Technisch wird seit 1908 die Salpetersäure mit dem Verfahren von Ostwald hergestellt. Diese Methode der Ammoniak-Oxidation hat sich bis heute durchgesetzt. Eine moderne Produktionsanlage kann bis zu 1200 Tonnen Salpetersäure täglich herstellen.
Ostwald-Verfahren: Bedeutung von Salpetersäure
Salpetersäure ist die zweitwichtigste Säure der chemischen Industrie ist und wird hauptsächlich für die Herstellung von Stickstoffdüngemitteln (z. B. Ammoniumnitrat) benötigt. Daneben ist die Säure auch zur Trennung von Gold und Silber als sogenanntes Scheidewasser erforderlich. Zusammen mit Salzsäure bildet es das Königswasser, welches das Lösen von Gold ermöglicht.
Näheres zur Salpetersäure kannst du in der Zusammenfassung zur Salpetersäure auf unserer Plattform nachlesen.
Schritte des Ostwald-Verfahrens
Das Ostwald-Verfahren läuft in mehreren Schritten ab, die du hier im Detail anschauen kannst.
Katalysierte Oxidation von Ammoniak
Im ersten Teilschritt des Ostwald-Verfahrens wird der aus dem Haber-Bosch-Verfahren gewonnenes Ammoniak () mit Sauerstoff () zu Stickstoffmonoxid () und Wasser () oxidiert.
Wieso wird diese hohe Reaktionstemperatur benötigt?
Die hohe Reaktionstemperatur wird benötigt, um die Bildung von Stickstoffmonoxid zu begünstigen. Denn bei der Oxidation von Ammoniak sind unerwünschte Nebenreaktionen möglich, bei denen elementarer Stickstoff () oder Lachgas () entstehen. Diese Nebenreaktionen sind stärker exotherm, das heißt, dass bei diesen Reaktionen mehr Energie freigesetzt wird. Daher wären diese Reaktionen begünstigt. Allerdings können diese Reaktionen durch die hohe Reaktionstemperatur gemindert werden.
Diese Vermeidung der Nebenreaktionen durch die hohe Temperatur basiert auf dem Prinzip von Le Chatelier (Prinzip vom kleinsten Zwang). Erhöht man die Temperatur, wird die Wärme liefernde Reaktion zurückgedrängt. In diesem Fall die stärker exothermen Nebenreaktionen.
Der Nutzen des Netzkatalysators
Der Platin-Rhodium-Netzkatalysator wird gebraucht, um die Reaktion zu beschleunigen. Das begünstigt ebenfalls die gewünschte Reaktion zu Stickstoffmonoxid gegenüber den Nebenreaktionen, denn diese haben eine längere Reaktionszeit. Hierfür ist es wichtig, dass das Ammoniak-Luft-Gemisch rasch durch den Netzkatalysator strömt. Die Kontaktzeit beträgt nur 1/1000 Sekunde.
Oxidation zu Stickstoffdioxid
Der zweite Teilschritt des Ostwald-Verfahrens besteht darin, das Stickstoffmonoxid zu Stickstoffdioxid zu oxidieren.
Hierzu wird das Stickstoffmonoxid vor der Reaktion auf weniger als 50 °C herabgekühlt. Bei dieser Temperatur läuft dann auch die Reaktion ab. Denn während der Reaktion wird Wärme frei und das Stickstoffdioxid würde bei einer Temperatur von etwa 150 °C zu Stickstoffmonoxid und Sauerstoff zerfallen.
Das entstandene Stickstoffdioxid befindet sich im chemischen Gleichgewicht mit Distickstofftetraoxid .
Umsetzung zur Salpetersäure
Der letzte Teilschritt des Ostwald-Verfahrens besteht darin, die Stickoxide aus Schritt 2 mit zusätzlichem Sauerstoff in sogenannte Rieseltürme oder Absorptionstürme mit Wasser einzuleiten, sodass diese zum Endprodukt Salpetersäure reagieren.
Nebenreaktionen im Rieselturm
Das Distickstofftetraoxid und Stickstoffdioxid disproportioniert auch zur Salpetersäure und salpetrigen Säure ().
Disproportionierung ist eine Redoxreaktion, bei der eine Atomsorte oxidiert und gleichzeitig auch reduziert wird. Die Oxidationszahl der Atomsorte vor der Disproportionierung liegt zwischen den Oxidationszahlen der beiden Produkte nach der Disproportionierung. Hier liegt der Stickstoff vorher bei einer Oxidationszahl von +4 und nach der Reaktion bei +3 und +5 vor.
Die salpetrige Säure zerfällt dann zu Salpetersäure und Stickstoffmonoxid:
Das hier entstandene Stickstoffmonoxid wird in den Oxidationsturm zurückgeleitet, wo es Teilschritt 2 durchläuft und zu Stickstoffdioxid reagiert:
Dieses wird erneut in den Rieselturm geleitet und zur Salpetersäure umgesetzt.
Verfahrensprinzip des Ostwald-Verfahrens
Abbildung 1: Schema einer Anlage für das Ostwald-Verfahren
Das Ostwald-Verfahren beginnt damit, dass man die Edukte Sauerstoff und Ammoniak in einen Gasmischer leitet. Hier werden die Gase verdichtet (= durch Zusammendrücken der Gase wird ihr Volumen verringert) und danach im Erhitzer erhitzt. Anschließend kommt das Gasgemisch in einen Kontaktofen. Hier findet die katalysierte Oxidation des Ammoniaks bei 800 °C statt.
