Aus dem Leben eines Taugenichts

Zur Zeit der Literaturepoche der Romantik veröffentlichte der deutsche Schriftsteller Joseph von Eichendorff 1826 eine Novelle mit dem Titel "Aus dem Leben eines Taugenichts". Die Geschichte gewährt einen Einblick in das unbeschwerte Leben eines sogenannten Taugenichts und gilt als das bekannteste Werk Eichendorffs.

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Inhaltsverzeichnis
Inhaltsverzeichnis

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    Eine Novelle ist eine epische Erzählung, die kürzer als ein Roman, aber länger als eine Kurzgeschichte ist. In ihr kommt mindestens ein Wendepunkt vor, an dem sich die Handlung der Geschichte plötzlich und unerwartet ändert.

    "Aus dem Leben eines Taugenichts" – Inhaltsangabe

    Die Handlung spielt in Österreich und teilweise in Italien im 19. Jahrhundert.

    Anfänge als Gärtner

    Ein Müller setzt seinen Sohn, einen Taugenichts, im Frühling vor die Tür. Er soll lernen, sich in der Welt zurechtzufinden und sich sein eigenes Brot zu verdienen. Der Taugenichts wandert gelassen und singend die Landstraße entlang, als er von zwei vornehmen Damen namens Flora und Aurelie in einer Kutsche mitgenommen wird. Dabei findet er besonders Gefallen an Aurelie.

    In einem Schloss bei Wien findet er schließlich eine Stelle als Gärtner. Die imposante Gartenanlage des Schlossparks zieht ihn unmittelbar in ihren Bann. Der Gartenarbeit geht er jedoch aus dem Weg, wann immer es möglich ist. Die meiste Zeit hängt der Taugenichts seinen Tagträumen nach und hinterlegt jeden Tag einen Blumenstrauß für Aurelie.

    Völlig überraschend wird der Taugenichts zum Zöllner befördert, obwohl ihm sämtliche Fähigkeiten zur Qualifikation fehlen. Als er Aurelie mit einem jungen Grafen sieht, schließt er daraus, dass dies wohl ihr Ehemann sein muss. Die Erkenntnis darüber und dass es sich bei Aurelie dementsprechend auch um eine Gräfin handeln muss, stürzt ihn in eine tiefe Traurigkeit und seine wieder entflammte Reiselust treibt ihn am nächsten Morgen aus dem Schloss. Der Taugenichts macht sich auf den Weg nach Italien.

    Die Reise nach Italien

    Der Taugenichts wandert sorglos und nur mit seiner Geige ausgestattet durch die Natur. Er landet in einem Dorf und bringt mit seinem Geigenspiel die ganze Dorfgesellschaft zum Tanzen. In der Nacht wird er überraschend von zwei bewaffneten Reitern gezwungen, sie nach B. zu geleiten. Der Taugenichts hält die beiden Männer für Räuber.

    B. bezieht sich auf einen Vorort bei der Grenze zu Italien und wird im Werk selbst nicht näher beschrieben.

    Diese erkennen in dem Taugenichts den ehemaligen Gärtner sowie Zöllner vom Schloss wieder und offenbaren sich als Maler. Der Taugenichts erklärt sich gezwungenermaßen dazu bereit, in ihre Dienste zu treten. Wundersamerweise findet er den Weg nach B., obwohl er den Ort gar nicht kennt. Er erfährt, dass die Reise der Maler nach Italien führt und ist erfreut, dass sie das gleiche Ziel haben.

    Mit einer Postkutsche reisen die Drei nach Italien, wobei die Maler ihre Fenster verhüllen und die Kutsche kaum verlassen. Der Taugenichts sitzt neben dem Postkutscher auf dem Kutscherbock und schöpft keinerlei Verdacht. Seine Aufgabe besteht darin, den Malern gelegentlich Essen und Trinken an den Wagen zu bringen.

