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- Iphigenie löst alle im Drama aufkommenden Konflikte durch ihre humanitäre Gesinnung, Ehrlichkeit und Vernunft.
- Dies kann zur Interpretation des Werks dienen:
- Iphigenie verkörpert das Ideal der Humanität sowie das ideale Menschenbild der Weimarer Klassik.
Mehr zur Weimarer Klassik und zum Humanitätsbegriff findest Du im Abschnitt "Interpretationsansätze".
"Iphigenie auf Tauris" – Zusammenfassung
Die Zusammenfassung von "Iphigenie auf Tauris" orientiert sich am Aufbau des Dramas in fünf Akte. Als Vorlage für dieses Werk diente Goethe das antike Stück „Iphigenie bei den Tauern“, das von Euripides, einem griechischen Dramatiker, verfasst wurde.
„Iphigenie auf Tauris" – Inhaltsangabe: Vorgeschichte zu "Iphigenie auf Tauris"
Das Stück orientiert sich an den Eckpunkten der griechisch mythologischen Legenden über den Trojanischen Krieg.
- Als der Heerführer der Achaier, Agamemnon, von den Göttern mit Windstille gestraft wird, beschließt er, seine älteste Tochter Iphigenie zu opfern.
- Diese wird jedoch vor dem Opfertod bewahrt, indem die Göttin Diana sie rettet.
- Sie bringt Iphigenie in einer Wolke auf die Insel Tauris, wo sie ab jetzt als Priesterin lebt.
- Ihre Familie weiß nicht, dass sie überlebt hat und jetzt auf der Insel verweilt.
Iphigenies Mutter Klytämnestra verschwört sich aus Zorn über die Opferung ihrer Tochter gegen ihren Mann Agamemnon und schmiedet einen Racheplan.
- Sie tötet ihren Mann, was dazu führt, dass ihr Sohn Orest Klytämnestra für den Vatermord bestrafen will.
- Orest schließt sich daraufhin mit seiner zweiten Schwester Elektra zusammen und schmiedet einen Plan zur Ermordung seiner Mutter.
- Klytämnestra stirbt schlussendlich durch die Hand ihres Sohnes.
Fluch der Tantaliden (Atridenfluch)
Goethe greift in seiner „Iphigenie auf Tauris" den antiken Mythos über den Halbgott Tantalos auf. Demnach war dieser ein Sohn des Gottes Zeus und ein Liebling der Götter. Er prahlte damit, mit den Göttern zu speisen, und verriet ihre Geheimnisse an die Menschen. Erzürnt durch Tantalos Verrat wurden er und seine Nachkommen mit einem Fluch belegt, der sich fortsetzt bis zu Iphigenie und ihren Geschwistern. Der Fluch sorgt dafür, dass sich die Nachkommen des Tantalus gegen ihre eigenen Familienmitglieder wenden und gegenseitig ermorden.
Die Nachkommen des Tantalos werden aufgrund des Fluchs auch Tantaliden genannt.
Ein Mythos ist eine Erzählung, die die Welt anhand von göttlichen Vorkommnissen zu erklären versucht.
- Der zentrale Konflikt von "Iphigenie auf Tauris" entsteht aus der Gefangenschaft Iphigenies.
- Eigentlich hat sie Heimweh und will zur Familie, doch König Thoas, dem sie ihre Rettung verdankt, lässt sie nicht gehen.
„Iphigenie auf Tauris" – Inhaltsangabe: 1. Akt
Das Drama beginnt mit einem Monolog Iphigenies, in dem sie ihre Lebenssituation beklagt: Sie ist Priesterin auf der Insel Tauris und steht im Dienst der Göttin Diana. Sie wünscht sich nichts sehnlicher, als in ihre Heimat zu ihrer Familie zurückkehren zu dürfen.
- Da sie den Taurern durch ihren priesterlichen Dienst nützlich ist, darf sie die Insel allerdings nicht verlassen und lebt in Gefangenschaft.
- Sie beklagt, dass der Wille der Götter nicht ihrem eigenen entspricht.
