Auch heute noch ist die Gram-Färbung der Goldstandard in der bakteriologischen Diagnostik und meistens eine der ersten Färbungen, die man an einem Präparat vornimmt. Durch diese Färbung kann man auch schon eine erste Entscheidung darüber treffen, welche Antibiotika man gegen die Bakterien verwenden kann und welche, aufgrund des Zellwandaufbaus, wirkungslos sein werden.
Prinzip der Gram-Färbung
Die Gram-Färbung ist eine kombinierte Färbemethode. Das bedeutet, dass bei dieser Methode mindestens zwei verschiedene Farbstoffe verwendet werden.
Die Gram-Färbung färbt die Peptidoglykanstrukturen in einer Bakterienzellwand ein. Dabei sind zwei Ergebnisse möglich:
Grampositives Präparat
Wenn ein Präparat als grampositiv bezeichnet wird, hat diese Bakterienzelle ein dicke, mehrschichtige Peptidoglykanschicht (auch Mureinschicht genannt) und färbt sich deswegen blau/lila. Wenn sich ein Präparat nur teilweise blau färbt, wird es trotzdem grampositiv genannt. Grampositive Präparate erscheinen blauviolett und haben eine mehrschichtige Mureinschicht.Gramnegatives Präparat
Wenn ein Präparat gramnegativ ist, haben die Zellen eine dünne Mureinschicht (also eine oder wenige Schichten). Das Präparat wird sich rot färben. Gramnegative Präparate erscheinen rot.
Nicht nur die Farbe des gramgefärbten Präparats ist wichtig, sondern auch auf die Morphologie der einzelnen Bakterien. Dies ist ein optimales Kriterium, um auf eine bestimmte Bakteriengruppe schließen zu können. Sind sie eher ketten-, kugel- (in der Fachliteratur Kokken genannt) oder doch keulenförmige (coryneforme) Bakterien? Die Morphologie der Bakterien ist vielfältig und hilft bei der Diagnosefindung.
Gram-Färbung – Grundlage: Aufbau der Bakterienwand
Hier folgt nun ein kurzer Exkurs über den Aufbau von Bakterienzellwänden, der dir helfen wird, die Gram-Färbung besser zu verstehen.
Grampositive Zellwände
Grampositive Zellwände sind einfach aufgebaut:
Im Inneren umschließen sie das Zytoplasma mit einer Cytoplasmamembran, die aus einer doppelten Phospholipid Schicht besteht. Direkt nach außen angeschlossen befindet sich eine dicke Mureinschicht. Dieses Peptidoglykan kann aus bis zu 40 Schichten bestehen.
Zusätzlich sind in der Zellwand neben anderen Proteinen noch Teichonsäuren und Lipoteichonsäuren eingebaut. Sie sind unterschiedlich tief in der Zellwand verankert (Lipoteichonsäuren ragen weiter in die Zellwand als Teichonsäuren).
Diese beiden Säuren sind spezifisch für grampositive Bakterien. Die Abwehrzellen des Körpers haben sogar einen eigenen Rezeptor zur Erkennung dieser Säuren. Dadurch kann die angeborene Immunantwort gut grampositive Bakterien bekämpfen.
Grampositive Bakterien sind unter anderem:
- Stahpylokokken
- Enterokokken
- Streptokokken
- Listerien
- Bacillen
- Clostridien.
Gram-Färbung – Gramnegative Zellwände
Gramnegative Zellwände sehen etwas komplizierter aus:
Innen umschließen sie, wie grampositive Bakterien, das Zytoplasma mit einer Doppel-Phospholipid Schicht. Darauf folgt das einschichtige (oder nur sehr wenige Schichten umfassende) Murein.
Zusätzlich haben gramnegative Bakterien noch eine äußere, asymmetrische Membran, die zu einem großen Teil wieder aus einer Phospholipidschicht besteht. Dazwischen liegt ein periplasmatischer Spalt, der von mehreren Murein-Lipo-Proteinen überbrückt wird. Diese Proteine verbinden so die äußere Membran und das Murein.
Ganz außen an der äußeren Membran, an der Oberfläche des gramnegativen Bakteriums, sitzen mehrere Lipopolysaccharidstrukturen auf. Diese sind spezifisch für gramnegative Bakterien und können durch die Toll-like-Rezeptoren erkannt werden.
Gramnegative Bakterien sind unter anderem:
- Enterobacterien wie Escherichia coli
- Salmonellen
- Klebsiellen
- Shigellen
- Chlamydien
- Meningokokken
- Cyanobakterien.
Zellwand von säurefesten Bakterien
Säurefeste Bakterien besitzen eigentlich ein mehrschichtiges Murein. Allerdings besitzen sie im Gegensatz zu grampositiven Bakterien zusätzlich noch eine äußere, wachsartige Schicht. Diese besteht aus Mykolsäuren und Lipiden und sorgt für die Säurefestigkeit der Bakterien. Die Farben der Gram-Färbung können diese Schicht nicht durchdringen.
