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Im Folgenden erfährst du genauer, was hinter dem Begriff Nitrierung steckt und wie sich diese von den anderen Arten unterscheidet.
Falls du wiederholen möchtest, wie genau der Mechanismus der elektrophilen Substitution funktioniert oder etwas über eine andere Art erfahren möchtest, schau dir dazu den etnsprechenden Artikel an.
Erklärung der Nitrierung
Die Nitrierung ist eine Art der elektrophilen aromatischen Substitution und beschreibt die Einführung der sogenannten Nitrogruppe (NO2) in eine organische Verbindung.
Die Nitrierung beschreibt den Austausch eines Wasserstoffatoms des Benzolrings durch die Nitrogruppe (NO2).
Besonders die Substituenten spielen für die Reaktionsgeschwindigkeit einer Nitrierung eine Rolle. Einige beschleunigen die Reaktivität, andere setzen sie wiederum herab. Das aromatische System des Benzols lässt sich nur schwer nitrieren und erfordert eine hohe Menge des Nitronium-Ions (NO2+).
Benzol bildet die Stammverbindung der aromatischen Kohlenwasserstoffe und ist somit ein wichtiger Aromat. Es handelt sich um ein cyclisches Molekül mit konjugierten Doppelbindungen. Deshalb spricht man auch vom Benzolring. Die Summenformel des Benzols lautet C6H6.
Im Artikel zum Thema Benzol findest du weitere hilfreiche Informationen zur Gewinnung, Vorkommen und den Eigenschaften.
Nitrierung in der Industrie
Auch die Industrie macht sich die Eigenschaften der Nitrierung zunutze. Dort findet die Nitrierung etwa in der Oberflächenhärtung von nahezu allen Stahlformen ihre Anwendung. Durch das Zuführen des atomaren Stickstoffs verändern sich die Stoffeigenschaften von Stahl.
Dieser chemische Vorgang erfolgt bei Temperaturen von etwa 500 bis 520 °C. Für diese Art des Nitrierens gibt es verschiedene Verfahren. Grundsätzlich unterscheidet man in Gas-, Plasma- und Salzbadnitrieren.
In der Stahlverarbeitung wird das Nitrieren auch als Aufsticken bezeichnet. Dabei entstehen Nitridverbindungen im zu härtenden Stahl und bilden die sogenannte Nitrierschicht. Sie besteht aus zwei Zonen, einer äußeren und einer inneren.
Die Nitrierschicht besteht aus der Verbindungsschicht und der Diffusionszone.
Die Verbindungsschicht ist die äußere Schicht und bis zu 0,3 Millimeter dick. Dieser Teil der Nitriersicht besteht hauptsächlich aus Eisennitriden. Zwar weist die Verbindungssicht eine hohe Verschleißfestigkeit auf und ist sehr hart. Gegen äußere Schlageinwirkungen ist sie jedoch empfindlich.
Die Diffusionszone bildet die zweite Zone der Nitrierschicht mit einer Dicke bis zu 0,7 Millimeter. Hier spielt die Anzahl der nitridbildenden Legierungselemente eine Rolle, wie hart diese Zone letztlich ist. Zu den Legierungselementen zählen beispielsweise Chrom oder Aluminium.
Nitrierung – Mechanismus
Bei der Nitrierung handelt es sich um den Mechanismus einer elektrophilen Substitution, die am aromatischen Ring abläuft. Dabei wird ein Wasserstoffatom durch eine Nitrogruppe ersetzt. Die dabei entstehenden Reaktionsprodukte sind wichtige Grundchemikalien für die industrielle Chemie.
Für die Einführung der Nitrogruppe wird eine bestimmte Menge des Nitronium-Ions benötigt, das zusätzlich die Reaktionsgeschwindigkeit der elektrophilen Substitution beeinflusst. Das Nitronium-Ion ist in Salpetersäure enthalten, jedoch nur in einer geringen Menge. Durch den Einsatz von Nitriersäure wird die Menge des Ions erhöht sowie die Reaktionsgeschwindigkeit.
Bei der zur Nitrierung eingesetzten Nitriersäure handelt es sich um ein Gemisch aus konzentrierter Salpetersäure und konzentrierter Schwefelsäure.
Die Nitriersäure beschleunigt den Reaktionsmechanismus der Nitrierung, da in reiner Salpetersäure nur eine geringe Menge von Nitronium-Ionen enthalten sind.
Mesomerie und induktiver Effekt
Nicht nur die Nitriersäure beschleunigt den Reaktionsmechanismus einer Nitrierung, auch funktionelle Gruppen und Reste haben einen Einfluss auf die Reaktivität des aromatischen Rings (Ar). Sicherlich hast du schon einmal vom M-Effekt und I-Effekt gehört. Dabei handelt es sich um den Mesomerie-Effekt und den induktiven Effekt.
Mesomerie Effekt
Der Mesomerie-Effekt wird in der Chemie mit der Bezeichnung M-Effekt abgekürzt. Dabei handelt es sich um den Einfluss des Substituenten auf den mesomeren Zustand des aromatischen Rings. Verstärkt der Substituent den Mesomerie-Effekt spricht man von einem +M-Effekt. Wird der mesomere Zustand verringert, spricht man von einem -M-Effekt.
