Unter humoralen Bestandteilen fasst man diejenigen Elemente des Immunsystems zusammen, die gelöst in Körperflüssigkeiten vorliegen. Es handelt sich bei humoralen Bestandteilen also nicht um Zellen des Immunsystems, sondern um Plasmaproteine. Im Wesentlichen gehören dazu:
Der Begriff humoral leitet sich hierbei vom lateinischen Wort humor ab, was übersetzt Flüssigkeit bedeutet. Das soll zum Ausdruck bringen, dass sich dieser Anteil der Immunabwehr in den Körperflüssigkeiten wie dem Blutserum und der Lymphflüssigkeit abspielt. Hierbei vermitteln die humoralen Bestandteile die Immunantwort im Extrazellularraum.
Humorale Bestandteile – Einordnung in das Immunsystem
Um zu verstehen, welche Stellung die verschiedenen humoralen Komponenten im Immunsystem einnehmen, lohnt es sich zunächst die Einteilung des Immunsystems zu betrachten.
Das Immunsystem kann nach verschiedenen Gesichtspunkten gegliedert werden. Eine Möglichkeit hierzu ist zwischen dem angeborenen und dem erworbenen Immunsystem zu unterscheiden. Zum angeborenen Immunsystem gehören unspezifische Abwehrmechanismen, die sofort greifen. Hierzu zählen beispielsweise das Komplementsystem oder die Phagozytose durch Fresszellen wie Makrophagen.
Erst nach der Geburt wird das spezifische bzw. das adaptive Immunsystem entwickelt, weshalb man es auch als erworbenes Immunsystem bezeichnet. Hierbei spielen beispielsweise die B-Lymphozyten eine Rolle, die spezifische Antikörper gegen Krankheitserreger produzieren. Außerdem umfasst es die T-Lymphozyten, welche auf verschiedenen Wegen gezielt gegen die Krankheitserreger vorgehen.
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Neben dieser Einteilung gibt es außerdem noch die Möglichkeit der Einteilung des Immunsystems in nicht-zelluläre und zelluläre Komponenten. Dabei sind zelluläre Komponenten sowohl im angeborenen Immunsystem (z.B. Makrophagen), als auch im erworbenen Immunsystem (z.B. Lymphozyten) zu finden. Gleiches gilt für die nicht-zellulären Komponenten: Die humorale Komponente des erworbenen Immunsystems stellen im Wesentlichen die Antikörper dar. Im angeborenen Immunsystem sind nicht-zelluläre Bestandteile beispielsweise das Komplementsystem und Zytokine (z.B. Interleukine und Interferone).
| humorale Bestandteile | zelluläre Bestandteile |
angeborenes Immunsystem | z.B. Komplementsystem, Interferone | z.B. Makrophagen, Granulozyten |
erworbenes Immunsystem | Antikörper | z.B. T-Lymphozyten |
Humorale Bestandteile – Überblick
In den folgenden Abschnitten bekommst du einen kurzen Überblick über die verschiedenen humoralen Bestandteile und über die Funktionen, die sie als Teil des Immunsystems erfüllen.
Antikörper
Wie du bereits gelernt hast, stellen Antikörper die erworbene Komponente der humoralen Bestandteile im Immunsystem dar. Weil es sich bei Antikörpern um globuläre – also kugelförmige – Eiweiße handelt, bezeichnet man Antikörper auch als Immunglobuline. Es gibt verschiedene Antikörper-Isotypen, die sich im Bezug auf ihr Auftreten im Körper und ihre Funktionen unterscheiden. Produziert werden die Antikörper von Plasmazellen. Plasmazellen entwickeln sich aus den B-Lymphozyten.
Antikörper schützen den Körper im Wesentlichen durch drei Mechanismen vor Krankheitserregern:
- durch Neutralisierung,
- Opsonisierung,
- und Aktivierung des Komplementsystems.
Von Opsonisierung spricht man, wenn Antikörper an einen Krankheitserreger binden, um diese attraktiver für die Aufnahme durch Fresszellen zu machen.
