Ligandenfeldtheorie

Die Farbigkeit der Komplexe spielt unter anderem für die Farbstoffsynthese eine große Rolle. Der Eisen-Cyanid-Komplex Berliner Blau (Abbildung 1) ist zum Beispiel ein ziemlich weit angewandter Farbstoff, da er günstig hergestellt werden kann. Außerdem war das die erste synthetisch hergestellte Komplexverbindung. Die tiefblaue Farbe kommt hier von Wechselwirkungen zwischen den unterschiedlich geladenen Eisenionen, die über Liganden miteinander verbunden sind.

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    Ligandenfeldtheorie Foto Berliner Blau StudySmarterAbbildung 1: Ein Foto des Pigments Berliner Blau.

    Auch in Wasser gelöste Metallionen sind für ihre Farbenvielfalt bekannt. Hier hängt die Farbe stark von den Liganden eines Komplexes ab. Du willst dieses Phänomen verstehen und vielleicht sogar vorhersagen können? Dann bist Du hier genau richtig. Die Ligandenfeldtheorie wird Dir dabei helfen, die Farbigkeit von Komplexen besser zu verstehen.

    Ligandenfeldtheorie – Bedeutung für die Komplexchemie

    Die Ligandenfeldtheorie wurde ins Leben gerufen, um Vorhersagen über die physikalischen Eigenschaften von Komplexen treffen zu können. Das heißt, Du kannst mit ihrer Hilfe unter anderem die Farbigkeit und die magnetischen Eigenschaften eines Komplexes vorhersagen, da sie Dir zeigt, welchen Einfluss die verschiedenen Liganden haben. Es handelt sich um eine Theorie, die sowohl auf experimentellen als auch theoretischen Erkenntnissen basiert.

    Die meisten Komplexe bestehen aus einem Zentralatom und mehreren Liganden, die sich geometrisch um das Zentrum anordnen. Bei den Liganden kann es sich um einzelne Ionen oder größere Moleküle handeln. Wie Du an der Strukturformel von Berliner Blau (Abbildung 2) erkennen kannst, sind hier die Eisenatome von Cyanid-Liganden umgeben.

    Ligandenfeldtheorie Liganden Molekülorbitaltheorie Cyanid-Liganden Eisen-KomplexStudySmarterAbbildung 2: Strukturformel des Eisen-Cyanid-Komplexes Berliner Blau mit Cyanid-Ionen als Liganden.

    Um die Ligandenfeldtheorie rundum zu verstehen, fehlt noch ein wenig Vorwissen. Zwei der wichtigsten Theorien, die der Ligandenfeldtheorie zugrunde liegen, sind die Valenzbindungs- und die Molekülorbitaltheorie.

    Valenzbindungstheorie

    Nach der Valenzbindungstheorie (VB-Theorie) wird angenommen, dass zwei Atome jeweils ein Elektron zur Verfügung stellen, sodass eine kovalente Bindung entstehen kann. Bei der Bildung von Komplexen treffen allerdings nicht zwei einzelne Atome aufeinander, sondern mehrere Liganden jeweils auf ein Zentralatom. Da das Zentralatom in den meisten Fällen bereits oxidiert (positive Ladung) vorliegt, müssen die Elektronen für die Bindung von woanders kommen – nämlich von den Liganden. Diese stellen jeweils ein Elektronenpaar für die Bindung bereit.

    Der Grund für die Ausbildung einer solchen Bindung ist die Überlappung eines leeren Orbitals des Zentralatoms mit einem gefüllten Ligandenorbital. Bei einem Orbital handelt es sich vereinfacht gesagt um den Raum, in dem sich ein Elektron mit einer Wahrscheinlichkeit von etwa 90 % aufhält. Häufig werden Orbitale mit nach außen abgegrenzten Linien dargestellt. Das ist super zur Veranschaulichung, aber denk immer daran, Dir die Aufenthaltswahrscheinlichkeit eher wie eine Wolke aus vielen möglichen Punkten in der Nähe des Atomkerns vorzustellen.

