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Es gibt viele verschiedene Neurotoxine, die unterschiedliche Wirkungen an Nervenzellen auslösen können. Dabei ist die Gemeinsamkeit aller Gifte, dass sie an der Synapse der Nervenzelle wirken, wobei die genauen Orte (ob nun synaptischer Spalt, Prä- oder Postsynapse) von Neurotoxin zu Neurotoxin verschieden ist.
Neurotoxine werden in zwei Kategorien eingeteilt:
1. Exogene NeurotoxineExogene Neurotoxine werden aus der Umwelt, zum Beispiel durch den Verzehr eines giftigen Pilzes, in den Körper aufgenommen. Dort entfalten sie dann ihre Wirkung im Nervensystem. Sie können flüssig oder fest sein, seltener auch gasförmig.
2. Endogene NeurotoxineEndogene Neurotoxine werden im Körper selbst hergestellt. Nur unter bestimmten Umständen können vom Körper selbst produzierte Stoffe für ihn giftig werden. Ein Beispiel dafür wäre Glutamat, welches normalerweise nur als Neurotransmitter agiert. Produziert der Körper allerdings zu viel Glutamat, wirkt dies auf die Zellen giftig und es kommt zum programmierten Zelltod, das heißt, Zellen sterben ab. Dies nennt man auch Excitotoxizität.
Entstehung von Neurotoxinen
Die meisten Neurotoxine werden von Lebewesen selbst hergestellt. Dabei ist die Bildung solcher Gifte in der Natur sehr wichtig:
Neurotoxine können bei der Jagd wichtig sein, um die Beute zu erlegen. Dies machen sich vor allem Giftschlangen oder Giftspinnen zunutze.
Neurotoxine können andererseits wiederum als Schutz vor den Fressfeinden dienen. Besonders bei Pilzen und Früchten kommt so ein Gift zum Einsatz.
So ähnlich nutzen manche Tiere, häufig Insekten, Neurotoxine auch, um sich vor Fressfeinden zu verteidigen. Damit verhindern sie, dass sie überhaupt erst gefressen werden.
Neben Tieren, Pflanzen und Pilzen können auch Bakterien Nervengifte produzieren. Dazu gehören zum Beispiel das clostridium botulinum, welches Botulinumtoxin herstellt, oder das clostridium tetani, welches Tetanus hervorrufen kann.
Neurotoxin – Wirkung
Im Folgenden erfährst du anhand von verschiedenen Beispielen, wie unterschiedlich sich Nervengifte an der Synapse entfalten können.
Falls dir der Ablauf an einer Synapse nicht mehr bekannt sein sollte, lies dir doch gerne unseren Artikel zum Thema durch!
Eine Zusammenfassung der wichtigsten Punkte:
Ein Aktionspotential kommt in der Präsynapse an und es kommt zu einer Depolarisation der Zelle.
Spannungsgesteuerte Calciumkanäle werden geöffnet und Calcium-Ionen strömen ein.
Der Anstieg der Calciumkonzentration bewegt die mit Neurotransmittern gefüllten Vesikel zur präsynaptischen Mebran.
Die Vesikel verschmelzen mit der Membran und geben die Transmitter in den synaptischen Spalt ab.
Freigegebene Neurotransmitter diffundieren die Distanz zur postsynaptischen Membran.
Die Neurotransmitter binden an den Rezeptoren spezifische transmittergesteuerte Ionenkanäle.
Es öffnen sich Ionenkanäle und Ionen, wie beispielsweise Natrium-Ionen, die in die postsynaptische Zelle strömen.
Ein postsynaptisches Potential entsteht.
Spezifische Enzyme der Ionenkanäle spalten und zerlegen die Neurotransmitter.
Zerlegte Neurotransmitter werden durch spezifische Kanäle wieder in die präsynaptische Endung aufgenommen, dort recycelt und erneut in Vesikel verpackt.
Botulinumtoxin
Botulinumtoxin gehört zu den Nervengiften, die nicht direkt an der Synapse selbst wirken. Stattdessen wirkt es indirekt: Es spaltet nämlich das Protein SNAP-25. Dadurch kann dieses nicht mehr seine Aufgabe, Acetylcholin in den synaptischen Spalt freizusetzen, ausführen. Die Folge: Der synaptische Spalt „bleibt leer“. Da sich keine Neurotransmitter an den Rezeptoren der Postsynapse binden, kann die Erregungsübertragung nicht weiterlaufen. So werden Nervenzellen und damit auch Muskeln gelähmt.
Alpha-Latrotoxin – Wirkung Synapse
Neurotoxine wie Alpha-Latroxin, welches beispielsweise von Tieren wie der Schwarzen Witwe (Spinne) produziert wird, sorgt dafür, dass in der Präsynapse geöffnete Calciumkanäle dauerhaft geöffnet bleiben. Dies führt zu einer Signalüberflutung, da die Zelle immer wieder unkontrolliert Neurotransmitter in den synaptischen Spalt frei lässt. Somit kommt es zu Muskelkrämpfen.
Atropin
Atropin ist ein Neurotoxin, das natürlicherweise in der Tollkirsche vorkommt und giftig für den Menschen ist.
Atropin – Wirkung im Nervensystem
Um die Wirkung von Neurotoxinen wie Atropin und dem Insektizid Parathon zu verstehen, solltest du zunächst wissen, wie das vegetative Nervensystem funktioniert. Es besteht aus zwei Teilen: dem sympathischen und dem parasympathischen Nervensystem. Diese stehen sich als Gegenspieler gegenüber.
