Der Begriff Protolyse bezeichnet allgemein die Übertragung von Protonen zwischen zwei Reaktionspartnern.
Autoprotolyse des Wassers – Reaktion & Ablauf
Bei der Autoprotolyse des Wassers reagiert chemisch reines Wasser (Wasser ohne fremde Ionen) zu einem geringen Teil mit sich selbst, wobei ein Wassermolekül ein Proton abgibt und ein anderes dieses Proton aufnimmt.
Dadurch entsteht jeweils ein Oxonium-Ion (H3O+) und ein Hydroxid-Ion (OH-):
Wie Du an der Reaktionsgleichung der Protolysereaktion sehen kannst, entstehen dabei gleich viele Oxonium-Ionen wie Hydroxid-Ionen. Da das Verhältnis der beiden Reaktionsprodukte 1:1 ist, bezeichnet man die Ionen auch als äquimolar. Diesen Umstand kannst Du in folgender Gleichung ausdrücken:
Dabei bezeichnet c immer eine Konzentration.
Autoprotolyse des Wassers – Chemisches Gleichgewicht
Mithilfe des Massenwirkungsgesetzes kannst Du die Gleichgewichtskonstante K errechnen. Die Konstante gibt an, auf welcher Seite der Reaktionsgleichung das chemische Gleichgewicht liegt. Für die Autoprotolyse-Reaktion von Wasser ergibt sich folgendes Massenwirkungsgesetz:
Um die Gleichgewichtskonstante für die Autoprotolyse zu errechnen, benötigst Du sowohl die Konzentration der beiden Ionen, als auch die Konzentration der Wassermoleküle.
Die Konzentration an Oxonium-Ionen und Hydroxid-Ionen ist einfach zu bestimmen. Wasser hat einen pH-Wert von 7. Der pH-Wert ist der negative dekadische Logarithmus der Konzentration an Oxonium-Ionen einer Lösung:
Um daraus die Konzentration an Oxonium-Ionen zu errechnen, wendest Du die Umkehrfunktion des negativen Zehner-Logarithmus (10x) an. Nach Umformung der Gleichung nach c(H3O+) erhältst Du:
Da die Lösung den pH-Wert von 7 besitzt, ergibt sich aus der Gleichung eine Konzentration der Oxonium-Ionen von 10-7 . Die Konzentration an Oxonium-Ionen sowie die der Hydroxid-Ionen ist bei der Autoprotolyse des Wassers äquivalent, wodurch Du den Zähler des Massenwirkungsgesetzes schon bestimmt hast.
Um den Nenner zu berechnen, musst Du die Stoffmenge des Wassers durch das Volumen teilen. Das Volumen legt man auf einen Liter fest. Die Stoffmenge n erhältst Du, indem du die Masse m durch die Molare Masse M teilst. Die Masse von einem Liter Wasser beträgt etwa 998 g. Die Molare Masse von Wasser liegt bei:
Jetzt musst Du die Stoffmenge noch durch das Volumen teilen, wodurch sich folgende Konzentration an Wassermolekülen ergibt:
Alle Konzentrationen in die Gleichung des eingesetzt, ergeben:
Somit hat man für die Autoprotolyse-Reaktion von Wasser bei einer Raumtemperatur von 25° Celsius eine Gleichgewichtskonstante von .
Da K hier deutlich kleiner als 1 ist, liegt das Gleichgewicht bei der Autoprotolyse von reinem Wasser stark auf der Eduktseite (linke Seite). Das bedeutet, dass nur wenige Wassermoleküle (Edukte) zu Oxonium- und Hydroxid-Ionen (Produkte) reagieren.
Bei K = 1 wären Edukte und Produkte im Gleichgewicht.Bei K > 1 würde das Gleichgewicht auf Produktseite liegen.
Durch das Massenwirkungsgesetz weißt Du nun, dass bei der Autoprotolyse nur wenig Wassermoleküle zu Oxonium- und Hydroxid-Ionen umgesetzt werden. Da Wasser somit nur teilweise protoniert beziehungsweise deprotoniert vorliegt, handelt es sich nach Brønsted um eine schwache Säure und schwache Base.
