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Bei der Hydrohalogenierung gewinnt man sogenannte Halogenalkane aus Alkenen und Halogenwasserstoffen.
Hydrohalogenierung - Definition
Die Hydrohalogenierung ist eine Reaktion, bei der ein Halogenwasserstoff an ein Alken addiert wird. Dabei handelt es sich um eine elektrophile Addition. Aus einem Halogen und einem Alken entsteht genau ein Produkt, und zwar ein Halogenalkan.
Der Begriff Hydrohalogenierung bedeutet so viel wie das Hinzufügen, also die Addition eines Halogenwasserstoffs an ein Molekül. Hydro- steht hierbei für Wasserstoff und leitet sich von dem lateinischen Wort hydrogenium ab, das "wasserezeugender Stoff" bedeutet. Ein Halogen ist ein Element aus der siebten Hauptgruppe des Periodensystems und diese Elemente sind sogenannte Salzbildner.
Die Halogenwasserstoffe, die Dir begegnen werden, sind Fluor-, Chlor-, Iod- und Bromwasserstoff beziehungsweise mit den Summenformeln: HF, HCl, HI und HBr. Ein sogenanntes Alken reagiert mit einem dieser Halogenwasserstoffe. Ein Alken ist eine Kohlenwasserstoffverbindung mit einer Doppelbindung. Das einfachste Alken ist Ethen mit der Summenformel C2H4.
Bei der Hydrohalogenierung entsteht aus einem Alken wie Ethen und einem Halogenwasserstoff, HCl zum Beispiel, ein Halogenalkan, in diesem Fall Chlorethan.
Um einen ersten, einfachen Überblick zu bekommen: Ein Kohlenstoffatom der Doppelbindung erhält das Halogen, in diesem Fall Chlor, und das andere Kohlenstoffatom das Wasserstoffatom der Salzsäure (HCl). Außerdem wird aus der Doppelbindung eine Einfachbindung. Wichtig ist hierbei, dass in einem großen Molekül trotz mehrerer Kohlenstoffatome, die einfach oder zweifach miteinander verbunden sind, nur die Kohlenstoffatome mit den Doppelbindungen jeweils ein Atom des Halogenwasserstoffs erhalten.
Eine Doppelbindung ist die Voraussetzung der Hydrohalogenierung, denn sie ist sehr elektronenreich und hat damit eine starke negative Ladung. Das partiell positiv geladene Wasserstoffatom des Halogenwasserstoffs und die Doppelbindung ziehen sich deshalb erst an.
Liegen mehrere Doppelbindungen in einem Alken vor, greift das Wasserstoffatom bevorzugt an der Doppelbindung mit der höchsten Elektronendichte an. Die Elektronendichte ist abhängig von den Bindungspartnern (Substituenten) der an der Doppelbindung beteiligten Kohlenstoffatome. Diese können abhängig von ihrer Elektronegativität Elektronen zur Doppelbindung schieben oder abziehen. Man bezeichnet diesen Vorgang als induktiven Effekt, über den Du mehr in der entsprechenden Erklärung erfährst.
Der Reaktionsmechanismus der Hydrohalogenierung
Der Reaktionsmechanismus der Hydrohalogenierung gliedert sich in die drei Reaktionsschritte:
- heterolytische Bindungsspaltung
- elektrophile Addition
- nucleophiler Angriff
Im Folgenden werden die Schritte an der Beispielreaktion von Ethen mit Salzsäure (HCl) nachvollzogen. Du willst also von Ethen zu Chlorethan kommen.
Schritt 1: Heterolytische Bindungsspaltung
Der Sachverhalt ist ähnlich zu Magneten, bei denen sich ungleichnamige Pole, also Plus- und Minuspol, anziehen. Insofern ziehen sich Wasserstoffatom und Doppelbindung an, weil sie jeweils partiell positiv oder negativ geladen sind. Doch genauso weißt Du bestimmt, dass sich bei einem Magneten gleichnamige Pole, also zum Beispiel Minus- und Minuspol, abstoßen. Deshalb stoßen sich Chloratom und Doppelbindung voneinander ab, weil beide negativ oder partiell negativ geladen sind. Das macht sich dadurch bemerkbar, dass das Chloratom von der Doppelbindung abgewandt ist. Das HCl-Molekül steht folglich unter Zugspannung, da es in entgegengesetzte Richtungen gezogen wird.
Durch die gegenseitige Anziehung nähert sich das Wasserstoffatom der Doppelbindung und zieht über die Einfachbindung zum Chloratom dieses mit. Dadurch wird die elektrostatische Abstoßung zwischen Doppelbindung und Chloratom stärker. Du hast bestimmt schon versucht, mit einem Pol eines Magneten den gleich geladenen Pol eines anderen Magneten zu berühren. Sicherlich hast Du auch gemerkt, dass es immer schwieriger wurde, je näher Du die Pole aneinander gebracht hast, weil die Abstoßung immer stärker wurde. Hier ist es dasselbe.
