Proteinstruktur

Wenn Du ein Hühnerei abrätst, verändert sich die Farbe. Das vorher durchsichtige Eiweiß wird weiß. Der Grund für diese Änderung ist, dass sich die Proteinstruktur des Eiweißes verändert. Wie genau dieser Effekt zustande kommt, erfährst Du im Laufe dieser Erklärung.

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    Grundlagen der Proteinstruktur

    In der Biochemie werden die verschiedenen Strukturen eines Proteins oder Peptids unter der Proteinstruktur zusammengefasst. Diese Strukturen werden hierarchisch in die Primärstruktur (Aminosäuresequenz), die Sekundärstruktur, die Tertiärstruktur und die Quartärstruktur unterteilt.

    Die 21 proteinogenen Aminosäuren sind die Bausteine der Proteine. In der Grundstruktur tragen die proteinogenen Aminosäuren am α-C-Atom eine Carbonsäuregruppe und eine Aminogruppe.

    Das α steht für eine Nummerierung der Kohlenstoffatome. Das α-C-Atom ist das Kohlenstoffatom, das sich direkt neben einer funktionellen Gruppe befindet. Bei einer Aminosäure ist es das Kohlenstoffatom, an welches die Carbonsäure- und die Aminogruppe gebunden sind.

    Peptidbindung in der Proteinstruktur

    Bei der Biosynthese von Proteinen werden ausgewählte Aminosäuren durch Peptidbindungen in einer bestimmten Reihenfolge zur Polypeptidkette verknüpft.

    Unter Wasserabspaltung können die Aminosäuren Peptidbindungen zueinander ausbilden. Dabei handelt es sich um eine Kondensationsreaktion. Die Verknüpfung entsteht zwischen der Aminogruppe einer Aminosäure und der Carboxylgruppe der anderen.

    Dementsprechenden reagieren zum Beispiel zwei Glycinmoleküle unter Ausbildung einer Peptidbindung zu Glycyl-Glycin.

    In der Peptidbindung bildet sich aufgrund des Elektronegativitätsunterschiedes ein Doppelbindungscharakter. Der Sauerstoff ist elektronegativer als der Stickstoff und zieht somit das gemeinsame Elektronenpaar an sich. Aus diesem Grund "schiebt" der Stickstoff ein freies Elektronenpaar zu einem gewissen Teil in die Bindung zwischen dem Kohlenstoff- und Stickstoffatom.

    Wenn sich nun längere Aminosäureketten bilden, liegen immer zwei Peptidbindungen gegenüber, sodass Wasserstoffbrückenbindungen ausgebildet werden können. Diese Wasserstoffbrückenbindungen, sowie weitere Kräfte, wie Disulfidbrücken und ionische Wechselwirkungen bilden die Grundlage der verschiedenen Strukturebenen der Proteine. Im Laufe dieser Erklärung erfährst Du mehr über diese Kräfte.

    Die vier Ebenen der Proteinstruktur

    Die Struktur von Proteinen ist in der Biochemie hierarchisch in verschiedene Strukturebenen gegliedert. Diese spezielle Einteilung wurde erstmals 1952 von Kaj Ulrik Linderstrøm-Lang vorgeschlagen. Er war ein dänischer Chemiker, der sich hauptsächlich mit der Proteinchemie, aber auch mit der physikalischen Chemie befasste.

    In Bezug auf die räumliche Anordnung eines Proteins wird auch der Begriff Proteinkonformation verwendet. Demnach werden Änderungen der räumlichen Proteinstruktur, Konformationsänderungen genannt.

    Es werden folgende vier hierarchisch angeordnete Strukturebenen unterschieden:

    • Primärstruktur: Das ist die Abfolge der Aminosäuren in der Peptidkette (auch Aminosäuresequenz genannt).

    • Sekundärstruktur: Die Aminosäuren der Primärstruktur bilden Wechselwirkungen zueinander aus und bilden regelmäßige Strukturen. Dabei entsteht insbesondere die α-Helix oder das β-Faltblatt.

    • Tertiärstruktur: Das ist die räumliche Anordnung der Aminosäurekette. Durch intramolekulare Wechselwirkungen zwischen den Resten der Aminosäuren kommt es zu einer Faltung der gesamten Polypeptidkette.

