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Lotuseffekt – Definition
Beim Lotuseffekt/Lotus-Effekt oder auch Lotoseffekt perlt Wasser auf einer Oberfläche ab und nimmt dabei die vorhandenen Schmutzpartikel mit.
Diese Selbstreinigungsfähigkeit wurde in den 1970ern entdeckt und ab den 1990ern wurden entsprechende technische Produkte entwickelt, die alle mit dem Markennamen Lotuseffekt gekennzeichnet wurden.
Lotuseffekt – Lotusblume
Die besondere Eigenschaft der Lotusblume ist, dass ihre Blätter vollständig wasserabweisend sind – Wasser perlt also einfach an ihnen ab und nimmt dabei sogar noch den angesammelten Schmutz mit. Dadurch sieht die Pflanze nicht nur immer schön sauber aus, diese Fähigkeit schützt die Lotusblätter auch vor Pilzbefall oder dem Befall durch andere Mikroorganismen.
Auch praktisch: mit der Selbstreinigung wird verhindert, dass Schmutz die Spaltöffnungen der Pflanze verschmutzt und die Photosynthese vermindert wird.
Abb. 1 - Beispielbild einer Lotusblume
Abseits vom Lotuseffekt: Die Lotusblume gilt als Sinnbild für Reinheit und findet sich als Symbol auch häufig im Hinduismus oder Buddhismus wieder. Auch in Kombination mit Yoga könntest Du schon einmal über die Lotusblume als Symbol gestolpert sein. Dort steht sie für die Erleuchtung sowie das "Dritte Auge", welches im Yoga für Erkenntnis und Weisheit steht.
Lotuseffekt Bionik
Bionik setzt sich aus "Biologie" und "Technik" zusammen und beschäftigt sich mit der Übertragung von biologischen Phänomenen auf die Technik.
Ganz einfach gesagt meint die Bionik die Tatsache, dass sich Wissenschaftler*innen etwas von der Natur abschauen. Der Lotuseffekt, der ursprünglich von der Lotusblume stammt, ist dabei nur ein Beispiel. Der Effekt wurde vom deutschen Botaniker Prof. Dr. Wilhelm Barthlott entdeckt, der festgestellt hat, dass die Lotusblume, die in eher schlammigen Gewässern wächst, immer sehr saubere Blätter hat.
Ein weiteres Beispiel ist der Klettverschluss, der sich von Kletten abgeguckt wurde. Kletten verbreiten ihre Samen mithilfe sogenannter "Kletten", die einfach an allem haften bleiben, was sie berühren. Das machte sich ein Schweizer Ingenieur zunutze und entwickelte aus dieser Beobachtung den Dir bekannten Klettverschluss.
Abb. 2 - Beispielbild einer Filz-Klette
Lotuseffekt Funktion
Doch wie genau funktioniert der Lotuseffekt jetzt eigentlich? Dazu solltest Du Dir erst einmal vor Augen halten, wie ein Wassertropfen aufgebaut ist. Wassertropfen sind stets bestrebt, eine Kugelform anzunehmen. Das liegt daran, dass sie eine hohe Oberflächenspannung haben und gleichzeitig versuchen diese Oberfläche möglichst kleinzuhalten. Kommen Wassertropfen mit einer anderen Oberfläche in Kontakt, wirken sogenannte Adhäsionskräfte.
Als Adhäsion wird die Tatsache bezeichnet, dass zwischen den Teilchen (Elektronen oder Ionen) verschiedener Objekte Kräfte wirken. Diese Kräfte werden Adhäsionskräfte genannt.
Diese Adhäsionskräfte haben zur Folge, dass die Wassertropfen auf der Oberfläche z. B. von Blättern landen. Dabei wird auch von "Benetzung" gesprochen.
Bei der Benetzung kann in eine vollständige und eine unvollständige Benetzung unterschieden werden – das hängt von der Oberflächenspannung der Flüssigkeit und der Beschaffenheit der jeweiligen Oberfläche ab. Im Grunde sagt die Benetzung einfach aus, wie kugelförmig ein Tropfen ist – die Benetzung wäre z. B. auf einer glatten Fläche am größten.