Sobald sich das HCl-Molekül und die Doppelbindung zu nahe kommen und die elektrostatische Abstoßung zwischen Chloratom und Doppelbindung zu stark wird, resultiert eine Bindungsspaltung im HCl-Molekül, weil die Einfachbindung nicht stark genug ist, um Chloratom und Wasserstoffatom zusammenzuhalten. Das bedeutet, dass sich Chloratom und Wasserstoffatom voneinander trennen und keine Elektronen mehr in Form einer Einfachbindung teilen. Sie sind nun gegeneinander frei beweglich und das Chloratom kann von der Doppelbindung Abstand gewinnen, während sich das Wasserstoffatom der Doppelbindung weiter nähert.
Die Elektronen der Einfachbindung gehen nach der Bindungsspaltung nicht verloren, sondern werden auf das Chloratom übertragen. Das Chloratom erhält dadurch eine negative Ladung und das Wasserstoffatom eine positive Ladung. Man spricht von einer heterolytischen Bindungsspaltung, bei der Elektronen im Zuge einer Bindungsspaltung ungleich aufgeteilt werden. Es liegen jetzt Wasserstoffion (H+) und Chloridion (Cl-) vor.
Schritt 2: Elektrophile Addition
Da das Wasserstoffatom jetzt nicht mehr an das Chloratom gebunden ist, kann es eine neue Bindung mit einem Kohlenstoffatom der Doppelbindung eingehen. Das Wasserstoffatom erhält die Elektronen dabei aus der Doppelbindung. Aufgrund der elektrostatischen Anziehung zur Doppelbindung entzieht das Wasserstoffatom ein Elektronenpaar aus der Doppelbindung, welches dann für eine Einfachbindung zu einem Kohlenstoffatom (C1) genutzt wird. Du kannst es Dir so vorstellen, dass das Wasserstoffatom C2 die Elektronenpaarbindung zu C1 stiehlt. Deshalb ist das Wasserstoffatom zwar nicht mehr positiv geladen, aber dafür C2. Ein positiv geladenes Kohlenstoffatom nennt man Carbeniumion.
Es handelt sich bei der Bindungsausbildung des Wasserstoffions um eine elektrophile Addition. Das liegt daran, dass die Bindungsausbildung nur deshalb funktioniert, weil das Wasserstoffion positiv geladen ist und deswegen die elektronenreiche und deshalb stark negativ geladene Doppelbindung angreifen kann. Das Wasserstoffion ist ein elektrophiles Teilchen, also ein elektronenliebendes Teilchen.
Bei einer elektrophilen Addition bindet ein Substituent, also ein Atom oder eine ganze Verbindung, an ein anderes Atom, weil es positiv geladen ist. Die Hydrohalogenierung ist eine elektrophile Addition. Mehr dazu erfährst Du in der Erklärung zum Thema elektrophile Addition.
Ethen ist ein symmetrisches Molekül. Deshalb gibt es kein bevorzugtes Kohlenstoffatom an der Doppelbindung, das zum Carbeniumion wird. Denn beide Kohlenstoffatome sind gleichermaßen polarisiert und haben damit dieselbe Elektronendichte. Wenn die Kohlenstoffatome der Doppelbindung jedoch unterschiedliche Substituenten haben, wird eins der beiden Kohlenstoffatome für die Bildung des Carbeniumions bevorzugt. Dabei wird dasjenige Kohlenstoffatom bevorzugt, das über elektronenschiebende Effekte seiner Bindungspartner die höchste Elektronendichte hat. Dadurch kann nämlich die entstehende positive Ladung zum Teil kompensiert werden, was energetisch günstiger ist. Mehr dazu erfährst Du im StudySmarter-Original zur Markowinkow-Regel.
Schritt 3: Nucleophiler Angriff
Um von dem Molekül, das Du in Schritt 2 erhalten hast, zu Chlorethan zu gelangen, muss nur noch das Chloridion an C2 binden, womit die Hydrohalogenierung beendet ist. Wie in Schritt 2 bereits erwähnt, liegt C2 als Carbeniumion vor und ist somit positiv geladen, während das Chloridion negativ geladen ist. Insofern ist es naheliegend, dass sich Carbeniumion und Chloridion gegenseitig anziehen, dadurch näher kommen und das Chloridion schließlich mit einem seiner vier freien Elektronenpaare an das Carbeniumion bindet.
