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Oligodendrozyten – Definition
Bis ins 20. Jahrhundert ging man davon aus, dass Gliazellen nur eine Stütz- und Schutzfunktion im Nervensystem übernehmen. Dass Gliazellen, und besonders Oligodendrozyten, auch anderen Aufgaben übernehmen, wird im Folgenden erklärt.
Oligodendrozyten gehören zusammen mit den Astrozyten zu den Makroglia. Diese haben entwicklungsbedingt den gleichen Ursprung, unterscheiden sich jedoch sowohl in ihrer Form als auch in ihren Funktionen erheblich.
Makroglia (Astrozyten und Oligodendrozyten) unterscheiden sich von den Mikroglia dadurch, dass sie sich nicht aus dem Dottersack entwickeln, sondern aus dem Neuroektoderm.
Oligodendrozyten – Aussehen
Die Zellkerne der Oligodendrozyten sind klein und rund. Sie besitzen einen hohen Anteil an Heterochromatin. Heterochromatin sind stark verdichtete, “eingepackte” Chromosomen.
Im Gegensatz zu Astrozyten besitzen Oligodendrozyten nur wenige Zellfortsätze. Diese sind auch weniger verzweigt.
So wie Du Dir Astrozyten als Sterne vorstellen kannst, erinnern Oligodendrozyten an Laubbäume.
Die Fortsätze der Oligodendrozyten wickeln sich spiralförmig um die Axone der Neuronen. Oligodendrozyten kommen hauptsächlich in der weißen Substanz des Zentralnervensystems vor.
Das Myelin der Oligodendrozyten besteht 70 % aus Fett. Daher erscheint es unter dem Mikroskop weiß. Stellen im Nervensystem, die einen hohen Anteil an Myelin besitzen, werden deshalb “weiße Substanz” genannt. Die Anteile mit wenig Myelin und dafür vielen Zellkernen, wird “graue Substanz” genannt.
Oligodendrozyten – Funktion
Die Funktion der Oligodendrozyten sind:
- Isolation der Axone
- Depolarisation durch Neurotransmitterrezeptoren
- Bildung von Glianarben
Oligodendrozyten – Isolation Axone
Die Oligodendrozyten produzieren Myelin. Mit diesem umwickeln sie die Axone der Neuronen. Dadurch werden die Nervenbahnen elektrisch isoliert und eine schnellere Signalübertragung kann stattfinden.
Myelin ist eine Biomembran. Diese wird um die Axone herumgewickelt. Sowohl die Axone der Neuronen im peripheren als auch im zentralen Nervensystem werden von Myelin umgeben. Im Zentralnervensystem sind die Oligodendrozyten dafür verantwortlich, im peripheren Nervensystem die Schwann-Zellen.
Oligodendrozyten im zentralen Nervensystem = Schwann-Zellen im peripheren Nervensystem.
Das Umwickeln der Axone mit Myelin ist aber nicht kontinuierlich. Es wird immer ein bisschen Platz zwischen zwei Abschnitten gelassen. Ein Abschnitt wird Myelinscheide genannt. Da diese "Lücken" so klein sind, sieht es unter dem Mikroskop so aus, als ob das Myelin nur eingeschnürt wird. Daher kommt der Begriff "Ranvier-Schnürringe". Es handelt sich aber um einzelne, voneinander unabhängige Zellfortsätze. Die Isolation und die Ranvier-Schürringe ermöglichen die sogenannte saltatorische Erregungsleitung.
Der Vorteil der saltatorischen Erregungsleitung gegenüber der kontinuierlichen Erregungsleitung ist, dass das Aktionspotential nicht die gesamte Strecke des Axons zurücklegen muss. Das Aktionspotential kann von einem Ranvier-Schnürring zum anderen “springen”. Genauer gesagt wird es an jeder Lücke neu gebildet.
Für genauere Informationen schaue Dir unsere Beiträge zum Thema Aktionspotential, Erregungsübertragung und Axon an.
Die saltatorische Erregungsleitung ermöglicht eine 100-fach schnellere Signalübertragung im Vergleich zur kontinuierlichen Erregungsleitung. Die Umwicklung der Neuronen mit Oligodendrozyten ist also der Grund für die menschliche Intelligenz.
Wirbellose Tiere besitzen keine den Oligodendrozyten ähnlichen Zellen. Um eine hohe Signalübertragung zu erlangen, sind die Axone der Wirbellosen sehr viel dicker. Wären unsere Nervenbahnen nicht mit Oligodendrozyten umwickelt, müssten diese so dick wie Baumstämme sein, um eine angemessene Signalübertragung zu gewährleisten.
Ein Oligodendrozyt kann bis zu vierzig Myelinscheiden ausbilden. Und das auch an unterschiedlichen Axonen!
