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So fasste Heinrich Heine in seinem Essay "Die Romantische Schule" die Texte von E.T.A. Hoffmann zusammen. Tatsächlich finden sich in einigen von Hoffmanns Werken, die aus seiner zweiteiligen Sammlung "Nachtstücke" stammen, Erzählungen von unheimlichen Gestalten und Gespenstern. Auch "Das Majorat", das im zweiten Teil der Sammlung enthalten ist, kommt nicht ohne Geisterspuk aus.
Der Essay befasst sich mit wissenschaftlichen, literarischen und alltäglichen Themen und soll die Lesenden zum Nachdenken anregen. Im Gegensatz zu einer wissenschaftlichen Arbeit wird das Thema eines Essays jedoch nicht objektiv betrachtet. Stattdessen wird die Fragestellung durch eigene Argumente und Beispiele beantwortet, sodass die subjektive Meinung der Autorin oder des Autors dargestellt wird.
Die 1817 erschienene Erzählung "Das Majorat" handelt von dem Konflikt einer Adelsfamilie um ein Rittergut, das auf Wunsch des Barons Roderich von R. als Majorat erhalten werden soll, um die Macht der Familie in den folgenden Jahrhunderten zu sichern. Nach Streitigkeiten und dem mysteriösen Tod einer der Erben verwandelt sich das Rittergut in ein Geisterschloss, dessen Spuk auch Jahrzehnte später noch anhält.
Ein Majorat ist ein mittelalterliches Erbrecht, das festlegt, dass der Besitz von Land oder Vermögen in Form einer Stiftung in ein Majoratsgut umgewandelt wird. Das Majoratsgut wird immer als Ganzes an den ältesten Sohn vererbt und dieser hat die Pflicht, es zu verwalten.
Wenn es keinen Sohn gibt, wird das Majorat an den nächsten männlichen Verwandten vererbt. Bei gleichem Verwandtschaftsgrad erhält der älteste männliche Verwandte das Majoratsgut. Der Majoratsherr hat neben der Verwaltung des Gutes die Pflicht, den jüngeren Kindern des Erblassers Unterhalt zu zahlen.
Das Prinzip des Majorats stammt aus Frankreich, wo es gesetzlich geregelt wurde. Mit den Reformen und Feldzügen Napoleons im 18. und 19. Jahrhundert verbreitete sich das Majorat in ganz Europa.
"Das Majorat" – Zusammenfassung
"Das Majorat" kann inhaltlich in zwei große Abschnitte gegliedert werden, da der Inhalt des ersten Teils um die Jahrhundertwende zwischen dem 18. und dem 19. Jahrhundert und der zweite Teil ungefähr vierzig Jahre früher stattfindet.
Zur besseren Übersicht sind die beiden großen Abschnitte durch frei gewählte Zwischenüberschriften unterteilt.
"Das Majorat" – Zusammenfassung des ersten Teils
Das Rittergut R...sitten Adelsfamilie R. liegt an der Ostsee und in trostlosen Sanddünen, mit kargen Mauern und einem kahlen Wald. Bereits die Vorfahren der Familie R. hatte diesen Ort gemieden. Der aktuelle Schlossherr, Baron Roderich von R., hält sich lieber in Kurland auf und sucht nur einmal im Jahr das Schloss an der Ostsee auf, um zur Jagd zu laden.
Roderich nutzt die Gelegenheit ebenfalls, um sich mit seinem Justiziar V. um rechtliche Belange zu kümmern. V. genieß das volle Vertrauen des Barons, da er schon seit vielen Jahren als Justiziar für die Familie R. tätig ist.
Als Justiziar wird ein Rechtsberater bezeichnet, der verbeamtet oder privat angestellt ist. In der Erzählung werden keine genauen Angaben zum Namen der Familie, des Justiziars und des Ortes gemacht. Das Schloss ist lediglich unter dem Namen "R...sitten" bekannt, die Familie wird "R." und der Justiziar "V." genannt.
Spuk auf Schloss R...sitten
V. lädt seinen Großneffen Theodor im Jahr 179- ein, ihn nach R...sitten zu begleiten. Nachts hört Theodor von seinem Zimmer aus ein gespenstisches Schlurfen im Saal, gefolgt von Seufzen, Ächzen und leidvollem Gejammer. Außerdem sind Geräusche eines eingesperrten Tieres zu vernehmen.
