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Sympatrische Artbildung – Definition
Kommt es innerhalb eines Verbreitungsgebietes zur Aufspaltung einer Ursprungsart in zwei neue Arten, spricht man von sympatrischer Artbildung. Dabei handelt es sich um die Entstehung neuer Arten, ohne dass die Populationen durch eine Barriere räumlich voneinander getrennt werden.
Sympatrische Artbildung beschreibt die Aufspaltung einer Ursprungsart in zwei neue Arten. Die Artaufspaltung findet hierbei in einem gemeinsamen Lebensraum statt.
Sympatrische Artbildung ist der Gegenspieler zur allopatrischen Artbildung und tritt im Gegensatz dazu nur sehr selten und unter bestimmten Bedingungen ein. Beispiele für die sympatrische Artbildung in der Natur sind rar und häufig nicht vollständig belegt.
Sympatrische und allopatrische Artbildung
Neue Arten entstehen, wenn der Genfluss zwischen zwei Populationen einer Art verhindert wird.
Der Genfluss bezeichnet den Austausch von genetischem Material zwischen zwei Populationen, beispielsweise durch Individuen, die von einer Population zu einer anderen abwandern.
Die Populationen müssen voneinander isoliert sein, sodass sich die Individuen der verschiedenen Populationen nicht miteinander paaren und so Nachkommen produzieren (Reproduktive Isolation) können. Hierbei wird unterschieden, ob eine Artbildung auf räumliche Trennung zurückzuführen ist oder sich im selben Lebensraum vollzieht.
Allopatrische Artbildung ist die Entstehung neuer Arten aufgrund von räumlicher Trennung (Separation) von Populationen einer Ursprungsart.
Sympatrische Artbildung hingegen basiert auf anderen Isolationsmechanismen, welche innerhalb eines gemeinsamen Lebensraums auf die unterschiedlichen Populationen wirken können. Demnach bedeutet sympatrische Artbildung, dass sich innerhalb einer Population eine Teilpopulation aufgrund von reproduktiven Isolationsmechanismen bildet. Über einen Zeitraum der Isolation entstehen aufgrund von divergenter Entwicklung der Genpools neue Arten, wie Du im unten abgebildeten Schema sehen kannst.
Der Genpool ist die Gesamtheit der genetischen Information in einer Population.
Unter divergenter Entwicklung versteht man die Auseinanderentwicklung von Merkmalen zwischen Arten, aber auch innerhalb einer Population.
Abbildung 1: Schema der Sympatrischen Artbildung
Sympatrische Artbildung – Isolationsmechanismen
Verschiedene Mechanismen können dazu führen, dass sich Individuen nicht miteinander paaren können (reproduktive Isolationsmechanismen). Bestimmte Ereignisse oder divergente Entwicklungen können im selben Lebensraum zur reproduktiven Isolation führen.
Zu den reproduktiven Isolationsmechanismen gehören sogenannte präzygotische und postzygotische Isolationsmechanismen:
- Präzygotische Isolationsmechanismen verhindern, dass die Paarung von entsprechenden Individuen stattfindet.
- Postzygotische Isolationsmechanismen wirken nach der Befruchtung der Eizelle und haben zur Folge, dass unfruchtbare oder nicht lebensfähige Nachkommen entstehen.
Die folgenden Isolationsmechanismen sind nicht ausschließlich der sympatrischen Artbildung zuzuordnen. Sie können eine sympatrische Artbildung zur Folge haben oder auch die Folge einer räumlichen Trennung der Populationen sein (geographische Isolation). Somit können diese Isolationsmechanismen auch eine Rolle in der allopatrischen Artbildung spielen.
Genaueres zur allopatrischen Artbildung erfährst Du in unserem Artikel "Artenentstehung durch geographische Isolation".
Präzygotische Isolationsmechanismen
Die folgenden Isolationsmechanismen beziehen sich auf Ereignisse und Mechanismen, welche dazu führen, dass die Paarung von Individuen verschiedener Teilpopulationen nicht stattfindet, genauer gesagt verhindert wird.