- Außerdem bittet sie die Göttin Diana, sie von der Insel zu befreien, da ihr das Leben dort wie ein "zweiter Tod" erscheint.
Ihre letzte Hoffnung auf eine Rückkehr in ihre Heimat wird zerstört, als Arkas, der Vertraute des König Thoas, ihr offenbart, dass Thoas um ihre Hand anhalten möchte. Dies würde bedeuten, dass Iphigenie für immer auf der Insel gefangen wäre. Aufgrund ihres Heimwehs und des Fluchs, der auf ihrer Familie lastet, lehnt sie den Antrag ab.
- Obwohl Iphigenie Thoas von dem Tantalidenfluch erzählt, akzeptiert er ihre Zurückweisung nicht.
- Gekränkt, führt er stattdessen die Opferung von Menschen auf der Insel wieder ein.
- Iphigenie hatte Thoas zuvor dazu bewegen können, diesen in ihren Augen barbarischen Akt zu unterlassen.
In der Hoffnung, das Blutvergießen von unzähligen Menschen zu vermeiden, wendet sich die verzweifelte Iphigenie an die Göttin Diana und betet.
„Iphigenie auf Tauris" – Inhaltsangabe: 2. Akt
Jetzt treten Orest und Pylades, sein Cousin und Freund, zum ersten Mal auf. Orest hat zuvor seine Mutter Klytämnestra aus Rache für den Vatermord umgebracht und wird seitdem von den Rachegöttinnen – den Furien – verfolgt. Er folgt einer Prophezeiung, nach der er Erlösung von den Furien finden soll, wenn er die Schwester dem Gott Apoll in die Heimat zurückbringt.
- Orest geht davon aus, dass er das Götterbild der Diana, welches im Tempel auf Tauris steht, stehlen muss.
- Beim Versuch, das Götterbild zu entwenden, wurden er und Pylades jedoch von den Taurern gefangen genommen.
- Sie sollen nun den Opfertod sterben.
- Iphigenie trifft auf Ores und Pylades, als sie an ihnen die Menschenopferung vollziehen soll.
- Die beiden Männer geben ihre wahre Identität allerdings nicht preis.
- In einem Gespräch mit Pylades erhofft sich Iphigenie, an Informationen zum Verbleib ihrer Familie zu gelangen.
- Sie befragt ihn nach dem Ausgang des trojanischen Krieges und nach ihrer Verwandtschaft.
- Pylades erzählt ihr vom Mord an ihrem Vater, der von ihrer Mutter aus Rache verübt wurde.
- Iphigenie ist sehr bestürzt und traurig, als sie vom Tod ihres Vaters hört.
- Sie beendet das Gespräch und lässt Pylades zurück.
„Iphigenie auf Tauris" – Inhaltsangabe: 3. Akt
Im dritten Akt treffen Iphigenie und ihr Bruder Orest aufeinander und unterhalten sich. Beide Geschwister erkennen sich aufgrund ihrer langjährigen Gefangenschaft auf der Insel Tauris nicht wieder. Orest fürchtet sich davor, zu Ehren der Göttin Diana hingerichtet zu werden. Iphigenie verspricht ihm daraufhin, die beiden Männer nicht zu opfern.
- Außerdem befragt sie Orest zum Wohlergehen der Kinder des Agamemnon, also ihrer Geschwister.
- Orest erzählt ihr vom Muttermord, gibt aber seine wahre Identität weiterhin nicht preis.
- Iphigenie reagiert schockiert, woraufhin Orest ihr seine Vergehen und seine Identität gesteht.
- Auch Iphigenie offenbart Orest, wer sie eigentlich ist, und so haben sich die beiden Geschwister unerwartet wieder gefunden.
- Orest versucht Iphigenie und Pylades davon zu überzeugen, ohne ihn von der Insel Tauris zu fliehen.
- Das soll ihre Chancen auf eine erfolgreiche Flucht zu erhöhen, da Orest immer noch von den Furien verfolgt wird.
- Er möchte deshalb sterben. Iphigenie beteuert ihrem Bruder, dass sie ihn niemals zurücklassen würde, und vergibt ihm seine Gräueltaten.