    Die Bildung von Komplexen kann beispielsweise mithilfe des Lewis-Säure-Base-Konzepts erklärt werden. Das Zentralatom dient hier als Lewis-Säure (Elektronenpaarakzeptor) und die Liganden erfüllen die Aufgabe der Lewis-Basen (Elektronenpaardonator).

    Wenn Du mehr zu diesem Thema erfahren willst, schau Dir doch gleich im Anschluss das StudySmarter Original zur Komplexchemie an.

    Molekülorbitaltheorie

    Mithilfe der Valenzbindungstheorie lässt sich die Bindung schon annähernd erklären. Aber wie entsteht die Farbigkeit eines Komplexes und welche Rolle spielen dabei die Liganden? Das lässt sich wunderbar über die Molekülorbitaltheorie (MO-Theorie) erklären, die der Ligandenfeldtheorie zugrunde liegt. Nach diesem Modell bilden sich bei einer kovalenten Bindung zwischen den Liganden und dem Zentralatom neue Molekülorbitale aus, die sich von den Atomorbitalen energetisch unterscheiden.

    Schau Dir als Einstieg das Molekülorbitalschema (MO-Schema) von Wasserstoff (H2) an. Beim ungebundenen Wasserstoffatom ist das Atomorbital jeweils mit nur einem Elektron besetzt. Wenn Du einen Blick in das Periodensystem wirfst, siehst Du, dass Wasserstoff eine Ordnungszahl von eins hat. Auch seine Atommasse beträgt 1 u. Das bedeutet, es besteht aus einem Proton und einem Elektron.

    Allerdings ist es für die einzelnen Wasserstoffatome energetisch günstiger eine Bindung einzugehen, sodass die beiden Elektronen gepaart sind. Der Grund dafür ist, dass Atome immer eine abgeschlossene Außenschale (in diesem Fall die K-Schale) anstreben. Mit anderen Worten versucht der Wasserstoff also so zu sein wie Helium. Und die beste Lösung für dieses Problem ist, eine Bindung mit einem weiteren Wasserstoffatom einzugehen. Deswegen kommt Wasserstoff in der Luft hauptsächlich als H2 vor.

    Vielleicht kennst Du bereits die Oktettregel für Elemente ab der zweiten Periode? Diese besagt, dass Elemente mit einer vollen Außenschale mit acht Elektronen einen energetisch günstigen Zustand erreichen. Die gleiche Regel gilt auch für die erste Periode, wobei die K-Schale mit zwei Elektronen schon voll ist. Die Oktettregel wird also sozusagen zur Duettregel.

    Wenn sich nun zwei Wasserstoffatome näher kommen und zusammenstoßen, entsteht ein neues Molekülorbital, das mit zwei Elektronen besetzt ist. Die beiden Wasserstoffatome sind eine neue Bindung eingegangen.

    In Abbildung 4 siehst Du das Molekülorbital-Schema für Wasserstoff, wie er in der Luft hauptsächlich vorkommt:

    Ligandenfeldtheorie Molekülorbitaltheorie MO-Schema Wasserstoff H2 Komplexchemie StudySmarterAbbildung 4: MO-Schema von Wasserstoff (H2).

    Was das alles mit der Farbigkeit der Komplexe und der Ligandenfeldtheorie zu tun hat? Merk Dir für den Moment einfach, dass Elektronen nicht unbedingt das energetisch niedrigere Molekülorbital besetzen müssen. Durch Anregung mit Licht beispielsweise können Elektronen vom unteren ins obere Molekülorbital angeregt werden. In diesem Fall spricht man von einem angeregten Molekül.

    Auch Komplexe können auf diese Weise beschrieben werden. Dabei werden aus den Atomorbitalen der Liganden und des Zentralions neue Molekülorbitale. Welche Rolle die unterschiedlichen Liganden hier genau spielen, erfährst Du weiter unten.

    Für die doppelte Besetzung eines einzelnen Molekülorbitals, muss die sogenannte Spinpaarungsenergie aufgebracht werden. Im Fall von H2 liegen die beiden Elektronen spingepaart vor.