    Beim Halt an einem Gasthof bemerkt er, dass die Gruppe von einem buckligen Männchen beschattet wird. Am nächsten Morgen sind die beiden Maler wie vom Erdboden verschluckt. Zum Glück des Taugenichts haben sie ihm aber eine prall gefüllte Geldbörse und die Kutsche überlassen, sodass er seine Reise nach Italien fortsetzen kann.

    Schließlich fährt die Kutsche in einen alten Schlosshof ein. Für den Taugenichts stehen ein üppiges Mahl und ein gemachtes Bett im Schloss bereit.

    Der Brief von Aurelie

    Der Taugenichts genießt eine Zeit lang das gute Leben sowie die Achtung, die er von den geheimnisvollen Bediensteten des Schlosses entgegengebracht bekommt. Eines Tages erhält er einen Brief von einer jungen Frau aus Wien mit dem Namen Aurelie. Dieser Brief ist der Schlüssel zur ganzen Novelle, denn er ist nicht an den Taugenichts gerichtet, sondern als Freundschaftsbrief von Frau zu Frau gemeint. Dies offenbart sich allerdings erst zum Schluss der Novelle.

    Der Taugenichts hofft wieder auf ein glückliches Ende mit Aurelie und flieht eines Nachts durch ein Fenster aus dem Schloss.

    Der geheimnisvolle Garten

    Der Taugenichts gelangt nach Rom. In einem Vorgarten glaubt er, Aurelie ein Lied singen zu hören. Er springt über die Gartenmauer, erhascht allerdings nur einen kurzen Blick auf sie. Die Nacht verbringt er auf der Schwelle, bemerkt aber am Morgen, dass das Haus verlassen ist.

    Als er am Brunnen sitzend ein Lied trällert, wird er von dem Maler Eckbrecht als Modell angeheuert. Er berichtet dem Taugenichts, dass nach zwei Malern und einem Musikanten gesucht werde. Eckbrecht wird schnell klar, dass es sich bei dem Taugenichts wohl um den gesuchten Musikanten handeln muss. Der Taugenichts ist der festen Überzeugung, dass es Aurelie sei, die nach ihm suchen lässt. Er macht sich auf die Suche nach dem Vorgarten, wo er ihre Stimme zuletzt vernommen hatte.

    Der Taugenichts kann den Vorgarten im hektischen Rom nicht wiederfinden und meint schließlich, ihn sich nur eingebildet zu haben. Vom Maler Eckbrecht wird er zu einem Fest mitgenommen. Dort sieht er die Zofe von Aurelie, die ihm eine Nachricht mit einer Einladung zu einem Rendezvous mit ihrer Herrin zusteckt. Der Taugenichts glaubt, dass es sich bei der Herrin um seine geliebte Aurelie handelt.

    Zu seinem Entsetzen muss er aber feststellen, dass ihn eine fremde Italienerin eingeladen hat. Die Zofe hatte ihre Herrin gewechselt, weiß aber mit Sicherheit, dass die junge Gräfin Aurelie nicht in Rom ist. Der Taugenichts ist enttäuscht und möchte Italien wieder verlassen, weil sich dieses Land für ihn als hinterhältig und falsch erwiesen hat. In dieser Stimmung macht er sich nun auf den Heimweg zum Schloss bei Wien.

    Die Hochzeit

    Auf der Heimreise erfährt er von Prager Studenten, die auf dem Weg zum Schloss sind, dass die junge Gräfin eine alte Liebe heiraten werde. Ein Priester fügt noch hinzu, dass es sich beim Bräutigam wohl um einen "liederlichen Gesellen" auf dem Rückweg aus Italien handle. Der Taugenichts ist nun davon überzeugt, dass es sich bei der "alten Liebe" um ihn handeln muss.