    • Quartärstruktur: Diese Struktur beschreibt die Anordnung von mehreren Polypeptidketten, die sich zu einem Proteinkomplex zusammenlagern. Das ist die räumliche Anordnung des gesamten Proteinkomplexes mit all seinen Untereinheiten.

    Primärstruktur

    Die Aminosäurenabfolge von Proteinen wird als Primärstruktur bezeichnet. Die Aminosäuren werden durch die Peptidbindungen zusammengehalten. Bei der Darstellung der Primärstruktur ist die freie Aminogruppe (N-Terminus) in der Regel links und die freie Carboxylgruppe (C-Terminus) rechts.

    Als C- und N-Terminus werden die jeweiligen Enden der Aminosäureketten bezeichnet. Dabei befindet sich am C-Terminus die Carboxylgruppe, die frei ist und nicht an einer Peptidbindung beteiligt ist. Die freie, nicht gebundene Aminogruppe befindet sich am N-Terminus.

    Sekundärstruktur

    Wenn die Aminosäuren der Primärstruktur Wechselwirkungen untereinander ausbilden, entsteht eine regelmäßige Struktur, die als Sekundärstruktur bezeichnet wird. Die am häufigsten vorkommenden Sekundärstrukturen sind die α-Helix und das β-Faltblatt. Die Form beider Strukturen entsteht durch Wasserstoffbrückenbindungen zwischen den Carbonyl- und Aminogruppen der Peptidbindungen der Aminosäuren.

    Bei der α-Helix handelt es sich um eine spiralförmige Struktur, bei der jede Windung 3,6 Aminosäuren enthält. Bei einem β-Faltblatt liegen Abschnitte von Aminosäureketten nebeneinander. Die Abschnitte werden durch die Wasserstoffbrückenbindungen zusammengehalten.

    Tertiärstruktur

    Als Tertiärstruktur bezeichnet man die räumliche Anordnung der Aminosäurekette. Durch intramolekulare Wechselwirkungen zwischen den Resten der Aminosäuren kommt es zu einer Faltung der gesamten Polypeptidkette. Diese Wechselwirkungen sind Van-der-Waals-Kräfte, ionische Wechselwirkungen, Disulfidbrücken, hydrophobe Wechselwirkungen und Wasserstoffbrückenbindungen.

    Über die Peptidbindung hinaus, kommen in der Biochemie auch Disulfidbrücken vor. Das sind Atombindungen zwischen zwei Schwefelatomen von Cysteinmolekülen. Durch diese Bindung wird die dreidimensionale Struktur von Proteinen stabilisiert. Die Bindung entsteht durch eine Oxidationsreaktion zwischen den Thiolgruppen (-SH) von zwei Cysteinmolekülen.

    Durch die Disulfidbrücken können die Tertiär- und Quartärstruktur von Proteinen ausgebildet werden.

    Über die genannten Wechselwirkungen hinaus können die Aminosäurereste mit entgegengesetzter Ladung zueinander auch Ionenbindungen ausbilden.

    Quartärstruktur

    Als Quartärstruktur wird die Anordnung von mehreren Aminosäureketten als Proteinkomplex bezeichnet. Die gleichen Wechselwirkungen der Tertiärstruktur halten auch die Quartärstruktur zusammen.

    Ein Beispiel für einen derartigen Proteinkomplex ist Hämoglobin. Hämoglobin wird als roter Blutfarbstoff bezeichnet, weil es unserem Blut seine rote Farbe verleiht. Es besteht aus Eiweiß (Protein) und macht circa 90 % unserer roten Blutkörperchen aus.

    Hämoglobin besteht aus vier Untereinheiten: jeweils zwei α- und zwei β-Einheiten namens α- und β-Globin. Weiterhin enthält es Häm (eisenhaltiger Farbstoff). Die Aufgabe von Hämoglobin ist der Transport von Sauerstoff im Blut.

    Proteinen – Denaturierung

    Die dreidimensionale Struktur, in der ein bestimmtes Protein seine Funktion ausübt, wird auch native Struktur genannt. Diese Struktur ist für die Funktion bedeutungsvoll. Eine fehlerhafte Proteinstruktur, also ein Verlust der nativen Struktur, beispielsweise aufgrund von Denaturierung, kann zum Ausfall der ursprünglichen Proteinfunktion führen.

