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Chiralität Definition
Chiralität ist eine Eigenschaft chemischer Verbindungen. Chirale Moleküle können durch Drehen nicht mit ihrem Spiegelbild zur Deckung gebracht werden. Sie besitzen keine Symmetrieebene und kein Symmetriezentrum.
Die Weinsäure (C4H6O6) besitzt beispielsweise zwei zueinander chirale Isomere. Isomere sind chemische Moleküle, die dieselbe Summenformel besitzen, aber eine unterschiedliche Struktur aufweisen. Wie Du in der Abbildung sehen kannst, verhalten sich diese beiden Isomere der Weinsäure wie Bild und Spiegelbild. Die blaue Linie zwischen den beiden Verbindungen steht hierbei für Achse, an der die beiden Moleküle gespiegelt werden. Auch durch Drehen kann man weder das rechte noch das linke Molekül der Weinsäure in die jeweils andere Verbindung überführen.
Achirale Verbindungen
Das Gegenteil einer chiralen Verbindung ist die achirale Verbindung. Achirale Verbindungen besitzen im Gegensatz zu chiralen Verbindungen mindestens eine Symmetrieebene oder ein Symmetriezentrum. Bild und Spiegelbild achiraler Verbindungen sind somit deckungsgleich, also identisch.
Neben den beiden Isomeren der Weinsäure, die Du schon kennengelernt hast, besitzt die Weinsäure noch ein drittes Isomer. Dieses Isomer besitzt, anders als die anderen beiden, eine Spiegelebene. Diese Spiegelebene teilt das Isomer in zwei Hälften, die zueinander symmetrisch sind. In der Abbildung sind die Spiegelebenen durch rote Striche markiert. Spiegelt man dieses Isomer, so bekommt man dessen Spiegelbild. Indem man das Spiegelbild um 180° dreht, erhält man das Ausgangsmolekül. Die beiden abgebildeten Moleküle sind also identisch. Dieses Isomer der Weinsäure ist also ein achirales Molekül.
Chiralität erkennen
Ob ein Molekül chiral oder achiral ist, kann durch verschiedene Eigenschaften des Moleküls begründet sein. Eine Eigenschaft einer chiralen Verbindung kann dabei das Vorkommen eines oder mehrerer Stereozentren sein.
Stereozentrum
Stereozentren sind Atome, die mindestens vier unterschiedliche Reste, auch Substituenten genannt, besitzen. Das Stereozentrum kann dabei nicht mit dessen Spiegelbild in Deckung gebracht werden. Sie werden häufig mit einem Stern gekennzeichnet.
Das häufigste Beispiel eines Stereozentrums ist das asymmetrische C-Atom. Ein asymmetrisches C-Atom, oder asymmetrisch substituiertes Kohlenstoffatom, besitzt vier unterschiedliche Reste.
Besitzt ein Molekül ein einzelnes Chiralitätszentrum, ist dieses Molekül immer chiral. Gibt es mehrere Chiralitätszentren in einem Molekül, bedeutet dies nicht zwangsläufig, dass das Molekül chiral ist. Es kann auch durch Spiegelebenen oder Spiegelpunkte achiral sein. Am Beispiel der meso-Weinsäure kannst Du sehen, dass dieses Molekül trotz zweier Chiralitätszentren achiral ist. Grund ist die Spiegelebene des Moleküls.
WICHTIG: Ein Chiralitätszentrum ist kein Kriterium für chirale Moleküle. Es gibt also auch Moleküle, die kein Stereozentrum haben und trotzdem chiral sind. Diese Unterarten der Chiralität werden später näher erläutert.
Chiralität in der Isomerie
Chiralität findet man in der Isomerie. Isomere sind wie schon erwähnt chemische Moleküle, die dieselbe Summenformel besitzen, aber eine unterschiedliche Struktur aufweisen. Für die Chiralität sind Enantiomere, sowie Diastereomere bedeutend. Sie sind Untergruppen der Konfigurationsisomeren.
Konfigurationsisomere sind Isomere, die die gleiche Konstitution, also die gleiche Verknüpfung der Atome, besitzen. Sie unterscheiden sich aber in ihrer Konfiguration, also in der räumlichen Anordnung der Atome des Moleküls.
