Wiederkäuer

Hast Du Dich schon einmal gefragt, warum Kühe oder Schafe entweder fressen oder auf den Weiden herumliegen? Der Grund dafür ist keineswegs Faulheit. Liegen die Tiere, so ist das ein Zeichen dafür, dass sie ihre Nahrung verdauen, denn sie besitzen ein speziell für die pflanzliche Nahrung entwickeltes System: das Wiederkäuen.

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    Wiederkäuer – Bedeutung

    Das Wiederkäuen ist eine sehr spezialisierte und besonders effiziente Form der Nahrungsaufnahme und Futterverwertung.

    Wiederkäuer (Ruminantia) gehören zu den Säugetieren und besitzen aufgrund ihrer pflanzlichen Nahrung (insbesondere Gräser) ein besonderes angepasstes Verdauungssystem. Insgesamt besitzen sie einen Magen mit vier Kammern.

    Zu den bekanntesten Vertretern zählen Rinder, Schafe, Ziegen und Hirsche. Das Wiederkäuen sorgt für die erforderlichen Fettreserven, auch bei kargen Nahrungsgrundlagen.

    Viele Gruppen im Tierreich benutzen diese Ernährungsstrategie, obwohl die Gruppen untereinander zum Teil nicht einmal verwandt sind. Welche Gruppen dazu zählen, erfährst Du im nächsten Abschnitt.

    Wiederkäuer – Steckbrief

    Im Folgenden findest Du eine Übersicht mit allen wichtigen Informationen zu den Wiederkäuern:

    MerkmalBeschreibung
    SystematikStamm: Wirbeltiere
    Tiergruppen, in denen das Wiederkäuen vorkommt
    NahrungHerbivor (Pflanzenfresser)
    Lebenserwartung10 - 20 Jahre
    Lebensraumweltweit verteilt
    Fortpflanzunggeschlechtlich

    Wiederkäuer – Nahrung

    Die Nahrung der Wiederkäuer besteht überwiegend aus Gras. Den größten Bestandteil bildet hier die Cellulose, welche in einem menschlichen Magen schwierig zu verdauen wäre. Daher hat sich der Magen der Wiederkäuer im Laufe der Evolution immer besser an die Futterbedingungen angepasst.

    Selbst wenn das Futter der Wiederkäuer zeitweise aus gehaltvolleren Kräutern oder Früchten besteht, ist sie zumeist sehr einseitig: Ihr fehlt es an Fetten und Eiweißen. An Kohlenhydraten wie Cellulose, Stärke oder Zucker gibt es jedoch einen großen Überschuss, welcher erst einmal verdaut werden muss. Die Nahrung der Tiere ist also sehr ballaststoffreich, wodurch die Wiederkäuer das Futter sehr gründlich kauen und verdauen müssen.

    Eines der wichtigsten Kohlenhydrate, die Cellulose, kann ohne die cellulosespaltenden Mikroorganismen nicht zersetzt und verwertet werden. Bei der Verwertung entstehen organische Säuren und die einzelnen Bestandteile können zum Proteinaufbau oder teilweise sogar zur Energiegewinnung wiederverwendet werden.

    Es gibt auch Tiere, die nicht zu den Wiederkäuern zählen, Cellulose jedoch auch verwerten können. Zu ihnen zählen die Hasentiere, Pferdeartige und Nagetiere. Jene Tiere besitzen Gärkammern, etwa Blinddärme. Für sie ist die Arbeit der Mikroorganismen im Darm essenziell.

    Magen von Wiederkäuern

    Der Magen von Wiederkäuern besteht aus einem echten Magen und einem Vormagen. Der echte Magen wird als Labmagen bezeichnet. Der Vormagen ist ein Ausläufer der Speiseröhre und besteht aus dem Pansen, dem Netzmagen und dem Blättermagen. Im Pansen eines Rinds können bis zu 180 l Inhalt gespeichert und Nahrungsinhalte chemisch aufgespalten werden.

    Die Verdauung verläuft im Magen von Wiederkäuern zusätzlich unter dem System der Endosymbiose.

    Endosymbiose beschreibt das Zusammenleben eines Wirts und einem darin lebenden Individuum zum beiderseitigen Vorteil.