    Der Elektronenspin ist in der Quantenphysik der Eigendrehimpuls von Elektronen. Er wird zwar nicht durch die Drehbewegung einer Masse hervorgerufen, hat aber alle Eigenschaften eines mechanischen Eigendrehimpulses. Allerdings kann er nur quantenmechanisch erklärt werden. Für jedes Elektron hat der Spin einen unveränderlichen Betrag, der über die Spinquantenzahl s = ±1/2 ausgedrückt wird.

    Nach dem Pauli-Prinzip können sich nicht zwei Elektronen mit derselben Spinquantenzahl gleichzeitig im selben Orbital aufhalten. Aus diesem Grund kann jedes Orbital immer nur von zwei Elektronen entgegengesetzten Spins besetzt werden. Die beiden nach oben und unten gerichteten Pfeile in den folgenden Darstellungen für Elektronen sollen das veranschaulichen.

    Ligandenfeldtheorie – Einfach erklärt

    Die meisten Komplexe bestehen aus einem Übergangsmetallion im Zentrum und mehreren Liganden. Warum gerade die Übergangsmetalle als Beispiele für die Ligandenfeldtheorie dienen? Der Grund dafür ist, dass sie häufig unvollständig aufgefüllte Orbitale haben.

    Oktaedrische Komplexe

    Liegt das Ion isoliert vor – also, ohne dass andere Atome oder Moleküle möglicherweise eine Bindung eingehen könnten – haben seine Elektronen die Möglichkeit, fünf d-Orbitale zu besetzen. Diese Orbitale haben alle die gleiche Energie, sodass keines bevorzugt besetzt wird und die Elektronen gleichmäßig verteilt vorkommen.

    Wenn das Übergangsmetallion allerdings von Liganden umgeben ist, also anderen geladenen Verbindungen oder Ionen, dann ordnen sich diese Liganden unter Ausbildung geometrischer Strukturen an. Zwischen den d-Orbitalen des Zentralions und den ungebundenen Elektronenpaaren der Liganden kommt es zu einer elektrostatischen Abstoßung, was die Energie der d-Orbitale erhöht.

    Und genau hier passiert etwas ziemlich Interessantes: Die Energie der Orbitale erhöht sich, da jetzt zusätzliche Elektronen im System sind. Aufgrund dieser zusätzlichen Elektronen und der erhöhten Abstoßung halten die d-Elektronen einen möglichst großen Abstand zu den Liganden ein.

    Allerdings steigt diese Energie nicht gleichwertig für alle d-Orbitale des Zentralions. Das liegt daran, dass sich die Liganden stärker den dz2- und dx2-y2-Orbitalen und eher weniger stark den dxy-, dxz- und dyz-Orbitalen nähern.

    Daraus folgt, dass die dxy-, dxz- und dyz-Orbitale energetisch günstiger sind als die dz2- und dx2-y2-Orbitale. In einer oktaedrischen Anordnung der Liganden (im oktaedrischen Ligandenfeld) sind die d-Orbitale nicht länger energetisch gleichwertig, was zu einer Aufspaltung der Energieniveaus in zwei Gruppen führt.

    Die d-Orbitale zwischen den Achsen des Koordinatensystems (dxy, dxz, dyz) werden in der Ligandenfeldtheorie als t2g-Orbitale bezeichnet und liegen energetisch gesehen niedriger als die beiden anderen. Die auf den Achsen liegenden Orbitale (dz2 und dx2-y2) werden als eg-Orbitale bezeichnet und liegen im Vergleich höher.

    Die Bezeichnungen t2g- und eg-Orbital kommen aus der Gruppentheorie. Sie sollen dabei helfen, die Orbitale in bestimmte Symmetriegruppen einzuteilen, um Berechnungen zu vereinfachen und Reaktionen besser vorhersagen zu können.

    Bei den t2g-Orbitalen steht das t dafür, dass es sich um drei Orbitale mit derselben Energie handelt, sie sind also entartet. Orbitale werden als entartet bezeichnet, wenn zwei oder mehrere Orbitale die gleiche Energie haben.