- Sie bittet außerdem die Götter, ihren Bruder von den Furien zu erlösen.
- Und tatsächlich – Orest wird von den Furien befreit und entschließt sich dazu, gemeinsam mit Iphigenie und Pylades die Flucht anzutreten.
„Iphigenie auf Tauris" – Inhaltsangabe: 4. Akt
Im vierten Akt schmieden Orest und Pylades den Fluchtplan, der mithilfe einer Intrige durchgeführt werden soll. Darin ist vorgesehen, dass Iphigenie Thoas belügt, um die Flucht zu ermöglichen. Sie kann den Plan allerdings nicht mit ihren moralischen Ansichten vereinbaren und leidet unter Schuldgefühlen. Für sie ist Thoas wie ein zweiter Vater und sie möchte die Taurer, bei denen sie die letzten Jahre gelebt hat, nicht verraten. Pylades versucht Iphigenie von der Einhaltung des Planes zu überzeugen und fordert sie dazu auf, ihre Schuldgefühle zu vergessen.
- Arkas erscheint und drängt Iphigenie zur Eile, da Thoas die Opferung der beiden Fremden fordert.
- Iphigenie gelingt es, dies erneut aufzuschieben, indem sie Orest für verrückt erklärt.
- Außerdem erzählt sie Arkas, dass die Statue der Diana noch gesäubert werden müsse.
- Iphigenie befindet sich jetzt im Zweispalt und singt aus Verzweiflung das Lied der Parzen.
Das Lied der Parzen thematisiert das Verhältnis zwischen den Menschen und Göttern. Es greift dabei die Geschichte des Tantalos auf. Die Parzen, von denen das Lied stammen soll, sind in der altrömischen Mythologie die Schicksalsgöttinnen, die über das Geschick von Göttern und Menschen entscheiden.
„Iphigenie auf Tauris" – Inhaltsangabe: 5. Akt
Arkas, ein kluger Mann, vermutet, dass Iphigenie und die beiden Fremden etwas im Schilde führen. Er berichtet Thoas von seiner Vermutung, woraufhin Iphigenie befragt wird. Da diese den König nicht anlügen will, gesteht sie ihm die Wahrheit und erzählt ihm vom Fluchtplan und ihrer Verwandtschaft mit den beiden Männern.
Als Orest zur Waffe greift und versucht, die Flucht gewaltsam umzusetzen, gelingt es Iphigenie, die Situation mit ihrer Ruhe, Vernunft und ihrem Glauben an das Menschliche zu entschärfen, indem sie an Thoas Menschlichkeit appelliert. Sie fordert die Männer dazu auf, die Waffen niederzulegen.
- Schließlich kann Iphigenie den König davon überzeugen, die drei friedlich von der Insel abreisen zu lassen.
- Orest erkennt zeitgleich, dass er das Orakel falsch gedeutet hat und er seine eigene Schwester Iphigenie zur Entsühnung nach Hause bringen soll – nicht das Götterbild der Diana.
- Iphigenie und Thoas verabschieden sich in Freundschaft voneinander und sie besteigt das Boot gemeinsam mit Orest und Pylades.
- Durch die Reinheit und Humanität der Iphigenie kann der Fluch aufgelöst werden.
Unter dem Begriff der Humanität ist die Menschlichkeit bzw. würdevolles Verhalten zu verstehen. Nach dem Ideal der Weimarer Klassik sollten sich die Menschen stetig weiterentwickeln und ihre Gefühle, ihre Empfindungen und ihren Verstand nutzen, um zu wahrhaft guten Menschen heranzureifen.
"Iphigenie auf Tauris" – Figurenkonstellation
Eine Figurenkonstellation von Goethes "Iphigenie auf Tauris" umfasst die wichtigsten Charaktere des Dramas.
- Diese sind Iphigenie, ihr Bruder Orest, der König Thoas und sein Vertrauter Arkas sowie Iphigenies Cousin Pylades.
- Vor allem Iphigenies Charakter veranschaulicht das klassische Ideal der Humanität.
