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Polycarbonat Kunststoffe
Ein Polycarbonat, kurz PC, ist ein thermoplastischer Polyester der Kohlensäure. Anders gesagt, ist ein Polycarbonat ein linearer Kunststoff, mit sich wiederholenden Carbonatfunktionen entlang der Hauptkette.
Ein Thermoplast ist ein Kunststoff, der aus größtenteils linearen, nicht miteinander verknüpften Ketten besteht, die durch Van-der-Waals-Wechselwirkungen zusammengehalten werden. Dadurch lässt sich der Kunststoff bei bestimmten Temperaturen verformen oder sogar verflüssigen.
Eventuell erkennst Du bei dem Polycarbonat in Abbildung 1 die Kohlensäure wieder. Schaust Du Dir den eingezeichneten Kohlenstoff mit den drei umliegenden Sauerstoffatomen an, musst Du Dir nur an den zwei mit einer Einfachbindung verknüpften Sauerstoffen ein Wasserstoffatom vorstellen und schon hast Du Kohlensäure als Molekül. Hierbei handelt es sich um die Carbonatgruppe des Polycarbonats. Wenn es Dir nicht direkt auffällt, wirf am besten einen Blick in Abbildung 2 und vergleiche die beiden Abbildungen. Bei den Carbonaten sind diese Wasserstoffatome also formal durch einen organischen Rest R ausgetauscht worden.
Die wichtigsten Polycarbonate leiten sich von den aromatischen Bishydroxyverbindungen, also aromatische Verbindungen mit zwei Hydroxygruppen, ab. Eine ist das Bisphenol A, das aufgrund seiner hormonähnlicher Wirkung schon das ein oder andere Mal in den Nachrichten war. In Abbildung 3 kannst Du seine Strukturformel erkennen. Die zwei miteinander verknüpften Phenole sind farblich markiert. Daher auch der Name Bisphenol. Die farblich markierten Einfachbindungen zwischen den Phenolen kommen von dem Aceton, was als Ausgangsstoff für die Synthese von Bisphenol A verwendet wird. Daher kommt das A im Namen.
Aromatische Verbindungen sind Verbindungen, die die Hückel-Regel erfüllen. Demnach müssen sie folgende Eigenschaften haben:
- [4n + 2] π-Elektronen
- Cyclisch konjugiertes Molekül
- Planar
Polycarbonat kann über Polykondensation von Alkoholen, meist Bishydroxyverbindungen, mit Phosgen hergestellt werden. Eine Umesterung von anderen Carbonaten ist ebenfalls eine Möglichkeit zur Herstellung von Polycarbonat.
Eine Kondensation ist eine Reaktion, bei der zwei Moleküle zu einem größeren Molekül unter Abspaltung eines kleinen Moleküls reagieren. Die Vorsilbe Poly bedeutet „viel“ und sagt Dir, dass diese Reaktion vielfach abläuft, um große, verkettete Moleküle zu bilden.
Bei einer Umesterung liegt bereits ein Ester vor, jedoch wird der Alkohol, der den Ester bildet, durch einen anderen ausgetauscht. So wird ein Ester in den anderen überführt.
Polycarbonat Eigenschaften
Ein Polycarbonat hat oft eine wenig kristalline, amorphe Struktur und ist somit transparent. Wegen der glasähnlichen Eigenschaften von Polycarbonat, wird es oft bei Anwendungen benutzt, bei denen Glas benötigt wird, aber nicht stabil genug ist. Polycarbonat weist nämlich eine hohe Festigkeit, Schlagzähigkeit, Steifigkeit und Härte auf. Im Handel sind diese Kunststoffe daher oft in Form von transparenten Polycarbonatplatten zu finden, sollten jedoch nicht mit Plexiglas verwechselt werden, bei dem es sich um einen komplett anderen transparenten Kunststoff handelt.
Zusätzlich dazu ist Polycarbonat ein guter Isolator. Obwohl Polycarbonat entflammbar ist, brennt er normalerweise nicht von selbst weiter.
