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Übersprungshandlungen treten plötzlich und unerwartet auf und sind meistens der Situation nicht angemessen. Sie passen also weder zu der zuvor noch zu der danach durchgeführten Handlung. Anders formuliert: Die Reaktion erscheint ziemlich sinnlos. Durch eine Übersprungbewegung soll meistens Stress reduziert werden oder man versucht sich damit selbst zu beruhigen.
Damit du dir das an dieser Stelle besser vorstellen kannst, bei einem Menschen wäre eine Übersprungbewegung bspw. sich an die Nase zu fassen oder am Kopf zu kratzen. Mehr Beispiele zu menschlichen und tierischen Übersprungshandlungen findest du weiter unten im Text.
Übersprungshandlung: Bedeutung
Die Übersprungshandlung stammt aus der Verhaltensbiologie und wird dort in der Ethologie eingeordnet. Die Definition stammt vom Ethologen Nikolaas Tinbergen. Wie er die Übersprungshandlung erklärte, kannst du dem Zitat entnehmen. Darauf aufbauend erforschte der Zoologe Konrad Lorenz dieses Phänomen, indem er verschiedene Tiere und ihr Verhalten beobachtete.
Übersprungshandlung ist ein Verhalten als Ausdruck eines Konfliktes zwischen zwei Instinkten. Deswegen ist die Fortführung des zuvor beobachtbaren Instinktverhaltens zeitweise nicht möglich und stattdessen wird eine Verhaltensweise gezeigt, die aus einem völlig anderen Funktionskreis des Verhaltensrepertoires stammt.(Nikolaas Tinbergen)
Die Ethologie erklärt die Übersprungshandlungen mit zwei möglichen Hypothesen. Zum einen mit der Überflusshypothese, die besagt, dass zwei Handlungen sich gegenseitig blockieren. Als Lösung resultiert dieser "Überfluss" in einer irrelevanten Handlung.
Zum anderen existiert die Enthemmungshypothese. Diese besagt, dass eine gegenseitige Hemmung von Handlungen zur Enthemmung einer anderen Handlung führt. Also die Blockade zweier Handlungen führt dazu, dass stattdessen eine dritte Reaktion ausgeführt wird.
Die Ethologie beschäftigt sich grundsätzlich mit Forschungen zum Verhalten von Tieren, aber auch von Menschen.
Übersprungshandlung beim Menschen
Auch Menschen zeigen diverse Übersprungshandlungen. Vor allem bei Nervosität oder auch einfach unter Stress. Die Verhaltensweise zeichnen sich bspw. durch Kratzen am Kopf, an die Nase fassen, Schulter nach hinten drücken, streicheln oder irgendetwas in den Händen zu zwirbeln. Dabei dienen diese Gesten meistens der Beruhigung und werden deswegen auch als Beruhigungsgesten bezeichnet.
Übersprungshandlungen können tatsächlich alles Mögliche sein. Zudem kann es schwer sein, die spontane Handlung von einem über längere Zeit angewöhntem Tick zu unterscheiden. Außerdem zeigt sich, dass die Häufigkeit der verwendeten Gesten einen Rückschluss auf das Stresslevel gibt. Also je mehr Handlungen passieren, desto größer ist das aktuelle Stresslevel.
Eine bewusst herbeigeführte Übersprungshandlung hat man bspw. in Prüfungen. Vermutlich kennt es jeder, dass man bei einem Blackout oder wenn man einfach mal nicht weiterweiß kurz aus dem Fenster schaut, etwas trinkt, etwas isst oder einfach am Stift herumspielt. Das Gleiche kann auch in mündlichen Prüfungen passieren. Wenn man dort kurz nicht weiterweiß, könnte man einen Schluck Wasser trinken, um sich zu sammeln oder eine Gegenfrage stellen, um etwas Zeit zu schinden.
