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Bernhard Tollens (1841–1918) war ein deutscher Chemiker, der sich mit der Struktur von Zuckermolekülen beschäftigt hat. Sein Hauptforschungsgebiet waren die Kohlenhydrate.
Mithilfe der Tollens-Probe kannst Du nicht nur Spiegel herstellen, sondern auch Aldehyde nachweisen. Aber wie genau funktioniert das?
Nutzen der Tollens Probe
Die Tollens-Probe wird in der Chemie genutzt, um Aldehyde (R-COH) nachzuweisen. Besonders oft wendet man sie bei Zuckern an, wenn man herausfinden möchte, ob diese Aldehyd-Gruppen enthalten. Somit ist die Tollens-Probe ein wichtiger Nachweis in der organischen Chemie.
Der Name Silberspiegelprobe kommt daher, dass diese Reaktion früher genutzt wurde, um Spiegel herzustellen. Ist eine Aldehyd-haltige Verbindung vorhanden, bildet sich ein silbriger Belag an der Wand des Reagenzglases, der sogenannte Silberspiegel. Dabei handelt es sich um elementares Silber.
Im Jahre 1855 entdeckte Justus von Liebig die Technik zur Herstellung von Spiegeln aus Silbernitrat. Diese Herstellungsvariante basierte auf der Tollens-Probe. Bis dahin hatte man Spiegel mithilfe des hochgiftigen Quecksilbers hergestellt.
Die auf Silbernitrat basierenden Spiegel waren brillanter und spiegelten mehr Licht. Allerdings verfärbt sich Silber durch den Einfluss des Luftsauerstoffs mit der Zeit schwarz. Um dies zu verhindern, musste eine dünne Lage Kupfer oder Zinn auf der Rückseite der Silberschicht aufgetragen werden.
Zwar werden noch heute Spiegel mit dieser Methode hergestellt, mittlerweile wird jedoch meist auf das günstigere Aluminium als Ausgangsstoff zurückgegriffen. Silber bleibt jedoch aufgrund seiner gleichmäßigen Reflexionsfähigkeit über das gesamte Spektrum des sichtbaren Lichts die erste Wahl für hochwertige Spiegel.
Da die Tollens-Probe zum Nachweis von Aldehyden beziehungsweise reduzierenden funktionellen Gruppen dient, ist es wichtig, dass Du verstehst, wie diese Moleküle aussehen.
Bei diesen Molekülen handelt es sich um Zuckermoleküle, also Saccharide. Diese können Mono-, Di- oder Oligosaccharide sein. Reduzierende Zucker sind diejenigen Saccharide, die, wenn sie sich in einer Lösung befinden, eine freie Aldehyd-Gruppe besitzen.
Eine Aldehyd-Gruppe ist eine COH-Gruppe (Carbonylgruppe), die sich am Ende eines Moleküls befindet.
In der folgenden Abbildung siehst Du die offenkettige Form von Glucose in der D- und L-Form mit der Aldehyd-Gruppe, die rot eingekreist ist.
Reaktionsgleichung der Tollens-Probe
Um die Tollens-Probe zu verstehen, solltest Du Dich zuerst mit der Redoxreaktion vertraut machen. Auf dieser basiert der Nachweis. Fasst Du alle einzelnen Reaktionsschritte zusammen, kannst Du folgende, vereinfachte Reaktionsgleichung aufstellen:
Eine Aldehyd-Gruppe (R-CHO) reagiert mit Silberionen (Ag+) unter basischen Bedingungen (OH-) zu einer Carbonsäure (R-COOH), elementarem Silber (Ag) und Wasser (H2O).
Durchführung der Tollens-Probe
Für die Tollens-Probe benötigst Du eine Silbernitratlösung. Es ist wichtig, dass Du für die Herstellung der Lösung und alle weiteren Schritte destilliertes Wasser benutzt. Reguläres Leitungswasser enthält Chloridionen, die mit dem Silbernitrat zu Silberchlorid reagieren würden. Das hätte zur Folge, dass Du den Versuch nicht mehr durchführen kannst.
Die Silbernitratlösung sollte immer frisch direkt vor Versuchsbeginn hergestellt werden. Bleibt sie zu lange ruhig stehen (ca. 1–2 Stunden), bilden sich reibungsempfindliche Silbernitridkristalle. Diese können etwa beim Öffnen der Flasche oder Drehen des Verschlusses explodieren.
Um die Silbernitratlösung mit der ungefähren Konzentration von 0,1 herzustellen, musst Du 1,7 g Silber(I)-nitrat in 50 ml destilliertem Wasser lösen und diese Lösung anschließend mit Wasser auf 100 ml auffüllen.