Theodor berichtet seinem Großonkel von den Geschehnissen der vergangenen Nacht, der die Sorgen seines Neffen ernst nimmt. Er schlägt vor, in der nächsten Nacht mit ihm Wache zu halten und den Spuk zu vertreiben. Als die Geräusche in der folgenden Nacht erneut auftreten, ruft V. die Worte "Daniel! Daniel! Was machst du hier zu dieser Stunde!"2 in den leeren Raum.
Der Text macht mit "179-" keine genaue Zeitangabe. Anzunehmen ist, dass es sich um das Jahr 1799 handelt, da im späteren Verlauf der Erzählung der Tod des letzten Barons von R. ein Jahr später erfolgt.
Es folgt ein Kreischen, ein dumpfer Schlag und leises Gewimmer, bis V. die Tür zum Saal zuwirft und der Spuk beendet ist. Theodor weiß nicht, was die Worte seines Großonkels bedeuten und warum sie diese Wirkung hatten, aber er ist erleichtert, dass das Gespenst nun verschwunden ist.
Theodors Schwärmerei
Am nächsten Morgen reist Baron Roderich mit seiner Frau Seraphine an, deren Schönheit Theodor ins Auge fällt. Er möchte der Baronin imponieren und spielt ihr auf dem Klavier vor. V. sorgt sich wegen Theodors Schwärmerei für Seraphine und warnt ihn vor den Folgen, wenn der Baron davon erfahren würde. Um sich abzulenken, geht Theodor mit zur Jagd. Er kann sich den Respekt des Barons verdienen, als er einen Wolf erschießt.
Kurz darauf wird Seraphine krank und V. beschließt, mit seinem Neffen abzureisen. Bald nach der Rückkehr erkrankt auch der Justiziar schwer. Bevor er stirbt, berichtet er seinem Neffen von den Hintergründen des Spuks, der die Barone von R. heimsucht.
"Das Majorat" – Zusammenfassung des zweiten Teils
Baron Roderich I. stirbt im Jahr 1760, als der Schlossturm, in dem er Studien zur Astronomie und Astrologie durchführte, einstürzt. Vor seinem Tod hat er das Rittergut zum Majorat gemacht, sodass der gesamte Besitz jeweils an den ältesten Nachfahren fällt und das Schloss R...sitten zum Sitz der Familie wird.
Damit wollte Roderich die Macht der Adelsfamilie für die kommenden Jahrzehnte ausbauen. Das Majorat geht nach dem Tod von Roderich I. an seinen Sohn Wolfgang über. Dieser lehnt es aber ab und macht seinem verstorbenen Vater sogar Vorwürfe, weil er die Einführung des Majorats in seiner Familie für schädlich hält.
Wolfgangs Erbe
Diese Vorwürfe richtet Wolfgang auch an den Diener Daniel, weil er der Meinung ist, dass dieser seinen Vater bei der Entscheidung unterstützt hat. Wolfgang möchte das Majorat auflösen, das Schloss verkaufen und die Diener mit einer Abfindung entlassen. Der neue Majoratsherr ändert seine Meinung erst, als Justiziar V. verlauten lässt, dass Roderich I. Geld im Schloss versteckt hat und Daniel den Ort des Verstecks kennt.
Tatsächlich erzählt Daniel, dass sich im Schlafzimmer unter den Trümmern des eingestürzten Turmes Geld befindet. Neben dem Geld findet Wolfgang dort einen Brief. In diesem hat sein Vater festgehalten, dass das Geld für den Bau eines Leuchtturmes am Schloss verwendet werden soll. Da Wolfgang nun weitere Reichtümer im Schloss vermutet, entscheidet er sich, mit seiner Familie einzuziehen. Auch Daniel erlaubt er, weiter hier zu leben.