    Im Park trifft er auf Aurelie, mit der er während eines fröhlichen Festes verlobt wird. Dabei lösen sich alle Verwicklungen auf: Die Tochter der Gräfin, Flora und ihr Verehrer, ein reicher Graf, hatten sich als die bewaffneten Maler verkleidet, um den Taugenichts für eine List zu benutzen. Der Spion der Gräfin sollte auf eine falsche Fährte gelockt werden, da die romantische Verbindung der beiden von der Gräfin verboten wurde.

    Deshalb hatten sie den Taugenichts allein in der Kutsche weiterfahren lassen, um beim Spion den Anschein zu erwecken, es handle sich dabei um den reichen Grafen. Auf dem geheimnisvollen Schloss sollte er mit allen Mitteln an der Weiterfahrt gehindert werden. Außerdem wird aufgedeckt, dass Aurelie keine Gräfin ist, sondern ein Waisenkind und der Portier ihr Onkel ist.

    Floras Verlobter schenkt dem Taugenichts und Aurelie zur Hochzeit ein Schlösschen. Gleich nach der Hochzeit will der Taugenichts mit seiner Geliebten und ein paar Studenten erneut nach Italien reisen. Wie sehr er über dieses Land geschimpft hatte, hat er längst vergessen. Abschließend beteuert er dem Leser noch, dass nun alles gut sei.

    "Aus dem Leben eines Taugenichts" – Charakterisierung

    Die Hauptfigur des Werkes ist der Taugenichts. Ebenfalls eine wichtige Rolle spielen Aurelie und die Maler, deren Charakterisierung Du im Folgenden findest.

    Der Taugenichts

    • ist der Sohn eines Müllers,
    • ist ein hoffnungsloser Romantiker,
    • trägt den Schimpfnamen "Taugenichts"
    • ist ein Geigenspieler,
    • arbeitet als Gärtner und Zöllner im Schloss,
    • ist egozentrisch,
    • verhält sich naiv und verträumt,
    • ist unbeschwert und gutgläubig,
    • unsterblich in Aurelie verliebt,
    • geht ohne Ausstattung auf Reisen,
    • heiratet Aurelie am Ende.

    Aurelie

    • ist ein Waisenkind und die Nichte des Portiers,
    • wird von dem Taugenichts für eine Gräfin gehalten,
    • ist heimlich verliebt in den Taugenichts,
    • heiratet den Taugenichts am Ende.

    Die Maler

    • entführen den Taugenichts nach B. (Ort vor Italien),
    • legen ein mysteriöses Reiseverhalten an den Tag,
    • werden von einem Spion verfolgt,
    • verschwinden eines Nachts spurlos,
    • werden von Aurelie gesucht,
    • sind in Wirklichkeit die junge Gräfin Flora und ihr Verehrer, ein reicher Graf.

    Aus dem Leben eines Taugenichts Figurenkonstellation StudySmarterAbb. 1: Figurenkonstellation "Aus dem Leben eines Taugenichts"

    Die Personen in der Novelle lassen sich in zwei Gruppen einteilen:

    Zum einen gibt es die musikalischen Figuren in der Geschichte, der Taugenichts sowie das als Maler verkleidete Pärchen und die Prager Studenten. Sie werden als "Romantiker" bezeichnet.

    Auf der anderen Seite stehen die "Philister", die zwar ein bodenständiges, aber auch gleichzeitig spießiges Dasein fristen.

    "Aus dem Leben eines Taugenichts" – Aufbau und Sprache

    In Eichendorffs Geschichte wird nur ein kleiner Teil und nicht das gesamte Leben des Taugenichts thematisiert. Das ist ein typisches Merkmal für eine Novelle, da diese einen geringeren Umfang hat als ein Roman.

    Das Werk besitzt zehn Kapitel, wobei das Schloss in Wien im ersten und letzten Kapitel eine wichtige Rolle spielt. Dieses stilistische Mittel kann als Epanadiplose interpretiert werden.

