Anionische Polymerisation

Die anionische Polymerisation ist eine der drei verschiedenen Polymerisationsarten. Du kannst zwischen der radikalischen, kationischen und anionischen Polymerisation unterscheiden. Bei der anionischen Polymerisation wird die negative Ladung eines Anions genutzt, um eine Kettenreaktion einzuleiten.

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    Anionische Polymerisation – Definition

    Eine anionische Polymerisation ist eine Polymerisationsreaktion, die mithilfe von Anionen abläuft.

    Die Anionen greifen nucleophil an Monomeren an. Diese Monomere eignen sich die negative Ladung an und werden selbst zu Anionen. Innerhalb der Monomere können sich durch die Bindung des Anions Kohlenstoff-Doppelbindungen verschieben. Diese negative geladenen Monomer-Moleküle können schließlich weiterreagieren.

    Die anionische Polymerisation kann auch als nucleophile Polymerisation bezeichnet werden. Grund dafür ist der nucleophile Angriff des Anions am Monomer.

    Die anionische Polymerisation ist eine lebende Polymerisation, in Englisch living polymerization. Diese Bezeichnung resultiert daraus, da es keine wirkliche Abbruchreaktion gibt. Auch wenn die Monomere komplett zu Polymeren polymerisiert sind, bleibt das Potenzial für eine weitere Reaktion durch die Anionen bestehen. Sobald neue Monomere zur Mischung gegeben werden, kann die Reaktion weiter ablaufen.

    Anionische Polymerisation – Monomere

    Als Monomere für eine anionische Polymerisation können Verbindungen verwendet werden, bei denen ein -I-Effekt (sprich: Minus-I-Effekt) von gebundenen Gruppen ausübt wird. Dieser -I-Effekt hat eine elektronenanziehende Wirkung. Dies trifft beispielsweise auf Abkömmlinge von Alkenen zu, die eine verminderte Elektronendichte besitzen.

    Ein -I-Effekt ist ein induktiver Effekt. Der -I-Effekt bewirkt eine elektronenschiebende Wirkung. Grund ist eine ungleichmäßige Verteilung der Elektronen bei einer Elektronenpaarbindung. Durch eine unterschiedliche Elektronegativität der Bindungspartner sind die Elektronen nicht gleichmäßig aufgeteilt.

    Abkömmlinge einer Verbindung werden auch Derivate genannt. Diese Derivate haben die grundlegende Struktur einer Ausgangsverbindung, jedoch weisen Derivate noch weitere funktionelle Gruppen auf. Somit sind Abkömmlinge hinsichtlich ihrer Struktur leicht modifiziert.

    Beispiele für Monomere in der Chemie sind das Nitril und der Ester der Methacrylsäure.

    Anionische Polymerisation Methacrylnitril Strukturformel StudySmarterAbb. 1: Methacrylnitril

    Anionische Polymerisation – Initiatoren

    Die Einleitung der Kettenreaktion wird durch Initiatoren ermöglicht. Als Initiator für eine anionische Polymerisation werden starke Basen, etwa ein Alkoholat, Alkalimetalle und Grignard-Verbindungen genutzt. Häufig verwendete Initiatoren zur Einleitung einer Reaktion sind Alkyllithium-Initiatoren.

    Eine Grignard-Verbindung entsteht durch die Reaktion von einem Alkylhalogenid oder Arylhalogenid mit Magnesium in einem Lösungsmittel. Es ist ein metallorganisches Reagenz, welches in der sogenannten Grignard-Reaktion eingesetzt wird. Die allgemeine Summenformel von Grignard-Verbindungen lautet R-Mg-X, wobei R ein organischer Rest und das X ein Halogen ist.

    Bei der Auswahl des richtigen Initiators zur Einleitung der Reaktion sollte das vorliegende Monomer beachtet werden. Je nachdem, wie reaktiv das Monomer hinsichtlich eines nucleophilen Angriffs ist, muss ein anderer Initiator genutzt werden.

    Der Initiator extern in das Monomer-Gemisch gegeben werden. Eine andere Möglichkeit ist, dass sich der Initiator innerhalb des Monomer-Gemischs bildet.

    Anionische Polymerisation – Mechanismus

    Das Anion liegt als Initiator im Monomer-Gemisch vor. Dieses negativ geladene Ion greift nucleophil an einem Monomer an. Dieser nucleophile Angriff ist möglich, da in den Monomeren Gruppen gebunden sind, die einen -I-Effekt ausüben. In der unten gezeigten Abbildung können diese eine der vier organischen Reste sein. Somit kommt es zu Kohlenstoffatomen, die eine verminderte Elektronendichte besitzen und so leicht positiviert sind. An dieser Stelle erfolgt der nucleophile Angriff. Ein Beispiel für solch ein Monomer ist Methacrylnitril.

    Das durch die initiale Reaktion entstandene Anion greift nun an und wird kovalent an das Monomer gebunden. Die negative Ladung wird auf das Monomer übertragen. Diese negative Ladung im Monomer wird über Mesomerie delokalisiert. Dieser Effekt stabilisiert das Molekül.

    Durch die kovalente Bindung des Anions können sich C-Doppelbindungen innerhalb des Monomers verschieben. Das entstandene Monomer mit einer negativen Ladung am C-Atom wird Carbanion genannt. Diese Reaktion siehst du in Abbildung 3.

    Eine kovalente Bindung wird auch als Elektronenpaarbindung bezeichnet. Der Hintergrund ist, dass sich zwei Atome ein Elektronenpaar oder auch mehrere teilen. So kommt eine Bindung zwischen diesen beiden Atomen zustande. In der Regel bilden sich kovalente Bindungen zwischen Nichtmetallen aus.

