Karyogramm

Ein geläufiges Mittel, um in der pränatalen Diagnostik frühzeitig genetische Erkrankungen, wie Trisomie 21, zu erkennen, ist die Erstellung eines Karyogramms. Was ein Karyogramm ist, wie es funktioniert und was man daraus alles erfahren kann, lernst du in diesem Artikel.

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    Karyogramm Definition

    Ein Karyogramm ist eine geordnete Abbildung aller Chromosomen einer Zelle und wird auch als Chromosomenkarte bezeichnet. Zur Erstellung wird der Zellzyklus in der Metaphase gestoppt, die Chromosomen werden angefärbt und nach Form, Größe, Lage des Zentromers und Bandenmuster sortiert.

    Durch das Karyogramm kann man den sogenannten Karyotyp eines Organismus bestimmen, welcher zum Vergleich der Chromosomenausstattung verschiedener Arten und zur Erkennung der Ursache von Erbkrankheiten genutzt wird.

    Der Karyotyp ist eine Kurzformel, welche das Karyogramm des Menschen mit 46XX (44 Autosomen und 2 gleiche Gonosomen bei einer Frau) bzw. 46XY (44 Autosomen und 2 unterschiedliche Gonosomen bei einem Mann) beschreiben kann.

    Karyogramm Beispiel Mann StudySmarterAbbildung 1: Karyogramm eines Mannes

    Karyogramm Mensch

    Das Karyogramm des Menschen ist von besonderer Bedeutung für die Medizin, da man darin die Ursachen verschiedener Krankheiten ablesen kann.

    Der Chromosomensatz des Menschen in den Körperzellen besteht aus

    • 44 Autosomen; in den homologen Chromosomenpaaren, die genetische Informationen für die Körperzellen tragen
    • einem Gonosomenpaar, das geschlechtsbestimmende Chromosomenpaar

    Die männlichen und weiblichen Keimzellen des Menschen haben im Gegensatz zu den Körperzellen mit diploidem Chromosomensatz nur einen haploiden Chromosomensatz. Daraus folgt, dass sich das aus Keimzelllen erstellte Karyogramm, vom Karyogramm aus Körperzellen unterscheidet. Die 23 Chromosomen werden nicht in Paaren sortiert, sondern liegen einzeln in der Ordnung vor. Zumeist werden Karyogramme aber aus Körperzellen erstellt.

    Die Chromosomenanzahl ist für alle Organismen spezifisch, so hat ein Mensch 46 Chromosomen, eine Tomate 24, ein Tiger 38 und ein Schmetterling 446 Chromosomen. Lebewesen, die nah miteinander verwandt sind, haben oft eine sehr ähnliche Chromosomenanzahl.

    Ein ähnlicher Chromosomenstand zweier Lebewesen ist aber kein Beweis für eine Verwandtschaft. Die Anzahl der Chromosomen liefert keinen Hinweis auf den Entwicklungsstand des Organismus, sondern ist lediglich artspezifisch festgelegt.

    Das humane Karyogramm bildet dementsprechend 46 Chromosomen in einer bestimmten Ordnung ab. Dabei stehen die Gonosomen immer an letzter Stelle. An ihnen kann abgelesen werden, ob es sich bei diesem Karyotyp um eine Frau (XX) oder einen Mann (XY) handelt. Geordnet werden die Chromosomen nach Größe und Lage des Zentromers in bestimmten Gruppen von A bis G.

    Karyogramm erstellen

    Zur Erstellung des Karyogramms wird eine Zelle des zu untersuchenden Organismus gebraucht. Diese Zelle muss sich in der Metaphase des Zellzyklus befinden, da in dieser Phase die DNA zu den Chromosomen kondensiert ist und so am besten unter dem Mikroskop erkennbar ist.

    Ausgangssituation

    Ein humanes Karyogramm erstellt man häufig aus weißen Blutkörperchen. Das entnommene Blut wird in einem Kulturmedium (bestehend aus: Salzen, Glucose, Aminosäuren, Nukleotide, fetales Kälberserum, Heparin zur Verhinderung von Gerinnung, Antibiotika zur Verhinderung von Infektionen und Phythämagglutinin) in ein Zentrifugenglas gebracht.

    Extraktion der Chromosomen

    Die angesetzte Kultur wird drei Tage lang bei 37 °C in einem Brutschrank gelagert, wodurch unter dem Einfluss des Phythämagglutinins die Lymphozyten Mitosen durchführen. So entsteht die Möglichkeit, Zellen im Metaphasestadium zu erhalten. Hierfür wird der Kultur Colchicin beigesetzt, was die Ausbildung des Spindelfaserapparats hemmt und die sich teilenden Lymphozyten in der Metaphase stoppt.