    Im Fall der Wiederkäuer (Wirt) bauen Mikroorganismen die einzelnen Pflanzenbestandteile, insbesondere Cellulose, ab. Wiederkäuer benötigen diese celluloseabbauenden Mikroorganismen, da ihnen das nötige Enzym Cellulase zur Cellulose-Spaltung fehlt. Im Fall der Wiederkäuer wird diese Art der Endosymbiose als Pansensymbiose bezeichnet.

    Mehr zum Thema Endosymbiose kannst Du in der StudySmarter Erklärung zum Thema Symbiose nachlesen.

    Magen von WiederkäuernAufgabe
    Pansen
    • Gärkammer
    • Aufspaltung der Cellulose durch Mikroorganismen
    • Aufnahme kurzkettiger Fettsäuren
    • Steuert die gesamte Verdauung und das Wiederkäuen
    Netzmagen
    • Stofftransport im Verdauungssystem
    • Befördert Nahrungsbestandteile wieder zurück ins Maul
    • Sammelt entstehende Gase Methan und Kohlenstoffdioxid
    Blättermagen
    • Wasser- und Nährstoffaufnahme
    Labmagen
    • Fett- und Eiweißverdauung

    Größe der Vormägen von Wiederkäuern

    Die Größe der Vormägen variiert innerhalb einzelner Gruppen der Wiederkäuer. Rinder besitzen sehr große Vormägen, in denen sie die Nahrung über eine lange Zeit speichern können.

    Andere Wiederkäuer, z. B. Rehe oder Giraffen, die neben Gras auch Früchte und Blüten fressen, besitzen deutlich kleinere Vormägen. Dies liegt daran, dass ihr Futter nährstoffreicher und celluloseärmer ist. Deshalb haben sie in ihren Vormägen auch eine geringere Anzahl an cellulosespaltenden Bakterien.

    Wiederkäuer Verdauung

    Der Ablauf der Nahrungsverdauung ist folgendermaßen:

    1. Nach dem Grasen wird die pflanzliche Nahrung direkt verschluckt und gelangt über die Speiseröhre in den Pansen.
    2. Im Pansen wird das Futter durch Bakterien zersetzt.
    3. Die Nahrung wird zwischen Pansen- und Netzmagen hin und her bewegt.
    4. Das Tier legt sich hin und der Inhalt des Netzmagens wird wieder ins Maul befördert.
    5. Das Tier kaut wieder und die Nahrung rutscht in den Blättermagen, wo ihr Wasser entzogen wird.
    6. Der Nahrungsbrei wird in den Labmagen transportiert, wo die eigentliche Verdauung von Fetten und Eiweißen stattfindet.
    7. Der Nahrungsbrei gelangt in den Darm, wo die Nährstoffaufnahme stattfindet.
    8. Danach folgt die Ausscheidung.
    Vorteile Wiederkäuer

    Die Vorteile der Wiederkäuer sind im System der Verdauung zu finden:

    • Droht Gefahr, so können sie Futter schnell herunterschlucken und zu einem späteren Zeitpunkt an einer geschützten Stelle verdauen.
    • Die Mikroorganismen im Pansen sorgen dafür, dass die unverdauliche Cellulose aufgespalten wird, sodass Wiederkäuer die dabei freigesetzten Nährstoffe verwerten kann.

    Die verdaute Nahrung gelangt zum Teil erst nach ein bis drei Tagen in den Blättermagen.

    Jungtiere, die von der Mutter gesäugt werden, besitzen einen sogenannten Schlundrinnenreflex. Dieser Reflex sorgt dafür, dass die Milch direkt in den Labmagen fließen kann. Dort gibt es ein besonderes Enzym, das Lab, welches Kasein, ein für den Pansen schwer verdauliches Protein, aufspalten kann. Da die Milch besonders nahrhaft ist, würde sie im Pansen Verdauungsprobleme auslösen und darf daher nicht dorthin gelangen.

    Wiederkäuer Gebiss

    Das Gebiss der Wiederkäuer ist, genau wie ihr Magen-System, hervorragend an ihre Nahrungsumstände angepasst. Die Anzahl der Zähne variiert dabei unter den einzelnen Arten. Kühe, Ziegen, Schafe und Giraffen besitzen 32 Zähne, Kamele wiederum 34.