Der Erbstreit
Diese Pläne werden jedoch von Wolfgangs jüngerem Bruder Hubert aufgedeckt, weil er Schulden hat und Geld von seinem Bruder verlangt. Wolfgang verwehrt ihm das Geld aus dem Majorat, woraufhin V. am Abend ein Gespräch zwischen Hubert und Daniel im Hof beobachtet. Ihn befällt sofort eine Vorahnung, dass sich die beiden gegen Wolfgang verschworen haben. Der Justiziar soll Recht behalten, denn am nächsten Morgen wird der Majoratsherr tot aufgefunden, nachdem er vom Turm in die Tiefe gestürzt ist.
V. vermutet, dass Hubert seinen Bruder ermordet hat, um das Majorat zu erben. Dieser verlässt jedoch das Schloss, weil er dort nicht leben möchte. Einige Jahre später, nachdem auch Hubert verstorben ist, erbt sein Sohn, Hubert II., das Majorat. Er reist an und verhält sich sofort wie der Eigentümer, bis bei der Verlesung des Testaments Roderich II., der geheime Sohn von Wolfgang, auftaucht. Damit ist Roderich II. der gesetzesmäßige Erbe, ganz zum Missfallen von Hubert II., der versucht, das Erbe anzufechten.
Aufklärung des Verbrechens
V. sieht Daniel eines Nachts schlafwandeln. Er vermutet selbst all die Jahre nach dem Tod von Wolfgang, dass er einem Verbrechen zum Opfer gefallen ist und dass der Diener daran beteiligt war. Er spricht Daniel darauf an und bekommt von ihm Unterlagen, die einen Zusammenschluss des Dieners und Huberts nachweisen, um Wolfgang zu töten. Daraus geht hervor, dass Hubert I. das Prinzip des Majorats, dass der erstgeborene Sohn das gesamte Erbe erhält, für ungerecht hielt. Deshalb schloss er sich mit dem von Wolfgang gedemütigten Daniel zusammen, um den Majoratsherrn zu töten. Hubert I. wusste jedoch von Wolfgangs heimlichen Kind mit der adeligen, aber armen Julie von St. Val.
Er unterstützte Roderich II. finanziell, verließ aber aufgrund von Schuldgefühlen das Schloss. Daniel war derjenige, der Wolfgang vom Turm stieß. Die letzten Worte des Majoratsherrn waren "Daniel! Daniel! Was machst du hier zu dieser Stunde!"2. Mit diesen Worten konnte V. Jahre später den Spuk vertreiben. Als Hubert II. von der Beteiligung seines Vaters am Mord von Wolfgang erfährt, hört er auf, das Erbe anzufechten und entscheidet sich für den Militärdienst, wo er später im Krieg fällt.
Huberts Familie verbleibt in R...sitten. Seine Schwester Seraphine lernt dort Roderich II., den neuen Majoratsherrn, kennen und lieben. Die beiden heiraten, doch bereits ein paar Tage nach der Abreise von V. und seinem Neffen Theodor widerfährt der Familie R. das nächste Unheil. Seraphine wird bei einer Schlittenfahrt von Geistervorstellungen gejagt und stürzt tödlich.
Auflösung des Majorats
Einige Jahre nach V’s Tod verschlägt es Theodor in die Nähe des Schlosses R...sitten, wo er sich an die Geschehnisse und Erzählungen seines Onkels erinnert. Theodor erfährt, dass das Majorat nach Roderichs Tod an den Staat übergegangen ist und dass nur noch Ruinen des Gebäudes übrig sind. Einzig ein neu erbauter Leuchtturm ragt hervor. Auch die Geister scheinen immer noch ihr Unwesen zu treiben, da ein benachbarter Bauer nachts häufig Gejammer und Schreie aus den Ruinen hört.
"Das Majorat" – Charakterisierung der wichtigsten Figuren
Die Figuren in "Das Majorat" können drei verschiedenen Gruppen zugeordnet werden. Ein Teil der Figuren entstammt der Adelsfamilie von R., daneben gibt es die Bediensteten, die im Schloss R...sitten arbeiten. Abschließend bildet der Justiziar mit seinem Neffen Theodor die letzte Gruppe.
In der Erzählung werden die Mitglieder drei verschiedener Generationen der Adelsfamilie R. vorgestellt. Die Historie des Majorats beginnt mit Baron Roderich I. im Jahr 1760 und endet mit dem Tod von Roderich II.