Polycarbonat Chemikalienbeständigkeit
Im Folgenden findest Du eine kleine Übersicht über Stoffe, die verträglich für Polycarbonat sind, und Stoffe, die Polycarbonat beschädigen können. Falls Du das nächste Mal eine CD oder einen Motorradhelm sauber machen möchtest, solltest Du Dir diese Liste auf jeden Fall vorher anschauen.
Polycarbonat ist beständig gegenüber: | Polycarbonat ist nicht beständig gegenüber: |
Wasser | Langes Einwirken von heißem Wasser |
Alkoholen (außer Methanol) | Methanol |
Fetten | aromatische Kohlenwasserstoffe wie Benzol, Toluol oder Xylol |
Ölen | Chlorierte Kohlenwasserstoffe wie Dichlormethan oder Chloroform |
Glykol | wässrige basische Lösungen |
verdünnten Säuren und Basen | starke Säuren und Basen wie auch Amine und Ammoniak |
vielen Mineralsäuren | Vielen organischen Lösungsmitteln → Führen zu Spannrissen bei Polycarbonaten |
wässrige Lösungen von Oxidationsmitteln und neutralen Salzen |
Polycarbonat Schmelzpunkt
Polycarbonat hat aufgrund seiner amorphen Struktur keinen klar definierten Schmelzpunkt. Die Glasübergangstemperatur von Polycarbonat befindet sich bei 148 °C. Beim normalen Gebrauch hält Polycarbonat Temperaturen von bis zu 135 °C kurzzeitig aus. In Kontakt mit einer Zündquelle fängt Polycarbonat an zu brennen, brennt jedoch nicht ohne Zündquelle eigenständig weiter und gilt daher als schwer entflammbar.
Polycarbonat UV-Beständigkeit
UV-Licht bei einer Wellenlänge von etwa 340 nm kann Polycarbonat beschädigen, da es Brüche und Umlagerungen verursacht, die zu einer Versprödung oder Vergilbung des Polycarbonats führen.
Polycarbonat Herstellung
Polycarbonat wird in der Regel aus Bishydroxyverbindungen wie dem Bisphenol A und Phosgen (Abbildung 4) hergestellt. Die Herstellungsmethode, die zur Synthese von Polycarbonat angewandt wird, wird Grenzflächenkondensation genannt. Abgesehen davon, kann Polycarbonat über Umesterung mit Diphenylcarbonat hergestellt werden.
Phosgen kannst Du als Säurechlorid der Kohlensäure auffassen. Die beiden sauren Hydroxygruppen wurden also jeweils durch ein Chloratom ersetzt.
Grenzflächenkondensation
Zur Herstellung von Polycarbonat wird bei der Grenzflächenkondensation eine wässrige Phase mit Natronlauge und der passenden Bishydroxyverbindung versetzt und in Kontakt mit einer organischen Phase gebracht, die mit gasförmigem Phosgen gesättigt ist. An der Grenzfläche zwischen beiden Phasen können sich nun die zur Reaktion benötigten Komponenten treffen, um zum Polycarbonat zu reagieren. Tertiäre Amine werden als basische Katalysatoren verwendet, was eine Reaktion zu Polycarbonat bei Raumtemperatur möglich macht. Bei der Reaktion entsteht Chlorwasserstoff, der durch die Natronlauge in der wässrigen Phase unter Bildung von Natriumchlorid neutralisiert wird.
Vielleicht hast Du schon einmal gesehen, wie es aussieht, wenn man versucht Öl in Wasser zu lösen. In der Regel funktioniert das nicht und Du kannst eine Ölschicht und eine Wasserschicht getrennt voneinander erkennen. Im chemischen Sinne werden diese unterschiedlichen Schichten als Phasen bezeichnet. Die Linie, die Du zwischen beiden Phasen erkennst, ist die Grenzfläche.
Im Folgenden findest Du den Mechanismus zur Herstellung von Polycarbonat beispielhaft am Bisphenol A und Phosgen:
In dem ersten Schritt der Reaktion zum Polycarbonat deprotoniert die in der wässrigen Lösung vorliegende Natronlauge das Bisphenol A. Das Bisphenol A reagiert hier also sauer. Das deprotonierte Bisphenol A ist ein starkes Nucleophil und kann das stark elektrophile Phosgen in einem nächsten Schritt angreifen.
