Gonosomal dominante Erbkrankheiten

Als gonosomale Erbkrankheiten bezeichnet man Krankheiten, die über die Gonosomen, also die Geschlechtschromosomen, vererbt werden. Die Mutation liegt also nicht auf den Autosomen.

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    Damit die Krankheit in Erscheinung tritt, reicht es bereits, wenn eines der zwei vererbbaren Allele mutiert ist. Das wird dann als dominante Vererbung bezeichnet. Das Gegenstück zur dominanten Vererbung ist die rezessive Vererbung.

    Ein Allel ist eine bestimmte Variante eines Gens am Chromosom. Je nach Allel gibt es dabei mehrere unterschiedliche Varianten. So kann es z. B. eine Variante eines Allels geben, auf welchem eine Mutation liegt, und eine andere Variante des Allels, bei welchem keine Mutation vorliegt.

    Rezessive Vererbung: Die Merkmalsausprägung setzt sich nur durch, wenn beide Allele die Mutation aufweisen.

    Dominante Vererbung: Bereits ein dominanter Erbfaktor auf einem Allel ist ausreichend, damit das Merkmal ausgeprägt wird.

    Bei den gonosomal-dominanten Erbkrankheiten wird zwischen X-chromosomal-dominanter Vererbung und Y-chromosomal-dominanter Vererbung unterschieden.

    Bestimmung gonosomal-dominanter Erbgang

    Gonosomal-dominante Erbkrankheiten Stammbaumanalyse StudySmarterAbbildung 1: Beispiel eines Stammbaums, der dir als Aufgabe begegnen könnte.

    Anhand eines Stammbaums und einer Stammbaumanalyse lassen sich gonosomal-dominante Erbgänge ermitteln. Einen solchen Stammbaum siehst du über diesem Text. Mithilfe unterschiedlicher Formen wird dir angezeigt, welche Familienmitglieder weiblich und welche männlich sind. Ebenso wird dir durch eine unterschiedliche Färbung der Formen erklärt, welche Person an einer Krankheit leidet, oder ein bestimmtes Merkmal besitzt (z. B. blaue Augen).

    In diesem Stammbaum erfährst du durch die Legende folgendes: Weibliche Personen werden in der Form eines Kreises dargestellt und männliche Personen in der Form eines Rechtecks. Erkrankte Personen, egal ob Mann oder Frau, besitzen eine blau ausgefüllte Form.

    Nun kannst du bereits mehr aus dem Stammbaum entnehmen: Eine erkrankte Frau hat mit einem nicht erkrankten Mann einen Sohn gezeugt. Der Sohn ist ebenfalls erkrankt. Dieser Sohn hat wiederum mit einer gesunden Frau vier Kinder zur Welt gebracht: Die drei Töchter sind alle erkrankt, der Bruder dieser Töchter ist jedoch gesund.

    Der nächste Schritt besteht darin, nach typischen Anzeichen Ausschau zu halten, die den Verdacht auf eine bestimmte Art des Erbgangs lenken. Bei gonosomal-dominanten Erbgängen ist das etwa ein vermehrter Frauenanteil bei den Erkrankten. Schaust du dir jetzt den Stammbaum noch einmal an, wirst du erkennen, dass vier Frauen und ein Mann erkrankt sind.

    Deine Vermutung, dass es sich um einen gonosomal-dominanten Erbgang handelt, kannst du dir indessen aufschreiben. Behalte jedoch auch die anderen Möglichkeiten im Blick, denn der erste Eindruck kann sich während der Analyse des Stammbaums ändern.

    Nun geht es darum, den Genotyp der einzelnen Personen festzulegen. Während einer Klassenarbeit oder Klausur wirst du dafür die meisten Punkte erhalten, daher solltest du so genau wie möglich arbeiten.

    Du kannst den Stammbaum inzwischen mit deiner Vermutung durchgehen. Bei einem gonosomal-dominanten Erbgang reicht bereits ein Allel aus, damit sich ein Merkmal durchsetzt (in unserem Fall: Damit eine Erkrankung ausbricht).

    Da die erste Frau des Stammbaums erkrankt ist, ist es relativ eindeutig. Falls du mit deiner Vermutung, dass es sich um einen gonosomal-dominanten Erbgang handelt, recht hattest, kann sie nur den Genotyp "Xx" besitzen. Das große X steht dabei für das Allel mit der Mutation, welche zum Ausbruch der Krankheit führt. Auch für ihren Mann ist es eindeutig: Wenn er gesund ist, kann er nur den Genotyp "xy" besitzen.

