Quantitative Forschung – Definition
Zuerst klären wir, was quantitative Forschung überhaupt ist. Quantitative Forschung ist ein Verfahren der Datenerhebung in der empirischen Sozialforschung und somit relevant für die Wahlforschung, Sozialpsychologie und Markt- und Meinungsforschung. Mit ihr können numerische Daten erhoben und statistisch ausgewertet werden. Die statistische Analyse dient zur Überprüfung von Hypothesen, dem Klären kausaler Zusammenhänge und dem Gewinn neuer Erkenntnisse.
Quantitative Forschung – Ziele
Durch das Erheben großer Mengen an Daten, zum Beispiel durch die Befragung vieler Menschen, kann die Häufigkeit von Phänomenen und Ereignissen gemessen werden. Empirische Sachverhalte und Kausalzusammenhänge in Bezug zu der Hypothese können durch quantitative Methoden erklärt, veranschaulicht und manchmal generalisiert werden.
Beispiel: Wenn du die Hypothese aufstellst, dass es einen Zusammenhang zwischen Arbeitslosigkeit und Wohnort gibt, kannst du diese Hypothese anhand von Bevölkerungsstatistiken quantitativ auswerten.
Quantitative Forschung – Merkmale im Überblick
Hier haben wir die wichtigsten Eigenschaften quantitativer Forschung für dich aufgelistet:
- Meist Untersuchung (sehr) großer Stichproben
- Zufallsauswahl von Teilnehmenden
- Verwendung von zählbaren Eigenschaften bzw. messbaren Variablen
- Standardisierte Forschungsinstrumente
- Geschlossene Befragung der Teilnehmenden
- Systematische Messung empirischer Sachverhalte
- Grafische Darstellung der Daten
Untersuchung einer Stichprobe – quantitative Forschung
In der quantitativen Forschung wird mit sehr großen Mengen an Daten, meistens Stichproben, gearbeitet. Die Quantität der Daten macht die Forschung hier aus. Große Mengen an Daten sind ohne die richtigen Tools schwer berechenbar und unübersichtlich, aber es gibt Statistiksoftware wie R, SPSS, und Stata, die einen guten Überblick verschaffen und die Berechnungen für dich durchführen können.
Zufallsauswahl von Teilnehmenden
Da die Totalerhebung einer Grundgesamtheit meistens zeit- und kostenintensiv für Forschende ist, finden Stichprobenerhebungen statt, die Ergebnisse der Daten im kleineren Rahmen abbilden. Dabei kann es sich um willkürliche, bewusste oder zufällig ausgewählte Stichproben handeln. Zufallsstichproben haben gegenüber den anderen Auswahlmöglichkeiten den Vorteil, dass sie die Grundgesamtheit oft genauer repräsentieren können und deshalb sinnvoll für viele Hypothesen sind.
Verwendung von zählbaren Eigenschaften bzw. messbaren Variablen
Quantitative Forschung untersucht manifeste Variablen, also messbare Variablen, wie Alter oder Einkommen. Latente Variablen, wie zum Beispiel die Angst vor Diebstahl, können an sich nicht direkt gemessen werden. Jedoch sind sie durch Indikatoren oder Skalen operationalisierbar, können also im quantitativen Forschungsprozess messbar gemacht werden. Die Angst kann durch die Messung von Daten über Sicherheitsvorkehrungen am Haus gemessen werden, zum Beispiel durch das Vorhandensein von Kameras und Gittern.
Hinweise für Bachelor- und Masterarbeit
Beachte, dass Datenerhebungen sehr aufwendig für Bachelor- und Masterarbeiten sein können. Aus diesem Grund kannst du mit bereits erhobenen und kostenlosen Datensätzen, wie der Allgemeinen Bevölkerungsumfrage der Sozialwissenschaften (ALLBUS) oder dem European Social Survey (ESS) arbeiten. Dementsprechend solltest du deine Ergebnisse kritisch reflektiert behandeln. Tipp: Mit numerischen Variablen oder intervallskalierten Variablen lassen sich in Abschlussarbeiten meistens gut arbeiten.