Chiralität: Enantiomere
Enantiomere sind Verbindungen, die chiral zueinander sind. Sie besitzen die gleiche Summenformel und die gleichen Bindungen und verhalten sich wie Bild und Spiegelbild. Dabei sind sie nicht deckungsgleich. Die beiden chiralen Isomere der Weinsäure, die du am Anfang dieser Erklärung schon kennengelernt hast, sind Enantiomere zueinander. Sie verhalten sich wie Bild und Spiegelbild und sind dabei nicht deckungsgleich.
Diastereomere
Diastereomere sind Moleküle, die Konfigurationsisomere aber keine Enantiomere sind. Sie können sowohl:
- chiral als auch
- achiral sein
Während die beiden chiralen Isomere der Weinsäure Enatiomere zueinander sind, ist die meso-Weinsäure ein Diastereomer zu den beiden. Dabei ist die meso-Weinsäure achiral, während die R,R-Weinsäure und die S,S-Weinsäure chiral sind.
Chiralität: R/S-Nomenklatur
Mithilfe der D, L-Nomenklatur kann man die räumliche Anordnung der Reste (= Substituenten) von speziellen Molekülen wie Zuckern oder Aminosäuren definieren. Da diese Nomenklatur nur für bestimmte Moleküle anwendbar ist, benutzt man heutzutage meist die R/S-Nomenklatur. Dabei weist man den Substituenten des Stereozentrums eine Priorität zu. Eins ist die höchste Priorität, alle weiteren Prioritäten sind jeweils geringer. Eine wichtige Rolle spielt die R/S-Nomenklatur bei der Benennung chiraler Moleküle.
Prioritäten zuweisen
- Den Atomen, die direkt am Stereozentrum binden, weist man Prioritäten zu, die von den Ordnungszahlen abhängen. Je höher die Ordnungszahl, desto höher ist auch die Priorität.
- Sind zwei Atome am Stereozentrum die gleichen, so hängt die Priorität von den Atomen ab, die an diese Atome binden. Atome, die mit einer Doppelbindung an das erste Atom gebunden sind, zählen doppelt.
Das Stereozentrum des Milchsäuremoleküls liegt beim mittleren Kohlenstoffatom. Die Substituenten dieses Stereozentrums sind eine Hydroxylgruppe (-OH), eine Carboxylgruppe (-COOH), eine Methylgruppe (-CH3) und ein Wasserstoffatom (-H).
Im ersten Schritt ordnet man nun die Prioritäten den Atomen, die direkt am Stereozentrum binden, zu. Sauerstoff hat mit einer Ordnungszahl von acht die höchste Priorität. Kohlenstoff hat eine geringere Ordnungszahl von sechs, während Wasserstoff die geringste Ordnungszahl eins besitzt.
Da zweimal ein Kohlenstoffatom das am nächsten gelegene Atom zum Stereozentrum ist, muss man hier noch das am Kohlenstoff gebundene Atom betrachten. Dies ist bei der Carboxylgruppe (-COOH), auch Carboxygruppe genannt, ein doppelt gebundenes Sauerstoffatom mit der Ordnungszahl acht. Bei der Methylgruppe (-CH3) binden am Kohlenstoffatom drei Wasserstoffatome. Da die Wasserstoffatome eine geringere Ordnungszahl als Sauerstoffatome besitzen, besitzt die Methylgruppe also eine geringere Priorität als die Carboxylgruppe.
Prioritäten | ||||
1 | 2 | 3 | 4 | |
Milchsäure | -OH | -COOH | -CH3 | -H |
Einteilung in die R- oder S-Konfiguration
Nach der Zuordnung der Prioritäten dreht man das Molekül so, dass der Substituent mit der niedrigsten Priorität nach hinten zeigt.
Jetzt schaut man die weiteren Substituenten in absteigender Priorität an. Hierbei können zwei Fälle auftreten:
- Die Prioritäten der Substituenten nehmen im Uhrzeigersinn ab. In diesem Fall besitzt das Stereozentrum eine R-Konfiguration. Das "R" kommt dabei von dem lateinischen Wort rectus, das "rechts" bedeutet.
- Die Prioritäten der Substituenten nehmen im Uhrzeigersinn zu. Hier besitzt das Stereozentrum eine S-Konfiguration. Das "S" kommt ebenfalls aus dem Lateinischen und steht für sinister, was "links" bedeutet.
Wie Du vielleicht schon beim Beispiel der Weinsäureisomere gesehen hast, muss man die Konfiguration für jedes Stereozentrum einzeln festlegen. Daher sind die beiden Enantiomere der Weinsäure mit R,R-Weinsäure und S,S-Weinsäure benannt.