    In diesem Muster gehst du nun vor, bis du für alle Familienmitglieder den Genotyp bestimmt hast. Gleiche dein Ergebnis nun mit der Lösung ab:

    Gonosomal dominante ErbkrankheitenStammbaum Stammbaumanalyse StudySmarterAbbildung 2: Stammbaum mit eingetragenen Genotypen

    Hier findest du die Schritte zur Stammbaumanalyse noch einmal zusammengefasst:

    1. Bestimmen, ob die Erkrankung autosomal oder gonosomal ist

    Rufe dir noch einmal ins Gedächtnis, was die Begriffe autosomal und gonosomal überhaupt aussagen.

    Autosomal: Die Mutation bzw. Krankheit liegt auf einem der Autosomen.

    Gonosomal: Die Krankheit liegt auf einem der Gonosomen, also den Geschlechtschromosomen.

    Wenn die Gonosomen bei einer Erbkrankheit betroffen sind, wirkt sich das meistens auch auf die Geschlechterverteilung bei den Erkrankten aus. Daher solltest du als erstes überprüfen, wie viele Männer und wie viele Frauen im Stammbaum von der Krankheit betroffen sind.

    Bei X-gonosomal-dominanten Erbgängen sind Männer und Frauen betroffen. Frauen sind in der Regel häufiger erkrankt, da sie zwei X-Chromosomen besitzen, und somit von der Mutter, als auch vom Vater ein potentiell mutiertes Gen erhalten können. Männer besitzen dagegen nur ein X-Chromosom, welches von der Mutter stammt. Wäre der Vater erkrankt, hätte das auf den Sohn keine Auswirkungen, da dieser das gesunde Y-Chromosom erhält. An unserer Abbildung erkennst du, dass auch dort mehr Frauen von der Krankheit befallen sind.

    2. Bestimmen, ob die Erkrankung dominant oder rezessiv vorliegt

    Der nächste Schritt umfasst die Bestimmung der Erbfaktoren. Wie du bereits gelernt hast, kann eine Erkrankung entweder dominant oder rezessiv vererbt werden. Wie die Erkrankung vererbt wird, kannst du an den Nachkommen erkrankter Personen erkennen.

    Du erkennst einen X-chromosomal-dominanten Erbgang daran, dass, wenn der Vater erkrankt ist, es ebenfalls alle seine Töchter sind. Das erkennst du auch in unserem Beispiel-Stammbaum. Der erkrankte Vater hat drei Töchter, welche ebenfalls alle erkrankt sind.

    Das liegt daran, dass der Vater nur in der Lage ist, das veränderte X-Chromosom weiterzugeben. Er besitzt nämlich nur ein X-Chromosom.

    Auch ein Y-chromosomal-dominanter Erbgang ist leicht zu erkennen, da nur Männer ein Y-Chromosom besitzen. Wenn nun eine Mutation auf dem Y-Chromosom liegt, können Frauen weder selbst erkranken, noch Konduktorinnen sein (also die "Überträger", obwohl sie selbst gesund sind).

    Momentan sind jedoch keine Y-chromosomal-dominanten Erbkrankheiten der Menschheit bekannt.

    Beispiele für X-chromosomal-dominante Erbkrankheiten

    Es gibt einige Erkrankungen, welche gonosomal-dominant vererbt werden. Im folgenden Text lernst du vier dieser Erbkrankheiten kennen. Dabei handelt es sich aber lediglich um eine beispielhafte Auswahl.

    Alport-Syndrom

    Das Alport-Syndrom ist eine Erbkrankheit, die über einen längeren Zeitraum Einfluss auf die Funktion der Nieren nimmt. Ebenso können auch Augen und Ohren geschädigt werden. Beim Alport-Syndrom mutiert das Typ IV Kollagen. Dieses Kollagen findet sich nicht nur in der Niere, sondern auch in Augen und Innenohren. Daher leiden Patienten oftmals an Hörproblemen oder einem grauen Star.

    Kollagen ist ein Strukturprotein. Mit fast 30 % ist es das Protein, welches am häufigsten im menschlichen Körper vorkommt. Kollagene sind Bestandteil des Bindegewebes und der Haut. Das Typ IV Kollagen befindet sich hauptsächlich in der sogenannten Basallamina, einem Teil der Basalmembran. Die Basalmembran befindet sich im extrazellulären Raum zwischen dem angrenzenden Gewebe und Endo- bzw. Epithel.

    Fast 80 % der Erkrankten sind Männer. Die Krankheit kommt jedoch kaum vor: Im Jahr 2019 wurden 14 Fälle in Deutschland diagnostiziert. Heilbar ist das Alport-Syndrom nicht. Fast immer kommt es dazu, dass die Erkrankten eine neue Spenderniere erhalten müssen. Mit Medikamenten kann die Niereninsuffizienz jedoch herausgezögert werden.

    Vitamin-D-resistente Rachitis

    Bei dieser Erbkrankheit treten Symptome wie verlangsamtes Wachstum, Knochenschmerzen und Knochendeformitäten auf. Durch den genetischen Defekt wird zu viel Phosphat mit dem Urin ausgeschieden. Durch den Phosphatmangel können Knochen schlechter wachsen.