    Eine delokalisierte Ladung liegt vor, wenn diese innerhalb eines Moleküls keinen festen Atomen oder Atomgruppen zugeordnet werden kann. Folge dieser Delokalisierung ist, dass es für eine Verbindung keine eindeutige Strukturformel mit festen Bindungen gibt. Es kommt zur Mesomerie.

    Dieses neu entstandene Anion reagiert nun weiter. Das Anion greift weitere Monomere nucleophil an. So folgt eine Kettenreaktion und es entstehen schließlich Polymere, also Ketten aus Monomeren.

    Bei der anionischen Polymerisation ist es wichtig, dass wasserfrei gearbeitet wird. Denn durch Wasser kann es zu keiner Fortführung der Kettenreaktion kommen. Wenn geringe Spuren von Wasser enthalten sind, kommt es zu einer Abspaltung eines Protons aus dem Wasser. Dieses Proton reagiert mit dem Carbanion. Somit gibt es dann keine negative Ladung mehr, die die Polymerisation fortsetzen kann. Diese Reaktion kannst du in Abbildung 4 erkennen.

    Anionische Polymerisation – Beispiele

    Wie genau die anionische Polymerisation funktioniert, kannst du dir hier an ein paar konkreten Beispielen ansehen.

    Anionische Polymerisation von Butadien

    Für diese Reaktion wird das Monomer Butadien und der Initiator Butyllithium zur Einleitung der Reaktion verwendet. Durch die anionische Polymerisation entsteht das Produkt Polybutadien, welches ein Synthesekautschuk ist. Synthesekautschuk ist eine Bezeichnung für elastische Polymere. Diese Polymere werden oft zur Herstellung von Gummi verwendet. Styrol-Butadien-Kautschuk und Ethylen-Propylen-Dien-Kautschuke (EPDM) sind weitere Vertreter des Synthesekautschuks.

    Zunächst greift das Butyllithium als Initiator ein Butadien-Molekül an. Es ist ein nucleophiler Angriff. Das Butyllithium wird kovalent an das Butadien gebunden. Die C-Doppelbindung verschiebt sich innerhalb des Monomers. Die negative Ladung befindet sich nun an diesem Molekül.

    In Abbildung 5 ist der nucleophile Angriff des Initiators Butyllithium auf das Edukt Butadien dargestellt. Durch die Reaktion entsteht das Produkt Oct-2-enyllithium.

    Durch diese Reaktion entsteht ein neues Anion, bei dem die negative Ladung an einem C-Atom lokalisiert ist. Wie bereits erwähnt, wird solch ein Ion Carbanion genannt.

    Dieses Carbanion kann nun als Nucleophil fungieren und reagiert weiter. Das Anion greift weitere Butadien-Moleküle an und es kommt zu einer Kettenreaktion. Schließlich entsteht Polybutadien.

    In Abbildung 6 kannst du die Reaktion von Oct-2-enyllithium und Butadien sehen. Es entsteht das Produkt Dodec-2,6-dienyllithium.

    Anionische Polymerisation von Methanal

    Ein weiteres Produkt einer anionischen Polymerisation ist das Polyoxymethylen (POM). Polyoxymethylen ist ein Kunststoff, der für zahlreiche Spritzgussteile verwendet wird. Als Monomere dienen hierbei Methanal-Moleküle, auch als Formaldehyd bekannt. Natriummethanolat wird als Initiator zur Einleitung der Reaktion genutzt.

    Die Einleitung der anionischen Polymerisation erfolgt, indem Natriummethanolat an einem Methanal-Molekül nucleophil angreift.

    In Abbildung 7 siehst du den nucleophilen Angriff von Natriummethanolat auf Methanolat. Es entsteht Natriummethoxymethanolat. Somit entsteht ein neues, negativ geladenes Anion. Dieses Anion greift weitere Methanal-Moleküle an. Es kommt zu einer Kettenreaktion und es entsteht Polyoxymethylen.

    Anionische Polymerisation – Das Wichtigste

    • Die anionische Polymerisation ist in der organischen Chemie eine Polymerisation, die mithilfe von Anionen abläuft.
    • Zur Einleitung der anionischen Polymerisation werden starke Basen, Alkalimetalle oder Grignard-Verbindungen als Initiatoren genutzt.
    • Zur Einleitung der Reaktion greift der Initiator als Anion nucleophil am Monomer an.
    • Das Anion wird kovalent gebunden und die negative Ladung wird übertragen.
    • Das neu entstandene Carbanion greift nun weitere Monomere an und es kommt zu einer Kettenreaktion.
    • Beispiele für eine anionische Polymerisation sind die Herstellung von Polybutadien und Polyoxymethylen.
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    Häufig gestellte Fragen zum Thema Anionische Polymerisation

    Wie funktioniert die Polymerisation?

    Die Polymerisation ist eine Kettenreaktion, bei der Monomere zu Polymeren verknüpft werden. Es kann zwischen radikalischer, kationischer und anionischer Polymerisation unterschieden werden. Im Fall der anionischen Polymerisation werden die Monomere mittels Anionen zu großen Makromolekülen verknüpft.

    Wann spricht man von Polymerisation?

    Von einer Polymerisation wird gesprochen, wenn Monomere in einer Kettenreaktion zu langkettigen Polymeren verknüpft werden. Die Kettenreaktion kann dabei anionisch, kationisch oder radikalisch erfolgen.

    Was ist der Unterschied zwischen Polymerisation und Polykondensation?

    Bei der Polykondensation werden beim Verknüpfen der Monomere kleine Verbindungen abgespalten, zum Beispiel Wasser. Das ist bei der Polymerisation nicht der Fall. Dort werden keine Moleküle herausgelöst.

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