Phenole, also Alkohole, die an ein aromatisches System gebunden sind, sind in der Regel deutlich saurer als normale Alkohole und können daher besonders leicht deprotoniert werden. Das liegt daran, dass sie die bei der Deprotonierung entstehende Ladung sehr effektiv mit dem aromatischen System über Resonanz stabilisieren können. Dies kannst Du Dir in Abbildung 6 einmal anschauen. Versuch, den Pfeilen zu folgen und den Fluss der Elektronen nachzuvollziehen. Sie verhalten sich ein wenig wie Dominosteine: Wenn ein Elektron „umklappt“ führt das häufig dazu, dass sich mindestens ein Zweites als Resultat mitbewegt, denn die Oktett-Regel muss schließlich unter allen Umständen eingehalten werden. Gehe einfach von der negativen Ladung aus und folge von dort aus den Pfeilen.
Das Bisphenol A greift nucleophil am Carbonyl-Kohlenstoff an und bildet somit die tetraedrische Zwischenstufe aus, die Du in der Mitte von Abbildung 7 siehst. Die Zwischenstufe bekommt ihren Namen daher, dass an dem Carbonyl-Kohlenstoff nun die Atome in einem Tetraeder, also einer dreiseitigen Pyramide, angeordnet sind. Diese Zwischenstufe auf dem Weg zum Polycarbonat ist aus mehreren Gründen instabil. Zumal liegt eine negative Ladung vor, die auf keine Art und Weise stabilisiert wird. Außerdem liegen mit dem Alkoholat und den Chloriden gute Abgangsgruppen vor, die sich bereitwillig von der Zwischenstufe unter Rückbildung der recht stabilen C=O-Doppelbindung abspalten können.
Dies führt ultimativ dazu, dass die Zwischenstufe unter Abspaltung eines Chlorids zerfällt und das Carbonat auf der rechten Seite ausgebildet wird. An dem Carbonat liegt immer noch ein Alkohol auf der linken Seite vor, der wie zuvor aktiviert werden kann und ein Chlorid auf der rechten Seite, das auf dieselbe Art und Weise abgespalten werden kann. Also kannst Du Dir vielleicht schon vorstellen, dass diese Reaktion jetzt weiter ablaufen kann, um längere Ketten auszubilden. Ist die Kette lang genug, spricht man von einem Polycarbonat.
Vielleicht fragst Du Dich jetzt: Warum wird denn das Chlorid von der tetraedrischen Zwischenstufe auf dem Weg zum Polycarbonat abgespalten und nicht das Alkoholat. Das hat zwei einfache Gründe:
- Wenn das Alkoholat wieder abgespalten werden würde, hättest Du erneut den Ausgangsstoff der Reaktion, es würde sich also überhaupt nichts ändern.
- Das Chlorid-Ion ist eine deutlich bessere Abgangsgruppe als das Alkoholat. Du kannst Dir das wie folgt merken: Je stärker die korrespondierende Säure der Abgangsgruppe ist, desto besser die Abgangsgruppe.
Es dürfte Dir an der Stelle fast schon natürlich erscheinen, dass Salzsäure, die korrespondierende Säure des Chlorid-Ions, eine stärkere Säure ist als ein Alkohol. Säurestärke hängt natürlich im Rückschluss wieder damit zusammen, wie gut eine Gruppe die entstehende negative Ladung stabilisieren kann. Das Chlorid-Ion kann also aufgrund seiner hohen Elektronegativität und generellen Größe die negative Ladung recht gut stabilisieren.
Umesterung
In der Regel wird die Umesterung für die Herstellung von Polycarbonat mit Diphenylcarbonat und einer anderen Bishydroxyverbindung in Form einer Schmelzkondensation durchgeführt. Die Reaktion wird dabei unter Schutzgas bei niedrigem Druck durchgeführt. Als Nebenprodukt entsteht bei der Reaktion zum Polycarbonat Phenol, das aufgrund des Unterdrucks aus der Reaktionsmischung entfernt wird und somit das Gleichgewicht auf Produktseite verschiebt. Werden basische Katalysatoren verwendet, so wird die Umesterung zum Polycarbonat bei 180–220 °C begonnen und bei 300 °C unter Unterdruck beendet.