Wie kommt es jetzt dazu, dass die Pflanzen sich beim Lotuseffekt selbst reinigen können? Das liegt an der Beschaffenheit der Blattoberfläche der Pflanzen – denn diese besteht aus einer wasserabweisenden (hydrophoben) Doppelstruktur. Diese sorgt dafür, dass die Adhäsionskraft beim Lotuseffekt so stark verringert wird, dass es zu dem typischen Selbstreinigungseffekt kommt.
Noch mal ein kleiner Exkurs zu den Blattstrukturen: Die äußere Schicht eines Blattes heißt Kutikula oder Cuticula, danach folgen die Epidermis, das Palisadengewebe und das Schwammgewebe, dann kommt wieder eine Epidermis sowie eine untere Kutikula.
Bei der Lotusblume ist es nun so, dass die Epidermis etwa 10 bis 20 Mikrometer dick ist und mit Papillen (kleine Erhebungen) ausgestattet ist, die mit einem Abstand von 10 bis 15 Mikrometer angeordnet sind. Auf diesen Erhebungen sind wiederum hydrophobe Wachse aufgelagert, die den zweiten Teil der Doppelstruktur bilden. Die Erhebungen verhindern, dass Wasser in die Zwischenräume der Blattoberfläche gelangen kann.
Lotuseffekt bei Pflanzen
Den Lotuseffekt findest Du nicht nur bei der Lotusblume, auch andere Pflanze und sogar manche Tierarten besitzen diesen Effekt.
Bei Tieren findet sich der Lotuseffekt z. B. bei vielen Insektenflügeln.
Pflanzen, die ebenfalls den Lotus-Effekt benutzen, sind z. B. das Schilfrohr, die Kapuzinerkresse oder auch einfach verschiedene Kohlsorten.
Lotuseffekt – unter dem Mikroskop
Mithilfe eines Elektronenmikroskops lässt sich der Lotuseffekt genauer betrachten. Dabei lässt sich erkennen, dass die Blätter nicht so glatt sind, wie sie sich anfühlen. Wie Du auch in der Abbildung 3 erkennen kannst, besitzen die Lotusblätter viele kleine Noppen, die das Blatt dementsprechend rau machen.
Die Noppen entstehen durch wasserabweisende Wachskristalle, die von den Blattzellen gebildet werden. Gerät nun Schmutz auf das Blatt, sammelt sich dieser an den Noppen und wird mit dem nächsten Regenschauer weggespült.
Abb. 3 - Mikroskopische Darstellung des Lotus-Effekts inkl. Wassertropfen
Lotuseffekt Beispiele
Erste technische Ansätze, um den Lotuseffekt zu imitieren, stammen vom Entdecker Prof. Barthlott, der z. B. versucht hat, Schmutz abweisende Häuserfassaden zu entwickeln. Zu 100 Prozent reichen die Produkte jedoch nicht an den natürlichen Effekt heran.
Im Zuge dessen wurde z. B. eine Fassadenfarbe entwickelt, die eine raue Struktur hat, um den Lotuseffekt nachzuahmen.
Es gibt jedoch einige Produkte, die zumindest nahe an den Effekt der Lotusblätter herankommen oder sich zumindest an ihm orientieren.
Ein Beispiel dafür ist eine Antihaft-Beschichtung für Shampoo-Flaschen. Klingt abwegig? Vermutlich kennst Du selbst das Problem, den letzten Tropfen Shampoo aus der Flasche zu bekommen – gefühlt ist das fast unmöglich.
Kurz gesagt liegt das daran, dass die meisten Mittel sogenannte Tenside enthalten. Die sind dafür dar, dass sich eigentlich nicht mischbare Flüssigkeiten miteinander vermengen lassen – das sorgt allerdings dafür, dass die Oberflächenspannung herabgesetzt wird und dass die Produkte somit an den Innenseiten ihrer Plastikverpackung haften bleiben.