Nach der Ausschüttung durch Plasmazellen, können Antikörper an spezielle Strukturen von Krankheitserregern binden. Diese bezeichnet man als Antigene. Auf diese Weise verwirklichen Sie ihre Funktionen im Extrazellularraum. Denn durch die Bindung der Krankheitserreger oder den von ihnen produzierten Giftstoffen wird ein Eindringen in die Wirtszellen verhindert. Diesen Prozess bezeichnet man als Neutralisierung. Diese Aufgabe erfüllen insbesondere die Antikörper-Isotypen Immunglobulin A (kurz IgA) und Immunglobulin G (kurz IgG).
IgA findet sich insbesondere auf Schleimhäuten in unserem Körper. Daher ist dieses Immunglobulin z.B. von besonderer Bedeutung für die immunologische Barriere unseres Darmes.
Darüber hinaus machen Antikörper Pathogene durch die Bindung an ihre Oberfläche sozusagen schmackhafter für Fresszellen, d.h. sie opsonisieren die Krankheitserreger. Fresszellen wie Makrophagen oder neutrophile Granulozyten phagozytieren infolge der Opsonisierung den Krankheitserreger, wodurch dieser unschädlich gemacht wird. Insbesondere Immunglobulin M und Immunglobulin G spielen bei der Opsonisierung von Krankheitserregern eine wichtige Rolle.
Außerdem sind Antikörper, insbesondere IgM und IgG, relevant bei der Aktivierung des Komplementsystems. Worum es sich dabei handelt, lernst du im Laufe des Artikels noch.
Ablauf der humoralen Immunantwort
Grundsätzlich lässt sich die humorale Immunantwort mittels Antikörpern in drei Phasen gliedern:
- die Aktivierung,
- die Differenzierungsphase
- und die Effektorphase.
Der erste Schritt bei der humoralen Immunantwort ist die Aktivierung. Dringt ein Krankheitserreger in den Körper ein, so wird er von Riesenfresszellen (Makrophagen) phagozytiert. Makrophagen sind dann dazu befähigt, die Antigene des aufgenommenen Krankheitserregers auf ihrer Oberfläche anderen Zellen zu präsentieren. Jetzt werden auch andere Zellen des Immunsystems, insbesondere T-Zellen, auf den Krankheitserreger aufmerksam. Eine spezielle T-Zelle, die T-Helferzelle, aktiviert infolge dessen die B-Zellen.
Es gibt auch Fälle, in denen die B-Zelle ohne Hilfe der T-Zellen aktiviert werden kann. Wenn du mehr über den Ablauf der Immunantwort mittels Antikörpern wissen möchtest, ließ dir gerne den StudySmarter Artikel zur adaptiven Immunantwort durch.
Diese Aktivierung führt dazu, dass die B-Zelle sich zu einer Plasmazelle umwandelt und Antikörper produziert. Das ist die sogenannte Differenzierungsphase.
Der Differenzierungsphase schließt sich die Effektorphase an. In dieser Phase erkennen die Antikörper die Antigene der Krankheitserreger und binden sie. Durch die dabei entstehenden Immunkomplexe wird das Komplementsystem aktiviert.
Abbildung 1: Vereinfachte Darstellung der humoralen Immunantwort
Komplementsystem
Das Komplementsystem ist ein sehr effektiver Mechanismus der unspezifischen Immunabwehr.
Damit greift es viel schneller als die Instrumente des erworbenen Immunsystems. Denn die Bestandteile des erworbenen Immunsystems müssen erst Antigene erkennen und dann in ausreichendem Umfang gebildet werden. Die vielen verschiedenen Komplementproteine hingegen treiben in inaktivierter Form ständig im Blutserum herum oder sind an Zellen gebunden. Als Reaktion auf die Anwesenheit von Pathogenen werden sie aktiviert, wodurch es zu einer Art Kettenreaktion kommt.