Ein Teilschritt der Umesterung zum Polycarbonat könnte demnach wie folgt am Beispiel von Diphenylcarbonat und Bisphenol A aussehen:
Hier siehst Du also, dass die Ester-Gruppe formal einfach nur ausgetauscht wurde. So wie bei der Polykondensation sind auf beiden Seiten wieder Gruppen vorhanden, die erneut genauso reagieren können, um lineare Ketten, das Polycarbonat, auszubilden. Der Mechanismus läuft prinzipiell genauso ab, wie bei der Grenzflächenkondensation, mit dem Unterschied, dass aus der tetraedrischen Zwischenstufe das Phenolat abgespalten wird, im Anschluss protoniert wird und als Phenol aus der Reaktionsmischung mit dem Polycarbonat entfernt wird.
Polycarbonat Anwendungen
Polycarbonat ist aufgrund der Herstellung und der verwendeten Materialien kostspielig, daher wird Polycarbonat nur dort angewendet, wo ein transparenter glasähnlicher Stoff mit einer gewissen Festigkeit benötigt wird. Unter die Anwendungen für Polycarbonat fallen:
- CDs und DVDs
- Optische Linsen
- Spezialverglasung (leicht, sehr stabil und keine Splitterbildung)
- Wintergärten und Gewächshäuser
- Solarpanels
- Flaschen
- Klemmbausteine
- Helme und Visiere
Polycarbonat – Das Wichtigste
- Polycarbonat Kunststoffe: Polycarbonat ist ein thermoplastischer Polyester der Kohlensäure mit sich wiederholenden Carbonatgruppen entlang der Hauptkette.
- Polycarbonat wird in der Regel auf zwei Wege hergestellt:
- Grenzflächenkondensation von Phosgen mit einer aromatischen Bishydroxyverbindung unter Basenkatalyse mit tertiären Aminen.
- Umesterung von Diphenylcarbonat mit einer aromatischen Bishydroxyverbindung.
- Polycarbonat Eigenschaften: Polycarbonat ist sehr stabil und transparent, weshalb Polycarbonat oft dort Anwendung findet, wo Glas zu instabil ist.
- Polycarbonat Schmelzpunkt: Polycarbonat ist schwer entflammbar und hat aufgrund seiner amorphen Struktur keinen festen Schmelzpunkt.
Nachweise
- Hans Domininghaus (2012). Die Kunststoffe und ihre Eigenschaften. Springer-Verlag
- Wolfgang Kaiser (2011). Kunststoffchemie für Ingenieure. Carl Hanser Verlag
- www.dw.com: Wie schädlich ist die Chemikalie Bisphenol A?. (13.10.2022)
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Häufig gestellte Fragen zum Thema Polycarbonat
Ist Polycarbonat Plexiglas?
Polycarbonat ist kein Plexiglas. Polycarbonate sind eine Stoffklasse von Polymeren mit Carbonatfunktionen, während Plexiglas ein Handelsname für das Polymer Polymethylmethacrylat ist. Es wird aus Methylmethacrylat über eine Kettenreaktion hergestellt, beinhaltet keine Carbonatfunktionen und ist daher auch kein Polycarbonat.
Wie stabil ist Polycarbonat?
Polycarbonate sind sehr stabil. Sie weisen eine hohe Festigkeit, Schlagzähigkeit, Steifigkeit und Härte auf.
Ist Polycarbonat Plastik?
Ja, alle Polycarbonate sind eine Form von Kunststoffen beziehungsweise Plastik.
Wie witterungsbeständig ist Polycarbonat?
Polycarbonate sind ziemlich witterungsbeständig. Sie kommen mit Wasser und verdünnten Säuren sowie Basen problemlos klar. Sind sie jedoch lange der Sonne ausgesetzt, kann das UV-Licht dazu führen, dass sie auf lange Zeit gesehen spröde werden oder vergilben.
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