Baron Roderich I.
- Gründer des Majorats
- wollte die Macht und das Anwesen der Familie schützen
- Vater von Wolfgang und Hubert I.
- wollte, dass ein Leuchtturm auf dem Anwesen gebaut wird
- lebte mit Diener Daniel im Schloss R...sitten
- studierte die Astronomie und Astrologie
- stirbt 1760 als sein Astronomieturm einstürzt
Wolfgang
- Sohn von Roderich I.
- möchte das Majorat zunächst nicht übernehmen und R...sitten verlassen
- droht damit Daniel zu entlassen
- entscheidet sich im Schloss zu bleiben, als er von dem Geldversteck seines Vaters erfährt
- verwehrt seinem Bruder Hubert I. Geld aus dem Majorat
- hat ein heimliches Kind mit Julie von St. Val
- Vater von Roderich II.
- wird aus dem Turm gestoßen und stirbt
Hubert I.
- Sohn von Roderich I.
- wird als zweitgeborener nicht am Majorat beteiligt
- hat Schulden und verlangt Geld von seinem Bruder Wolfgang
- Vater von Hubert II.
- weiß von Wolfgangs heimlichen Kind
- rächt sich an Wolfgang für die Ungerechtigkeit des Majorats
- schmiedet mit Daniel ein Mordkomplott, um Wolfgang zu töten
- hat Schuldgefühle und verlässt das Schloss
Hubert II.
- Sohn von Hubert I.
- soll das Majorat von seinem Vater erben
- spielt sich sofort als Eigentümer des Schlosses auf
- erbt das Majorat nicht, da Roderich II. bei der Testamentseröffnung auftaucht
- verlässt das Schloss und zieht in den Krieg
- stirbt in der ersten Schlacht
Roderich II.
- heimlicher Sohn von Wolfgang und Julie von St. Val
- wird von Hubert I. finanziell unterstützt
- erbt das Majorat
- verheiratet mit Seraphine
- besucht das Schloss R...sitten nur einmal im Jahr
- bleibt nach dem Tod von Seraphine erbenlos
- ist der letzte Majoratsherr
Daniel
- langjähriger Diener auf Schloss R...sitten
- wird bei der Übernahme des Majorats von Wolfgang gekränkt
- verhilft Wolfgang trotzdem zum versteckten Geld
- ist rachsüchtig
- schmiedet mit Hubert I. ein Mordkomplott
- stößt Wolfgang aus dem Turm
- schlafwandelt aufgrund von Schuldgefühlen
- gesteht seine Tat gegenüber V.
- spukt als Geist im Schloss R...sitten
Justiziar V.
- bereits seit Roderich I. Justiziar am Schloss R...sitten
- Großonkel von Theodor
- regelt die Rechtsangelegenheiten der Familie R.
- vermutete bereits vor Wolfgangs Tod ein Unheil und ein geplantes Verbrechen
- kennt die komplette Familiengeschichte und den Spuk im Schloss
- erlangt ein Geständnis von Daniel
- stirbt nach der Rückkehr von Schloss R...sitten
- erzählt Theodor die gesamte Familiengeschichte der R’s
Theodor
- Ich-Erzähler der Geschichte
- 17 Jahre alt
- Großneffe von V.
- begleitet V. auf das Schloss R...sitten
- erlebt den Geisterspuk
- verliebt sich in Seraphine
- pflegt den kranken V. und erfährt die Familiengeschichte der R’s
- 16 Jahre nach dem Tod von V. kehrt er zum Schloss R...sitten zurück
"Das Majorat" – Aufbau und Sprache
"Das Majorat" zeichnet sich durch eine inhaltliche Zweiteilung und zwei unterschiedliche Erzählperspektiven aus. Außerdem liegt eine einfache Sprache vor, die jedoch von einigen Begriffen des Übernatürlichen geprägt ist.
"Das Majorat" – Aufbau
"Das Majorat" folgt keiner äußeren Gliederung, kann aber anhand des Inhalts in zwei Teile gegliedert werden. Der erste Teil der Erzählung ist ein Bericht des Ich-Erzählers, wohingegen der zweite Teil die Erzählung des Justiziars aus der dritten Person ist. Ferner folgt "Das Majorat" dem klassischen Aufbau einer Erzählung.