"Iphigenie auf Tauris" – Charakterisierung Iphigenie
Die Figur Iphigenie kann in "Iphigenie auf Tauris" als Priesterin der Göttin Diana in die Handlung eingeordnet werden. Weitere Merkmale der Figur Iphigenie sind:
- Nachkommin des Tantalos (Tantalidenfluch)
- Tochter von Agamemnon und Klytämnestra
- Schwester von Orest und Elektra
- ist gefangen auf der Insel Tauris
- Thoas, der König der Taurer, möchte Iphigenie heiraten
- Sie ist ehrlich, rein und selbstlos
- Iphigenie will ihre Probleme selbstständig lösen und selbstbestimmt handeln (Autonomiebestreben)
- Sie hat einen ausgeprägten Glauben an das Menschliche (Humanität)
Unter dem Begriff der Autonomie werden die Begriffe der Unabhängigkeit, Selbstständigkeit und Selbstbestimmtheit zusammengefasst.
"Iphigenie auf Tauris" – Charaktere Thoas
Die Figur Thoas kann in "Iphigenie auf Tauris" als König auf Tauris in die Handlung eingeordnet werden. Weitere Merkmale der Figur Thoas sind:
- König auf Tauris
- impulsiver Herrscher
- Er möchte Iphigenie zur Frau nehmen.
- Er droht, die Strafe der Menschenopfer wieder einzuführen.
- Durch Iphigenie wird er von humanem Handeln überzeugt.
"Iphigenie auf Tauris" – Charakterisierung Orest
Die Figur Orest kann in "Iphigenie auf Tauris" als Sohn von Agamemnon und Klytämnestra in die Handlung eingeordnet werden. Weitere Merkmale der Figur Orest sind:
- Nachkomme des Tantalos (Tantalidenfluch)
- Bruder von Iphigenie und Elektra
- Cousin von Pylades
- Er ermordet seine Mutter Klytämnestra.
- Er wird von den Rachegöttinnen verfolgt.
- Gefangener der Taurer
- Er ist ängstlich, besorgt, gequält durch die Rachegöttinnen.
- Er soll der Göttin Diana geopfert werden.
- Er kann durch Iphigenies Humanität gerettet werden.
"Iphigenie auf Tauris" – Charaktere Arkas
Die Figur Arkas kann in "Iphigenie auf Tauris" als Vertrauter des Königs in die Handlung eingeordnet werden. Weitere Merkmale der Figur Arkas sind:
- Verstandsmensch
- idealer Partner eines aufgeklärten Fürsten
Der Begriff des Verstandsmenschen bezeichnet eine Person, die reflektiert denkt und sich des eigenen Verstandes bedient.
"Iphigenie auf Tauris" – Charaktere Pylades
Die Figur Pylades kann in "Iphigenie auf Tauris" als Neffe von Agamemnon in die Handlung eingeordnet werden. Weitere Merkmale der Figur Pylades sind:
- Begleiter und Cousin von Orest
- Cousin von Iphigenie
- Stratege, da er den Fluchtplan schmiedet
- Verstandsmensch
"Iphigenie auf Tauris" – Analyse
Eine Analyse von Goethes "Iphigenie auf Tauris" zeigt, dass das Werk eines der berühmtesten Werke der Epoche der Klassik ist. Das Stück ist klassischen Dramenaufbau konstruiert und besitzt eine stilmittelreiche Sprache.
- „Iphigenie auf Tauris" ist nach dem typischen Dramenaufbau in fünf Akte gegliedert und im Versmaß des fünfhebigen Jambus geschrieben.
"Iphigenie auf Tauris" – Szenenanalyse
Eine Szenenanalyse von "Iphigenie auf Tauris" zeigt, dass sich das Drama gemäß den klassischen Dramen in ein pyramidales Schema nach Gustav Freytag (1816–1895) einteilen lässt. Er strukturiert darin die Handlungsdynamik eines Dramas in fünf Akte:
- 1. Akt, Exposition: Ein Drama sollte Freytag zu Folge mit der Exposition beginnen, also mit der Einführung der handelnden Personen. Außerdem wird hier auch das Konfliktpotenzial genannt, das sich im Laufe der Handlung dramatisiert.