    Eine Epanadiplose ist ein rhetorisches Mittel, welches die Wiederholung eines Motivs am Anfang und zum Ende eines Textes beschreibt. Das sorgt für eine verstärkte Wahrnehmung und einen "runden" wahrnehmbaren Abschluss des Inhalts.

    Wenn Du mehr über das rhetorische Stilmittel erfahren möchtest, lies Dir doch unseren Artikel zur "Epanadiplose" durch!

    Aus dem Leben eines Taugenichts Handlungsorte StudySmarterAbb. 2: Handlungsorte in "Aus dem Leben eines Taugenichts"

    Eichendorff schafft mit seiner Novelle einen Text, der als Alternative zu den vorherrschenden Novellen seiner Zeit gesehen werden kann. Zum Beispiel war es typisch für eine Novelle, einen Wendepunkt zu beinhalten, der die Handlung auf unvorhersehbare Weise ins Gegenteil kehrt. In "Aus dem Leben eines Taugenichts" sind gleich mehrere Wendepunkte zu finden:

    Erster WendepunktZweiter WendepunktDritter WendepunktVierter Wendepunkt
    Der Müller schmeißt den Taugenichts raus, weil er ihn für einen Versager hält. Der Taugenichts bekommt unerwartet eine Anstellung als Gärtner und wird zum Zöllner befördert.

    Aurelie scheint vergeben zu sein, weshalb der Taugenichts Wien verlässt. Doch Aurelie hegt heimlich Gefühle für den Taugenichts.

    Der Taugenichts denkt, die Zofe in Rom veranlasst ein Treffen mit Aurelie. Stattdessen trifft er auf eine fremde Italienerin.

    Die Maler, die den Taugenichts entführen, sind in Wirklichkeit Gräfin Flora und ihr Verehrer, die den Taugenichts nur dazu nutzten, ihren Spion auf eine falsche Fährte zu locken.

    Erzählverhalten

    In "Aus dem Leben eines Taugenichts" spricht ein Ich-Erzähler, der es dem/ der Leser*in ermöglicht, in die Rolle des Protagonisten zu schlüpfen. Dadurch sind alle Erlebnisse und Eindrücke auf die subjektive Sichtweise der Hauptfigur beschränkt. Diese äußert sich zum Beispiel dadurch, dass der Ich-Erzähler ratlos und unbeholfen wirkt.

    Erzählt wird die Novelle im Präteritum. Außerdem handelt es sich bei "Aus dem Leben eines Taugenichts" um eine zeitraffende Erzählung, da die Erzählzeit kleiner ist als die Zeit, in der die Ereignisse der Handlung geschehen.

    Sprache

    Die Novelle ist entsprechend ihrer Zeit im Standarddeutsch der 1820er-Jahre verfasst. Das erkennt man an (aus heutiger Sicht) komplizierteren Formulierungen und unüblichen Satzstellungen. 1826, als "Aus dem Leben eines Taugenichts" veröffentlicht wurde, war der Text für das allgemeine Volk gut verständlich.

    Die schlichte Sprache im Werk erzeugt einen volksnahen Ton. Gleichzeitig weist der Sprachstil auch poetische Züge auf: Das trägt dazu bei, eine Nähe zwischen dem verträumten Taugenichts und dem Leser herzustellen. Diese poetische Sprache ist geprägt durch rhetorische Stilmittel und Reime, die meist umschließend, aber auch unregelmäßig sind. Die Kombination von schlichter und poetischer Sprache ist typisch für Eichendorff, weshalb er auch als "Prosadichter" bezeichnet wird.

    Schweigt der Menschen laute Lust:

    Rauscht die Erde wie in TräumenWunderbar mit allen Bäumen,

    was dem Herzen kaum bewusst,Alte Zeiten, linde Trauer,

    und es schweifen leise SchauerWetterleuchtend durch die Brust."

    Alle Zitate stammen, wenn nicht anders gekennzeichnet, aus Joseph Eichendorffs "Aus dem Leben eines Taugenichts" (1826, Berlin: Vereinsbuchhandlung).