    Die 2 gibt eine Vorzeichenänderung bei einer Symmetrieoperation (etwa eine Spiegelung) um die C2-Achse (bzw. sigma v) an. Das g steht dafür, dass die Parität gerade ist. Das bedeutet, dass es bei einer Inversion keinen Vorzeichenwechsel gibt. Bei einer Inversion (auch Punktspiegelung) handelt es sich um eine Symmetrieoperation, bei der ein Molekül vollständig an einem Punkt gespiegelt wird.

    In der Bezeichnung eg steht das e dafür, dass es zwei Orbitale mit derselben Energie gibt. Und auch hier ist ein g hinten angefügt, dass eine gerade Parität angibt.

    Dieser energetische Unterschied Δ wird in der Ligandenfeldtheorie auch Ligandenfeldaufspaltung genannt. Dieser Name kommt von der Tatsache, dass die Liganden für die Aufspaltung verantwortlich sind.

    Ligandenfeldtheorie – Farbe

    Aber woher kommt denn nun die Farbe der Komplexe von Übergangsmetallen laut der Ligandenfeldtheorie? Sie kommt von der Anregung der d-Elektronen auf ein höheres Energieniveau. In oktaedrischen Komplexen werden die Elektronen beispielsweise von einem t2g-Orbital in ein eg-Orbtial angeregt.

    Für den Übergang wird ein bestimmter Energiebetrag benötigt. Dieser Energiebetrag kann zum Beispiel durch Lichteinstrahlung eingebracht werden. Die Farbe kommt dann dadurch zustande, dass die absorbierte Wellenlänge nicht mehr für das menschliche Auge sichtbar ist, sodass die Komplementärfarbe wahrgenommen wird.

    Um den Vorgang mal anschaulich zu erklären, lohnt es sich, einen Blick auf den Übergangsmetallkomplex [Ti(H2O)6]3+ zu werfen, der aus einem zentralen Titan-Ion und sechs Liganden (H2O) besteht. Eine wässrige Lösung mit Ti3+ ist rötlich gefärbt.

    Zunächst die Fakten:

    • Der Energieunterschied zwischen den t2g- und eg-Orbitalen entspricht einer Wellenlänge von 500 nm.
    • Außerdem befindet sich im t2g-Orbital ein ungepaartes Elektron.

    Durch Lichteinstrahlung wird dieses Elektron also vom t2g- ins eg-Niveau angeregt, da Licht der Wellenlänge 500 nm absorbiert wird. Die restliche Strahlung wird reflektiert. Du siehst dann die Komplementärfarbe der absorbierten Strahlung, genauer gesagt den reflektierten Anteil des Lichts.

    Low-spin- oder high-spin

    Wenn sich die Liganden oktaedrisch anordnen, werden im Zentralatom zunächst die energetisch günstigeren d-Orbitale besetzt. Wie nach der Hundschen Regel üblich, werden sie außerdem möglichst einzeln besetzt.

    Zur Hundschen Regel kannst Du hier ebenfalls eine Erklärung finden. Schau gern mal rein!

    Besitzt ein Übergangsmetall also zwischen ein und drei d-Elektronen, ist der Fall klar – es kann nur einen energieärmsten Zustand mit sechs Liganden geben. Sobald aber vier oder mehr d-Elektronen zur Verfügung stehen, sind zwei Zustände denkbar, wie es auch beim d6-Ion Fe2+ der Fall ist.

    Mit d6 ist hier die Anzahl der d-Elektronen gemeint. Fe2+-Ionen haben sechs d-Elektronen und damit eine Elektronenkonfiguration von [Ar] 4s0 3d6. Falls Du Dich für dieses Thema interessierst, schau doch gern in die entsprechende Erklärung dazu.