Eine Erzählung ist ein kurzer epischer Text, bei dem ein Erzähler nacherzählte oder erfundene Ereignisse in chronologischer Abfolge schildert. Außerdem gliedert sich die Erzählung in Einleitung, Hauptteil und Schluss.
In der Einleitung von "Das Majorat" wird die trübe Umgebung des Schlosses R...sitten beschrieben, die Familienmitglieder der Familie R vorgestellt und erwähnt, dass Baron Roderich I. das Anwesen in ein Majoratsbesitztum umwandeln lässt. Es wird ebenfalls genannt, dass sich das Geschehen um die Zeit 179- abspielt. Außerdem wird die Erzählperspektive mit dem Ich-Erzähler Theodor festgelegt, der die Geschichte aus seiner Sicht wiedergibt.
Im Hauptteil der Erzählung wird die ursprüngliche Geschichte des Majorats beschrieben. Die wesentlichen Ereignisse von "Das Majorat" sind dabei zunächst die Ablehnung des Majorats durch Wolfgang sowie sein Tod durch Hubert und Daniel. Daraus folgen die Schuldgefühle Huberts, weshalb er Roderich II. finanziell unterstützt und es zu einem Erbstreit zwischen ihm und Hubert II. kommt. Die Erzählung erreicht ihren Höhepunkt mit Daniels Geständnis, dass er und Hubert I. Wolfgang umgebracht haben. Mit diesem Geständnis wird der Erbstreit in den Gesamtzusammenhang eingeordnet, da der Hintergrund des Spuks auf Schloss R...sitten aufgeklärt wird.
Im Schluss von "Das Majorat" kehrt Theodor Jahre später zurück zum Schloss, wo er allerdings nur noch Ruinen auffindet. Mit der Erklärung, dass Roderich II. keine Erben hatte und das Majorat deshalb an den Staat überging, werden die Folgen der Erzählung aufgezeigt.
Erzählperspektive
Der erste Teil der Erzählung ist ein Bericht des Ich-Erzählers aus der Perspektive von Theodor.
Nicht so viel Seltsames von der lustigen Jagdzeit in R..sitten hätte ich schon hören, nicht so mit ganzer Seele dem herrlichen alten Großonkel anhängen müssen, um nicht hocherfreut zu sein, daß er mich diesmal mitnehmen wolle.2
Dort beschreibt er mit großer zeitlicher Distanz den Ort, die Zeit und die groben Geschehnisse im Schloss R...sitten zu seiner Jugend. Die Lesenden bekommen damit einen ersten Einblick in die Geschehnisse, die dem Erbstreit von Hubert II. und Roderich II. folgen und wie sich der Spuk auf R...sitten äußert. Im zweiten Teil gibt Theodor die Erzählung seines Onkels V. über die Familiengeschichte in der dritten Person wieder.
Die Geschichte des R..schen Majorats, die der Alte jetzt erzählte, trage ich so treu im Gedächtnis, daß ich sie beinahe mit seinen Worten (er sprach von sich selbst in der dritten Person) zu wiederholen vermag.2
Dieser Satz dient dabei als Überleitung, in dem der Wechsel der Erzählperspektive sogar angekündigt wird.
Der alte Freiherr hatte seinen Tod bis auf die Stunde vorausgesehen und seine Söhne davon benachrichtigt. So geschah es, daß gleich folgenden Tages Wolfgang Freiherr von R., ältester Sohn des Verstorbenen, mithin Majoratsherr, eintraf.2
Die Erzählung des Onkels V. informiert über die Hintergründe des Majorats R...sitten sowie den Spuk, da der Justiziar bereits seit vielen Jahren als Rechtsberater der Familie R. tätig war und das Geschehen im Schloss daher miterlebt hat.
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"Das Majorat" – Analyse der Sprache
Die Sprache in "Das Majorat" ist allgemein sehr einfach gehalten. Die Satzkonstruktionen wechseln zwischen der Aneinanderreihung von Hauptsätzen und Satzgefügen. Auffällig sind die detaillierten Beschreibungen der Umgebung sowie die Verwendung von Adjektiven, die den Ort heruntergekommen und düster erscheinen lassen.