Ethologische Isolation
Ethologische Isolation tritt ein, wenn aufgrund von unterschiedlichen Verhaltensmustern, eine Paarung oder die Partnerfindung verhindert wird. Teilpopulationen in einem Lebensraum können unterschiedliche Verhaltensmuster ausbilden, wodurch der Genfluss zwischen den Teilpopulationen unterbrochen werden kann. So kann ethologische Isolation zur sympatrischen Artbildung führen.
Ethologie ist die biologische Verhaltensforschung.
Es gibt einige Beispiele für ethologische Isolation in der Natur. Ein anschauliches Beispiel dafür sind unterschiedliche Gesänge und Balzverhalten von Vögeln.
Die Vogelarten Fitis und Zilpzalp ähneln sich sehr im Erscheinungsbild und teilen sich dasselbe Verbreitungsgebiet. Sie unterscheiden sich jedoch im Gesang. Die Artaufspaltung aus einer Ursprungsart ist vermutlich auf ethologische Isolation zurückzuführen.
Ökologische Isolation
Die ökologische Isolation bezieht sich auf die Besetzung unterschiedlicher ökologischer Nischen in demselben Lebensraum. So kann etwa Nahrungsknappheit in einem Lebensraum dazu führen, dass eine Teilpopulation sich auf eine andere Nahrungsquelle spezialisiert und sich dadurch von der Ursprungspopulation isoliert.
Die Besetzung unterschiedlicher biologischer Nischen kann zur unabhängigen und divergenten Entwicklung der Genpools von Teilpopulation führen. Durch die Veränderung der Genpools kann es so zur sympatrischen Artbildung kommen.
Die ökologische Nische (auch biologische Nische) beinhaltet alle biotischen und abiotischen Umweltfaktoren, welche für die Lebensweise der entsprechenden Art oder Population relevant sind.
Biologische Nischen werden durch biotische und abiotische Umweltfaktoren definiert. Abiotische Umweltfaktoren sind Umwelteinflüsse in einem Lebensraum, die keine Lebewesen sind wie z. B. Wasser, Temperatur, Licht. Biotische Umweltfaktoren sind alle belebten Elemente in einem Lebensraum. Das können beispielsweise Raubtierpopulationen oder Populationen sein, die um dieselbe Ressource konkurrieren.
Ein bekanntes Beispiel für die Besetzung unterschiedlicher ökologischer Nischen und einer daraus resultierenden Entstehung neuer Arten sind die sogenannten Darwinfinken auf den Galapagosinseln. Unterschiedliche Nahrungsquellen der Finken führten zur Anpassung der Teilpopulationen durch unterschiedliche Schnabelformen.
Die Artaufspaltung der Darwinfinken ist eine besondere Form der Artbildung. Durch mehrere gemeinsam wirkende Isolationsmechanismen kam es auf den Galapagosinseln zu einer Aufspaltung einer Finkenart in viele speziell angepasste. Man spricht von adaptiver Radiation. Im entsprechenden Artikel kannst Du mehr dazu erfahren.
Zeitliche Isolation
Unterschiedliche Aktivitätsphasen von Teilpopulationen können dazu führen, dass diese reproduktiv voneinander isoliert werden. Das kann sich auf die Paarungs- und Laichzeit beziehen oder auf Aktivitätsphasen im Tagesverlauf. In Bezug auf Pflanzen können unterschiedliche Blütenzeiten zur zeitlichen Isolation von Populationen führen.
Aus einer Mutation entwickelte sich eine Variante des Kleefalters, die an andere Temperaturen angepasst war. Eine der Varianten ist in den Morgen- und Abendstunden deutlich aktiver, während die andere Variante zur Mittagszeit aktiv ist. Durch eine zeitliche Isolation konnten so aus einer Teilpopulation der verschiedenen Varianten abgetrennte Arten entstehen.
Mechanische Isolation
Unterschiedliche Merkmalsausprägungen, z. B. der Geschlechtsorgane, machen eine Paarung zwischen den Individuen unmöglich. Diese Art von Isolation tritt weniger häufig bei Wirbeltieren auf. Sie ist jedoch bei Insekten und Weichtieren zu beobachten.