Das Murein und die äußere Schicht sind durch ein Polysaccharid (genauer: Arabinogalactan) verbunden.
Abbildung 1: Schematischer Aufbau der Zellwand säurefester Bakterien
Anleitung zur Durchführung einer Gram-Färbung
Eine Gram-Färbung ist einfach und kostengünstig herzustellen. Nachdem die kultivierten Bakterien auf einem Objektträger ausgestrichen und mit Hitze fixiert werden, sind es im Wesentlichen nur noch vier Schritte:
- Anfärben des Präparats
- Beizen
- Entfärben mit Alkohol
- Gegenfärben.
Schritt 1: Anfärben des Präparats
Erst wird das Präparat mit einem blauvioletten Farbton gefärbt. Es wird unter anderem häufig Gentianaviolett oder Kristallviolett dafür verwendet.
Schritt 2: Beizen
Das Präparat wird danach mit Lugol’scher Lösung gebeizt. Da Lugol’sche Lösung jodhaltig ist, bildet sich ein Jod-Farbstoff-Komplex aus. Durch diesen Komplex ist der Farbstoff nicht mehr wasserlöslich. Das Präparat kann nun nur noch mit Alkohol entfärbt werden und nicht (aus Versehen) mit Wasser.
Schritt 3: Entfärben mit Alkohol
Jetzt kommt der wichtigste Schritt, denn hier wird nun zwischen grampositiven und gramnegativen Bakterien differenziert. Man entfärbt mit Alkohol das Präparat (wenn man den Alkohol mit etwas Aceton anreichert, läuft der Prozess noch schneller ab).
- Besitzt die Zellwand ein dickes Peptidoglykan, bleibt die blauviolette Farbe in den Bakterien erhalten (grampositiv).
- Wenn es sich aber um ein dünnes Peptidoglykan handelt, wird sie mit dem Alkohol ausgewaschen und das Präparat erscheint jetzt wieder farblos (gramnegativ).
Gegenfärben
Zum Schluss wird das Präparat mit einem roten Farbstoff (zum Beispiel Fuchsin) gefärbt. So erscheinen auch die gramnegativen Bakterien nicht mehr farblos und man kann sie unter dem Mikroskop besser beurteilen.
Gram-Färbung – Ausnahmen
Es gibt aber auch Präparate, die sich mittels einer Gram-Färbung nicht anfärben lassen. Solange das Präparat richtig angefärbt wurde, besteht kein Problem. Es gibt nämlich auch gramlabile Bakterien, die nach einer Gram-Färbung weiterhin farblos erscheinen.
Mehrere Gründe sind dafür verantwortlich, dass sich diese Bakterien nicht mit einer normalen Gram-Färbung anfärben lassen. Die zwei wichtigsten sind:
1. Keine Zellwand
Es gibt einige Bakterien, die gar keine Zellwand besitzen. Ohne Zellwand gibt es auch keine Mureinschicht, die gefärbt werden könnte. Das Präparat bleibt ungefärbt. Ein Beispiel hierfür sind die Mykoplasmen.
2. Säurefeste Zellwand
Andere Bakterien wiederum haben eine spezielle, wachsartige, säurefeste äußere Schicht in ihren Zellwänden entwickelt. Auch so kann sich kein Farbstoff festsetzen und das Präparat färben. Es bleibt wieder farblos in der Gram-Färbung.
Ein Beispiel hierfür sind Mykobakterien, die unter anderem Tuberkulose verursachen können.
Sollen säurefeste Bakterienzellwände gefärbt werden, benötigt man Spezialfärbungen.
Bei den Mykobakterien kommt hier die Ziehl-Neelsen-Färbung zum Einsatz. Dabei wird erst – entweder durch Hitze oder enzymatisch – die äußere, säurefeste Hülle aufgeschmolzen oder aufgespalten (je nach Methode). Danach kann man die Zelle mit einer roten Farbe (zum Beispiel Fuchsinrot) anfärben und danach noch einmal gegenfärben, zum Beispiel mit einem blauen Farbton.
Gram-Färbung – Das Wichtigste
- Gram-Färbung differenziert in gramnegative und grampositive Bakterien.
- Durch die Gram-Färbung können Unterschiede im Zellwandaufbau von Bakterien sichtbar gemacht werden.
- Grampositive Bakterien besitzen eine dicke Peptidoglykanschicht in der Zellwand.
- Gramnegative Bakterien besitzen eine dünne Peptidoglykanschicht.
- Bakterien, die sich nicht durch die Gram-Färbung anfärben lassen, werden als "gramlabil" bezeichnet.
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