    Diese Erbkrankheit kommt ebenfalls selten vor. Man behandelt sie, indem Patienten Phosphat über Tabletten einnehmen, oder als Spritze injiziert bekommen.

    Rett-Syndrom

    Bei dem Rett-Syndrom kommt es zu einer Entwicklungsstörung des Zentralnervensystems. Als Folge sind bereits motorisch erlernte Tätigkeiten nicht oder nur noch eingeschränkt möglich, der Spracherwerb ist verzögert oder nicht möglich. Ebenso können auch Schlaf- und Durchblutungsstörungen auftreten. Auch epileptische Anfälle treten in den ersten Lebensjahren gehäuft auf. Oftmals können sich Babys oder Kleinkinder in den ersten 6 bis 18 Lebensmonaten unauffällig entwickeln.

    Ursache für das Rett-Syndrom sind Mutationen (insbesondere Deletionsmutationen) im MeCP2-Gen. Dieses Gen kontrolliert die Aktivierung oder das Anhalten der Transkription, indem es an DNA-Promoter erforderliche Dinukleotide bindet. Die Behandlung wird mit Fokus auf die Erhaltung motorischer Fähigkeiten begonnen. Patienten erhalten Physiotherapie, Ergotherapie, Logopädie und Musiktherapie. Heilbar ist die Krankheit nicht.

    Bloch-Sulzberger-Syndrom

    Das Bloch-Sulzberger-Syndrom hat stetige Hautveränderungen zur Folge. Diese beginnen bereits im Mutterleib, und begleiten die Betroffenen ein Leben lang. Ebenfalls können auch Sprachanomalien auftreten, genauso wie verändertes Wachstum von Zähnen und Fingernägeln.

    Die Mutation liegt hierbei im IKBKG-Gen. Dieses Gen enthält Informationen, welche zur Bildung für Proteine führen, darunter für das Protein "Nuclear factor-kappa-B". Letzterer Proteinkomplex reguliert andere Gene, indem es an die DNA bindet.

    Es ist lediglich möglich, die Symptome zu behandeln. Dazu gehört die Behandlung von sekundären Infektionen und evtl. kosmetische Eingriffe, die dem Patienten so ein normaleres Leben ermöglichen sollen.

    Gonosomal dominante Erbkrankheiten - Das Wichtigste

    • Veränderung der Gene liegt auf den Gonosomen (Geschlechtschromosomen).

    • Vererbung ist dominant: Bereits ein betroffenes Allel reicht zur Merkmalsausprägung aus.

    • Y-chromosomal-dominant: Erkrankung liegt auf dem Y-Chromosom.

    • X-chromosomal-dominant: Erkrankung liegt auf dem X-Chromosom.

    • X-chromosomal: Ist der Vater betroffen, sind es alle seine Töchter ebenfalls.

    • Y-chromosomal: Nur Männer sind betroffen.

    • Beispiele für X-chromosomal-dominante Erbkrankheiten:

      • Alport-Syndrom: Veränderung der Niere,

      • Rett-Syndrom: Entwicklungsstörung des Nervensystems,

      • Bloch-Sulzberger-Symptom: stetige Hautveränderungen,

      • Vitamin-D-resistente Rachitis: Knochendeformitäten durch Phosphatmangel.

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    Gonosomal dominante Erbkrankheiten
    Häufig gestellte Fragen zum Thema Gonosomal dominante Erbkrankheiten

    Welche genetischen Krankheiten gibt es?

    Gonosomal-dominante Erbkrankheiten sind zum Beispiel das Alport Syndrom (eingeschränkte Nierenfunktion), das Rett-Syndrom (Entwicklungsstörung des zentralen Nervensystems), oder das Bloch-Sulzberger-Syndrom (Hautveränderungen)

    Wann ist ein Erbgang gonosomal?

    Ein Erbgang gilt als gonosomal, wenn die Mutation, also die Veränderung des genetischen Materials, auf einem der beiden Gonosomen (Geschlechtschromosomen) liegt. Herausfinden kannst du das mithilfe der sogenannten Stammbaumanalyse.

    Welche Krankheiten werden gonosomal dominant vererbt?

    Gonosomal-dominante Erbkrankheiten sind zum Beispiel das Alport Syndrom (eingeschränkte Nierenfunktion), das Rett-Syndrom (Entwicklungsstörung des zentralen Nervensystems), oder das Bloch-Sulzberger-Syndrom (Hautveränderungen).

    Welche Krankheiten sind autosomal dominant?

    Bekannte autosomal-dominant vererbbare Krankheiten sind Chorea Huntington, das Marfan-Syndrom, die Neurofibromatose oder die Polidaktylie.

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