Das sympathische Nervensystem sorgt dafür, den Körper in einer Stressreaktion auf die „Kampf-oder-Flucht-Reaktion“ (engl.: „fight-or-flight-response“) einzustellen. Damit man also flüchten oder kämpfen kann, erhöht sich der Herzschlag, die Verdauungsleistung wird in den Hintergrund gestellt und die Pupillen werden weit. Kurzum, der Körper bereitet sich darauf vor, Höchstleistungen zu vollbringen.
Das parasympathische Nervensystem dagegen versetzt den Körper in den Ruhemodus. Der Herzschlag ist langsamer, die Muskeln entspannen sich und die Verdauung wird angeregt.
Gelangt nun das Neurotoxin Atropin in den Körper, so hemmt dieses das parasympathische Nervensystem. Im Gegenzug werden die Wirkungen des sympathischen Nervensystems stärker. Der Körper wird also ungewollt in diesen „Kampf-oder-Flucht“- Zustand versetzt.
Atropin – Wirkung Synapse
Betrachtet man die Art der Wirkung von Giften wie Atropin, so handelt es sich bei ihnen um Neurotransmitter, die mit anderen an den Rezeptoren an der postsynaptischen Membran um die Bindungsstelle konkurrieren (so funktioniert übrigens auch Nikotin). Anders als die dafür vorgesehenen Transmitter leiten diese Neurotoxine allerdings nicht das Signal an die Postsynapse weiter, weswegen die Erregungsübertragung ausfällt. Ähnlich wie bei Giften wie Botulinumtoxin kommt es so zu einer Lähmung von Nervenzellen und Muskeln.
Insektizid Parathion (E605)
Parathion, auch als E605 bekannt, ist ein Pflanzenschutzmittel, das Insekten abtötet.
E605 – Wirkung im Nervensystem
Neurotoxine wie das Insektizid Parathion können als Gegenspieler von Neurotoxinen wie Atropin betrachtet werden, denn diese Art von Giften regen das parasympathische Nervensystem stark an. Dadurch können sie auch als Gegengift zu Neurotoxinen, die das sympathische Nervensystem anregen, eingesetzt werden.
E605 – Wirkung im synaptischen Spalt
Im synaptischen Spalt sorgt das Insektizid Parathion dafür, dass die Enzyme, die für die Spaltung der Neurotransmitter verantwortlich sind, gehemmt werden. Dies hat zur Konsequenz, dass die Neurotransmitter nicht von den Rezeptoren getrennt werden und das Signal länger als vorgesehen weitergeleitet wird. Durch diese Überflutung an Reizen kommt es zu Muskelkrämpfen.
Neurotoxin als Nervenkampfstoff
Nervenkampfstoffe sind Nervengifte, die als chemische Waffen eingesetzt werden. Man teilt sie nach ihrem Ursprung in die Gruppen G-Reihe, V-Reihe und Nowitschok-Reihe ein.
Nervenkampfstoffe wirken, ähnlich wie das Insektizid Parathion, hemmend auf die Enzyme, die Neurotransmitter spalten. Die daraus folgende Dauererregung der Nervenzellen führt zu Symptomen wie Muskelzittern, unkontrollierte Abgabe von Speichel und Ausscheidungen, schließlich zum Tod aufgrund der Lähmung der Atemmuskulatur.
Da Nervenkampfstoffe als Massenvernichtungswaffen angesehen werden, haben sich bis 2015 192 Staaten für ein Verbot der Entwicklung, Aufbewahrung und Verwendung geeinigt.
Neurotoxin - Das Wichtigste auf einen Blick
- Neurotoxine sind Stoffe, die die Erregungsübertragung der Nerven beeinträchtigen.
- Man unterscheidet exogene und endogene Neurotoxine.
- Die meisten Neurotoxine werden von Lebewesen hergestellt und dienen der Jagd, dem Schutz oder der Verteidigung.
- Neurotoxine können verschiedene Wirkungen an der Synapse auslösen.
- Nervenkampfstoffe sind Nervengifte, die als chemische Waffen eingesetzt werden.
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Häufig gestellte Fragen zum Thema Neurotoxin
Wie wirken Neurotoxine?
Neurotoxine wirken an den Nervenzellen; genauer gesagt in den Synapsen. Was genau sie dort auslösen, ist von Neurotoxin zu Neurotoxin unterschiedlich. Manche verhindern, dass die Neurotransmitter den synaptischen Spalt verlassen können, während andere zum Beispiel – anstatt des eigentlichen Neurotransmitters – an die Rezeptoren der Postsynapse binden.
Was passiert, wenn man Neurotoxine trinkt?
Man sollte am besten gar keine Neurotoxine zu sich führen, da diese die Funktionen des Nervensystems beeinträchtigen. Sie lösen zum Beispiel Muskellähmungen oder -zittern aus. Im schlimmsten Fall können Neurotoxine auch schnell zum Tod führen.
Welche Neurotoxine gibt es?
Es gibt sehr viele verschiedene Neurotoxine, die ganz unterschiedlich an Nervenzellen wirken können. Ein paar bekannte Beispiele sind Botulinumtoxin, Alpha-Latrotoxin, Atropin und das Insektizid Parathion (E605).
Wozu haben Blaualgen Neurotoxine?
Die Neurotoxine, die von Blaualgen produziert werden, sind ein Nebenprodukt ihres Stoffwechsels. Ähnlich ist dies auch beim Bakterium Clostridium botulinum, welches Botulinumtoxin herstellt.
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