In der Regel handelt es sich bei den Komplementproteinen um Proteasen, die nach ihrer Umwandlung in die aktive Form wiederum andere Komplementfaktoren aktivieren können. Dadurch wird ein kaskadenartiger Prozess in Gang gesetzt. Dieser Vorgang verstärkt sich von Stufe zu Stufe, da immer mehr Proteine aktiviert werden.
Derartige Kaskaden wie das Komplementsystem finden sich in unserem Körper auch noch in anderen Bereichen, z.B. bei der Blutgerinnung.
Ein Weg, die Kaskade des Komplementsystems in Gang zu setzen, ist der klassische Weg. Hierbei kommen die Antikörper ins Spiel, die du vorher bereits kennengelernt hast. Die Antikörper bilden durch ihre Bindung an Antigene Komplexe aus, welche durch einen Komplementfaktoren erkannt werden. Dieser Komplementfaktor wird dadurch aktiviert und kann seinerseits wieder andere Enzyme des Komplementsystems aktivieren.
Neben dem klassischen Weg kann das Komplementsystem noch über den sogenannten Lektin-Weg oder den alternativen Weg ausgelöst werden. Bei dem Lektin-Weg spielt die Erkennung von Strukturen auf der Oberfläche der Krankheitserreger durch das sogenannte Mannose-bindende Lektin (kurz MBL) die entscheidende Rolle. Infolge der Bindung werden Proteasen aktiviert, die dann wiederum die nachgeschalteten Komplementfaktoren der Kaskade aktivieren.
Bei dem alternativen Weg kommt es zufällig zum Zerfall eines Faktors und damit zur Aktivierung des Komplementsystems. Die Kaskade wird aber nur dann fortgeführt, wenn der Faktor auf Krankheitserreger trifft. Ist das nicht der Fall, so wird er entweder wieder abgebaut oder in seine inaktive Form zurückgeführt.
Einige Komplementfaktoren führen ähnlich wie die Antikörper auch zur Opsonisierung der Krankheitserreger. Eine weitere wichtige Funktion des Komplementsystem ist die Bildung einer Pore im der Membran des Krankheitserregers, wodurch dieser unschädlich gemacht wird. Außerdem stimulieren diverse Komplementfaktoren, die im Verlauf der Kaskade aktiviert werden, Entzündungsprozesse.
Zytokine
Zytokine sind Proteine, die unter anderem von Immunzellen produziert werden und ihnen als Informationsübermittler dienen. Auch sie zählen zu den humoralen Bestandteilen. Es gibt eine Vielzahl verschiedener Zytokine. Zu den wichtigsten Zytokinen des Immunsystems gehören u.a.:
- Interferone, die beispielsweise wichtig bei der Virusbekämpfung sind.
- Interleukine, die vor allem bei der Signalübertragung zwischen Leukozyten von Bedeutung sind.
- Tumornekrosefaktoren, die von Riesenfresszellen (Makrophagen) gebildet werden und die Immunzellaktivität beeinflussen.
Humorale Bestandteile – Das Wichtigste
- Das Immunsystem kann in humorale und zelluläre Komponenten aufgeteilt werden.
- Im erworbenen Immunsystem stellen die Antikörper den humoralen Anteil dar.
- Zu den humoralen Bestandteilen des angeborenen Immunsystems zählen im Wesentlichen das Komplementsystem und diverse Zytokine.
- Das Komplementsystem ist eine Aktivierungskaskade von Proteinen, an deren Ende die Lyse des Krankheitserregers durch Induktion einer Pore in der Membran steht.
- Zytokine sind die Vermittler zwischen Immunzellen.
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Gabriel Freitas ist AI Engineer mit solider Erfahrung in Softwareentwicklung, maschinellen Lernalgorithmen und generativer KI, einschließlich Anwendungen großer Sprachmodelle (LLMs). Er hat Elektrotechnik an der Universität von São Paulo studiert und macht aktuell seinen MSc in Computertechnik an der Universität von Campinas mit Schwerpunkt auf maschinellem Lernen. Gabriel hat einen starken Hintergrund in Software-Engineering und hat an Projekten zu Computer Vision, Embedded AI und LLM-Anwendungen gearbeitet.
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