- 2. Akt, Steigerung: Hier verstärkt sich die Situation und der bestehende Konflikt.
- 3. Akt, Peripetie: Hier findet die Steigerung ihren Höhepunkt (die Peripetie).
- 4. Akt, Retardierendes Moment: Nach dem Höhepunkt fällt die Dramatik im 4. Akt (Retardierendes Moment). Hier stagniert oder verlangsamt sich die Handlung, um die Spannung hochzuhalten.
- 5. Akt, Katastrophe: Zum Schluss endet der dramaturgische Aufbau nach Freytag in der Katastrophe.
Gustav Freytag ist ein deutscher Schriftsteller und Literat, der von 1816 bis 1895 lebte. Neben seinen Romanen und Theaterstücken ist er besonders bekannt für sein Modell des Pyramidalen Aufbaus eines Dramas.
Die folgende Tabelle veranschaulicht den Dramenaufbau in fünf Akten in "Iphigenie auf Tauris":
Dramenaufbau in Goethes "Iphigenie auf Tauris" | |
Exposition (1. Akt): Einführung von Charakteren / Schilderung der Situationen |
|
Steigerung (2. Akt): Konflikte / Konfliktpotenzial steigert sich |
|
Peripetie (3. Akt): Höhepunkt bzw. Wendepunkt |
|
Retardierendes Moment (4. Akt): Verzögerung der Handlung |
|
Katastrophe (5. Akt): Katastrophe oder Lösung des Konflikts |
|
"Iphigenie auf Tauris" – Stilmittel und Sprache
„Iphigenie auf Tauris" zeichnet sich vor allem durch die Gestaltung im Versmaß aus. Die ursprüngliche Fassung war eine Prosafassung, die Goethe in den Blankvers (im fünfhebigen Jambus) umgestaltete. Dies tat er, um den Neuanfang im künstlerischen Schaffen der Weimarer Klassik zu verdeutlichen.
Unter einem Blankvers ist ein Versmaß zu verstehen, in dem keine Reime vorkommen.
Das Versmaß und die Sprache sind in Goethes „Iphigenie auf Tauris" grundlegend geordnet (u.a. klarer Aufbau, gleichbleibendes Versmaß). Das menschliche Handeln sollte den klassischen Merkmalen der Weimarer Republik zur Folge ebenfalls gemäßigt und geordnet sein. Somit können das durchgängige Versmaß und die damit verbundene schöne Sprache hier in Verbindung zur schönen Wahrheit (Iphigenies Wahrheit) betrachtet werden.
Mit der schönen Wahrheit ist gemeint, dass Iphigenie die Lüge und List vor Thoas aufdeckt und sich dazu entscheidet, die Wahrheit preiszugeben. Die ehrliche Seele Iphigenies kommt so zum Ausdruck und wird sowohl durch ihre Wortwahl als auch ihre Sprache verdeutlicht. In dem Zusammenhang wird von einer Verknüpfung der schönen Wahrheit und der schönen Sprache gesprochen.
Das folgende Beispiel verdeutlicht diese Verbindung. Das Zitat stammt aus dem fünften Akt des Dramas (V. 2147-2150), in dem Iphigenie versucht, Thoas dazu zu bewegen, ihnen die Freiheit zu schenken:
Aus einem g'raden treuen Munde dich / Bewegen! Sieh' uns an! Du hast nicht oft / Zu solcher edlen That Gelegenheit. / Versagen kannst du's nicht; gewähr' es bald!1
Insgesamt kannst Du folgende Stilmittel und sprachliche Merkmale in dem Drama herausarbeiten:
- Blankvers
- fünfhebiger Jambus
- keine Reime
- keine Stilbrüche: Damit ist gemeint, dass im gesamten Drama derselbe Stil durchgängig verwendet wird. Dies zeigt sich am durchgängig verwendeten Versmaß und der sprachlichen Gestaltung, etwa hier:
Nicht so, mein König! Ohne Segen, / In Widerwillen, scheid' ich nicht von dir. /
Verbann' uns nicht! Ein freundlich Gastrecht walte / Von dir zu uns: so sind wir nicht auf ewig / Getrennt und abgeschieden.1
- leitmotivische Begriffe ("Bande", "Freiheit", "Blut"): Das Leitmotiv ist ein Stilmittel, bei dem ein Motiv immer wieder auftaucht und dadurch eine bestimmte Stimmung erzeugt wird.