    Durch Zentrifugation und weitere Prozesse werden dann die Lymphozyten im Metaphasestadium von den roten Blutkörperchen getrennt.

    Mittels einer feinen Pipette lässt man dann Tropfen mit einzelnen weißen Blutkörperchen auf einen Objektträger fallen, welche beim Aufprall platzen und die Chromosomen freisetzen. Danach wird der Objektträger kurz über eine Flamme gehalten, um die ausgebreiteten Chromosomen zu fixieren.

    Erstellung der Chromosomenkarte

    Um die Chromosomen sichtbar zu machen werden sie z. B. mit einer Giemsa-Lösung angefärbt. Nun kann mikroskopiert und fotografiert werden. Mithilfe des Fotos werden die Chromosomen nach Größe, Lage des Zentromers und Bandenmuster sortiert und die typische Form des Karyogramms erstellt. Entweder man sortiert die Chromosomen durch ausschneiden aus dem Foto, oder man nutzt dafür ein Software-Programm.

    Wie die Chromosomen unsortiert auf dem Objektträger aussehen, kannst du im folgenden Bild sehen.

    Karyogramm Chromosomen Frau unsortiert StudySmarterAbbildung 3: Unsortierte Chromosomen einer Frau, angefärbt für Sichtbarkeit unter dem Mikroskop

    Nachdem die Chromosomen dann ausgeschnitten und geordnet wurden, entsteht die typische Form des Karyogramms, was du in folgender Abbildung erkennen kannst.

    Karyogramm Chromosomen Mann sortiert StudySmarterAbbildung 4: Karyogramm mit sortierten Chromosomen eines Mannes

    Nach diesem Prozess kann man am erstellten Karyogramm den Karyotyp ablesen und mögliche genetische Erkrankungen bzw. Chromosomenanomalien erkennen.

    Karyogramme auswerten

    Die Auswertung und Interpretation eines humanen Karyogramms erfolgt in 5 Teilschritten, die du im folgenden Abschnitt kennenlernen wirst. Im darauffolgenden Abschnitt wird dir die Auswertung anhand eines Beispiels demonstriert.

    Teilschritte zur Auswertung eines Karyogramms

    1. Erkennung des Geschlechts: Wenn ein Y-Chromosom vorliegt, handelt es sich um einen Mann. Wenn kein Y-Chromosom vorhanden ist, gehört das Karyogramm zu einer Frau.

    2. Handelt es sich um einen haploiden oder diploiden Chromosomensatz? Wenn die Chromosomen in Paaren angeordnet sind, liegt ein diploider Chromosomensatz mit 46 Chromosomen vor. Ist das nicht der Fall und es sind nur 23 Chromosomen, dann handelt es sich um einen haploiden Chromosomensatz.

    3. Fallen beim Karyogramm Besonderheiten auf? Liegt ein bestimmtes Chromosom z. B. mehrmals vor oder fehlt es völlig?

    4. Wenn Besonderheiten vorliegen, müssen dessen Folgen abgeschätzt werden. Sind die Autosomen betroffen, so sind die Folgen wahrscheinlich schwerwiegend, da es die Körperzellen betrifft. Sind die Gonosomen betroffen, fallen die Folgen vermutlich eher gering aus, da auf ihnen weniger Genmaterial liegt.

    5. Am Ende wird der Karyotyp angegeben. Dieser besteht aus der Summe der Chromosomen, der Angabe der Geschlechtschromosomen und der Beschreibung der vorliegenden Besonderheit.

    Beispiel einer Karyogrammauswertung

    Karyogramm Trisomie 21 StudySmarterAbbildung 5: Zur beispielhaften Auswertung betrachtetes Karyogramm

    1. Geschlecht: Da ein Y-Chromosom vorliegt, handelt es sich hierbei um einen Mann

    2. Chromosomensatz: Jedes Chromosom liegt doppelt vor, somit ist der Chromosomensatz diploid

    3. Besonderheit: Das 21. Chromosom liegt dreifach vor. Es handelt sich um eine Trisomie

    4. Folgen: Die Besonderheit betrifft ein Autosom, auf dem viel Genmaterial liegt. Dadurch fallen die Folgen für den Menschen schwer aus

    5. Karyotyp: 47XY +21

    Bei diesem Karyogramm handelt es sich um einen Mann, der von Trisomie 21, dem sogenannten Down-Syndrom betroffen ist. Diese Krankheit hat ihre Ursache in einer Chromosomenanomalie, welche am 21. Chromosom erkennbar ist. Die Ausprägungsstärke der geistigen Einschränkungen und körperlichen Fehlbildungen kann hierbei von Mensch zu Mensch ganz unterschiedlich sein.