Standardisierte Forschungsinstrumente
Forschungsinstrumente sind in der quantitativen Forschung standardisiert. Sie sind somit weitestgehend vorgeschrieben und festgelegt. Zu den standardisierten Instrumenten gehören zum Beispiel:
- Fragebögen
- Umfragen
- Interviews
- Beobachtungen
Geschlossene Befragung der Teilnehmenden
Mit geschlossener Befragung ist gemeint, dass die Antwortkategorien bereits vorgegeben sind. Die spezifischen Fragen und Daten hängen von deinem Forschungsinteresse ab. Dabei gibt es zum Beispiel Variablen, die Ausprägungen mit nominalem Skalenniveau messen und sie auf Unterschiede prüfen (z.B. Geschlecht). Variablen können auch ordinal skaliert sein, also eine Rangfolge haben (z.B. Zufriedenheit im Job von sehr zufrieden bis sehr unzufrieden). Oder sie sind metrisch skaliert, wobei zusätzlich Abstände berechnet werden können (z.B. Einkommen).
Systematische Messung empirischer Sachverhalte
Die Messung in der quantitativen Forschung muss immer systematisch sein, denn nur so können theoretische Annahmen und Hypothesen über soziale Sachverhalte überprüft werden. Der quantitative Forschungsprozess sieht folgendermaßen aus:
- Aufstellung der Hypothesen
- Auswahl der Forschungsfrage
- Theoretische Fundierung
- Bestimmung des Untersuchungsdesigns
- Konzeptspezifikation und Operationalisierung
- Auswahl von Untersuchungseinheiten
- Datenerhebung
- Datenerfassung
- Datenanalyse
- Publikation
Grafische Darstellung der Daten
Daten an sich sind unübersichtlich, aber in der quantitativen Forschung werden Zusammenhänge und die Verteilungen der Ausprägungen aus Analysen der Hypothesen grafisch durch diese Möglichkeiten veranschaulicht:
- Häufigkeitstabellen
- Kreuztabellen
- Kontingenztabellen
- Balkendiagramme
- Säulendiagramme
- Gruppierte Diagramme
- Liniendiagramme
- Fehlerbalkendiagramme
- Boxplots
- Streudiagramme
- Histogramme
Quantitative Forschung – Gütekriterien
In der quantitativen Forschung gibt es drei Gütekriterien, die eine sehr wichtige Rolle spielen. Es handelt sich dabei um Validität, Reliabilität und Objektivität. Durch die Einhaltung der Gütekriterien werden verlässliche Erkenntnisse gewonnen, die für die Wissenschaft geeignet sind. Werden die Gütekriterien in der quantitativen Forschung nicht eingehalten, so handelt es sich um weniger zuverlässige Wissenschaft.
Gütekriterien – Validität
Unterschieden wird bei quantitativer Forschung zwischen interner und externer Validität. Mit interner Validität ist gemeint, dass Messungen tatsächlich das messen, was sie messen sollen. Externe Validität bedeutet, dass Ergebnisse der Messung außerhalb der eigenen Forschung übertragbar und generalisierbar sind. Es sollen keine Fehler enthalten sein.
Quantitative Forschung – Beispiel Validität
Du möchtest in einer Umfrage untersuchen, ob Menschen in Deutschland eher in dörflichen oder städtischen Gegenden Angst vor Kriminalität haben. Dafür werden Daten aus 30 Dörfern und 30 Städten in Hessen erhoben. In diesem Fall herrscht keine Validität, denn du versuchst die Daten aus Hessen auf ganz Deutschland zu übertragen. Würdest du Daten der Dörfer und Städte aus jedem Bundesland erheben oder dich nur auf Hessen beziehen, kann Validität herrschen.
Hinweise zur Einhaltung von Validität
Beachte Folgendes für die Einhaltung von Validität:
- Beziehe relevante Störvariablen in deine Forschung mit ein
- Erkläre den Ablauf deines Vorgehens ausführlich
- Erläutere deine Methoden
- Beachte den zeitlichen Faktor, den Situationsfaktor und den Populationsfaktor
- Vergleiche deinen Test mit ähnlichen Studien
Gütekriterien – Reliabilität
Reliabilität bei quantitativer Forschung bedeutet, dass die Ergebnisse bei wiederholter Durchführung zuverlässig bleiben. Das bedeutet, dass auch andere Forschende unter ähnlichen Bedingungen vergleichbare Ergebnisse zu ihren Hypothesen erlangen sollten. Es sollte allgemeine Klarheit für alle Lesenden darüber herrschen, wie die Ergebnisse aus den Daten erzielt wurden und inwiefern sie deine Hypothesen beantworten können.
