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Pyrosequenzierung ist eine Form der DNA-Sequenzierung, bei der Lichtreaktionen zur Ermittlung einer DNA-Sequenz genutzt werden.
Die Pyrosequenzierung ist eines der möglichen Verfahren des "Next Generation Sequencing", kurz NGS. Im Vergleich zu älteren Verfahren, wie z.B. der Sanger-Sequenzierung ermöglicht das NGS eine deutlich schnellere Aufschlüsselung des Genoms.
Wenn dich der Ablauf der Sanger Sequenzierung interessiert, schau doch mal beim passenden Artikel vorbei!
Prinzip der Pyrosequenzierung
Betrachten wir zunächst das allgemeine Prinzip hinter der Pyrosequenzierung: Du weißt bereits, dass bei der Pyrosequenzierung Lichtreaktionen detektiert werden, um auf eine DNA-Sequenz zu schließen.
Dazu sieht man der DNA sozusagen "live" dabei zu, wie sie nach und nach synthetisiert wird: Jedes Mal, wenn ein Nukleotid, bzw. ein Desoxynukleosidtriphosphat (dNTP) eingebaut wird, bleibt als Spaltprodukt Pyrophosphat (PPi) zurück. Gemessen wird eben dieses Pyrophosphat, da es in einer chemischen Reaktion einen Lichtblitz erzeugt.
Ablauf der Pyrosequenzierung
Wie genau läuft die Pyrosequenzierung ab und durch welche chemische Reaktion kann der ein Einbau eines neuen Nukleotids detektiert werden? Hier siehst du einen Überblick über die einzelnen Schritte:
Pyrosequenzierung: Vorbereitung der DNA
Eine entnommene DNA-Probe kann nicht ohne Aufbereitung sequenziert werden. Dazu werden längere DNA-Stränge in einzelne Fragmente geteilt. Dazu kann z.B. Nebulisierung (Pressen der DNA durch kleine Öffnungen, wodurch sie verkleinert wird) oder Sonifikation (Fragmentierung mittels Ultraschallwellen) genutzt werden.
Über Hitze wird doppelsträngige DNA außerdem in einzelsträngige DNA überführt. Das ist wichtig, weil wir später nur einen Einzelstrang als Muster benötigen.
Pyrosequenzierung: PCR
Ein einziger Strang ist noch nicht ausreichend. Das liegt nicht daran, dass die erwartete Reaktion bei nur einem Strang nicht stattfindet, sondern dass das abgegebene Licht zu gering wäre. Das Signal, das den Detektor bei nur einem Strang erreichen würde, wäre also zu schwach.
Wie erzeugt man weitere identische DNA-Fragmente? Zur Vervielfältigung wird eine sogenannte Polymerase-Kettenreaktion, aus dem Englischen kurz PCR, durchgeführt. Wenn man Gen-Sequenzen vermehrt spricht man auch von Amplifikation.
Bei einer PCR wird mithilfe einer Polymerase der komplementäre Strang zu einem vorher vorhandenen Einzelstrang synthetisiert. Trennt man den nun entstandenen Doppelstrang in einem erneuten Durchlauf durch Hitze auf, können weitere Gegenstränge gebildet werden.
Dieser Vorgang kann so lange wiederholt werden, bis genug DNA vorhanden ist.
Genaueres zum Ablauf einer PCR findest du im passenden Artikel!
Pyrosequenzierung: Aufbau
Nach der PCR sind genug identische DNA-Stränge vorhanden, damit die spätere Reaktion stark genug sein wird, um vom Computer detektiert zu werden. Damit sie stattfinden kann, muss die DNA jedoch in einer geeigneten Reaktionsumgebung untergebracht sein. In Abbildung 1 findest du den schematischen Aufbau einer Platte zur Pyrosequenzierung dargestellt.