Mithilfe der Keilstrichformel lässt sich die Konfiguration bestimmen.
Gestrichelte Linien bedeuten, dass diese Bindung nach hinten zeigt, während die dreieckigen Keile Bindungen beschreiben, die auf Dich nach vorn zeigen. Alle Bindungen mit durchgezogenen Strichen liegen in der Zeichenebene.
Jetzt kannst Du die Konfiguration der beiden Milchsäuremoleküle überprüfen. Der Substituent mit der niedrigsten Priorität (-H) liegt bei beiden Isomeren hinter der Zeichenebene. Schaut man sich die Prioritäten im Uhrzeigersinn an, so fällt auf, dass sie bei der R-Milchsäure aufsteigen. Bei der S-Milchsäure dagegen steigen die Prioritäten auf, wenn man sie sich gegen den Uhrzeigersinn anschaut.
Chiralität: Arten
Man kann chirale Verbindungen in weitere Untergruppen unterteilen. Unterschieden wird zwischen:
- Zentraler Chiralität
- Axialer Chiralität
- Planarer Chiralität
- Helikaler Chiralität
Zentrale Chiralität
Diese Art liegt dann vor, wenn das Molekül lediglich ein Stereozentrum besitzt. Dieses Molekül ist immer chiral.
In dem Beispiel der Milchsäure-Enantiomere erkennt man gut, dass es sich um zentrale Chiralität handelt. Beide Moleküle besitzen ein einziges Stereozentrum.
Axiale Chiralität
Ein Molekül mit einer axialen Chiralität ist dann vorhanden, wenn das Molekül eine Chiralitätsachse, anstatt eines Stereozentrums, besitzt.
Eine Chiralitätsachse liegt beispielsweise bei Allenen vor, deren beiden Reste an den äußeren C-Atomen nicht identisch sind. Ein Beispiel für ein solches Allen siehst du in der folgenden Abbildung.
Allene sind Moleküle, die drei Kohlenstoffatome enthalten, die über zwei Doppelbindungen miteinander verknüpft sind (C=C=C).
Spiegelt man dieses Molekül und versucht es mit dem ursprünglichen Molekül zur Deckung zu bringen, so erkennt man, dass das Allen durch die räumliche Anordnung der Substituenten chiral ist. Nach der Spiegelung zeigt das Chloratom, das an das rechte Kohlenstoffatom bindet, aus der Zeichenebene heraus. Ursprünglich ragte aber die Methylgruppe aus der Ebene hervor. Dadurch ist das Molekül chiral.
Benennung von axial chiralen Molekülen
Da Moleküle mit axialer Chiralität kein Stereozentrum besitzen, kann man diese auch nicht nach dem vorher beschriebenen Prinzip benennen. Daher ist die Vorgehensweise bei diesen Verbindungen etwas anders:
Anfangs werden den Substituenten ebenfalls Prioritäten zugewiesen, wobei man die unterschiedlichen Seiten des Moleküls aufgrund der gleichen Substituenten markiert. Nun betrachtet man das Molekül in der Newman-Projektion.
Bei der Newman-Projektion werden dreidimensionale Moleküle zweidimensional dargestellt. So betrachtet man das jeweilige Molekül entlang der Rotationsachse einer ausgewählten Einfachbindung. Im Fall axialer Chiralität wird das Molekül entlang der Chiralitätsachse betrachtet.
Dann schaut man die Prioritäten der Substituenten in folgender Reihenfolge an:
- höchster vorderer Substituent
- niedrigster vorderer Substituent
- höchster hinterer Substituent
- niedrigster hinterer Substituent
In diesem Fall geht man dazu im Uhrzeigersinn, wodurch diesem Molekül die R-Konfiguration zugewiesen werden kann. Müsste man die Reihenfolge der Substituenten gegen den Uhrzeigersinn gehen, so wäre das Molekül S-konfiguriert.
Planare Chiralität
Statt eines Stereozentrums (zentrale Chiralität) oder einer Chiralitätsachse (axiale Chiralität) sind bei Molekülen mit planarer Chiralität Chiralitätsebenen vorhanden. Dabei kann das Molekül auch Stereozentren beziehungsweise Chiralitätsachsen besitzen. Eine Chiralitätsebene ist ein ebenes Molekülfragment, das mindestens einen Substituenten bindet, der aus dieser Ebene herausragt. Dadurch ist das Molekül chiral.
