichtigen Beitrag für die Forschung leistet.

 

  1. Reflektierte Subjektivität

Dieses Gütekriterium stellt eine persönliche Beziehung des/der Forschenden zum Forschungsgegenstand her. Das Kriterium wird dann erfüllt, wenn mögliche persönliche Anknüpfungspunkte erläutert werden oder eine vertrauliche Beziehung zur Thematik oder dem Forschungsgegenstand besteht. Wenn es im Verlauf des Projektes auf persönlicher Ebene Schwierigkeiten gab, muss auch das reflektiert und verschriftlicht werden.

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Gütekriterien qualitativer Forschung nach Flick

Flick (1999) macht ebenfalls Vorschläge für Gütekriterien in der qualitativen Forschung. Eines davon ist die Triangulation, die auch bei Mayring (2016) zu finden ist. Zusätzlich dazu diskutiert er aber auch die Möglichkeit, für quantitative Methoden geltende Gütekriterien, in abgewandelter Form, auch in die qualitative Forschung zu überführen.

 

  1. Prozedurale Reliabilität

Dieses Gütekriterium sagt aus, dass in qualitativen Studien eine klare Trennung zwischen den reinen Daten und ihrer Interpretation erfolgt sein muss. Falls es mehrere Beteiligte – wie zum Beispiel mehrere Interviewende – gibt sollte zudem sichergestellt sein, dass sie alle zum gleichen Ergebnis kommen, indem die Vorgehensweise stets die gleiche ist.

Dieses Gütekriterium kann durch die Einhaltung folgender Punkte erfüllt werden:

  • feste Transkriptionsregeln
  • Schulung der Interviewenden
  • gleiche Interviewleitfäden

 

  1. Validität

Eine Untersuchung ist dann valide, wenn man die Methode so wählt, dass sie dem Forschungsziel optimal entspricht und auch wirklich das untersucht wird, was die Forschungsfrage aufwirft. Das Kriterium lässt sich erfüllen, indem man die Zustimmung der untersuchten Subjekte einholt und gezielt um Feedback von anderen Forschenden in diesem Tätigkeitsfeld bittet.

 

  1. Analytische Induktion

Hier wird eine Hypothese immer wieder anhand der einzelnen Fälle überprüft und falls nötig angepasst. Nachdem alle Einzelfälle durchgegangen wurden, hat die Hypothese dann also mehr Tiefgang, indem sie beispielsweise nur für bestimmte Faktoren gültig ist.

 

Gütekriterien qualitativer Forschung: Fazit

Jetzt haben wir uns drei verschiedene Ansätze für Gütekriterien in qualitativer Forschung etwas genauer angesehen und vielleicht hast du gemerkt, dass sich einige Punkte ähneln. Daher haben wir für dich nochmal kompakt zusammengefasst, welche Kriterien für deine Abschlussarbeit wichtig zu beachten sind, damit deine Ergebnisse gut nachvollzogen werden können:

  • Hole dir Inspiration von anderen Forschenden
  • Dokumentiere den gesamten Forschungsprozess
  • Achte auf die Validität deiner Forschung
  • Halte dich an Transkriptions- und Auswertungsregeln
  • Trenne zwischen den Daten und deren Interpretation
  • Begründe deine interpretativen Ansätze

Hier findest du übrigens weitere Infos zum Thema qualitative Forschung!

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Literaturquellen:

Flick, Uwe (1999): Qualitative Forschung: Theorie, Methoden, Anwendung in Psychologie und Sozialwissenschaften. Hamburg: Rohwolt Taschenbuch Verlag.

Mayring, Philipp (2016): Einführung in die qualitative Sozialforschung : eine Anleitung zu qualitativem Denken. Weinheim: Beltz.

Steinke, Ines (1999): Kriterien qualitativer Forschung. Ansätze zur Bewertung qualitativ-empirischer Sozialforschung. München: Juventa.

Gütekriterien qualitativer Forschung: Häufige Fragen und Antworten

Welche qualitativen Gütekriterien gibt es?

Anders als in der quantitativen Forschung, sind bei qualitativen Methoden die Gütekriterien nicht strikt festgelegt. Wichtige Kriterien sind etwa die Verfahrensdokumentation, die intersubjektive Nachvollziehbarkeit oder die Regelgeleitetheit.

Was sind qualitative Gütekriterien nach Mayring?

Mayring hat sechs Gütekriterien qualitativer Forschung aufgestellt. Diese sind die Verfahrensdokumentation, Regelgeleitetheit, argumentative Interpretationsabsicherung, Nähe zum Gegenstand, kommunikative Validation und Triangulation.

Was sind qualitative Gütekriterien nach Steinke?

Steinke hat insgesamt sieben qualitative Gütekriterien herausgearbeitet. Diese sind die intersubjektive Nachvollziehbarkeit, Indikation des Forschungsprozesses, empirische Verankerung, Limitation, Kohärenz, Relevanz sowie reflektierte Subjektivität.