Die DNA-Fragmente sind an kleine Kugeln gebunden, auch Beads genannt. So kann man einzelne Beads in Poren auf einer Platte fixieren. Die Poren sind wie eine eigene winzige Reaktionskammer. Jede Pore mit einem Bead wird von einem Detektor überwacht.
Folgende Bestandteile sollten in der Reaktionskammer zur Verfügung stehen:
- Die Enzyme Polymerase, Sulfurylase, Luciferase und Apyrase
- Primer
- Luciferin
- Adenosinphoshosulfat (APS)
Welche Funktion sie übernehmen erfährst du im nächsten Abschnitt.
Pyrosequenzierung: Reaktion
Nun ist alles vorbereitet, die Reaktion kann beginnen.
Zuerst wird ein Sequenzierungsprimer an die Einzelstränge angelagert. Er legt fest, wo im Anschluss die nächsten Nukleotide ergänzt werden sollen.
Nun beginnt ein Zyklus, bei dem nacheinander alle potenziell in der DNA enthaltenen dNTPs den Poren zugegeben werden. Das heißt, dGTP, dCTP, dTTP oder dATP, je nachdem ob Guanin, Cytosin, Thymin oder Adenosin als Base enthalten sind.
Streng genommen wird für die Reaktion nicht dATP, sondern das etwas veränderte dATPαS verwendet.
Das hat den Hintergrund, dass die erwartete Reaktion das enthaltene ATP als Substrat nutzen könnte. Deshalb würde es allein durch die Zugabe von normalem dATP zu einem Lichtblitz kommen.
Um diesen Effekt zu vermeiden, wird die modifizierte Variante verwendet.
Dieser Zyklus kann automatisiert ablaufen und ist entsprechend schnell.
Passendes Nukleotid
Entspricht das hinzugegebene dNTP dem Nukleotid in der DNA-Sequenz, wird es in den neu entstehenden Gegenstrang eingebaut. Dazu wird Pyrophosphat abgespalten.
Weil die folgende Reaktion auf der Abspaltung von Pyrophosphat basiert, heißt die Methode Pyrosequenzierung.
So beginnt eine Reaktion, die aus drei Schritten besteht:
Beschreibung | Reaktionsgleichung |
Die Polymerase hat ein dNTP angehängt, dabei wurde Pyrophosphat frei. | |
Das Enzym Sulfurylase setzt das Pyrophosphat in ATP um. | |
ATP dient als Energielieferant.So kann das Enzym Luciferase Luciferin in Oxyluciferin umwandeln. Dabei wird Licht erzeugt. |
Nehmen wir an, in dieser Runde wurde dTTP hinzugegeben. Es entsteht ein Lichtblitz. Das heißt: Es ist komplementär zum Muster, an der aktuellen Stelle finden wir Thymin in der DNA.
Nach und nach lässt sich so eine längere Basenabfolge sequenzieren.
Luciferase ist also ein Enzym, das aus Luciferin und dem Energieliferanten ATP Licht generieren kann.
Genau dieses Enzym machen sich auch Glühwürmchen zunutze!
Nicht passendes Nukleotid
Entsprechend der DNA-Sequenz wird immer nur eines von vier möglichen Nukleotiden eingebaut. Es ist jedoch wichtig, überschüssige dNTPs nicht in der Reaktionsumgebung zu belassen, da man sonst im nächsten Durchlauf nicht mehr sagen könnte, was genau eingebaut wurde. Sie müssen also entfernt werden.
Dafür ist das Enzym Apyrase zuständig. Es baut übrig gebliebene Nukleotide ab, sodass sie anschließend nicht mehr eingebaut werden können.
Diese Vorgänge laufen nun immer wieder nacheinander ab, bis der Strang komplett synthetisiert ist.
Vor- und Nachteile der Pyrosequenzierung
Pyrosequenzierung ist nur eine von vielen Möglichkeiten, DNA zu entschlüsseln. Welche Vor- und Nachteile hat die Methode gegenüber anderen?