    Karyogramm – Chromosomenanomalien erkennen

    Eine der wichtigsten Aufgaben des Karyogramms besteht in der pränatalen Diagnostik. So kann man schon vor der Geburt des Kindes Krankheiten erkennen und deren Folgenschwere abschätzen, um möglichst früh mit der besten Behandlung beginnen zu können.

    Das Karyogramm bildet unnatürliche Verkürzungen, Verdopplungen oder das Fehlen von bestimmten Chromosomen deutlich ab. Diese Chromosomenanomalien werden in drei Gruppen unterteilt: Trisomien, Polysomien und Monosomien.

    Solche Abweichungen im Karyotyp benötigen in der Praxis jedoch meist einer zweiten Messung, um Fehldiagnosen auszuschließen. Außerdem besteht nicht immer großer Grund zur Besorgnis, da die Folgen für das ungeborene Kind auch mild ausfallen können.

    Für eine erste Einschätzung bei Risikoschwangerschaften ist die Erstellung eines Karyogramms durch eine Fruchtwasserentnahme aber eine geläufige und sichere Methode um mögliche Chromosomenanomalien auszuschließen oder festzustellen.

    Im folgenden Abschnitt stellen wir dir einige Chromosomenanomalien kurz vor, die im Karyogramm erkannt werden können.

    Down-Syndrom

    Das Down-Syndrom, auch bezeichnet als Trisomie 21, ist eine Krankheit bei der das 21. Chromosom des Betroffenen dreifach vorliegt. Der Karyotyp lautet 47XX +21 oder 47XY +21. Dabei liegt diesem Krankheitsbild eine Fehlverteilung der Chromatiden in einer der meiotischen Teilungen zugrunde.

    Zu den Symptomen der Krankheit gehören

    • geistige Retardierung

    • körperliche Merkmale wie:

      • flacher Hinterkopf

      • große Zunge, wodurch der Mund häufig offen steht

      • geringe Körpergröße

      • kurze Hände mit einer Beugefurche quer über der Hand

      • teilweise Herzmissbildungen

    Der Schweregrad der Krankheit ist zwar variabel, meist sind die Betroffenen aber nicht fähig, sich selbst zu versorgen. Auch ihre Lebenserwartung ist im Gegensatz zur restlichen Bevölkerung eher gering. Auffällig ist außerdem die besondere Freundlichkeit dieser Menschen.

    Karyogramm Down-Syndrom StudySmarterAbbildung 6: Von Down-Syndrom betroffene junge Frau

    Mehr zu den Ursachen und Folgen vom Down-Syndrom findest du in unserem Artikel Trisomie 21.

    Katzenschreisyndrom

    Das Cri-du-Chat-Syndrom ist eine Erbkrankheit dessen Ursache am 5. Chromosom liegt. Dort fehlt am Chromosom ein kleines Stück des p-Arms. Durch diese Deletion geht wichtiges Erbmaterial verloren, was zu schweren Folgen für die betroffene Person führt.

    Der Karyotyp lautet 46XX 5p- oder 46XY 5p- , meist tritt dieses Syndrom aber bei Mädchen auf.

    Benannt wurde dieses Syndrom Katzenschrei, weil die meisten Betroffenen nach der Geburt einen lauten und schrillen Schrei von sich geben, der dem einer Katze ähnelt. Dieser ist begründet in einer Fehlbildung des Kehlkopfes bei den Betroffenen.

    Zu den Symptomen der Krankheit gehören

    • kleiner Kopf mit kleinem Kinn

    • breite Nasenwurzel

    • weit auseinander liegende Augen und nach außen abfallende Lidachse

    • kurze Finger und Hände mit Beugefurche

    • Schielen

    • Gebissfehlstellungen

    • Starke Verzögerung der Sprachentwicklung

    • Muskelschwäche, woraus Probleme mit dem Herz oder der Atmung folgen können

    • starke Verzögerung der geistigen und körperlichen Entwicklung

    Trotz der vielen körperlichen Symptome ist die Lebenserwartung kaum verkürzt, soweit keine medizinischen Komplikationen auftreten.

    Klinefelter-Syndrom

    Das Klinefelter-Syndrom ist eine Krankheit, von der Männer betroffen sein können, bei der mehr als zwei Geschlechtschromosomen vorliegen. Der Karyotyp lautet 47XXY oder 48XXXY, wobei bei dem Karyotyp mit 48 Chromosomen stärkere gesundheitliche Folgen auftreten.