    Als Denaturierung wird die Veränderung der Struktur von Biomolekülen bezeichnet. Diese Biomoleküle können unter anderem Proteine oder die DNA sein. Durch einen bestimmten äußerlichen Einfluss kommt es zu einer Strukturänderung in den Molekülen, sodass sie ihre eigentliche Funktion nicht mehr ausüben können.

    Bei der Denaturierung von Proteinen kommt es zu einer Veränderung der Sekundär-, Tertiär- und Quartärstruktur des Proteins. Dadurch kann das Protein seine Funktion nicht mehr ausüben. Die Primärstruktur bleibt jedoch erhalten, da keine Peptidbindungen aufgebrochen werden.

    Es gibt verschiedene chemische und physikalische Gründe für die Denaturierung. Einer der häufigsten ist Hitze. Der Grund, warum ein Hühnerei beim Braten oder Kochen fest wird, ist die Denaturierung. Aufgrund der Änderung der Proteinstruktur wird das Eiweiß fest und die Farbe wird weiß. Dieser neue Zustand lässt sich nicht mehr rückgängig machen.

    Proteinstruktur – Proteinsynthese und -faltung

    Die Proteinbiosynthese ist der neue Aufbau von Proteinen in lebenden Zellen. Dabei werden aus Aminosäuren nach den Vorgaben der Erbinformation neue Proteine hergestellt. Die Proteinbiosynthese wird in Transkription und Translation unterteilt. Die Transkription ist die Umschreibung eines Gens in eine messenger-RNA (mRNA). Gene enthalten Informationen zum Bau von Proteinen.

    Die Translation ist die Synthese von Proteinen, wobei die Basensequenz der mRNA in eine Aminosäuresequenz eines Proteins übersetzt wird. Die mRNA wird gemäß dem genetischen Code übersetzt. Dabei steht immer eine Dreierfolge von Basen (Basentriplett oder Codon) für eine spezifische Aminosäure in der entstehenden Aminosäuresequenz.

    Der Prozess, durch den die Proteine ihre dreidimensionale Struktur erhalten, nennt sich Proteinfaltung. Diese Proteinfaltung findet während und nach der Synthese der Peptidkette statt und ist außerdem Voraussetzung für die fehlerfreie Funktion des Proteins.

    Sogenannte Chaperone ermöglichen die Proteinfaltung. Durch das Öffnen und Schließen ihres "Deckels" nehmen sie ungefaltete Proteine, also eine Peptidkette, auf, woraufhin die Proteine ihre korrekte dreidimensionale Form einnehmen können. Danach öffnet sich der "Deckel" des Chaperons und das fertige, korrekt gefaltete Protein wird entlassen.

    Trotz dieses Systems können falsch gefaltete Proteine entstehen. Dafür gibt es zwei Gründe:

    • Es kann von Beginn an eine falsche Aminosäurekette gebildet worden sein.
    • Ein Protein verliert später seine korrekte Proteinfaltung.

    Ein Beispiel für die erste Möglichkeit ist eine Mutation in einem Gen für den Tumorsuppressor namens p53. Die Aufgabe dieses Gens besteht eigentlich darin, beschädigte DNA-Abschnitte zu reparieren. Wenn aber diese Mutation eintritt, kann es seine Aufgabe nicht mehr erfüllen, weshalb möglicherweise Krebs entstehen kann.

    Eine Mutation ist eine dauerhafte und vererbbare Veränderung der genetischen Information eines Organismus. Kommt die Mutation in einer Körperzelle vor, kann sie an die Tochterzellen weitergegeben werden.

    Bei der zweiten Möglichkeit kann es durch die falsche Proteinfaltung zur Verklumpung eines Proteins kommen, was zu Krankheiten wie Chorea Huntington oder Alzheimer führen kann. Diese Verklumpung geschieht, wenn Zellen unter lang anhaltendem Stress, zum Beispiel im Zuge von Erkrankungen stehen oder der Körper starken Belastungen ausgesetzt wird.

    Chorea Huntington ist eine Erbkrankheit, bei der Bereiche des Gehirns nach und nach zerstört werden. Dabei kann es zu Bewegungsstörungen sowie psychiatrischen Störungen kommen.

    Alzheimer ist die häufigste Form der Demenz. Es kommt zum unheilbaren Absterben von Nervenzellen im Gehirn, was zu Verwirrung und Vergesslichkeit führt.