Es ist wichtig, dass Du bei der Tollens-Probe genau auf die Reihenfolge der einzelnen Schritte achtest, da der Nachweis sonst nicht wie gewünscht erfolgen kann.
Schritt 1: Herstellung der Tollens-Reagenz
Zunächst musst Du den Stoff herstellen, den Du für die Tollens-Probe benötigst: das Tollens-Reagenz. Dafür gibst Du die gerade angesetzte Silbernitratlösung in ein Reagenzglas. Dann fügst Du destilliertes Wasser hinzu.
Das Silbernitrat (AgNO3) zerfällt in wässriger Lösung zunächst vollständig in seine Ionen. Zwei Silberionen (Ag+) reagieren nun mit zwei Hydroxidionen (OH-) des Wassers zu Silber-(I)-oxid (Ag2O) und Wasser.
Silber-(I)-oxid ist unlöslich in Wasser und verursacht einen bräunlichen bis gräulichen Niederschlag.
Der Pfeil, der in der Reaktionsgleichung nach unten zeigt (↓), sagt Dir, dass der Stoff unlöslich ist und als Niederschlag aus der Lösung ausfällt. Ausfallen heißt hier, dass sich die Substanz als Feststoff am Boden des Reaktionsgefäßes absetzt.
Jetzt gibst Du so lang eine Ammoniaklösung (NH3) zu Deinem Reagenzglas, bis sich der braune Niederschlag komplett auflöst. Dabei bildet sich aus dem unlöslichen Silberoxid der sogenannte Silberdiamminkomplex ([Ag(NH3)2]+).
Bei einem Komplex handelt es sich um eine chemische Verbindung einer bestimmten Art. Das Molekül besteht aus einem Zentralatom – hier das Silber, dessen Orbitale nicht komplett mit Elektronen besetzt sind. Dadurch können sie umgebende Liganden, die über mindestens ein freies Elektronenpaar verfügen, an sich binden. Diese Liganden können Ionen oder auch Wassermoleküle sein. Die Art der Bindung nennt man koordinativ und sie unterscheidet sich von den anderen Arten der chemischen Bindung.
Mehr zum Thema Komplexe findest Du im StudySmarter Original zur Komplexchemie.
Am besten schüttelst Du das Reagenzglas ein wenig, während Du den Ammoniak hinzugibst. Du hast alles richtig gemacht, wenn sich wieder eine klare Lösung in Deinem Reagenzglas befindest. Der entstehende Silberdiamminkomplex wird auch als Tollens-Reagenz bezeichnet. Nun kannst Du damit den eigentlichen Nachweis starten.
Schritt 2: Die Tollens-Probe
Zu der eben hergestellten Tollens-Reagenz gibst Du jetzt die Substanz in wässriger Lösung hinzu, die Du testen möchtest. Danach musst Du wieder schütteln, damit sich die Substanzen gut vermischen.
Das Reagenzglas stellst Du in ein heißes Wasserbad (> 70 °C) und bewegst es danach nicht mehr. Jetzt musst Du abwarten.
Durch die Erhöhung der Temperatur wird die Reaktion beschleunigt. Die RGT-Regel (Reaktionsgeschwindigkeit-Temperatur-Regel) gilt als Faustregel, die bei vielen chemischen Reaktionen anwendbar ist. Die Regel besagt, dass sich die Reaktionsgeschwindigkeit verdoppelt, wenn die Temperatur um 10 K (Kelvin) erhöht wird.
Nach ein paar Minuten erhältst Du das Ergebnis: Handelt es sich bei Deiner zu testenden Substanz um ein Aldehyd, bildet sich ein silbriger Belag an der Wand des Reaktionsgefäßes aus – der sogenannte Silberspiegel.
Ist Deine Testsubstanz jedoch kein Aldehyd, passiert nichts.
Um zu verstehen, wie diese Reaktion genau funktioniert, kannst Du Dir folgende Abbildung anschauen:
Abbildung 3: Reaktionsgleichung der Redoxreaktion der Tollens Probe
Bei dieser Reaktion handelt es sich um eine Redoxreaktion. Die Aldehydgruppe (R-CHO) reagiert also mit den zwei Silberdiamminkomplexen ([Ag(NH3)2]+) und den zwei Hydroxidionen (OH-).
Wie Du siehst, wird dabei der Kohlenstoff der Aldehydgruppe oxidiert. Seine Oxidationszahl erhöht sich von +I auf +III. Dabei werden zwei Elektronen (e-) abgegeben. Die Reduktionsreaktion kannst Du etwas vereinfachen, wenn Du statt des Silberdiamminkomplexes nur die Silberionen betrachtest.