Nach dem dänischen Chemiker Johannes Nickolaus Brønsted gibt es Verbindungen, die Protonen abgeben und solche, die Protonen aufnehmen. Dabei nennt man jene, die Protonen abgeben, Brönsted-Säuren oder auch Protonendonatoren (engl. to donate = spenden/geben). Verbindungen, die Protonen aufnehmen, nennt man hingegen Brönsted-Basen oder auch Protonenakzeptoren. Schwache Basen und Säuren sind folglich Basen und Säuren, von denen nur wenige Moleküle Protonen aufnehmen oder abgeben.
Autoprotolyse des Wassers – Eigenschaften
Durch die Autoprotolyse können sich die Eigenschaften von Wasser ändern.
Leitfähigkeit
Wie bereits erwähnt, enthält chemisch reines Wasser keine Fremd-Ionen. Lösungen, die keine Ionen enthalten, können keinen elektrischen Strom leiten – sie sind nicht leitfähig.
In chemisch reinem Wasser lässt sich jedoch eine geringe Leitfähigkeit nachweisen.Der Grund dafür liegt in der Autoprotolyse.
Durch das Massenwirkungsgesetz hast du gesehen, dass bei dieser Protolyse das Gleichgewicht auf der Eduktseite liegt. Damit lässt sich auch die geringe Leitfähigkeit erklären, da es nur wenige frei bewegliche Ionen gibt. Im Verhältnis dazu existieren aber deutlich mehr Wassermoleküle, die den elektrischen Strom nicht leiten.
Säure-Base-Verhalten von reinem Wasser
Da chemisch reines Wasser sowohl Hydroxid- als auch Oxonium-Ionen enthält, kann es als schwache Säure, aber ebenso als schwache Base reagieren:
Abbildung 1: Autoprotolyse-Reaktion des Wassers
Das heißt, dass Wassermoleküle je nach Reaktionspartner Protonen aufnehmen und somit Oxonium-Ionen gebildet werden, oder Protonen abgeben und Hydroxid-Ionen entstehen. Aufgrund dessen bezeichnet man Wasser auch als amphoteres Molekül.
Wasser reagiert als Base (nimmt Proton auf):
Reaktion von Salzsäure mit Wasser.
Wasser reagiert als Säure (gibt Proton ab):
Reaktion von Ammoniak mit Wasser.
Autoprotolyse – eine endotherme Reaktion
Bei einer endothermen Reaktion nimmt die Enthalpie definitionsgemäß zu. Die Reaktion wird also begünstigt, wenn Energie hinzugeführt wird. Einfach gesagt: Eine endotherme Reaktion braucht Energie, die von außen hinzugegeben werden muss, um überhaupt erst starten zu können.
Die Energie kann durch Temperaturerhöhung zugeführt werden, wodurch sich das chemische Gleichgewicht der Autoprotolyse des Wassers auf die Produktseite (zur rechten Seite) verschiebt. Es werden mehr Ionen gebildet. Aufgrund der Konzentrationserhöhung der Ionen erhöht sich auch die elektrische Leitfähigkeit.
Umgekehrt verschiebt sich das chemische Gleichgewicht bei Temperaturerniedrigung noch weiter auf die Eduktseite (zur linken Seite), sodass noch weniger Ionen gebildet werden können und die Leitfähigkeit noch geringer ausfällt. Somit ist die Autoprotolyse des Wassers endotherm.
Autoprotolyse des Wassers – Ionenprodukt
Als Ionenprodukt des Wassers bezeichnet man das Produkt der Oxonium-Ionenkonzentration und der Hydroxid-Ionenkonzentration in reinem Wasser:
Das Ionenprodukt des Wassers spielt eine wichtige Rolle beim Verstehen der pH-Skala.