Die Gegend ist rauh und öde, kaum entsprießt hin und wieder ein Grashalm dem bodenlosen Triebsande, und statt des Gartens, [...] schließt sich an die nackten Mauern nach der Landseite hin ein dürftiger Föhrenwald, dessen ewige, düstre Trauer den bunten Schmuck des Frühlings verschmäht, und [...] nur das schaurige Gekrächze der Raben, das schwirrende Kreischen der sturmverkündenden Möwen widerhallt.2
Adjektive wie "rau", "öde", "schaurig", "sturmverkündend" dienen dazu, die gespenstische Stimmung auf Schloss R...sitten darzustellen. Neben den Lichtverhältnissen wie die "düstre Trauer" werden verstärkt Geräusche beschrieben, die die Stimmung auf dem Ritterschloss unheilvoll erscheinen lässt.
Aber sowie Daniel (so war der Hausverwalter geheißen) diese Pforte öffnete, warf ihm der Sturm, abscheulich heulend und sausend, Schutt und zerbröckelte Mauersteine entgegen, so daß er von Entsetzen weit zurückprallte und, indem er den Leuchter, dessen Kerzen prasselnd verlöschten, an die Erde fallen ließ, laut aufschrie: "O Herr des Himmels! der Baron ist jämmerlich zerschmettert!"2
Die Beschreibung von Geräuschen oder der Umgebung wird häufig von negativen Adjektiven begleitet, um die Atmosphäre schauriger wirken zu lassen. Im Beispiel wird der Sturm als "abscheulich heulend und sausend" beschrieben, was die Intensität des Geräusches verstärkt. Außerdem wird der Spuk auf Schloss R...sitten direkt als solcher benannt, da häufig Gespenster und Geister erwähnt werden.
Die Worte: "Nachtwandler – Gespenst", fielen mir, hier an diesem Orte ausgesprochen, schwer aufs Herz; augenblicklich brachten sie mir die gespenstischen Erscheinungen jener beiden graulichen Nächte in Sinn und Gedanken, wie damals heulte der Seewind in tiefen Orgeltönen herüber [...].2
Für die Gestalt, die Theodor bei seinem Besuch auf dem Schloss begegnet, werden im Text mit "Nachtwandler", "Gespenst" und "Geist" unterschiedliche Bezeichnungen gewählt. Diese gelten alle als etwas Übernatürliches und erzeugen eine gruselige Atmosphäre.
Der zweite Teil der Erzählung zeichnet sich zudem durch die Verwendung von juristischen Begriffen aus, da er aus der Sicht des Justiziars wiedergegeben wird.
V. meinte, daß der alte Freiherr unmöglich seine jährlichen Einkünfte aufgezehrt haben könne, und daß, da sich unter den Briefschaften nur ein paar unbedeutende Kapitalien in Bankoscheinen befanden, und die in einem eisernen Kasten befindliche bare Summe tausend Taler nur um weniges überstiege, gewiß irgendwo noch Geld verborgen sein müsse.2
Die Verwendung dieser Fachsprache unterstreicht den rechtlichen Charakter des Majorats und die Tatsache, dass die Geschehnisse im Schloss R...sitten, der Familienstreit und der Spuk auf dem erbrechtlichen Majorat beruhen. Dadurch wird der übernatürliche, ungreifbare Spuk in Gegensatz zu dem sehr rationalen und juristischen Majorat gestellt.
"Das Majorat" – Interpretation
Im Zentrum der Erzählung stehen die beiden Motive des Majorats und des Spuks. Das Majorat wird in Hinblick auf seine Ungerechtigkeit kritisiert, während der Spuk als Fluch und Folge dieses Rechtssystems präsentiert wird.
Das Majorat
Das Prinzip des Majorats, das seit dem 17. Jahrhundert in Europa verbreitete, wird seit der Aufklärung kritisiert.
Die Aufklärung ist eine Entwicklung, die um 1700 begann und sich gegen die Willkürherrschaft der Obrigkeiten wendete. Das Ziel der Aufklärung war die Mündigkeit, das eigenverantwortliche Denken und die Selbstbestimmung der Bürgerinnen und Bürger.