Tollens Probe bei Glucose und Fructose
Die Tollens-Probe kann mit Glucose durchgeführt werden. Hierbei musst Du jedoch eines beachten. Liegt die Glucose in einer Ringform vor, kommt es zu keiner Reaktion, da die Aldehyd-Gruppe nicht erreichbar ist. In der Ringform liegt die Aldehyd-Gruppe als Halbacetal gebunden vor. In einer wässrigen Lösung liegt meistens ein Gemisch der offenkettigen Form und der Ringform vor. Die beiden Formen stehen dabei im Gleichgewicht zueinander.
Neben Glucose fällt die Probe auch bei Fructose positiv aus. Fructose hat zwar keine Aldehyd-Gruppe, aber eine Ketogruppe. Das ist eine nicht endständige Carbonylgruppe (C=O). Durch die Keto-Enol-Tautomerie kann die nicht reduzierende Ketogruppe in eine reduzierende Aldehyd-Gruppe umgewandelt werden. Die reduzierende Form wird Endiol-Form genannt.
Durch diese Reaktion wird aus Fructose, Mannose und Glucose gewonnen. Wegen dieser Keto-Enol-Tautomerie fällt die Tollens-Probe auch bei Fructose positiv aus und die Reaktion kann auf der gleichen Art, wie bei Glucose, stattfinden.
Mit dem Zweifachzucker Saccharose verläuft die Tollen-Probe negativ. Es liegt kein Halbacetal vor, weshalb die Möglichkeit der Ausbildung einer offenkettigen Form mit einer Aldehydgruppe nicht besteht. Bei Maltose und Lactose fällt die Tollens-Probe positiv aus, da diese Zweifachzucker Aldehydgruppen ausbilden können.
Entsorgung der Lösung
Die Tollens-Reagenz muss jedes Mal neu hergestellt werden, da sich nach längerer Zeit das explosive Silbernitrit (Ag3N) bilden würde.
Nachdem Du das Reagenzglas aus dem Wasserbad rausgeholt hast, schüttest Du die restliche Silberlösung in die übrig gebliebene Substanzlösung. Dies ist nun Dein Abfallgefäß. Danach solltest Du das Reagenzglas 2–3 Mal mit klarem Wasser ausspülen – das Spülwasser schüttest Du dann auch in das Abfallgefäß.
Danach stellst Du das Reagenzglas wieder in ein Wasserbad, das heißer als 70 °C sein sollte. Nach 8–10 Minuten kannst Du etwas beobachten: Es hat sich Silber am Boden des Reagenzglases abgesetzt. Dieses kannst Du abfiltrieren, waschen und in den normalen Hausmüll entsorgen. Die restliche Lösung jedoch muss in einen Behälter für Schwermetalle. So hast Du die Lösung richtig und ohne jegliche Gefahr entsorgt.
Tollens Probe – Das Wichtigste
- Mit der Tollens-Probe lassen sich Aldehyde nachweisen.
- Sind Aldehyde in der Testlösung vorhanden, bildet sich ein Niederschlag aus elementarem Silber, der sich Silberspiegel nennt.
- Die Tollens-Probe wird auch dazu benutzt, Spiegel und verspiegelte Oberflächen herzustellen.
- Als Tollens Reagenz wirkt komplexiertes Silber. Es wird als Silberdiamminkomplex bezeichnet.
- In Anwesenheit von Aldehyden werden diese durch die Tollens Reagenz zu einer Carbonsäure oxidiert.
- Die Silberionen des Komplexes werden zu elementarem Silber reduziert.
Nachweise
- Tollens (1882). Ueber ammon-alkalische Silberlösung als Reagens auf Aldehyd. Berichte der Deutschen Chemischen Gesellschaft.
- Peter; Vollhardt (1990). Organische Chemie. Weinheim VCH-Verlag.
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Häufig gestellte Fragen zum Thema Tollens-Probe
Wann ist die Tollens-Probe positiv?
Die Tollensprobe ist positiv, wenn das Reagenzglas in dem die Probe durchgeführt wurde, mit Silber beschlägt.
Was entsteht bei der Tollens-Probe?
Bei der Tollensprobe entsteht elementares Silber, Wasser und eine Carbonsäure.
Was weist die Tollens-Probe nach?
Mit der Tollens-Probe weist man Aldehyde nach.
Wie kann man Ketone nachweisen?
Ketone können, ähnlich wie Aldehyde, mit der Silberspiegelprobe (Tollens-Probe) nachgewiesen werde. Sie können ebenfalls mit der Fehling-Probe nachgewiesen werden.
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