Durch die Verwendung des Leitmotivs der "Freiheit" wird beispielsweise Iphigenies Bestrebung nach Autonomie und ihr Wunsch, heimzukehren, immer wieder betont.
Von Jugend auf hab ich gelernt gehorchen, / erst meinen Eltern und dann einer Gottheit, / und folgsam fühlt ich immer meine Seele / am schönsten frei.1
- hypotaktischer Satzbau mit vielen Inversionen: Unter dem Begriff des hypotaktischen Satzbaus sind lange und verschachtelte Sätze zu verstehen. Die Inversion beschreibt eine Umkehrung in der Sprache.
Das bedeutet beispielsweise, dass die Satzstellung umgekehrt und verändert werden kann, wie etwa in Vers 2069: „Allein die Tränen“1. Das vorliegende Zitatzeigt sowohl den hypotaktischen Satzbau, als auch die Verwendung von Inversionen:
Frey athmen macht das Leben nicht allein. / Welch Leben ist's, das an der heil'gen Stäte, / Gleich einem Schatten um sein eigen Grab, / Ich nur vertrauen muß? 1
"Iphigenie auf Tauris" – Interpretation
Eine Interpretation von Goethes Werk "Iphigenie auf Tauris" legt nahe, dass das Drama vor allem die Ideale der Epoche der Weimarer Klassik thematisiert und veranschaulicht.
- Iphigenies Handeln ist ein Musterbeispiel für Humanität, die die klassischen Autor:innen als höchstes Ideal ansehen.
Deutungshypothese "Iphigenie auf Tauris"
Eine mögliche Deutungshypothese von Goethes Drama "Iphigenie auf Tauris" legt nahe, dass die Humanität für den Menschen das höchste Ziel ist. Damit ist gemeint, dass der Mensch erst einen Bildungsprozess durchlaufen muss, um wahrhaft humanes Handeln erzielen zu können. „Iphigenie auf Tauris" kann als Beitrag zu einem solchen Bildungsprozess verstanden werden.2
Am Beispiel von Iphigenies Wesen und ihrem Verhalten ihren Mitmenschen gegenüber kann hervorgehen, was humanes Verhalten ausmacht.
- Iphigenie verabscheut nicht nur die von Thoas eingeführte Opferung von Menschen auf der Insel Tauris, sondern versucht, diese aktiv zu stoppen.
- Ferner offenbart sie Thoas die Wahrheit über die geplante Flucht und den Raub des Götterbildes der Diana.
- Sie riskiert ihr eigenes Leben und das ihrer Gefährten durch ihre Ehrlichkeit, da sie einen Betrug mit ihren moralischen Ansichten nicht vereinbaren kann.
- Sie vergibt ihrem Bruder Orest den Mord an ihrer Mutter Klytämnestra und zeigt Verständnis für seine Situation.
Besonders im letzten Akt löst sie alle aufkommenden Konflikte im Gespräch mit Thoas durch ihre Worte und Appelle an die Vernunft, wie in den Versen 1919 bis 1923:
Ja, vernimm, o König, / Es wird ein heimlicher Betrug geschmiedet; / Vergebens fragst du den Gefangenen nach; / Sie sind hinweg und suchen ihre Freunde, / Die mit dem Schiff' am Ufer warten, auf.1
Anhand von Iphigenies Verhalten zeigt Goethe, was wahrhaft humanes Verhalten ist. Indem er seiner Protagonistin alle Verhaltenszüge eines idealen Menschen zuspricht und sie autonom agieren lässt, kombiniert ihr Charakter die Fähigkeiten des Fühlens, des Denkens und des Handelns. Somit steht sie im reinen Dienst der Menschlichkeit.