    Die Elektronen könnten nun weiterhin die energieärmeren Orbitale füllen, sodass die Spinpaarungsenergie aufgebracht werden muss. Weil auf diese Weise möglichst viele Elektronen gepaart vorliegen, sich also die Elektronenspins größtenteils gegenseitig magnetisch ausgleichen, handelt es sich laut Ligandenfeldtheorie um einen low-spin-Zustand. Alternativ wäre aber auch die Besetzung der beiden energiereicheren Orbitale denkbar. In diesem Fall handelt es sich um einen high-spin-Zustand, da die Anzahl an ungepaarten Elektronen so hoch wie möglich ist.

    Und woher weißt Du jetzt, welcher Zustand vorliegen müsste? Wenn die Spinpaarungsenergie höher ist, als der energetische Unterschied der beiden Orbitalgruppen, dann werden lieber zunächst alle Orbitale besetzt. Es entsteht ein Übergangsmetallkomplex im high-spin-Zustand. Andersherum bedeutet das, dass die Spinpaarungsenergie bei einem low-spin-Zustand geringer ist als der energetische Unterschied der beiden Orbitalgruppen.

    Magnetismus – Wann ein Komplex para- oder diamagnetisch ist

    Elektronen sind paramagnetisch. Das bedeutet, sie können von außen mithilfe eines Magnetfelds beeinflusst werden. Die Voraussetzung dafür ist jedoch, dass sie ungepaart vorliegen. Sobald sie sich zusammen mit einem weiteren Elektron ein Orbital teilen, ist ihr magnetisches Moment nach außen hin aufgehoben.

    Elektronen besitzen von Natur aus eine magnetische Eigenschaft, auch magnetisches Moment genannt, das experimentell gemessen werden kann.

    Der Magnetismus eines Komplexes hängt daher davon ab, ob ungepaarte Elektronen vorliegen oder nicht. Hat ein Komplex ungepaarte Elektronen, ist er paramagnetisch. Er reagiert also auf ein äußeres Magnetfeld. Sind hingegen alle Elektronen spingepaart, ist er diamagnetisch. In diesem Fall reagiert er nicht auf ein äußeres Magnetfeld.

    Außerdem kannst Du Dir folgende Regel merken: Je größer die Anzahl an ungepaarten d-Elektronen ist, desto größer ist das magnetische Moment eines Komplexes.

    Daher haben nach der Ligandenfeldtheorie low-spin-Komplexe im Vergleich zu high-spin-Komplexen ein geringeres magnetisches Moment. Experimentell könntest Du also feststellen, ob ein high-spin- oder low-spin-Zustand vorliegt.

    Die spektrochemische Reihe der Liganden

    Laut der Ligandenfeldtheorie unterscheiden sich Liganden in ihrer Fähigkeit, die d-Orbitale des Zentralatoms aufzuspalten. Um Aussagen darüber zu treffen, wie hoch die Aufspaltung Δ ausfällt, wurden Übergangsmetallkomplexe mit unterschiedlichen Liganden spektroskopisch untersucht.

    Die spektrochemischen Reihe, kann als zentrale Erkenntnis der Ligandenfeldtheorie gesehen werden. Mit ihrer Hilfe kannst Du sehen, welche Liganden eine hohe und welche ein niedriges Ligandenfeld erzeugen. Von links nach rechts nimmt hier die Aufspaltung zu:

    I- < Br- < Cl- < F- < OH- < H2O < NH3 < CN- < CO

    Demnach erzeugen CN--Ionen ein starkes Ligandenfeld mit hoher Aufspaltung. In Übergangsmetallkomplexen mit F--Ionen als Liganden ist die Aufspaltung geringer, es handelt sich um ein schwaches Ligandenfeld.

    Bei den beiden Komplexen [CoF6]3- und [Co(NH3)6]2+ hendelt es sich jeweils um high-spin-Komplexe, da die beiden Liganden ein lediglich schwaches bis mittelschwaches Ligandenfeld erzeugen und die Spinpaarungsenergie höher ausfällt. Mit anderen Worten ist es energetisch günstiger, dass die Elektronen sich zunächst einzeln auf die Orbitale verteilen.

    Der Komplex [Co(NO2)6]4- hingegen liegt in einem low-spin-Zustand vor, da NO2--Ionen stark aufspaltende Liganden sind und demnach möglichst viele Elektronen gepaart vorliegen.