Oligodendrozyten – Neurotransmitterrezeptoren
Oligodendrozyten besitzen wie auch andere Nervenzellen Rezeptoren für Neurotransmitter an ihrer Zelloberfläche.Der am meisten vorkommende Rezeptor ist der ionotrope Glutamat-Rezeptor. Dadurch können Oligodendrozyten wie Neuronen depolarisiert werden.
Glutamat kann für das Nervensystem sehr gefährlich werden. Eine nur sehr geringe Erhöhung der innerzellulären Konzentration führt, sowohl bei Neuronen als auch Oligodendrozyten, zum Zelltod.
Oligodendrozyten – Bildung Glianarben
Werden Nervenbahnen im Zentralnervensystem zerstört, können diese nur aufwendig repariert werden. Ein Grund hierfür sind Astrozyten und Oligodendrozyten. Diese Gliazellen schütten bestimmte Wachstumsinhibitoren aus, welche verhindern, dass Nervenbahnen regenerieren. Eine Verletzung im Zentralnervensystem regt zudem die Teilung der Astrozyten und Oligodendrozyten an. Dies führt zur Bildung sogenannter Glianarben.
Oligodendrozyten – Multiple Sklerose
Oligodendrozyten bilden Myelin und sind dadurch essenziell für eine schnelle Informationsweiterleitung. Bei der Autoimmunkrankheit Multiple Sklerose werden die Myelinscheiden der Nervenfasern angegriffen. Es entstehen viele kleine Entzündungsherde.
Dadurch kommt es zum Abbau von Myelin. Man spricht auch von “Entmarkung”. Werden die Nervenfasern nicht mehr ausreichend isoliert, kommt es folglich zu einer erschwerten Informationsweiterleitung.
Es können alle Oligodendrozyten im Zentralnervensystem angegriffen werden. Sowohl das Rückenmark, als auch das Gehirn ist davon betroffen. Die Symptome der Multiplen Sklerose sind abhängig vom Ort der Entzündungsherde. Typisch für die Krankheit ist jedoch, dass sie meistens in Schüben auftritt.
Vor allem anfangs kommt es zu Sehproblemen, Taubheitsgefühlen und Schmerzen. Im weiteren Verlauf kann es zur Lähmung der Extremitäten, oder auch spastischen Bewegungsabläufen kommen.
Die Ursachen für eine Erkrankung an Multipler Sklerose sind noch nicht bekannt. Genauso wenig ist Multiple Sklerose heilbar. Multiple Sklerose ist die bei jungen Menschen die zweithäufigste neuronale Erkrankung.
Oligodendrozyten - Das Wichtigste
- Oligodendrozyten, auch Oligodendroglia, sind eine Untergruppe der Gliazellen im Zentralnervensystem.
Oligodendrozyten produzieren Myelin. Dieses wickelt sich spiralförmig um die Axone der Neuronen. Dadurch wird die saltatorische Erregungsleitung ermöglicht.
Oligodendrozyten kommen hauptsächlich in der weißen Substanz des Zentralnervensystems vor.
Oligodendrozyten verhindern die Regeneration von Nervenbahnen. Sie bilden zusammen mit den Astrozyten Glianarben.
Bei der Multiplen Sklerose ist das Myelin entzündet. Das führt zum Abbau der Myelinscheiden. Dies erschwert die Informationsweiterleitung.
Welche Symptome ein/e Erkrankte/r hat, hängt von der Stelle der Entzündung ab.
Multiple Sklerose ist nicht heilbar.
Nachweise
- Abb. 2: "Oligodendendrocytes in rat brain" (https://commons.wikimedia.org/wiki/File:Oligodendendrocytes_in_rat_brain.tif) von GerryShaw ist lizenziert durch CC BY-SA 4.0 (https://creativecommons.org/licenses/by-sa/4.0/deed.en).
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Häufig gestellte Fragen zum Thema Oligodendrozyten
Was sind Oligodendrozyten?
Oligodendrozyten sind eine Untergruppe an Gliazellen im Zentralnervensystem.
Wie viele Gliazellen gibt es im Gehirn?
Es gibt ungefähr gleich viele Neuronen wie Gliazellen im Gehirn. Das sind jeweils 86 Milliarden Zellen.
Welche 4 Arten von Gliazellen kommen im ZNS vor?
Im ZNS gibt es Astrozyten, Oligodendrozyten, Radiaglia und Mikroglia.
Welche Aufgabe kommt den Oligodendrozyten zu?
Oligodendrozyten isolieren mit ihrem Myelin die Axone der Neuronen. Dadurch wird eine sehr schnelle Erregungsübertragung ermöglicht.
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