Postzygotische Isolationsmechanismen
In der Regel ist eine postzygotische Isolation vielmehr eine Folge, als die Ursache einer Artaufspaltung. Waren Populationen für einen Zeitraum voneinander isoliert, dann können daraus unterschiedliche Genpools resultieren.
Die Veränderung der Genpools kann zur Folge haben, dass sich Individuen der getrennten Populationen gegebenenfalls zwar noch paaren können, aber keine fruchtbaren beziehungsweise lebensfähige Nachkommen entstehen.
Pferde und Esel stammen von einer gemeinsamen Ursprungsart ab. Es ist möglich, Pferde und Esel miteinander zu verpaaren. Durch die Verpaarung entstehen Maultiere. Diese sind lebensfähig, aber aufgrund eines ungleichmäßigen Chromosomensatzes nicht fortpflanzungsfähig.
Doch auch eine Mutation innerhalb einer Population im selben Lebensraum kann dazu führen, dass sich eine Teilpopulation von der Ursprungspopulation isoliert. Entsprechende Mutationen können zur Folge haben, dass keine fruchtbaren Nachkommen mehr gezeugt werden können. Es kommt zur sympatrischen Artbildung.
Polyploidisierung
Die Polyploidisierung ist ein typisches Beispiel für die sympatrische Artbildung und beschreibt die numerische Vervielfachung von Chromosomen. Dieses Phänomen ist hauptsächlich bei Pflanzen zu beobachten. Durch entsprechende Prozesse oder Mutationen entstehen Individuen mit einem mehrfachen Chromosomensatz (z. B. vierfacher statt zweifacher Chromosomensatz). Das hat zur Folge, dass die mutierten Individuen keine fruchtbaren Nachkommen mit Individuen, die den ursprünglichen Chromosomensatz aufweisen, zeugen können.
Die Fortpflanzung zwischen Individuen, welche im Chromosomsatz identisch sind (beispielsweise vierfacher Chromosomensatz), ist möglich und bringt fruchtbare Nachkommen hervor. Daher können Polyploidisierungs-Ereignisse bei Pflanzenpopulationen zu einer isolierten Fortpflanzungsgemeinschaft führen und es kann zur sympatrischen Artbildung kommen.
Während pflanzliche Individuen mit mehreren Chromosomensätzen lebensfähig sind, führen derartige Mutationen bei Tieren und Menschen fast immer zum Tod.
Prozess der Polyploidisierung
Durch das Nichtausbilden des Spindelapparates während der Meiose, können sich diploide Geschlechtszellen (mit doppeltem Chromosomensatz) entwickeln. Diese können wiederum dazu führen, dass entsprechende Nachkommen eine Polyploidie aufweisen.
Ursachen für solche fehlerhaften Meiosen können Umwelteinflüsse, Stoffwechselstörungen und Toxine sein. In der Agrarwirtschaft werden künstliche Polyploidien hervorgerufen, um etwa den Ertrag durch den Fruchtkörper bestimmter Pflanzen wie Bananen zu erhöhen.
Sympatrische Artbildung – Ablauf
Die sympatrische Artbildung und die entsprechenden Isolationsmechanismen sind nicht einfach nachzuvollziehen und Beispiele aus der Natur gibt es nur selten. Um für Dich den Prozess der sympatrischen Artbildung nachvollziehbar und anschaulich darzustellen, wird im folgenden Abschnitt der Ablauf an einem ganz konkreten Beispiel erläutert.
Sympatrische Artbildung – Beispiel
Buntbarsche sind bekannt für ihre schnelle evolutionäre Anpassung und eine häufig auftretende Artaufspaltung. Anhand von unterschiedlich angepassten Buntbarscharten aus zwei Kraterseen in Nicaragua wurde ein mögliches Modell für den Ablauf der sympatrischen Artbildung abgeleitet:
1. Eine Ursprungsart der Buntbarsche besiedelt den Kratersee. Es handelt sich um eine tiefrückige Buntbarschart, die aufgrund ihrer Morphologie sehr manövrierfähig ist. Diese Buntbarsche leben nah am Ufer und in Bodennähe. Durch Ihre Morphologie sind sie an die Nahrungssuche zwischen Steinen und Pflanzen angepasst.