    Mit Verniedlichungen von Begriffen, wie z. B. "Häuschen" und "Gärtchen", stellt Eichendorff eine kritische Beschreibung der bürgerlichen ("dümmlichen") Welt dar.

    Die Verniedlichung wird auch als "Diminutiv" bezeichnet und ist ein rhetorisches Stilmittel. Lies Dir unseren Artikel dazu durch, wenn Du mehr darüber erfahren möchtest.

    Insbesondere Landschaften werden detailliert und bildhaft geschildert.

    Diese bunten und klangvollen Beschreibungen bilden Synästhesien und schaffen so volkstümliche Bilder:

    [...] das Rauschen der Wälder..."

    Eine Synästhesie ist ein rhetorisches Stilmittel, welches zwei oder mehrere Sinneseindrücke miteinander vermischt. So kannst Du zum Beispiel die Bäume nicht nur sehen, sondern sie auch rauschen hören oder das "Rot der Rosen riechen". Mithilfe der Synästhesie können außergewöhnliche Empfindungen für die Leserschaft erfahrbar gemacht werden.

    Durch die Synästhesien wirkt es so, als würde der Taugenichts die Welt durch die "rosarote Brille" sehen.

    Fliegt der erste Morgenstrahl durch das stille Nebeltal,rauscht erwachend Wald und Hügel:

    Wer da fliegen kann, nimmt Flügel!"

    Diese gefühlvolle Wahrnehmung der Umgebung ist ein typisches Merkmal der Epoche der Romantik.

    Es gibt keine Metaphern, da Eichendorff dem Taugenichts eine volksnahe (also einfache) Sprache in den Mund legt. Vor allem die wiederkehrenden Tiervergleiche helfen dem / der Leser*in, sich besser in den Moment hineinversetzen zu können und fördern das Textverständnis:

    "Guido sang [...] wie eine Nachtigall"

    "Aus dem Leben eines Taugenichts" – Interpretationsansätze

    "Aus dem Leben eines Taugenichts" wurde 1826 veröffentlicht und zählt damit zur Epoche der deutschen Romantik, die von etwa 1795 bis 1830 andauerte. Aufgrund der gesellschaftlichen Spannungen (Kriege in Europa bis 1815, Massenarmut der Bevölkerung, revolutionäre Unruhen) waren die Menschen zu dieser Zeit verunsichert.

    Dichter und Autoren wirkten dieser Unsicherheit entgegen, in dem sie eine Zuflucht in fiktive Welten des Seelischen und Unbewussten boten. So kreierte Joseph von Eichendorff mit dem Taugenichts eine Figur, mit der sich die Leute identifizieren konnten und mit dem eine Abwechslung zur Realität ermöglicht wurde. In seiner Novelle griff er einen in der Romantik vorherrschenden Konflikt auf: die Spaltung des vernünftig, rational denkenden und des freiheitsliebenden, phantasievollen Menschen.

    In der Geschichte führen die "Philister" ein eintöniges, spießiges Leben, nur darauf bedacht ihrer Arbeit nachzugehen. Sie sind in ihrer Denkweise rational und haben kein Verständnis für Faulenzer oder Taugenichtse. Dazu zählt in Eichendorffs Novelle beispielsweise der Vater des Taugenichts, der seinen Sohn vor die Tür setzt, damit dieser sich "selbst (sein) täglich Brot erwirbt".

    Dieser pessimistischen Lebenseinstellung stehen die Romantiker entgegen, die einen Sinn für das Abenteuerliche und Freiheitliche entwickeln. Selbstverwirklichung und Individualität werden hier betont, was auch die Motivation des Taugenichts ist. Denn als naiver Romantiker macht er sich voller Wanderlust und Freiheitsdrang auf den Weg nach Italien. Im Gegensatz zu seinen Kameraden stürzt er sich dabei nicht in endlose Arbeit:

    Ich hatte recht meine heimliche Freude, als ich da alle meine alten Bekannten und Kameraden rechts und links, wie gestern und vorgestern und immerdar, zur Arbeit hinausziehen, graben und pflügen sah, während ich so in die freie Welt hinausstrich."