    Das Gebiss muss zwei vorrangige Funktionen erfüllen:

    1. Gras, Zweige, Früchte und Blätter muss das Gebiss gut greifen und abreißen können.
    2. Das Gebiss muss die pflanzliche Nahrung gut zermahlen können.

    Vor allem die Backenzähne (Molaren und Prämolaren) müssen, um den zweiten Punkt zu erfüllen, sehr kräftig ausgebildet sein. Die Front- und Eckzähne dienen dem Greifen und Abreißen der pflanzlichen Nahrung. Im Oberkiefer fehlen den Tieren jedoch die Front- und Eckzähne. Stattdessen ist dort eine verhornte Kauplatte. Bei Hirschen sind die Eckzähne meist zu kleinen Haken umgewandelt.

    Auch die Partien rund um die Zähne müssen an die Nahrung angepasst sein. Dies ist gut bei den Kamelen festzustellen: sie besitzen eine gespaltene Oberlippe, was ihnen das Greifen nach schwer zugänglichem oder stacheligem Futter erleichtert, ohne sich zu verletzen. Andere Wiederkäuer besitzen statt der gespaltenen Oberlippe zumeist eine Zahnlücke in der Front.

    Wiederkäuer – Beispiele & Wiederkäuer-Liste

    Wie man Tiere nennt, die ihr Essen vor der Verdauung erneut hochwürgen und zerkauen, sollte Dir mittlerweile klar sein: Es handelt sich um Wiederkäuer. Welche Tiere gehören aber konkret zu ihnen?

    Die folgende Wiederkäuer-Liste zeigt Dir Beispiele für Tiere, die wiederkäuen:

    • Rinder
    • Schafe
    • Ziegen
    • Rehe
    • Hirsche
    • Antilopen
    • Giraffen
    • Gazellen

    Bei allen Wiederkäuern verläuft die Verdauung auf gleiche Weise ab.

    Pferde Wiederkäuer

    Pferde zählen nicht zu den Wiederkäuern. Sie haben jedoch eine Gemeinsamkeit mit ihnen: die celluloseverdauenden Mikroorganismen.

    Der überwiegende Nahrungsanteil der Pferde besteht aus Gras. Sie haben trotz dessen keinen Wiederkäuer-Magen. Das Gras wird bei den Pferdeartigen stattdessen im Blind- und Enddarm von Mikroorganismen verdaut. Sie besitzen daher einen vergrößerten Dickdarm. Blinddarm und Enddarm sind Teil des Dickdarms.

    Trotz der Mikroorganismen bleibt ein großer Teil der faserhaltigen Nahrung unverdaut und wird mit ausgeschieden.

    Schaf Wiederkäuer

    Schafe sind herkömmliche Steppentiere und Wiederkäuer. Aufgrund dieser Entwicklung hatten sie bereits vor vielen tausend Jahren nur ein begrenztes Nahrungsangebot zur Verfügung. So musste der Körper der Tiere an ihre Umgebung und das entsprechende Nahrungsangebot angepasst werden.

    Schafe fressen überwiegend rohfaserreiches und schwer verdauliches pflanzliches Futter. Dieses müssen die Tiere möglichst schnell aufnehmen und effizient verdauen können. Zu diesem Zweck besitzen sie das besondere Verdauungssystem, welches aus vier Magenabschnitten besteht. Dieses erleichtert den Tieren die Nahrungs- und Nährstoffaufnahme erheblich.

    Wie bei anderen Wiederkäuern auch, gelangt das zuerst grob zerkaute Futter in die ersten drei Mägen: den Pansen-, Netz- und Blättermagen. Anschließend findet der letzte Schritt der Verdauung im Labmagen statt, bevor die Nahrung ausgeschieden wird. Damit die pflanzliche Nahrung im Labmagen möglichst gut verdaut werden kann, wird sie zuvor immer wieder in kleinen Portionen in die Mundhöhle zurückbefördert und wieder zerkleinert.

    Den detaillierten Ablauf der Verdauung kannst Du noch einmal im Abschnitt zum Magen der Wiederkäuer unter dem Gesichtspunkt “Verdauung nachlesen.

    Kamel Wiederkäuer

    Kamele werden systematisch gesehen nicht zu den Wiederkäuern gezählt, sondern bilden ihre eigene Ordnung. Sie zählen jedoch, wie Schafe und Rinder auch, zu den Paarhufern und kauen auch wieder. Sie sind auf sehr trockenes und hartes Futter spezialisiert, was ihnen die Nahrungsaufnahme in kargen Gebieten durch eine gespaltene Oberlippe und eine lange, robuste Zunge deutlich erleichtert.