Die Mesomerie ist auch unter dem Begriff Resonanz oder Resonanzstrukturen bekannt. Dabei handelt es sich um die dynamische Verlagerung von Ladungen innerhalb eines Moleküls. Die Darstellung erfolgt nicht nur über eine Strukturformel, sondern über mehrere Grenzstrukturen. Im Artikel "Mesomerie" kannst du noch einmal genauer nachlesen, worum es sich dabei handelt.
Hier findest du einige Beispiele für einen positiven bzw. negativen Mesomerie-Effekt:
Bei einem +M-Effekt haben alle Reste oder funktionelle Gruppen freie Elektronenpaare: Ar-OH, Ar-NH2, Ar-Halogen.
Bei einem -M-Effekt liegt häufig ein Elektronenmangel am Stickstoffatom (N-Atom) vor: Ar-NO2.
Induktiver Effekt
Der induktive Effekt beschreibt hingegen den Einfluss des Substituenten auf die Elektronen. Dieser wird in der Chemie durch die Abkürzung I-Effekt beschreiben. Bei einem positiven induktiven Effekt (+I-Effekt) werden Elektronen durch den Substituenten in den Kern des aromatischen Rings hineingeschoben. Liegt ein negativer induktiver Effekt (-I-Effekt) vor, so werden dem aromatischen Ring Elektronen entzogen.
Hier findest du einige Beispiele für einen positiven oder einen negativen induktiven Effekt:
Positive induktive Effekte (+I-Effekt) zeigen hauptsächlich Alkylreste, da hier weder ein Elektronenmangel vorliegt, noch haben diese ein freies Elektronenpaar: Ar-CH3.
Im Unterschied zum +I-Effekt haben die Reste und funktionellen Gruppen beim -I-Effekt ein freies Elektronenpaar oder einen Elektronenmangel: Ar-OH, Ar-NH2, Ar-Halogen, Ar-NH3+.
Nitrierung verschiedener Aromaten
Im Artikel zum Thema wichtige Aromaten hast du bereits einige Aromaten und ihre Eigenschaften kennengelernt. Das Benzol bildet die sogenannte Grundverbindung bei den Aromaten und besteht aus einem Benzolring. Je nach zusätzlicher funktioneller Gruppe gibt es weitere Aromaten. Neben Benzol zählen auch Toluol und Phenol zu der Stoffklasse der Aromaten und stellen wichtige Vertreter dar.
Für das Verfahren der Nitrierung wird häufig Salpetersäure eingesetzt. Was genau die Salpetersäure bei der Nitrierung verschiedener Aromaten erwirkt, wird in den folgenden drei Fallbeispielen dargestellt:
Nitrierung von Benzol
Durch die Nitrierung von Benzol entsteht Nitrobenzol. Dabei reagiert das Benzol mit Salpetersäure und Schwefelsäure als Katalysator. Der deutsche Chemiker Eilhard Mitscherlich hat im Jahre 1834 erstmalig Nitrobenzol durch die Nitrierung des Benzols mit rauchender Salpetersäure hergestellt. Bereits 1847 wurde Nitrobenzol industriell hergestellt.
Fast 30 Jahre nach Durchführung der ersten Reaktion zum Nitrobenzol fand der deutsche Chemiker Julius Wilbrand heraus, dass ein Gemisch aus Salpetersäure und Schwefelsäure viel reaktiver sei, als rauchende Salpetersäure. Beide Säuren müssen dazu allerdings in konzentrierter Form vorliegen. Das von Wilbrand beschriebene Gemisch ist heute als Nitriersäure bekannt.
Da am Benzol keine Reste und funktionelle Gruppen vorhanden sind, ist die Nitrierung reaktionsträge. Hier können keine positiven Mesomerie-Effekte sowie induktive Effekte ausgeübt werden. Jedoch wird durch die Nitriersäure die Konzentration der Nitronium-Ionen so erhöht, dass das Benzol zu Nitrobenzol reagiert.
Nitrierung von Toluol
Toluol wird auch als Methylbenzen oder Methylbenzol bezeichnet und besitzt die Strukturformel C6H5CH3. Der strukturelle Aufbau besteht aus einem Benzolring und einer Methylgruppe.
Die Methylgruppe bildet einen Alkylrest, der reaktionsbeschleunigend wirkt. Dieser übt einen positiven induktiven Effekt aus, der Elektronen in den Kern des aromatischen Rings hineinschiebt. Anwendung findet die chemische Verbindung als Lösungsmittel oder zur Herstellung von Sprengstoff auch 2,4,6-Trinitrotoluol, kurz TNT.
Die Nitrierung von Toluol findet mit Salpetersäure (HNO3) statt. Dabei wird dem Methylbenzol eine Nitrogruppe zugefügt, wodurch vorwiegend 4-Nitrotoluol und Wasser entsteht. Dabei handelt es sich um das sogenannte para-Nitrotoluol.