Forscher*innen aus den USA haben für dieses Problem eine neue Art der Innenbeschichtung entwickelt. Dafür werden die Innenseiten der Plastikverpackungen mit Nanopartikeln aus Siliziumdioxid (SiO2) beschichtet. Diese bilden winzig kleine y-förmige Strukturen, an denen die Flüssigkeit abperlt. Somit bleibt das Produkt nicht haften und die Flasche kann nahezu komplett entleert werden.
Noch ein paar weitere Beispiele für den Lotus-Effekt:
- Autolacke
- Glasscheiben
- Spezielle Beschichtungen für Textilien oder medizinische Utensilien
Lotuseffekt – Experiment
Wenn Du den Lotus-Effekt jetzt einfach mal selbst ausprobieren willst, schnapp Dir doch einfach mal ein Kohlblatt, etwas Wasser, eine Pipette und Spülmittel. Hast Du gerade keine Pipette zur Hand hast tut es auch ein Strohhalm. Auf einen Teil der Blattoberfläche gibst Du einfach etwas Spülmittel und verreibst es. Tropfe nun etwas Wasser sowohl auf die behandelte als auch auf die unbehandelte Stelle des Blattes.
Beobachtung
Was kann beobachtet werden? Auf den unbehandelten Stellen bilden sich Wassertröpfchen, die beim Bewegen des Blattes hin und her kullern. Auf der mit Spülmittel behandelten Fläche bilden sich keine Tropfen – das Wasser verläuft einfach.
Erklärung
Was passiert? Durch das Spülmittel wird die wasserabweisende Wachsschicht der Blattoberfläche zerstört, dadurch verringert sich die Oberflächenspannung und die Wassertropfen zerfließen.
Lotuseffekt – Das Wichtigste
- Der Lotus-Effekt stammt von der Lotusblume, welche durch die Struktur ihrer Blattoberfläche in der Lage ist, diese sauber zu halten und sich zusätzlich vor Pilzbefall oder dem Befall durch Mikroorganismen zu schützen.
- Beim Lotuseffekt perlt Wasser auf einer Oberfläche ab und nimmt dabei die vorhandenen Schmutzpartikel mit.
- Die Blattoberfläche besitzt eine wasserabweisende Doppelstruktur mit Noppen, die das Wasser davon abhalten, in die Zwischenräume des Blattes zu gelangen.
- Der Lotus-Effekt wird in der Bionik genutzt, um wasserabweisende Techniken zu entwickeln.
Nachweise
- Nanoinformation.at: Der "Lotus-Effekt". (29.08.2022)
- Biologie-seite.de: Lotuseffekt. (29.08.2022)
- Abb. 1 - Photo by Diego Madrigal from Pexels: https://www.pexels.com/photo/pink-water-lily-flower-on-water-539694/
- Abb. 2 - Bild von Hans: https://pixabay.com/de/photos/filz-klette-wollkopf-klette-bl%c3%bcte-8749/
- Abb. 3 - "Microscopic image of a Lotus leaf with some drops of water" von William Thielicke unter der Lizenz CC BY-SA 3.0 (https://creativecommons.org/licenses/by-sa/3.0/deed.de)
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Häufig gestellte Fragen zum Thema Lotuseffekt
Was ist der Lotuseffekt?
Wenn eine Oberfläche die Fähigkeit aufweist, sich selbst von Schmutz zu reinigen, spricht man auch vom Lotuseffekt.
Wie funktioniert der Lotuseffekt?
Beim Lotuseffekt perlt Wasser auf einer Oberfläche ab und nimmt dabei die vorhandenen Schmutzpartikel mit.
Welche Pflanzen haben den Lotuseffekt?
Der Lotuseffekt stammt ursprünglich von der Lotusblume, aber auch andere Pflanzen wie z. B. die Kapuzinerkresse, verschiedene Kohlsorten oder das Schilfrohr besitzen die Fähigkeit.
Welche Blätter haben Lotuseffekt?
Blätter, die den Lotuseffekt zeigen, besitzen auf ihrer Oberfläche mikroskopisch kleine Noppen, an denen die Wassertropfen abperlen.
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