"Iphigenie auf Tauris" – Epoche
Das Drama "Iphigenie auf Tauris" lässt sich der Epoche der Weimarer Klassik zuordnen.
- Das Menschenbild der Weimarer Klassik war durch die Begeisterung für die Kunst und Philosophie der Antike geprägt.
- Durch Erziehung und Bildung sollten in der Epoche demnach die Vernunft, die Sittlichkeit und die Selbstkontrolle der Menschen geprägt werden.
- Dadurch würde sich eine autonome, von humanistischen Gedanken geleitete, allseits bildende Persönlichkeit entwickeln.
- Ziel ist es dabei, die Vernunft und das Gefühl, die Pflicht und die Neigung in Harmonie zu bringen.
In ihren Werken wollten die Autorinnen und Autoren der Epoche der Klassik diese Erziehung vollziehen und moralische Vorbilder von gelungener Erziehung und Humanität zeigen ("das Schöne, das Wahre und das Gute").
Die Weimarer Klassik und das zugehörige menschliche Ideal werden im Zusammenhang mit der Trias des Wahren, des Schönen und des Guten betrachtet. Diese drei Begriffe stammen von dem griechischen Philosophen Sokrates, der von 469 bis 399 v. Chr. lebte. Sie beschreiben, was nach seiner Definition das Gute ist. Können alle drei Aspekte vereint werden, so ist das Leben für Sokrates gut. Diese Verknüpfung der Trias findet sich sowohl in der griechischen Philosophie als auch in der Weimarer Klassik wieder.
Wenn Du mehr zur Epoche der Klassik erfahren möchtest, kannst Du Dir die StudySmarter-Erklärung "Weimarer Klassik" ansehen.
"Iphigenie auf Tauris" – Der Begriff der Humanität
Humanität und Aufklärung waren zur Zeit der Weimarer Republik so bedeutsam, weil die in Europa herrschende absolutistische Macht für das Volk nicht mehr tragbar war. Die Menschen fingen an, liberalere Denkweisen zu entwickeln.
Das bedeutet, dass die Freiheit des individuellen Menschen gegenüber der staatlichen Regierungsgewalt und den bestehenden Ordnungssystemen in den Vordergrund rückte und mehr Freiheiten gefordert wurden. Dadurch wurde auch die Humanität zum Leitfaden, um der Unterdrückung, der Gewalt und den Ungerechtigkeiten durch die Herrschenden zu trotzen.
Dem Grundgedanken der Aufklärung entspricht es, dass Menschen aus eigener Einsicht human handeln und eigene Entscheidungen treffen sollen. Der Begriff Humanität, oder "die Menschlichkeit", kann auf verschiedene Arten gedeutet werden:
- Zum einen können unter der Menschlichkeit die menschlichen Schwächen verstanden werden.
- Zum anderen wird die Humanität auch als Tugend betrachtet.
Menschen treffen etwa Fehlentscheidungen, was sie zu unvollkommenen Wesen macht. Sie können aber ebenso ihren Mitmenschen unterstützend zur Seite stehen, wodurch sie humanitäre Tugenden beweisen.
Goethe "Iphigenie auf Tauris"
Johann Wolfgang von Goethe, der Autor von "Iphigenie auf Tauris", lebte von 1749 bis 1832.
- Einen großen Teil seiner Zeit verbrachte er in Weimar.
- Ab 1775 lebte er vorwiegend dort und schrieb während seines Aufenthalts unter anderem auch „Iphigenie auf Tauris“.
- Das Stück entstand zum Anlass der Geburt der Fürstentochter Luise Auguste Amalie.
- Es wurde erstmals 1779 in Goethes Aufzeichnungen erwähnt.
Goethe war zu dieser Zeit Leiter der Liebhaberbühne am Weimarer Hof und schrieb für verschiedene Festlichkeiten Auftragsarbeiten.