Diese Kritik wird auch in "Das Majorat" vertreten. Gerade das Ziel, mit der Rechtsform des Majorats erreicht werden soll, nämlich die wirtschaftliche Stabilisierung eines Familienvermögens, wird in der Erzählung von E.T.A. Hoffmann kritisiert. Statt die Macht der Familie R. über Jahre hin zu sichern, sind am Ende der Geschichte alle Familienmitglieder tot und das Majorat fällt an den Staat.
Außerdem wird in "Das Majorat" der Unterschied von Recht und Gerechtigkeit verdeutlicht. Denn obwohl das Majorat als juristisch gesetztes Recht gilt, präsentiert sich das Prinzip im Rahmen der Erzählung eher als ungerecht, da nur der jeweils erstgeborene Sohn begünstigt wird.
[...] daß jede Stiftung, die den Erstgeborenen so vorwiegend begünstige und die andern Kinder in den Hintergrund stelle, etwas Gehässiges habe.2
Die Ungerechtigkeit, die durch das Majorat entsteht, wird in der Erzählung von Justiziar V. zugegeben. Obwohl er dieses Missverhältnis zwischen Recht und Gerechtigkeit erkennt, schreitet er nicht ein und hält als Rechtsberater der Familie das System aufrecht, sodass V. mit zum Untergang der Familie beiträgt. Damit ist die Figur des Justiziars in Hinblick auf die Aufklärung einer der Personen, die im Dienst der feudalen Strukturen stehen, das System aber selbst kritisieren.
Der Spuk
Obwohl der Spuk in "Das Majorat" als das Produkt von dem Mord an Wolfgang und dem Umtrieb von Geistern und Gespenstern präsentiert wird, liegt die Ursache in der Rechtsform des Majorats. Denn der Eingriff, den das Majorat in das Leben der Erben vornimmt und ihre Zukunft schon im Vorhinein bestimmt, ist das wahre Unheil, das Konflikt und Tod verursacht. Die Söhne Roderichs II. sind zunächst gut, werden aber durch das starre rechtliche Prinzip des Majorats derartig beeinflusst, dass sie mit der Entlassung des langjährigen Personals oder dem Brudermord irrationale Entscheidungen treffen.
[...] der Alte hat seine bösen Geister hier hineingehext.2
Dass das Majorat in jeder Generation weitervererbt wird, wird durch die Wiederkehr des Spuks Jahre später verdeutlicht. Die Gespenster und Geister, die im Text genannt werden, dienen letztlich als Metapher für das Prinzip des Majorats. Die "bösen Geister", die Roderich II. heraufbeschworen hat, stehen für die Folgen, die das Majorat für viele Jahre für die Familie haben würde.
Die Metapher ist ein rhetorisches Stilmittel, bei dem der eigentlich gemeinte Begriff durch einen anderen sprachlichen Ausdruck ersetzt wird. Die Metapher ist damit eine bildhafte Wendung für einen Gegenstand, eine Eigenschaft oder ein Geschehen. Es wird eine sprachliche Bedeutungsübertragung vollzogen. Mehr Informationen dazu findest Du in der Erklärung "Metapher" auf StudySmarter!
E.T.A. Hoffmann – "Das Majorat"
Ernst Theodor Amadeus Hoffmann (bekannt als E.T.A. Hoffmann) wurde 1776 geboren und gilt als einer der bedeutendsten deutschen Schriftsteller der Romanik. Der junge Hoffmann stammte aus einer zerrütteten Familie, da sich die Eltern bereits zwei Jahre nach seiner Geburt trennten. Von da an übernahm sein Onkel die Vormundschaft. Geprägt von ihm begann Hoffmann ein Jurastudium, interessierte sich aber daneben auch für das Schreiben, Zeichnen und Komponieren.
Nach der gescheiterten Ehe mit seiner Cousine erhielt Hoffmann eine Anstellung am Gericht im westpreußischen Posen. Dort wurde er jedoch bald entlassen, da er Karikaturen von Amtsträgern anfertigte. Nach seiner Entlassung verfiel der Schriftsteller immer mehr dem Alkohol, da sein Dasein als Zeichner und Komponist erfolglos blieb. Auch seine neue Position als Regierungsrat in Warschau, die er 1804 antrat, war nicht von langer Dauer: Napoleons Truppen nahmen im Jahr 1806 die Stadt ein und schafften das Beamtentum ab.