    Zudem erkennt man nicht nur die Trennung von "Philistern" und "Romantikern", sondern auch die Abgrenzung zweier Welten, zwischen denen sich der Taugenichts mit seinen Empfindungen befindet. Diese Bildung von Gefühlswelten ist auch charakteristisch für die Literatur der Romantik. Die folgende Abbildung kann Dir eine Interpretationshilfe für die Gefühle des Taugenichts sein:

    Aus dem Leben eines Taugenichts Schaubild Gedankenwelt StudySmarterAbb. 3: Gefühlswelten des Taugenichts

    In Eichendorffs Werk finden sich typische Motive der Romantik.

    • Wander- und Wegemotiv oder Sehnsuchtsmotiv:- Verlangen des Taugenichts nach Aurelie.- Sehnsucht nach seiner Heimat.
    • Nachtmotiv:- Der Taugenichts erblickt den unheimlichen buckligen Spion im dunklen Wald erblickt.- In einem Vorgarten in Rom meint er, Aurelies Gesang zu hören.

    Das Nachtmotiv ist typisch für die Literaturepoche der Romantik, denn nur die Nacht schafft es, das Rätselhafte und Geheimnisvolle hervorzubringen. Wenn Du mehr über die Literaturepoche der "Romantik" erfahren möchtest, lies Dir unseren Artikel dazu durch!

    Die Italienreise des Taugenichts ist keine willkürliche Idee Eichendorffs. Denn Johann Wolfgang von Goethe veröffentlichte 1817 seinen Reisebericht "Italienische Reise". In diesem Bericht schilderte Goethe seine gesammelten Erfahrungen während einer Italienreise. Vor allem berichtete der Dichter von seinen Wahrnehmungen und Selbsterkenntnissen.

    Eichendorff verarbeitete diese Selbstfindungsreise Goethes auf ironische Art und Weise. Denn der Taugenichts findet weder sich selbst, noch erlangt er weitreichende Erkenntnisse. Viel mehr wandert er orientierungslos und schlaftrunken durch die Gegend. Alles, was ihm widerfährt, geschieht mehr aus reinem Zufall, als dass er aktiv etwas dazu beitragen muss.

    "Aus dem Leben eines Taugenichts" – Zeitgeschichtlicher Hintergrund

    Eichendorffs Werk erzählt im Präteritum eine "Es-war-einmal-Geschichte", wie man es von Märchen kennt. Im Gegensatz zum Märchen ist die Erzählung allerdings zeitlich fixierbar. Man kann sie in der Zeit um 1800 ansiedeln, denn das belegen z. B. Anspielungen auf den Malerkreis der Nazarener in Rom.

    Italienreisen waren um 1800 in Europa äußerst beliebt. Dabei war der touristische Aspekt der Reise eher nebensächlich; die Reisen dienten vielmehr der Selbstfindung. Man wollte dadurch seine Sinne und ästhetischen Empfindungen schulen, indem man die Werke und Bauten der Antike vor Ort studierte.

    Parallel zu den Reiseaktivitäten der Menschen entstand im literarischen Bereich eine eigene Romanform: der Bildungsroman.

    Als Bildungsroman bezeichnet man einen Roman, in dem der Prozess der charakterlichen und geistigen Bildung des Protagonisten im Vordergrund steht. Diese Gattung prägte die Zeit um 1800 bis ins späte 19. Jahrhundert.

    In "Aus dem Leben eines Taugenichts" ging es dem Autor nur hintergründig um die Darstellung des Lebenswegs eines Einzelnen. Vielmehr kreierte Eichendorff eine Alternative zu den stumpfen Bildungsromanen, die darauf abzielen, den Leser geistig zu bereichern. Der Taugenichts entwickelt sich während seiner Reise nicht weiter, sondern weist ein statisches (also ein gleichbleibendes) Wesen auf.