Übersprungshandlungen bei Kleinkindern
Eine Übersprungbewegung kann auch schon bei Kleinkindern auftreten. Diese äußern sich dabei ähnlich wie bei Erwachsenen. Es können sich verschiedene "Marotten" ausbilden, die sich mit der Zeit allerdings auch wieder zurückbilden können, wie bspw. das Daumenlutschen.
Bei Kindern wird außerdem häufig ein Lächeln als Verlegenheitsgeste verwendet. Also, wenn sie in einer Situation nicht weiterwissen, dann lächeln oder grinsen sie. Das kann auch in eher unangemessen Situationen passieren. Wodurch sich vor allem Erwachsene teilweise leicht provoziert fühlen, obwohl es sich meistens nur um eine Fehlinterpretation des Verhaltens haltet.
Wichtig zu wissen ist an der Stelle, dass ein Kind erst über eine ausreichende Empathie verfügen muss, um absichtlich provozieren zu können. Diese Empathie entwickelt sich erst etwa zwischen dem 4. und 6. Lebensjahr.
Übersprungshandlungen bei Tieren
Auch bei Tieren dienen Übersprungshandlungen vor allem der Stressreduzierung und der Beruhigung. Deswegen werden oftmals Handlungen durchgeführt, die bei der Nahrungsaufnahme oder bei der Fortpflanzung verwendet werden. Weitere häufige Übersprungbewegungen sind Verhaltensweisen aus der Körperpflege wie bspw. Putzbewegungen, sich schütteln, Schnabel wetzen etc.
Eins der bekanntesten Beispiele für eine Übersprungbewegung bei Tieren ist das zweier Hähne beim Kampf um ein Revier. Beobachtet wurde das vom oben bereits erwähnten Konrad Lorenz.
Ausgangssituation
Zwei Hähne streiten sich um ein Revier.
Mögliche Lösungen
Entweder die Hähne kämpfen oder sie flüchten. Ein Kampf verspricht mehr Erfolg, aber Fliehen ist der einfachere Weg, weil es mit einem deutlich geringeren Risiko verbunden ist.
Schlussfolgerung
Die beiden Möglichkeiten sind gleichwertig.
Was machen also die Hähne?
Sie picken Körner. Um die territorialen Ansprüche zu klären ist das sinnlos, aber es bringt Zeit und beruhigt die Hähne.
Bei Tieren muss man zudem noch zwischen einer Übersprungshandlung und einer Beschwichtigungshandlung unterscheiden. Letztere wird zur aktiven Lösung eines Konfliktes zwischen Individuen verwendet. Eine Übersprungbewegung ist hingegen weniger kontrollierbar.
Kurz gesagt: Übersprungshandlungen dienen zur Selbstbeschwichtigung und Beschwichtigungssignale zur Kommunikation.
Übersprungshandlungen: Beispiele
Weitere bekannte Beispiele für Übersprungshandlungen findet man bspw. bei Hunden und Pferden, aber auch bei Katzen.
Übersprungshandlung bei Hunden
Hunde zeigen häufig Übersprungshandlungen, wenn eine begonnene Aktion nicht gut verläuft und vermutlich nicht erfolgreich sein wird. Auch bei Hunden muss man darauf achten, ob es sich wirklich um eine spontane Reaktion handelt oder ob es eventuell ein Beschwichtigungssignal ist.
Übersprungshandlungen bei Hunden können sein: Bellen, Urinieren, kratzen/lecken, sich schütteln, Scharren, umherrennen usw. Auslöser für eine Übersprungbewegung ist meistens irgendeine Art von Konflikt. Der Hund weiß nicht, wie er aus dieser Situation herauskommen soll und wählt deswegen eine spontane dritte Handlung, die mit den anderen nichts zu tun hat, als Ausweg.
Die Häufigkeit einer Übersprungbewegung hängt zum einen vom Hund selbst und zum anderen von der Rasse ab. Es gibt durchaus einige Hunderassen, die mehr Verhaltensweisen zeigen als anderen. Ein großer Faktor ist natürlich auch die Erziehung und das generelle Umfeld des Hundes.