Mit den Punkten wird, wie in Schritt 1, die elektrostatische Anziehung kennzeichnet. Der Pfeil vom freien Elektronenpaar des Chloridions zum Carbeniumion hin verdeutlicht, dass das freie Elektronenpaar zur Bindungsausbildung genutzt wird. Man spricht bei diesem letzten Schritt von einem nucleophilen Angriff. Nucleophil bedeutet sinngemäß, dass ein Teilchen das Bestreben hat, eine Bindung zu positiv geladenen Teilchen auszubilden, weil es selbst negativ oder partiell negativ geladen ist, das Gegenteil eines elektrophilen Teilchens. Das Chloridion ist das nucleophile Teilchen. Mit diesem letzten Schritt ist die Hydrohalogenierung von Ethen mit Salzsäure abgeschlossen und es ist Chlorethan entstanden.
Die Verwendung der Hydrohalogenierung
Mithilfe der Hydrohalogenierung kann man 2-Chlorbutan herstellen. 2-Chlorbutan wiederum wird für die Herstellung von verschiedensten Endprodukten benötigt, etwa Duftstoffe, Pestizide und Arzneimittel.
Es gibt kaum spezifische Produkte, die insbesondere durch die Hydrohalogenierung gewonnen werden. Die Hydrohalogenierung wird aber im weiteren Sinne für die Einführung von Halogengruppen in Moleküle mit Doppelbindungen genutzt. Das kann zum Beispiel deshalb gemacht werden, um ein Molekül polarer und damit auch wasserlöslicher zu machen. Insofern erlaubt die Hydrohalogenierung also primär die Modifikation organischer Moleküle mit Doppelbindungen.
Hydrohalogenierung - Das Wichtigste
- Die Hydrohalogenierung ist eine elektrophile Addition.
- Edukte sind ein Alken und ein Halogenwasserstoff, Produkt ist ein Halogenalkan.
- Die Doppelbindung des Alkens ist der Grund, wieso die Hydrohalogenierung abläuft. Ohne Doppelbindung findet keine Hydrohalogenierung statt.
- Schritt 1: Es findet eine heterolytische Bindungsspaltung des Halogenwasserstoffs statt aufgrund des geringer werdenden Abstands zur Doppelbindung und der dadurch stärker werdenden elektrostatischen Abstoßung des Halogens. Dadurch entstehen ein Wasserstoffion (positiv geladen) und ein Halogenion/Halogenid (negativ geladen).
- Schritt 2: Ein Wasserstoffion bindet an ein Kohlenstoffatom der Doppelbindung unter Nutzung eines Elektonenpaars der Doppelbindung. Dabei wird dem anderen Kohlenstoffatom dieses Elektronenpaar entzogen und dieses erhält dadurch eine positive Ladung (Carbeniumion).
- Schritt 3: Halogenid und Carbeniumion ziehen sich an unter anschließender Bindung des Halogenids an das Carbeniumion, wodurch das gewünschte Halogenalkan entsteht.
Nachweise
- Winter (2018). Organische Chemie kompakt für Dummies. Wiley.
- Latscha, Kazmaier, Klein (2016). Organische Chemie: Chemie-Basiswissen II. Springer Spektrum.
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Häufig gestellte Fragen zum Thema Hydrohalogenierung
Was ist elektrophile Addition?
Eine elektrophile Addition ist das Binden eines (partiell) positiv geladenen Teilchens an ein Molekül, aufgrund der hohen Elektronendichte im Molekül.
Das bindende oder auch angreifende Teilchen nennt man deshalb elektrophil, weil es aufgrund der positiven Ladung/Teilladung ,,elektronenliebend" ist und Elektronen anzieht bzw. von ihnen angezogen wird.
Wie funktioniert eine elektrophile Addition?
Die elektrophile Addition ist ein Binden eines Teilchens an ein anderes Teilchen.
Voraussetzungen für diesen Bindungsvorgang im elektrophilen Sinne sind:
- Die positive Ladung/Teilladung des angreifenden Teilchens
- Die hohe Elektronendichte des angegriffenen Teilchens, etwa aufgrund einer Doppel-/Dreifachbindung.
Aufgrund der ungleichnamigen Ladungen ziehen sich die Teilchen nämlich an und begünstigen so eine Bindungsausbildung zueinander.
Ist die Hydrohalogenierung eine elektrophile Addition?
Die Hydrohalogenierung ist eine elektrophile Addition.
Sie ist jedoch eine bestimmte Form der elektrophilen Addition und ist dadurch charakterisiert, dass das angreifende, elektrophile Teilchen ein Halogenwasserstoff ist.
Was ist eine Hydrohalogenierung?
Die Hydrohalogenierung ist das Binden eines Wasserstoffatoms und eines Halogenatoms an ein Molekül.
Einfach gesagt, werden ein Halogen und ein Wasserstoff an ein Molekül hinzugefügt bzw. addiert.
Dabei läuft die Hydrohalogenierung in Form einer elektrophilen Addition ab.
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