2. Aufgrund der genetischen Variation gibt es Individuen, welche morphologisch etwas abweichen. So könnten beispielsweise eine andere Flossenstellung oder eine länglichere Körperform dazu führen, dass ein Teil der Population besser an das Leben im Freiwasser angepasst ist.
3. Nun kann man sich vorstellen, dass etwa durch Nahrungsknappheit ein Teil der Buntbarschpopulation eine neue ökologische Nische besiedelt. Langgestreckte Individuen haben die Möglichkeit, Nahrung im Freiwasser zu erbeuten und stellen somit ihre Lebensweise um.
4. Möglich ist, dass Buntbarsche, die sich hauptsächlich am Boden aufhalten, auch dort ihre Partner zur Fortpflanzung suchen und Buntbarsche aus dem Freiwasser sich eher mit anderen Barschen aus dem Freiwasser paaren. So können sich isolierte Fortpflanzungsgemeinschaften innerhalb desselben Lebensraums bilden (ökologische Isolation).
5. Da unterschiedliche Merkmale vorteilhaft für die entsprechenden Lebensweisen sind, werden sich die Genpools der beiden Teilpopulationen unterschiedlich entwickeln. Ohne einen genetischen Austausch zwischen den beiden Teilpopulationen kann es zur Entstehung neuer Arten kommen.
Sympatrische Artbildung - Das Wichtigste
Kommt es innerhalb eines Verbreitungsgebietes zur Artaufspaltung einer Ursprungsart, spricht man von sympatrischer Artbildung.
Sympatrische Artbildung tritt sehr selten und nur unter bestimmten Bedingungen ein.
Reproduktive Isolationsmechanismen sind die Ursache für sympatrische Artbildung.
Zu den typischen reproduktiven Isolationsmechanismen, die mit der sympatrischen Artbildung assoziiert werden, gehören: ethnologische Isolation, ökologische Isolation, zeitliche Isolation und die Isolation durch Polyploidie.
Ethnologische Isolation ist die Isolation aufgrund unterschiedlicher Verhaltensweisen.
Ökologische Isolation ist die Isolation aufgrund der Besetzung von unterschiedlichen ökologischen Nischen.
Zeitliche Isolation ist die Isolation aufgrund von unterschiedlichen Aktivitätsphasen oder Paarungszeiten.
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Häufig gestellte Fragen zum Thema Sympatrische Artbildung
Wie unterscheiden sich sympatrische von der allopatrischen Artbildung ?
Sympatrische Artbildung ist die Artaufspaltung einer Ursprungsart innerhalb eines Lebensraums. Allopatrische Artbildung beschreibt die Artneubildung aufgrund von räumlicher Trennung von zwei Teilpopulationen einer Art.
Wie funktioniert die Artbildung ?
Artbildung basiert auf der biologischer Isolation. Werden Populationen im biologischen Sinn voneinander isoliert findet keine Fortpflanzung zwischen Individuen der entsprechenden Populationen mehr statt. Es findet kein Genfluss zwischen den Genpools der Populationen statt. Unabhängige Entwicklung der Genpool, durch beispielsweise unterschiedliche Umweltbedingungen oder Mutationen, können dazu führen das sich die Genpool so weit auseinander entwickeln, dass zwei neue Arten entstehen.
Ist die adaptive Radiation eine sympatrische Artbildung?
Adaptive Radiation ist nicht allein auf sympatrische Artbildung zurückzuführen. Adaptive Radiation ist typischerweise ein Resultat aus verschiedenen zusammenwirkenden Isolationsprozessen (auch geographische Isolation).
Wie kommt es zu einer sympatrischen Artbildung?
Zur sympatrischen Artbildung kommt es wenn reproduktive Isolationsmechanismen dazu führen, dass sich Individuen von zwei Teilpopulationen einer Art nicht mehr miteinander paaren. Die Reproduktive Isolation führt dazu, dass kein Genfluss zwischen den Teilpopulationen stattfindet. Dadurch ist eine Artneubildung innerhalb eines Lebensraumes möglich.
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