Für Hoffmann folgte eine Anstellung am Theater in Bamberg, wo seine Karriere als Schriftsteller und Komponist begann. Zu den bekanntesten Werken Hoffmanns zählt der Roman "Elixiere des Teufels" und die Sammlung "Nachtstücke", die die unter anderem die Erzählungen "Der Sandmann", "Das Majorat" und "Das steinerne Herz" enthält.
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Nach weiteren Verfehlungen im Staatsdienst, in den Hoffmann 1816 erneut eingetreten ist, wurde ein Disziplinarverfahren gegen den Schriftsteller eingeleitet. Bei einem Disziplinarverfahren werden mögliche Dienstvergehen von Beamten, Soldaten und Richtern überprüft und eventuell bestraft. Bevor dieses jedoch zum Abschluss kam, verstarb Hoffmann 1822 aufgrund einer schweren Krankheit.
"Das Majorat" – Das Wichtigste
- E.T.A: Hoffmann – "Das Majorat": "Das Majorat" ist eine Erzählung der Sammlung "Nachtstücke" von E.T.A. Hoffmann aus dem Jahr 1817 und handelt von dem Konflikt einer Adelsfamilie um ein Rittergut. Das Rittergut soll auf Wunsch des Barons Roderich von R. als Majorat erhalten werden, um die Macht der Familie in den folgenden Jahrhunderten zu sichern.
- "Das Majorat" – Zusammenfassung: Der erste Teil der Erzählung ist der Bericht des Ich-Erzählers Theodor von seinen Erfahrungen auf Schloss R...sitten zu seiner Jugend, als er den Geisterspuk selbst miterlebte. Im zweiten Teil der Erzählung gibt Theodor die Erzählung seines Onkels V. über die Familiengeschichte in der dritten Person wieder. Dadurch erhalten die Lesenden Einblicke in die Generationen der Familie R. und Informationen über den Ursprung des Spuks.
- "Das Majorat" – Analyse der Sprache: Die Sprache in "Das Majorat" ist sehr einfach gehalten und verfügt über viele Adjektive, die die Umgebung detailliert beschreiben und eine unheilvolle, gespenstische Atmosphäre erzeugen.
- "Das Majorat" – Interpretation: Im Zentrum der Erzählung stehen die beiden Motive des Majorats und des Spuks. Das Majorat wird aufgrund seiner Ungerechtigkeit kritisiert, der Spuk wird hingegen als Fluch und Folge dieses Rechtssystems präsentiert.
Nachweise
- FH-Augsburg.de: Heinrich Heine über E.T.A. Hoffmann. (06.08.2022)
- Projekt-Gutenberg.org: Das Majorat. (12.08.2022)
- Mythos-Magazin.de: E.T.A. Hoffmann "Das Majorat". (12.08.2022)
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Häufig gestellte Fragen zum Thema Das Majorat
Wer hat "Das Majorat" geschrieben?
E.T.A. Hoffman hat "Das Majorat" geschrieben.
Was für eine Textart ist "Das Majorat"?
"Das Majorat" ist eine Erzählung, da es sich um einen kurzen epischen Text handelt, bei dem ein Erzähler erfundene Ereignisse in chronologischer Abfolge schildert.
Wann spielt "Das Majorat"?
Die Erzählung "Das Majorat" umfasst den Zeitraum zwischen der Mitte des 18. Jahrhunderts und dem Anfang des 19. Jahrhunderts.
Wovon handelt "Das Majorat"?
"Das Majorat" handelt von dem Konflikt einer Adelsfamilie um ein Rittergut, das auf Wunsch des Barons Roderich von R. als Majorat erhalten werden soll, um die Macht der Familie in den folgenden Jahrhunderten zu sichern. Nach Streitigkeiten und dem mysteriösen Tod einer der Erben verwandelt sich das Rittergut in ein Geisterschloss, dessen Spuk auch Jahrzehnte später noch anhält.
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