Der Oxidationsturm und der Rieselturm
Das Stickstoffmonoxid, welches im Kontaktofen entsteht, wird über ein Kühlsystem auf unter 50 °C gekühlt und wird dann in den Oxidationsturm geleitet, wo der zweite Teilschritt des Ostwald-Verfahrens stattfindet. Das Stickstoffdioxid und sein Dimer, welche im zweiten Schritt entstehen, werden dann in den Rieselturm geleitet. Hier findet die Umsetzung zur Salpetersäure statt.
Als Dimer bezeichnet man eine chemische Struktur, die aus zwei identischen Untereinheiten besteht.
Aufkonzentrieren der Salpetersäure
Die Salpetersäure aus dem Absorptionsturm hat eine Konzentration von etwa 60 %. Mit einer Destillationskolonne, die auf die Rieseltürme folgt, wird diese Konzentration auf etwa 68,5 % erhöht.
Ostwald-Verfahren – Was ist ein Katalysator?
Du hast gelernt, dass beim Ostwald-Verfahren ein Platin-Rhodium-Netzkatalysator eingesetzt wird. Auch wurde hier bereits erwähnt, dass dieser die Reaktionszeit herabsetzt. Dennoch möchten wir dir hier kurz die Definition eines Katalysator nennen.
Auf genaue Details zu Katalysatoren gehen wir hier bewusst nicht ein, da dieses Thema eine eigene Zusammenfassung hat, welche du gerne auf unserer Seite nachlesen kannst.
Wilhelm Ostwald definierte Katalysatoren als jene Stoffe, die die Geschwindigkeit einer chemischen Reaktion verändern, ohne im Endprodukt der Reaktion zu erscheinen.
Doch wie genau funktioniert der Platin-Rhodium-Netzkatalysator?
Der Platin-Rhodium-Katalysator
Ostwald selbst verwendete bei seinen Synthesen seines Patentantrags platiniertes Asbest. Als das Verfahren in eine Laboranlage umgesetzt wurde, kam ein Platinkatalysator zum Einsatz. Erst 1928 bekam die Firma Du Pont ein Patent für Platin-Rhodium-Netzkatalysatoren, welche einen 99%igen Ammoniak Umsatz ermöglichten. Seitdem werden diese für das Ostwald-Verfahren eingesetzt.
Ammoniak und Sauerstoff werden auf die Oberfläche des Netzkatalysators adsorbiert. Hierbei bilden sich intermolekulare Bindungen zwischen den Adsorbaten (das sind Stoffe, die adsorbiert werden) und den Platinatomen des Netzkatalysators. Diese neuen intermolekularen Bindungen schwächen und brechen die intermolekularen Bindungen innerhalb der Sauerstoff- und Ammoniakmoleküle.
Neue Bindungen werden ermöglicht
Die Atome können somit leichter miteinander neue Bindungen ausbilden. So bilden sich Bindungen zwischen Sauerstoff- und Wasserstoffatomen und auch zwischen Sauerstoff- und Stickstoffatomen. Die intermolekularen Bindungen zwischen den jeweiligen Atomen und dem Platin werden aufgehoben. Die dabei entstandenen Produkte Stickstoffmonoxid und Wasser können die Katalysatoroberfläche verlassen.
Edelmetallkatalysatoren
Platin und Rhodium gehören zu den Edelmetallen. Neben diesen beiden Stoffen sind auch die anderen Platingruppenmetalle Iridium, Ruthenium und Palladium wichtig für den Einsatz als Katalysatoren. Denn Edelmetallkatalysatoren erlauben eine behutsame und selektive Durchführung von Reaktionen. Diese Eigenschaft, aber auch der Preis dieser Edelmetalle macht die Katalysatoren sehr wertvoll.
Ostwald-Verfahren – Das Wichtigste
- Das Ostwald-Verfahren erlaubt die großtechnische Herstellung von Salpetersäure und besteht aus drei Teilschritten.
- 1. Schritt: Die katalysierte Oxidation von Ammoniak zu Stickstoffmonoxid.
- 2. Schritt: Die Oxidation von Stickstoffmonoxid zu Stickstoffdioxid.
- 3. Schritt: Die Umsetzung zur Salpetersäure.
- Die Komponenten des Verfahrensprozesses sind Gasmischer, Erhitzer, Kontaktofen mit Platin-Rhodium-Netzkatalysator, Kühlsystem, Oxidationsturm, Absorptionsturm und Destillationskolonne.
- Der Netzkatalysator beschleunigt die Reaktion und begünstigt die Bildung von Stickstoffmonoxid.
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Gabriel Freitas ist AI Engineer mit solider Erfahrung in Softwareentwicklung, maschinellen Lernalgorithmen und generativer KI, einschließlich Anwendungen großer Sprachmodelle (LLMs). Er hat Elektrotechnik an der Universität von São Paulo studiert und macht aktuell seinen MSc in Computertechnik an der Universität von Campinas mit Schwerpunkt auf maschinellem Lernen. Gabriel hat einen starken Hintergrund in Software-Engineering und hat an Projekten zu Computer Vision, Embedded AI und LLM-Anwendungen gearbeitet.
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