Ein Hund sieht einen Hasen und will ihm hinterherjagen, kann es aber nicht, weil sein Herrchen es ihm verbietet. Sein erster Instinkt ist es in diesem Fall loszupreschen, wobei der Hase oftmals schneller weg ist, als der Hund hinterherkommen kann. In diesem Fall kommt es oft zu einer Übersprungshandlung, weil Hunde die eigentliche Handlung nicht mehr zu Ende führen kann, beginnen sie meistens in der Erde zu buddeln. Ein weiteres Beispiel wäre, wenn der/die Hundehalter/-in das Haus verlässt und der Hund das nicht gut findet, weil er mit will. Das kann er aber nicht, weil die Türen zu sind. Als Übersprungshandlung lenkt sich der Hund ab, bspw. durch Zerfetzen von Kissen oder ähnlichem.
Übersprungshandlung beim Pferd
Bei Pferden spricht man neben der Übersprungshandlung auch oft vom sogenannten Kompensationsverhalten. Dieses kann im Gegensatz zur Übersprungbewegung als neutral und harmlos angesehen werden. Beide Begrifflichkeiten hängen relativ nah zusammen. Eine Übersprungshandlung tritt bei Pferden eher im negativen Kontext in Kombination mit Stress und einer Abwehrhandlung auf.
Konkrete Beispiele für eine Übersprungbewegung sind das Gähnen oder das Scharren mit den Hufen. Eine Situation in der Pferde häufig auffällig reagieren ist an der Aufstiegshilfe. Das liegt daran, dass sie diese nicht richtig gewöhnt sind und dazu immer der natürliche Fluchtinstinkt des Tieres kommt, wenn jemand auf ihren Rücken steigen möchte. Das resultiert dann in einer spontanen Handlung.
Übersprungshandlung bei Katzen
Typische Übersprungshandlungen bei Katzen sind bspw. putzen, lecken oder auch das Beschnüffeln oder anknabbern von Gegenständen. In Stresssituationen "Schnattern" Katzen auch gerne, um sich zu beruhigen. Um sich abzureagieren, jagen Katzen auch mal ihren eigenen Schwanz.
Übersprungshandlung - Das Wichtigste
- Eine Übersprungshandlung bezeichnet ein Verhalten, dass in einer Konfliktsituation auftritt und nicht einer bestimmten Ursache zugeordnet werden kann.
- Übersprungbewegungen passen in der Regel weder zu der vorherigen noch zu der danach folgenden Handlung. Sie erscheinen in dem Kontext meistens als sinnlos.
- Der Begriff wurde von dem Ethologen Nikolaas Tinbergen geprägt und durch Beobachtungen von Konrad Lorenz weiter verstärkt. Das bekannteste Beispiel ist dabei das zweier Hähne, die sich um ein Territorium streiten.
- Übersprungshandlungen entstehen häufig durch Nervosität oder in Stresssituationen.
- Beispiele für eine Übersprungbewegung bei Menschen sind: Kratzen am Kopf, an die Nase fassen oder irgendetwas in den Händen zu zwirbeln.
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Häufig gestellte Fragen zum Thema Übersprungshandlung
Was tun gegen Übersprungshandlung beim Hund?
Übersprungshandlungen kann man grundsätzlich durch Training reduzieren. In manchen Fällen kann es auch sinnvoll sein, dem Hund aktiv aus der Handlung herauszuhelfen.
Was ist eine Übersprungshandlung beim Hund?
Eine Übersprungshandlung beim Hund entsteht häufig in einer Konfliktsituation, wenn der Hund eine begonnene Reaktion nicht erfolgreich abschließen kann.
Wann kommt es zu Übersprungshandlungen?
Zu einer Übersprungshandlung kommt es häufig bei Nervosität oder unter Stress.
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