Ritualisierung Definition
Die Ritualisierung meint in der Verhaltensbiologie die Umwandlung einer Verhaltensweise, die mit einer Signalwirkung einhergehen soll. Das Wort stammt von dem lateinischen Begriff ritus und bedeutet übersetzt Brauch bzw. Gewohnheit. Bei einer Ritualisierung handelt es sich um Instinktverhalten, das sich in der Stammesgeschichte entwickelt hat.
Ritualisierung einfach erklärt
Die Ritualisierung ist einfach ausgedrückt eine Form der Kommunikation, die innerhalb der jeweiligen Arten stattfindet. Ritualisierung ist Instinktverhalten, das im Laufe der Evolution seine Bedeutung und Funktion geändert hat. Diese neuen ritualisierten Verhaltensweisen haben sich von Zeit zu Zeit als festen Bestandteil in der Kommunikation etabliert und sollen eine eindeutige Mitteilung an den Empfänger senden.
Ritualisierung Funktion
Die Funktion von Ritualisierung ist ihre Signalfunktion. Verhaltensmuster haben sich so verändert, dass sie ein Signal vermitteln und damit der innerartlichen Kommunikation dienen. Die Ritualisierung zielt darauf ab, Signalhandlungen deutlicher, auffälliger und sogar unverwechselbar werden zu lassen. Deshalb werden manche Handlungen beispielsweise in übertriebener Weise ausgeführt.
Ritualisierung Beispiel
Um zu verstehen, was eine Ritualisierung konkret sein kann, bekommst Du das Beispiel eines ritualisierten Kampfes bei Rothirschen aufgezeigt:
Beim Kommentkampf handelt es sich um einen ritualisierten Kampf bei Rothirschen. Da die Abfolgen beim Kampf weitgehend vorhersehbar sind, ist die Verletzungsgefahr entsprechend gering. Früher hatte der Kommentkampf das Ziel, die Rangordnung innerhalb einer Gruppe festzulegen. Heute handelt es sich um einen Imponierungsvorgang beim Balzen. Der Kommentkampf hat einerseits die Aufgabe, als Signalhandlung übermäßige Aggression beim Kampf zu verhindern. Andererseits dient er dazu, die Machtstellung zum Imponieren zu präsentieren.
Abbildung 1: Kommentkampf bei Hirschen
Die Balz meint das Paarungsvorspiel bei Tieren. Darunter fallen alle Verhaltensweisen, die vorher und teilweise danach stattfinden. Einige Tiere besitzen hierfür sogar eine Balztracht. Dabei verändern sich äußere Merkmale. Molche verfärben sich bei der Balz beispielsweise.
Ritualisierung Biologie
Der Begriff der Ritualisierung wurde in der Biologie erstmals von Julian Huxley im Jahre 1914 verwendet. Dies verdeutlichte er anhand des Balzrituals der Haubentaucher. J. Huxley studierte Zoologie in Oxford und war britischer Biologe, Philosoph und Schriftsteller.
Bei den Haubentauchern setzt sich die Balz aus vielen ritualisierten Verhaltensweisen zusammen. Die Balz hat bei den Haubentauchern die Funktion, dass durch sie Paare gebildet und aufrechterhalten werden. Eine Handlung der Balz ist die "Pinguin-Pose", bei der sich das Haubentaucher-Paar auf dem Wasser Brust an Brust aufrichtet, die Köpfe schüttelt und mit den Füßen auf das Wasser tritt. Ein weiteres Beispiel ist das Geschenkritual in der Balz, bei dem Futter und Material für die Nester als Geschenke übermittelt werden.
Ritualisierung Merkmale
Ritualisierte Handlungen weisen folgende Merkmale auf:
- Vereinfachungen
- Übertreibungen
- Meist rhythmische Wiederholungen
- Formalisierung des Bewegungsablaufs
Damit Zweideutigkeit in der Verständigung durch Körpersprache vermieden wird, beschränkt sich die Ritualisierung häufig auf im Ablauf vereinfachte Verhaltensweisen. Dazu gehören die Vereinfachung von Bewegungsabläufen sowie Betonungen einzelner ihrer Bestandteile und rhythmische Wiederholungen von Lautäußerungen oder Bewegungen. Ferner können Tiere auffällige Farbmerkmale oder Körperformen entwickeln.
Ritualisierungen sind vorwiegend in den Bereichen der Balz, der innerartlichen Aggression, des Komfortverhaltens sowie der Nahrungsaufnahme zu finden.
Zur innerartlichen Aggression zählen etwa die Kommentkämpfe.