Vorteile der Pyrosequenzierung
Ein großer Vorteil der Pyrosequenzierung ist, dass die Sequenzierung automatisiert abläuft und so auch parallel viele verschiedene Proben untersucht werden können.
Im Vergleich zu anderen Methoden war die Pyrosequenzierung so besonders zur Zeit ihrer Erfindung anderen Varianten überlegen. Statt Jahren wurden so nur noch Monate gebraucht, um große Genome zu entschlüsseln.
In der Klinik wird die Pyrosequenzierung vor allem dann eingesetzt, wenn kurze Sequenzen nach Punktmutationen als Ursache von Erbkrankheiten abgesucht werden.
Nachteile der Pyrosequenzierung
Trotz der Verwendbarkeit im klinischen Bereich, kann die Pyrosequenzierung wegen ihrer Nachteile nicht mehr mit anderen Methoden des "Next Generation Sequencing" mithalten.
Das liegt vor allem daran, dass die Länge der sequenzierbaren DNA-Fragmente geringer ist, als es z.B. mit der Sanger-Sequenzierung möglich ist. Besonders bei langen repetitiven Sequenzen ist das ein Problem.
Außerdem könnten durch fehlende Kontrolle auch falsche Nukleotide eingebaut werden und das Sequenzierungsergebnis somit ungenauer sein.
Pyrosequenzierung 454 Prinzip
Nach der Entwicklung der Technologie hinter der Pyrosequenzierung dauerte es nicht lange, bis die Technik auch kommerziell angeboten wurde.
Dies übernahm die Firma 454 Life Sciences mit dem Gerät "454 GS FLX". Es ermöglichte die voll automatisierte, parallele Sequenzierung von DNA, was einen großen Geschwindigkeitsvorteil mit sich brachte.
Inzwischen wurde die Produktion des ursprünglichen Systems durch die Firma jedoch eingestellt.
Pyroseqenzierung - Das Wichtigste
- Bei der Pyrosequenzierung beobachtetet man die Synthese eines DNA-Strangs, bei jedem Einbau von Nukleotiden wird Pyrophosphat frei, das eine detektierbare Lichtreaktion erzeugt.
- Zur Reaktion sind die DNA-Einzelstränge auf Beads befestigt.
- Benötigt werden: Die Enzyme Polymerase, Sulfurylase, Luciferase und Apyrase, sowie Primer, Luciferin, APS und verschiedene dNTPs.
- Pyrosequenzierung funktioniert vergleichsweise schnell und automatisiert, eignet sich aber nicht für lange repetitive Sequenzen von DNA.
- Das erste automatisierte Gerät zur Pyrosequenzierung war das "454 GS FLX".
Nachweise
- Abb. 2: Struktur des Diphosphat-Ions (https://de.wikipedia.org/wiki/Datei:Diphosphat-Ion.svg) von NEUROtiker ist gemeinfrei, weil es nur aus Allgemeingut besteht und die nötige Schöpfungshöhe nicht erreicht.
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Häufig gestellte Fragen zum Thema Pyrosequenzierung
Wie funktioniert Pyrosequenzierung?
Pyrosequenzierung funktioniert über die Detektion einer Lichtreaktion, die durch Abspaltung von Pyrophosphat beim Einbau eines Nukleotids entsteht.
Wie läuft Pyrosequenzierung ab?
Die Pyrosequenzierung lässt sich in einzelne Schritte unterteilen:
- DNA-Aufbereitung
- PCR zur Vervielfältigung
- Fixierung der Stränge auf Beads auf einer Platte mit mehreren Poren, sowie Hinzufügen von nötigen Substanzen
- Stattfinden und Detektion der Lichtreaktion
Was sind die Vor- und Nachteile von Pyrosequenzierung?
Pro:
- Automatisiert, parallele Sequenzierung möglich
- Gut geeignet zur Untersuchung von Punktmutationen in kurzen Sequenzen
Contra:
- Begrenzte Länge der Fragmente
- Fehlende Kontrolle
- Nicht mehr konkurrenzfähig
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