    Wie hoch die Ligandenfeldaufspaltung ausfällt, hängt unter anderem von den Liganden ab. Allerdings nimmt sie auch mit steigender Oxidationsstufe des zentralen Metallions zu. Außerdem hängt sie von der Art des Metallions ab. Δ steigt innerhalb derselben Gruppe des Periodensystems von oben nach unten an, sodass Übergangsmetallkomplexe mit 4d- und 5d-Metallionen fast immer in einem low-spin-Zustand vorliegen.

    Hier siehst Du zur Veranschaulichung in sortierter Reihenfolge verschiedene Metallionen, wobei das Ligandenfeld von links nach rechts steigt:

    Mn2+ < Ni2+ < Co2+ < Fe2+ < Fe3+ < Cr3+ < Co3+ < Mn4+ < Pd4+ < Ir3+ < Pt4+

    Jahn-Teller-Effekt

    Oktaeder können auch mit verzerrten Abständen zu den Liganden vorliegen. In einem solchen Fall sind sie an der z-Achse gestaucht oder gestreckt, je nachdem, was für die Verbindung energetisch günstiger ist. Dieses Phänomen ist auch unter dem Namen Jahn-Teller-Effekt bekannt. Du kannst ihn als Ergänzung der Ligandenfeldtheorie betrachten.

    Ligandenfeldtheorie – Tetraedrische Komplexe

    Auch bei Übergangsmetallkomplexen in der tetraedrischen Anordnung entsteht eine energetische Aufspaltung der d-Orbitale. Im Gegensatz zu oktaedrischen Komplexen nähern sich die Liganden hier den dx2-y2 - und dz2-Obitalen stärker als den dxy-, dxz- und dyz-Orbitalen des Zentralions, sodass zuerst die Orbitale entlang der Koordinatenachsen besetzt werden.

    Rein theoretisch könnte es für Metallionen mit den Konfigurationen d3 bis d6 high-spin- und low-spin-Komplexe geben. Allerdings ist das Ligandenfeld so klein, dass bisher nur tetraedrische high-spin-Komplexe nachgewiesen wurden. Die Ligandenfeldaufspaltung ist im Vergleich zu oktaedrischen Komplexen deutlich geringer und beträgt: Δ tetr = 4 9 Δ okt .

    Cobalt (Co2+) bildet im Vergleich zu anderen Übergangsmetallionen besonders häufig tetraedrische Komplexe. Unter Reaktion mit vier Chlorid-Ionen als Liganden entsteht beispielsweise Tetrachloridocobaltat(II), [CoCl4]2−.

    Ligandenfeldtheorie – Quadratisch-planare Komplexe

    In der quadratisch-planaren Anordnung ist das zentrale Metallion nach der Ligandenfeldtheorie ebenfalls von vier Liganden umgeben. Im Vergleich mit tetraedrischen Komplexen liegen die Liganden hier allerdings alle auf der xy-Ebene. Aus diesem Grund sind die d-Orbitale in z-Richtung energetisch günstiger.

    Die dxz- und dyz-Orbitale sind energetisch gleich, da die Abstände zu den Liganden jeweils identisch sind. Etwas energiereicher ist das dxy-Orbital, schließlich ist seine Energiedichte näher zu den Liganden gerichtet. Und da das dx2-y2-Orbital in direkter Wechselwirkung mit den Liganden steht, liegt sein Energieniveau besonders hoch.

    Besonders mit den Ionen Au3+, Pd2+ und Pt2+ mit d8-Elektronenkonfigurationen bilden sich quadratisch-planare Anordnungen. Bei allen quadratisch-planaren Übergangskomplexen dieser drei Ionen handelt es sich um low-spin-Komplexe, da alle Elektronen aufgrund der hohen Aufspaltung spingepaart vorliegen.

    Nickel ist ein besonders interessantes Übergangsmetall, was die Komplexbildung angeht. Ni2+-Ionen bilden mit stark aufspaltenden Liganden wie CN- quadratisch-planare Komplexe. In diesem Fall handelt es sich um den Komplex Tetracyanonickelat(II), [Ni(CN)4]2-.