    Magen und Verdauungstrakt

    Die Mägen der Kamele haben sich während der Evolution parallel zu denen der Wiederkäuer entwickelt und bestehen auch aus vier Kammern. Da Kamele in sehr lebensfeindlichen Regionen, wie der Wüste, leben, sind sie hervorragend an ihre Umgebung angepasst.

    So können insbesondere Nährstoffe und Flüssigkeit in Speicherzellen für längere Zeit in ihrem Magen eingelagert und bei Bedarf abgerufen werden. Auch ihr Enddarm entzieht der Nahrung nochmals Flüssigkeit und führt diese in den Organismus zurück.

    Kamele haben dementsprechend ein flexibleres Fressverhalten als andere Wiederkäuer und können aufgrund bestimmter Sekrete im Magen-Darm-Trakt auch faserhaltiges Futter leistungsfähiger verdauen. Dabei können sie Tiere für die Futterverwertung bis zu acht Stunden und 28.000 Kaubewegungen benötigen.

    Unterschiede zu anderen Wiederkäuern

    Wie Du bereits gelernt hast, hat sich der Magen des Kamels unabhängig der anderen Wiederkäuer, jedoch auch mit vier Abschnitten, entwickelt.

    Der Verdauungsvorgang läuft jedoch ein wenig anders ab: Die aufgenommene Nahrung macht vor dem Pansen noch einen längeren Zwischenhalt in der Speiseröhre, wo sie durch Drüsenflüssigkeit angefeuchtet wird. Auch der restliche Teil des Magen-Darm-Trakts ist mit deutlich mehr Drüsen ausgestattet, als der der Wiederkäuer. Bei jenen ist nur der Labmagen drüsenreich.

    Wiederkäuer – Das Wichtigste

    • Wiederkäuen ist eine spezialisierte und besonders effiziente Form der Nahrungsaufnahme und Futterverwertung.
    • Wiederkäuer besitzen einen Magen mit vier Kammern.

      • Der Magen besteht aus Pansen, Netz-, Blätter- und Labmagen.

    • Wiederkäuen sorgt für die erforderlichen Fettreserven, auch bei kargen Nahrungsgrundlagen.

    • Zu den Wiederkäuern zählen Paarhufer, Primaten und Beuteltiere.

    • Cellulosespaltende Mikroorganismen im Pansen können die pflanzliche Nahrung effektiv aufspalten und zersetzen.

    • Die Backenzähne eines Wiederkäuers müssen die Nahrung zermahlen können.

    • Die Eck- und Frontzähne müssen Pflanzen gut reißen und greifen können.

    • Kamele zählen systematisch gesehen nicht zu den Wiederkäuern, haben jedoch ein ähnliches Verdauungssystem.

    • Wiederkäuer sind unter anderem folgende Tiere:

      • Rinder
      • Schafe
      • Ziegen

    Nachweise

    1. spektrum.de: Wiederkäuer-Magen (16.09.2022)
    2. ima-agrar.de: Wiederkäuer (15.09.2022)
    Häufig gestellte Fragen zum Thema Wiederkäuer

    Was ist ein Wiederkäuer?

    Wiederkäuer gehören zu den Säugetieren und besitzen aufgrund ihrer pflanzlichen Nahrung ein besonderes angepasstes Verdauungssystem. Insgesamt besitzen sie einen Magen mit vier Kammern. 

    Welche Tiere sind Wiederkäuer?

    Zu den bekanntesten Vertretern zählen Rinder, Schafe und Ziegen. Weitere Beispiele sind Hirsche, Rehe, Giraffen und Gazellen.

    Wie verdauen Wiederkäuer?

    Wiederkäuer besitzen einen Magen mit vier Kammern. Die Nahrung durchläuft bei der Verdauung die einzelnen Abschnitte und wird zwischendurch immer wieder nach oben ins Maul gewürgt, sodass das Tier wiederkauen kann.

    Ist eine Kuh ein Wiederkäuer?

    Ja, eine Kuh ist ein Wiederkäuer und einer der bekanntesten Vertreter.

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