Der Begriff der Auftragsarbeit wird dem künstlerischen Schaffen Goethes allerdings nicht gerecht, da er sich mit dem Werk "Iphigenie auf Tauris" intensiv beschäftigte. Er entwickelte seine Figuren darin nach einem neuen Menschenideal, in dem es um die Ausbildung einer völligen Harmonie der inneren Kräfte des Menschen geht – die Harmonie von Sinnlichkeit und Verstand, von Gefühl und Vernunft.2
Iphigenie auf Tauris - Das Wichtigste
- Johann Wolfgang von Goethe verfasste das Drama "Iphigenie auf Tauris".
- Iphigenie auf Tauris" – Zusammenfassung: Das Drama "Iphigenie auf Tauris" thematisiert das Leben der Iphigenie, die auf der Insel Tauris gefangen ist.
- Sie soll die Opferung an zwei Fremden auf Insel durchführen und es kommt zum Konflikt, als sich herausstellt, dass es um Iphigenies Bruder Orest und ihren Cousin Pylades handelt.
- Iphigenie auf Tauris" – Charakterisierung:
- Iphigenie:
- Priesterin der Göttin Diana
- Tochter von Agamemnon und Klytämnestra
- gefangen auf der Insel Tauris
- ehrlich, rein und selbstlos
- Thoas:
- König auf Tauris
- impulsiver Herrscher
- möchte Iphigenie zur Frau nehmen.
- droht, die Strafe der Menschenopfer wieder einzuführen.
- Orest:
- Sohn von Agamemnon und Klytämnestra
- ermordet seine Mutter Klytämnestra
- Gefangener der Taurer
- ängstlich, besorgt und gequält durch die Rachegöttinnen
- Arkas:
- Vertrauter des Königs
- Verstandsmensch
- idealer Partner eines aufgeklärten Fürsten
- Iphigenie:
- "Iphigenie auf Tauris" – Szenenanalyse: "Iphigenie auf Tauris" entspricht dem typischen Dramenaufbau in fünf Akten nach Gustav Freytag.
- Iphigenie auf Tauris" – Sprache: Das Versmaß des Dramas ist der fünfhebige Jambus und es wird häufig sentenzhaft gesprochen.
- Die Sprache weist außerdem keine Stilbrüche auf und moralische Grundsätze werden durch die Sprache ausgedrückt, weshalb auch von "schöner Sprache" gesprochen wird.
- "Iphigenie auf Tauris" – Epoche: Das Drama ist in die Epoche der Weimarer Klassik einzuordnen.
- Durch Erziehung und Bildung sollten Vernunft, Sittlichkeit und Selbstkontrolle der Menschen geprägt werden.
- Ziel ist es, die Vernunft und das Gefühl, die Pflicht und die Neigung in Harmonie zueinander zubringen.
- "Iphigenie auf Tauris" – Interpretation: Das Humanitätsideal wird nicht nur von Iphigenie verkörpert, sondern ist auch das zentrale Motiv in Goethes "Iphigenie auf Tauris".
- Iphigenie gelingt es, alle aufkommenden Probleme durch Humanität, Wahrheit und Vernunft zu lösen.
- Sie verkörpert somit das ideale Menschenbild der Weimarer Klassik.
Nachweise
- Johann Wolfgang von Goethe: Iphigenie auf Tauris. Kritische Studienausgabe. Reclam
- Iphigenie auf Tauris...verstehen (2015). Schöningh
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Häufig gestellte Fragen zum Thema Iphigenie auf Tauris
Zu welcher Epoche gehört Iphigenie auf Tauris?
Goethes „Iphigenie auf Tauris“ gehört zur Epoche der Weimarer Klassik.
Wer ist Arkas in Iphigenie auf Tauris?
Was tut Iphigenie auf Tauris?
Iphigenie lebt auf der Insel Tauris als Priesterin der Göttin Diana. Sie lebt unter der Herrschaft des König Thoas und steht in seinem Dienst.
Warum schrieb Goethe Iphigenie auf Tauris?
Goethe schrieb „Iphigenie auf Tauris" als eine Auftragsarbeit zur Geburt der Fürstentochter Luise Auguste Amalie.
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