Aggressivität in einer Gruppe
Um die Aggressivität in einer Gruppe von Tieren zu mindern, wird durch Kämpfe eine Rangordnung ermittelt. Prinzipiell gilt bei der Aggressivität in einer Gruppe, dass Gewalt angewendet oder damit gedroht wird. Ritualisierte Auseinandersetzungen, die zur innerartlichen Aggression zählen, werden dabei jedoch außer Acht gelassen. Das liegt daran, dass Verletzungen praktisch ausgeschlossen sind.
Ritualisierung Mensch
Auch beim Menschen finden jederzeit Ritualisierungen statt. Rituale gehören zur Natur des Menschen. Sehr wahrscheinlich hast Du schon einmal gehört, dass Menschen "Gewohnheitstiere" sind. Rituale sind in den verschiedenen Kulturen fest verankert und somit wissen die meisten, was sie zum Ausdruck bringen sollen.
Früher küssten sich Menschen, um sich gegenseitig zu füttern. Heute küssen sich Menschen, um ihre Zuneigung einander auszudrücken.
Kopfschütteln gilt heute als Verneinung einer Handlung. Früher galt Kopfschütteln jedoch als Brustverweigerung, wenn der Säugling gesättigt war. Beim Kopfnicken hat sich ebenfalls die Funktion geändert: während es früher als Unterwerfungsgeste galt, um dem Gegenüber recht zu geben, gilt es heute als reine Bejahung.
Ritualisierung bei Tieren
Zur Ritualisierung bei Tieren bekommst Du noch weitere bekannte Beispiele aufgezeigt:
Das Scheinputzen der Enten dient normalerweise zur reinen Körperpflege. Mittlerweile ist daraus aber eine Ritualisierung bei den Stockenten-Männchen während der Balz geworden. Das liegt daran, dass sie dabei spezielle Körperbereiche reinigen, um ihren Artgenossen zu imponieren. Dabei fährt die Stockente mit dem Schnabel hinter den gehobenen Flügel. Das scheint so, als würde er sich putzen wollen, allerdings reibt er mit dem Schnabel über die Kiele der Schwungfedern. Dadurch entsteht ein Ton. Das Scheinputzen zählt zum Komfortverhalten.
Abbildung 2: Scheinputzen der Stockente
Zum Komfortverhalten gehören in der Verhaltensbiologie alle Aktivitäten von Tieren, die zur Körperpflege zählen. Hierzu gehören Handlungen wie das Baden im Wasser, sich lecken, schütteln und beknabbern. Zum Komfortverhalten zählt außerdem auch das gegenseitige Reinigen von Fell bzw. Gefieder, das als "Allogrooming" bezeichnet wird.
Die männlichen Pfauen richten während der Balz ihre Federn mit der Augen-Musterung auf. Dann fangen sie an, das Gefieder hin und herzu schwingen, sodass sie ein Raschelgeräusch bewirken. Sobald der weibliche Pfau näherkommt, dreht er sich um und zeigt ihr den Rücken zu. Das wiederholt er, bis sie sich vor ihm niederlegt.
Abbildung 3: Blauer Pfau bei der Balz
Ritualisierung - Das Wichtigste
- Ritualisierung ist eine etablierte Kommunikationsweise, die sowohl in der Tierwelt als auch bei uns Menschen stattfindet
- Die Ritualisierung meint die Umwandlung einer Verhaltensweise, die mit einer Signalwirkung einhergehen soll
- Sie wurde erstmals im Jahre 1914 von J. Huxley beschrieben
- Ritualisierungen weisen 4 Merkmale auf: Vereinfachungen, Übertreibungen, meist rhythmische Wiederholungen, Formalisierung des Bewegungsablaufs
- Ritualisierungen sind vorwiegend in den Bereichen der Balz, der innerartlichen Aggression, des Komfortverhaltens sowie der Nahrungsaufnahme zu finden
Nachweise
- Stephan Frings (2021). Sinne und Kommunikation. Springer Spektrum, Berlin, Heidelberg.
- Wolfgang Wickler (2015). Leistungsphylogenetische Verhaltensforschung. Springer Spektrum, Berlin, Heidelberg.
- Roland Posner (2001). Alltagsgesten als Ergebnis von Ritualisierung. na.
- Abbildung 1: Kommentkampf bei Hirschen (https://commons.wikimedia.org/wiki/File:Hirschkampf.jpg) von Heinz Seehagel (https://de.wikipedia.org/wiki/Benutzer:HaSee) ist gemeinfrei.
- Abbildung 2: Scheinputzen der Stockente (https://commons.wikimedia.org/wiki/File:Mallard-duck-grooming.jpg) von Geogre ist gemeinfrei.
- Abbildung 3: Blauer Pfau bei der Balz Public Domain: https://pixabay.com/images/id-2505589/
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