Die Nitrogruppe kann auch an die 2. oder 3. Position am Benzenring gebunden werden. Dabei handelt es sich dann um 2-Nitrotoluol bzw. ortho-Nitrotoluol oder 3-Nitrotoluol bzw. meta-Nitrotoluol. Durch wiederholte Nitrierung kann schließlich das 2,4,6-Trinitrotoluol entstehen.
Bei para-, ortho- und meta- handelt es sich jeweils um die Positionen am Benzolring ausgehend von einem bestimmten Substituenten.
Befindet sich der zweite Substituent direkt gegenüber, nennt man diese Position "para-". Befindet sie sich hingegen direkt daneben, wird sie als "ortho"- angegeben. Dies gilt für beide Richtungen. Ausgehend von dem Stammsubstituenten ist die jeweils übernächste Position mit "meta-" betitelt.
Nitrierung von Phenol
Bevor auf den Mechanismus der Nitrierung von Phenol genauer eingegangen wird, schaue dir noch einmal die Stoffklasse der Phenole genauer an. Dabei handelt es sich um organische Verbindungen, die aus einem Benzenring bestehen und mindestens eine Hydroxy-Gruppe als funktionelle Gruppe tragen. Die Hydroxy-Gruppe dient dabei als direkter Substituent am aromatischen Ring.
Bei der Hydroxy-Gruppe handelt es sich um eine polare funktionelle Gruppe, die Wasserstoffbrückenbindungen bilden kann. In polaren Lösungsmitteln steigt dadurch die Löslichkeit solcher Verbindungen.
Phenol wird auch als Hydroxybenzen bezeichnet. Es ist gut in Wasser, Alkohol und Ethern löslich. In Alkanen löst sich Phenol jedoch nicht. Dort tritt eine sogenannte Mischungslücke auf. Durch die funktionelle Gruppe lassen sich die unterschiedlichen Löslichkeiten, vor allem zu Benzen und Toluen, begründen.
Die Doppelbindung des Benzenrings greift zunächst am positiv geladenen Stickstoff der Nitriersäure an und bindet diesen an den Benzenring. Grund dafür ist der positive Mesomerie-Effekt (+M-Effekt), der durch die OH-Gruppe entsteht.
Die Hydroxy-Gruppe zählt zu den funktionellen Gruppen, die einen negativen induktiven Effekt begünstigen, sodass Elektronen vom Benzolring abgehen. Durch die Wechselwirkung der Hydroxy-Gruppe mit dem aromatischen Ring wird dieser jedoch aktiviert und Elektronen werden an den Ring gebunden. Der -I-Effekt ist somit schwächer als der +M-Effekt.
Das Nitryl-Kation der Salpetersäure greift nun den Kern des aromatischen Rings an. Die Nitrierung von Phenol findet bei Raumtemperatur statt und kann bereits mit verdünnter Salpetersäure durchgeführt werden. Dadurch entstehen die Isomere ortho-Nitrophenol und para-Nitrophenol.
Nitrierung - Das Wichtigste
- Die Nitrierung ist eine Art der elektrophilen Substitution und findet am Aromaten statt.
- Dem aromatischen Ring wird bei diesem Reaktionsmechanismus eine Nitrogruppe zugeführt.
- Die Nitrogruppe bildet sich aus dem Nitronium-Ion, das durch Protonierung von Salpetersäure entsteht.
- Salpetersäure enthält nur eine geringe Menge des benötigten Nitronium-Ions, weshalb für die Protonierung häufig Nitriersäure benutzt wird.
- Nitriersäure ist ein Gemisch aus konzentrierter Salpetersäure und Schwefelsäure.
- Weitere Einflussfaktoren auf die Reaktivität sind:
- Mesomerie-Effekt
- Induktiver Effekt
- funktionelle Gruppen
- Reste z. B. Alkylreste
- In der Stahlindustrie wird das Zuführen von atomarem Stickstoff zur Härtung der Oberflächen genutzt.
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Häufig gestellte Fragen zum Thema Nitrierung
Welche Stähle sind nitrierbar?
Nahezu alle Stähle sind nitrierbar.
Wie hart ist eine Nitrierschicht?
Die Nitrierschicht besteht aus zwei Zonen. Zum einen die Verbindungssicht mit einer Dicke von etwa 0,3 Millimetern und zum anderen die Diffusionszone mit einer Dicke bis zu 0,7 Millimeter. Wie hart eine Zone ist, hängt jedoch von der Anzahl der nitridbildenden Legierungselemente ab.
Warum wird nitriert?
Stähle werden nitriert, da hier die Oberfläche des Stahls gehärtet wird. Der atomare Stickstoff verändert die Stoffeigenschaften von Stahl, so dass dieser härter und verschleißfester wird.
Wie wird nitriert?
Bei der Nitrierung reagiert ein Aromat, beispielsweise Benzol, Toluol oder Phenol mit einer Nitriersäure. Die Nitriersäure beschreibt ein Gemisch aus konzentrierter Schwefel- und Salpetersäure. Die Reaktionprodukte sind häufig wichtige Grundchemikalien für die chemische Industrie und die Weiterverarbeitung zu anderen Stoffen wie Sprengstoff oder Waschmitteln.
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