    In seiner Erzählung thematisiert Eichendorff außerdem den Spalt zwischen "Philistern" und "Romantikern". Eichendorff war ein überzeugter und gläubiger Katholik. Die Trennung von Wissen und Glauben, im Prozess der Aufklärung, betrachtete er als schädliche Entwicklung.

    "Aus dem Leben eines Taugenichts" – Autor Joseph von Eichendorff

    Joseph Karl Benedikt Freiherr von Eichendorff (oder kurz: Joseph von Eichendorff) lebte von 1788 bis 1857 und war ein deutscher Lyriker und Schriftsteller. Seine Mutter stammte aus einer schlesischen Adelsfamilie, sein Vater war ein preußischer Offizier.

    Bereits als Kind las Eichendorff viele Abenteuer- und Ritterromane sowie antike Sagen und versuchte sich in dem Alter als Schriftsteller. Später studierte er Jura in Halle und besuchte währenddessen auch philologische Kurse. 1808 unternahm Eichendorff eine Bildungsreise, die ihn bis nach Paris führte.

    Ein paar Jahre später arbeitete er zeitweise als Referendar in Breslau und wurde anschließend zum katholischen Schulrat in Danzing. Durch seine weiteren Tätigkeiten, unter anderem im preußischen Staatsdienst und als freier Schriftsteller, lebte Eichendorff mit seiner Familie in vielen deutschen Städten. Er verstarb 1857 im Alter von 69 Jahren an einer Lungenentzündung.

    Zu seinen bedeutendsten Werken zählen:

    Aus dem Leben eines Taugenichts - Das Wichtigste

    • "Aus dem Leben eines Taugenichts" ist eine Novelle von Joseph von Eichendorff.
    • Es geht um einen als Taugenichts bezeichneten Jungen, der sich in seiner naiv-optimistischen Art in die schöne Aurelie verliebt. Diese hält er fälschlicherweise für eine Gräfin.
    • Die Novelle wird zeitraffend durch einen Ich-Erzähler (Perspektive des Taugenichts) im Präteritum erzählt.
    • Die Handlung ist in zehn Kapiteln gegliedert und spielt um 1800 in Wien und Italien.
    • Eichendorff schafft mit seiner Novelle eine Alternative zu den für die Zeit um 1820 typischen Bildungsromanen, da sie gleich mehrere Wendepunkte enthält und der Taugenichts keine charakterliche oder geistige Entwicklung durchlebt.
    Häufig gestellte Fragen zum Thema Aus dem Leben eines Taugenichts

    Warum ist "Aus dem Leben eines Taugenichts" eine Novelle?

    Aus dem Leben eines Taugenichts ist eine Novelle, weil sie eine epische Erzählung ist, die kürzer als ein Roman, aber länger als eine Kurzgeschichte ist. Außerdem kommen mehrere Wendepunkte vor.

    Ist der Taugenichts ein Philister?

    Der Taugenichts gehört zu den leidenschaftlichen Romantikern, die sich mit Selbstfindung und Individualität beschäftigen und nicht zu den Philistern.

    Warum ist "Aus dem Leben eines Taugenichts" ein romantisches Werk? 

    In seiner Novelle greift Eichendorff einen in der Romantik vorherrschenden Konflikt auf: die Spaltung des vernünftig, rational denkenden und des freiheitsliebenden, phantasievollen Menschen. 

    Sprachlich sind in dem Werk gefühlvollen Wahrnehmungen der Figuren ein typisches Merkmal der Epoche der Romantik.

    In welcher Zeit spielt "Aus dem Leben eines Taugenichts?"

    Die Handlung des Werks spielt in Österreich und teilweise in Italien im 19. Jahrhundert.

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