Ionenprodukt des Wassers – Herleitung
Hergeleitet wird das Ionenprodukt des Wassers aus der Anwendung des Massenwirkungsgesetzes auf die Autoprotolyse-Reaktion:
Da sich das chemische Gleichgewicht der Autoprotolyse-Reaktion stark auf der Eduktseite befindet, ändert sich die Konzentration der Wasser-Moleküle praktisch nicht.
Dadurch ist die Konzentrationsänderung der Wasser-Moleküle vernachlässigbar, wodurch du c2(H₂O) als Konstante betrachten kannst:
Deshalb fasst man das Produkt der Gleichgewichtskonstanten K und der quadrierten Konzentration der Wasser-Moleküle unter der neuen Konstante KW zusammen:
KW wird hierbei als Ionenprodukt des Wassers bezeichnet.
Das Ionenprodukt des Wassers gilt neben reinem Wasser auch für verdünnte Lösungen.
Das bedeutet, dass die Konzentration an Oxonium-Ionen auch immer von der Konzentration an Hydroxid-Ionen abhängig ist und umgekehrt.
Ionenprodukt des Wassers zur Herleitung des pH-Wertes
Das Ionenprodukt des Wassers bildet die Grundlage zur Berechnung bzw. zur Herleitung des pH- sowie des pOH-Wertes.
Um den pH-Wert herzuleiten, musst du zuerst das Ionenprodukt des Wassers errechnen. Dazu setzt Du einfach die Konzentration von den Oxonium-Ionen in die Gleichung ein. Hierbei kannst Du die Konzentration der Hydroxid-Ionen durch die der Oxonium-Ionen ersetzen, da die Konzentrationen der beiden äquivalent sind.
Du kannst natürlich auch die Konzentration der Oxonium-Ionen durch die der Hydroxid-Ionen ersetzen. Dann erhältst du den pOH-Wert.
Bei einer Temperatur von 25° Celsius erhält man also das Ionenprodukt des Wassers mit .
Wendet man auf die Gleichung den Logarithmus an, so ergibt sich:
Prüfung der Formel 14 = pH + pOH
Um die Formel zu überprüfen, kannst Du die Hydroxidionenkonzentration im Ionenprodukt des Wassers nochmals durch die Oxonium-Ionenkonzentration ersetzen:
Wenn du jetzt noch die Wurzel ziehst, erhältst du die Formel des pH-Wertes.
Zur Erinnerung: Der pH-Wert ist als der negative dekadische Logarithmus der Oxonium-Ionenkonzentration definiert.
Nun kannst Du den negativen dekadischen Logarithmus anwenden und erhältst:
Jetzt noch den pH-Wert von 7 in die obere Gleichung einsetzen und Du bekommst:
Laut dieser Gleichung muss der pOH-Wert von reinem Wasser also ebenfalls bei 7 liegen.Durch die Reaktionsgleichung der Autoprotolyse des Wassers steht ja fest, dass die Konzentration der Oxonium-Ionen und die Konzentration der Hydroxid-Ionen bei dieser Protolyse äquivalent ist.
Wodurch die Formel zur Errechnung des pH- bzw. pOH-Wertes bei bekanntem pH- oder pOH-Wert korrekt ist.
Autoprotolyse des Wassers - Das Wichtigste
- Die Autoprotolyse des Wassers bezeichnet die Spaltung zweier Wassermoleküle (aus einer reinen Wasserlösung) in ein Hydroxid-Ion und ein Oxonium-Ion (= Selbst-Protolyse).
- Das chemische Gleichgewicht der Autoprotolyse des Wassers liegt stark auf der Eduktseite.
- Wasser kann sowohl als schwache Säure (Protonendonator), aber auch als schwache Base (Protonenakzeptor) reagieren.
- Chemisch reines Wasser ist durch die Ionen elektrisch leitfähig.
- Aus dem Massenwirkungsgesetz erhält man das Ionenprodukt des Wassers.
- Durch das Ionenprodukt des Wassers kann man den Zusammenhang von pH- und pOH-Wert herleiten.
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