    Zusammen mit weniger stark aufspaltenden Liganden wie H2O und NH3 bilden sich wiederum oktaedrische Komplexe aus. Aber auch tetraedrische Koordinationen sind denkbar, wie der Komplex Tetrachloronickelat(II), [Ni(Cl)4]2-, zeigt.

    Ligandenfeldtheorie – Das Wichtigste

    • Komplexe sind koordinative Verbindungen zwischen mehreren Liganden und einem Zentralteilchen.
    • Mithilfe der Ligandenfeldtheorie wird die Wechselwirkung der Liganden eines Komplexes mit den d-Elektronen des Zentralions erklärt.
    • Liganden ordnen sich symmetrisch um das Zentralion an, sodass folgende Geometrien auftreten können:
      • oktaedrisch,
      • tetraedrisch,
      • quadratisch-planar.
    • Nach der Ligandenfeldtheorie können Komplexe mit einem Übergangsmetallion der Elektronenkonfiguration d4 bis d7 im low-spin- oder im high-spin-Zustand auftreten.
    • Durch Lichteinstrahlung wird nach der Ligandenfeldtheorie ein d-Elektron in ein energetisch höheres Orbital angeregt.
      • Je stärker das Ligandenfeld, desto geringer ist die Wellenlänge des absorbierten Lichts.
      • Du siehst die Komplementärfarbe des absorbierten Lichts.
    • Ob ein Komplex para- oder diamagnetisch ist, hängt davon ab, ob d-Elektronen ungepaart vorliegen.
      • Liegen keine ungepaarten Elektronen vor, ist der Komplex diamagnetisch.
      • Liegen ein oder mehrere Elektronen ungepaart vor, ist der Komplex paramagnetisch.

    Nachweise

    1. Erwin Riedel und andere: Moderne Anorganische Chemie. WdeG, 1999
    2. A. F. Holleman, E. Wiberg, N. Wiberg: Lehrbuch der Anorganischen Chemie. 101. Auflage. Walter de Gruyter, Berlin 1995
    3. Abbildung 4: "Einfaches MO Diagramm" (https://commons.wikimedia.org/wiki/File:SimpleMO.svg) von Muskid unter der Lizenz CC BY-SA 3.0
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    Ligandenfeldtheorie
    Häufig gestellte Fragen zum Thema Ligandenfeldtheorie

    Wie ist die Spinpaarungsenergie definiert?

    Dieser Energiebetrag muss aufgebracht werden, damit zwei Elektronen das gleiche Orbital besetzen können.

    Was ist ein Ligand?

    Ein Ligand ist ein Atom oder ein Molekül, das eine koordinative Bindung zu einem zentralen Metallion ausbilden kann.

    Wann entstehen high-spin- und wann low-spin-Komplexe?

    Wenn die Spinpaarungsenergie P höher ist als die Ligandenfeldaufspaltung Δ, entstehen bei oktaedrischen Komplexen mit d4 bis d7-Metallionen bevorzugt high-spin-Komplexe. Mit anderen Worten also:


    P > Δ → high-spin

    P < Δ → low-spin

    Wann ist ein Komplex quadratisch-planar und wann tetraedrisch?

    Schwergewichtige d8-Metallionen wie Pd2+, Pt2+ und Ag3+ bilden quadratisch-planare Komplexe.


    Bei Komplexen mit Ni2+ beispielsweise hängt die Geometrie von den Liganden ab. Mit stark aufspaltenden Liganden wie CN- entstehen quadratisch-planare Komplexe. Zusammen mit dem weniger stark aufspaltenden Liganden Cl- hingegen, entstehen tetraedrische Komplexe.


    Generell gilt, dass die Anordnung der Liganden vom Hybridisierungstyp der Orbitale des Zentralions abhängt:


    sp3 → tetraedrisch

    dsp2 → quadratisch-planar

    d2sp3 → oktaedrisch

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