Quantitative Forschung – Beispiel Reliabilität
Du erhebst passend zu deinem Thema mehrmals den Zusammenhang zwischen Angst vor Kriminalität und dem Wohnort bei Menschen aus Dörfern und Städten mit einem Fragebogen. Zeigen deine Ergebnisse anhand der Antworten wiederholt, dass die Angst vor Kriminalität in ländlichen Gebieten sehr gering ist, dann herrscht hohe Reliabilität. Variieren die Ergebnisse durch die Befragten wiederholt sehr stark, dann ist die Reliabilität niedrig.
Hinweise zur Einhaltung von Reliabilität
Beachte Folgendes für die Einhaltung von Reliabilität:
- Wiederhole einen Teil deiner Datenerhebung und Messung
- Erkläre genau, warum du von deiner Datenerhebung auf deine Forschungsergebnisse geschlossen hast
- Beachte Faktoren wie die Ort, Zeit, soziale Erwünschtheit, verständliche Fragestellungen und sinnvolle Interpretation
Gütekriterien – Objektivität
Sofern keine unerwünschten Einflüsse in der quantitativen Forschung entstehen, herrscht Objektivität. Die Ergebnisse deiner Forschung sollten unabhängig von dir oder anderen Teilnehmenden sein. Bedenke, dass es bei sozialwissenschaftlichen Interpretationen oft keine Objektivität geben kann, da sie meistens subjektiven Werturteilen begegnen.
Quantitative Forschung – Beispiel Objektivität
Du fragst eine Person im Interview, ob sie raucht oder trinkt. Da ein Familienmitglied sich im selben Raum befindet, behauptet die Person aus sozialer Erwünschtheit oder Verheimlichung, dass sie nicht raucht. Das Ergebnis und die Informationen sind nun verzerrt, denn es handelte sich um einen unerwünschten Einfluss. Wäre die dritte Person nicht anwesend gewesen oder hättest du eine Online-Umfrage verwendet, gäbe es vermutlich höhere Objektivität.
Hinweise zur Einhaltung von Objektivität
Beachte Folgendes für die Einhaltung von Objektivität:
- Die Messung sollte für alle unter möglichst gleichen Bedingungen durchgeführt werden
- Die befragende Person sollte nicht in Beziehung zu den Befragten stehen
- Fragen sollten nicht wertend formuliert werden
Unterschied qualitative und quantitative Forschung
Quantitative Forschung kann als das Gegenstück zur qualitativen Forschung betrachtet werden. In dieser Tabelle zeigen wir dir die Unterschiede:
Quantitative Forschung | Qualitative Forschung |
Große Datenmengen | Wenige Fälle |
Statistische Datenauswertung | Interpretative Datenauswertung |
Geschlossene Fragen | Offene Fragen |
Standardisierte Messung | Keine standardisierte Messung |
Deduktiv | i.d.R. Induktiv |
Hypothesen sollen überprüft werden | Neue Theorien sollen entwickelt werden |
Quantitative Methoden, z.B.
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Qualitative Methoden, z.B.
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Quantitative Gütekriterien
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Qualitative Gütekriterien
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Vorteile quantitative Forschung
Quantitative Forschung bringt viele Vorteile mit sich:
- In Zahlen quantifizierbar
- Hypothesen genau prüfbar
- Überprüfung statistischer Zusammenhänge
- Schlussfolgerungen auf die Grundgesamtheit
- Meistens weniger Kosten als bei qualitativer Forschung
- Gute Vergleichbarkeit von Ergebnissen
Nachteile quantitative Forschung
Quantitative Forschung kann auch einige Schwächen haben:
- Oberflächliche Fragen
- Keine flexible Befragung und tieferes Nachfragen
- Weniger für Problemlösungen geeignet als qualitative Forschung
- Wegfallen von Zusatzinformationen