    Ursache ist eine Fehlverteilung (Non-Disjunction) der Geschlechtschromosomen während der Meiose. Dadurch gelangt mehr als ein Gonosom in die reifende Eizelle bzw. Spermienzelle, wodurch nach der Befruchtung drei Gonosomen vorliegen.

    Zu den Symptomen der Krankheit gehören

    • verkleinerte Hoden und geringer Testosteronspiegel

    • schwache Körperbehaarung, gleicht eher dem von Frauen

    • Infertilität

    • überdurchschnittliche Körpergröße

    • Intelligenz nur in einigen Teilbereichen leicht vermindert (wirkt sich besonders in einer verzögerten sprachlichen und motorischen Entwicklung aus)

    • erhöhtes Risiko für Brustkrebs

    • weibliche Körperfettverteilung

    • fehlender Stimmbruch

    Weitere mögliche Symptome sind Blutarmut, Osteoporose, Diabetes und Gynäkomastie (Vergrößerung der Brustdrüsen)

    Wenn das Klinefelter-Syndrom unbehandelt bleibt vermindert sich die Lebenserwartung der Betroffenen, vor allem durch die Begleiterscheinungen der Krankheit, wie Diabetes und Gefäßerkrankungen.

    Karyogramm – Das Wichtigste

    • Karyogramme sind geordnete Abbildungen aller Chromosomen einer Zelle.
    • Es wird geordnet nach Form, Größe, Lage des Zentromers und Bandenmuster.
    • Abgebildet werden 22 Autosomen bzw. Autosomenpaare und ein Gonosomenpaar welches das Geschlecht bestimmt.
    • Zur Erstellung eines Karyogramms werden Zellen im Metaphasestadium verwendet, da die DNA zu diesem Zeitpunkt zu den Chromosomen kondensiert ist.
    • Bei der Auswertung eines Karyogramms betrachtet man das Geschlecht, den Chromosomensatz, die Besonderheiten und dessen Folgen und den Karyotyp.
    • Mithilfe eines Karyogramms erkennt man Chromosomenanomalien, wie z.B. das Down-Syndrom, das Katzenschreisyndrom und das Klinefelter-Syndrom.

    Nachweise

    1. Abb. 1: National Human Genome Research Institute (https://www.genome.gov/genetics-glossary/Karyotype).
    2. Abb. 3: "File:Human female metaphase chromosomes.tif" (https://commons.wikimedia.org/w/index.php?curid=25074990) von Abogomazova (https://commons.wikimedia.org/wiki/User:Abogomazova) ist lizenziert unter CC BY-SA 3.0 (https://creativecommons.org/licenses/by-sa/3.0/deed.en).
    3. Abb. 4: National Human Genome Research Institute (https://www.genome.gov/genetics-glossary/Karyotype).
    4. Abb. 1: National Human Genome Research Institute (https://www.genome.gov/genetics-glossary/Down-Syndrome-Trisomy-21).
    Häufig gestellte Fragen zum Thema Karyogramm

    Wie unterscheidet sich ein männliches Karyogramm von einem weiblichen Karyogramm?

    Der Unterschied liegt bei den abgebildeten Gonosomen (an 45. und 46. Stelle). Bei dem Karyogramm eines Mannes sieht man dort ein X und ein Y-Chromosom. Handelt es sich um das Karyogramm einer Frau, so sind zwei X-Chromosomen abgebildet.

    Was versteht man unter einem Karyogramm?

    Das Karyogramm ist eine geordnete Abbildung aller Chromosomen einer Zelle.

    Was kann man aus einem Karyogramm ablesen?

    Das Karyogramm bildet alle Chromosomen einer Zelle ab. Beim humanen Karyogramm werden die Autosomen und Gonosomen abgebildet. Daraus kann man das Geschlecht, den Chromosomensatz und den Karyotyp ableiten. Außerdem kann man so Chromosomenanomalien wie z.B. Trisomie 21 erkennen.

    Wann wird ein Karyogramm erstellt?

    Ein Karyogramm findet viel Verwendung in der pränatalen Diagnostik. Es wird genutzt um Erbkrankheiten, wie z.B. das Down-Syndrom frühzeitig erkennen zu können und so in einem sehr frühen Entwicklungsstadium die beste Behandlung, abgestimmt auf die entsprechende Chromosomenanomalie, zu ermöglichen. Auch das Geschlecht kann man durch die Erstellung eines Karyogramms erkennen.

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