    Proteinstruktur – Bestimmung

    Um die Proteinstruktur experimentell zu bestimmen, gibt es verschiedene Möglichkeiten:

    • Kristallstrukturanalyse: Die Atomanordnung wird mithilfe von ionisierender Strahlung bestimmt.
    • Magnetische Kernresonanzspektroskopie (NMR): Die 3D-Struktur von Proteinen und den Komplexen, die sie mit anderen Biomolekülen bilden, können bestimmt werden. Die Kernresonanzfrequenz eines Atoms hängt vom chemischen Umfeld ab und gibt Informationen über die räumliche Anordnung der Atome im Protein.
    • Größenausschlusschromatografie: Die Proteine werden chromatografisch aufgrund ihrer Größe in einer Lösung aufgetrennt. Die Chromatografie ist in der Chemie eine Methode zur Auftrennung eines Stoffgemisches durch die Verteilung der Bestandteile zwischen einer stationären und mobilen Phase.
    • Analytische Ultrazentrifugation: Das ist ein Trennverfahren (Zentrifugation), bei dem sich die Proteinbestandteile voneinander trennen.

    Proteinstruktur – Das Wichtigste

    • In der Biochemie fasst man die verschiedenen Strukturebenen eines Proteins oder Peptids unter der Proteinstruktur zusammen.
    • Diese Strukturen werden hierarchisch unterteilt in die
      • Primärstruktur (Aminosäuresequenz),
      • die Sekundärstruktur,
      • die Tertiärstruktur und
      • die Quartärstruktur.
    • Die Peptidbindung bildet die Grundlage für die Verknüpfung der Aminosäuren zu einer Polypeptidkette. Dadurch bildet sich die Primärstruktur aus.
    • Durch die Ausbildung von Wasserstoffbrücken, Disulfidbrücken und weiteren intermolekularen Wechselwirkungen wie Van-der-Waals-Kräfte kommen die weiteren Strukturebenen zustande.
    • In der dreidimensionalen Struktur übt das Protein seine Funktion aus. Eine fehlerhafte Proteinstruktur kann folglich zum Ausfall der ursprünglichen Proteinfunktion führen.

    Nachweise

    1. Linderstrøm-Lang (1952). Proteins and Enzymes. Stanford University Press.
    2. Berg et al. (2002). Secondary structure: Polypeptide chains can fold into regular structures such as the alpha helix, the beta sheet, and turns and loops. Biochemistry.
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    Häufig gestellte Fragen zum Thema Proteinstruktur

    Welche Proteinstrukturen gibt es?

    Es werden hierarchisch vier Strukturebenen unterschieden: die Primärstruktur, die Sekundärstruktur, die Tertiärstruktur und die Quartärstruktur. Die Primärstruktur ist die Abfolge der Aminosäuren der Peptidkette (auch Aminosäuresequenz genannt). Bei der Sekundärstruktur handelt es sich um die räumliche Struktur eines lokalen Bereiches im Protein (beispielsweise α-Helix oder β-Faltblatt). Die Tertiärstruktur ist die räumliche Struktur einer Untereinheit. Die Quartärstruktur bildet die räumliche Struktur des gesamten Proteinkomplexes mit allen Untereinheiten.

    Was sind Proteinstrukturen?

    In der Biochemie fasst man die verschiedenen Strukturebenen eines Proteins oder Peptids unter der Proteinstruktur zusammen. Diese Strukturen werden hierarchisch in die Primärstruktur (Aminosäuresequenz), die Sekundärstruktur, die Tertiärstruktur und die Quartärstruktur unterteilt.

    Wie wirken sich Anziehungskräfte auf die Struktur von Proteinen aus? 

    Die Anziehungskräfte zwischen den Aminosäuren ermöglichen die Tertiär- und Quartärstruktur. Das können Van-der-Waals-Kräfte, ionische Wechselwirkungen, Disulfidbrücken und hydrophobe Wechselwirkungen sein. 

    Wie entsteht die Quartärstruktur? 

    Die Quartärstruktur entsteht durch die Anordnung von mehreren Aminosäureketten als Proteinkomplex. Der Komplex wird durch Van-der-Waals-Kräfte, ionische Wechselwirkungen, Disulfidbrücken und hydrophobe Wechselwirkungen zusammengehalten.

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