Benennung bei Molekülen mit planarer Chiralität
Zuerst legt man ein Leitatom oder auch Pilotatom fest. Dieses muss einige Voraussetzungen erfüllen:
- Es darf nicht selbst in der Ebene liegen.
- Es muss an ein Atom gebunden sein, das in der Ebene liegt.
- Und es muss die höchste Priorität der Atome besitzen, die außerhalb der Ebene liegen.
Dann betrachtet man die ersten drei Atome in der Chiralitätsebene, die nach dem Leitatom folgen. Dabei geht man immer in Richtung des höchst priorisierten Atoms innerhalb der Chiralitätsebene. Je nachdem, ob man dazu im oder gegen den Uhrzeigersinn gehen muss, entsprechen die Moleküle der Rp- oder Sp-Konfiguration.
Am Beispiel des 13-Brom-1, 10-dioxa[8]paracyclophan kann man planare Chiralität erkennen. Der Benzolring mit den beiden Sauerstoffatomen und dem Bromatom bildet dabei die Chiralitätsebene. Zur Benennung dieses Moleküls muss, den Bedingungen entsprechend, ein Pilotatom (P) gewählt werden. Die ersten drei Atome der Chiralitätsebene, die in Richtung des am höchsten priorisierten Atoms zeigen, sind mit a (O = Sauerstoff), b (C = Kohlenstoff) und c (C = Kohlenstoff) markiert. Da man in diesem Fall im Uhrzeigersinn von a nach c geht, handelt es sich bei diesem Molekül um (Rp)13-Brom-1,10-dioxa[8]paracyclophan.
Helikale Chiralität
Die helikale Chiralität ist eine Unterart der axialen Chiralität. Diese Chiralitätsart gilt nur für Verbindungen, die einer Schraube ähneln. Sie müssen die Eigenschaft aufweisen, links- oder rechtsdrehend zu sein. Je nachdem in welche Richtung das Molekül drehend ist, weist es eine andere Konfiguration auf:
- Rechtsdrehende Moleküle besitzen eine P-Konfiguration
- Linksdrehende Moleküle besitzen eine M-Konfiguration
Chiralität - Das Wichtigste
- Ein Molekül ist chiral, wenn es keine Symmetrieebene und kein Symmetriezentrum besitzt. Dadurch kann das Spiegelbild dieses Moleküls nicht mit dem ursprünglichen Molekül zur Deckung gebracht werden.
- Das Gegenteil von chiralen Molekülen sind achirale Moleküle. Sie besitzen mindestens eine Symmetrieebene oder ein Symmetriezentrum, sodass Bild und Spiegelbild eines achiralen Moleküls identisch sind.
- Stereozentren sind Atome, die mindestens vier unterschiedliche Reste besitzen. Das häufigste Beispiel eines Stereozentrums ist das asymmetrisch substituierte Kohlenstoffatom. Es besitzt vier unterschiedliche Substituenten.
- Chiralität tritt bei Enantiomeren und Diastereomeren auf, dabei sind Enantiomere immer chiral, während Diastereomere sowohl chiral als auch achiral sein können.
- Die Chiralität unterteilt man in zentrale, axiale, planare und helikale Chiralität.
- Zur Benennung chiraler Moleküle verwendet man die R/S-Nomenklatur.
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Häufig gestellte Fragen zum Thema Chiralität
Wann ist ein Moleküle chiral?
Ein Moleküle ist chiral, wenn es keine Symmetrieebene und kein Symmetriezentrum besitzt. Außerdem kann es durch Drehen nicht mit seinem Spiegelbild zur Deckung gebracht werden.
Wie erkenne ich ein Chiralitätszentrum?
Chiralitätszentren, auch Stereozentren genannt, sind Atome, die mindestens vier unterschiedliche Substituenten besitzen. Häufig handelt es sich um Kohlenstoffatome, die Stereozentren bilden.
Was ist achirale Moleküle?
Achirale Verbindungen besitzen mindestens eine Symmetrieebene oder ein Symmetriezentrum. Bild und Spiegelbild achiraler Verbindungen sind somit deckungsgleich, also identisch. Eine achirale Verbindung ist das Gegenteil einer chiralen Verbindung.
Sind Diastereomere chiral?
Diastereomere können chiral, aber auch achiral sein.
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