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Eine Novelle ist die Erzählung einer einsträngigen Handlung von geringem, aber variierendem Umfang. Es gibt ein besonderes Ereignis, einen Wendepunkt, welcher zum Kern dieser Erzählung wird. Ein wichtiges Merkmal ist eine realistische, berichtartige Erzählform.
Die Autorin von "Die Judenbuche"
Annette von Droste-Hülshoff kam 1797 auf Burg Hülshoff bei Münster zur Welt. Zeit ihres Lebens widmete sie sich dem Dichten und dem Komponieren, wobei sich musikalische und literarische Werke stets gegenseitig beeinflussten.
Annette hieß mit vollem Namen Anna Elisabeth Franzisca Adolphina Wilhelmina Ludovica Freiin von Droste zu Hülshoff.
Auf Grundlage der häuslichen Lehre ihrer Mutter begann Annette von Droste-Hülshoff bereits im Alter von sieben Jahren Gedichte zu schreiben. In Ihrer Jugend entsprachen ihre Gedichte überwiegend den Idealen der Romantik und des Biedermeiers – sie waren geprägt von starken Emotionen und dem Rückzug in eine heile Welt.
Wenn Du mehr über die Ideale der beiden Literaturepochen erfahren möchtest, lies Dir doch gerne unsere Artikel "Romantik Literatur" und "Biedermeier Literatur" durch.
Zu Beginn der 1820er-Jahre widmete sie sich zunehmend der Musik. Sie begann mit der Arbeit an ihren Opern "Babilon" und "Der blaue Cherub". 1829 wurde Annette von Droste-Hülshoff erstmals schwer krank. Vermutlich hat sie sich in dieser Zeit homöopathisch (pseudomedizinisch) behandeln lassen.
Im Jahr darauf begann sie mit ihrer Arbeit an der Judenbuche. Sie schrieb allerdings erst 1838 weiter und ließ das Werk erst 1842 veröffentlichen. Annette von Droste-Hülshoff litt immer öfter an gesundheitlichen Problemen und starb 1848 auf Schloss Meersburg.
Zu ihren bedeutendsten literarischen Werken gehören neben der Judenbuche weitere prosaische Texte wie "Zeitbilder" und "Scherz und Ernst" sowie zahlreiche Balladen und Gedichte wie "Des Arztes Vermächtnis", "Am Weiher" oder der "Graf von Thal". Ihre musikalische Arbeit umfasst unter anderem zahlreiche Stücke für Klavier und Gesang sowie Minnelieder und verschiedene Opern.
"Die Judenbuche" - Zeitgeschichtlicher Hintergrund
Annette von Droste-Hülshoff wurde nur wenige Jahre nach der Französischen Revolution geboren. Sie lebte in einer Zeit, in der auch in Deutschland der Ruf nach bürgerlicher Freiheit und einer vereinten Nation laut wurde.
Nach dem Wiener Kongress 1815 wurden die alten absolutistischen Machtverhältnisse in Europa wieder hergestellt und die zahlreichen deutschen Kleinstaaten haben sich nicht zu einem Staat vereint, sondern lediglich im Deutschen Bund zusammengeschlossen. Dies löste eine Welle von Protesten sowie Forderungen nach Einheit aus. Als Folge dessen trat mit den Karlsbader Beschlüssen von 1819 eine durchgreifende Einschränkung der Presse- und Meinungsfreiheit ein.
Die revolutionäre Stimmung in den deutschen Kleinstaaten blieb jedoch erhalten. Die Forderung nach bürgerlicher Freiheit und einer deutschen Einheit wurde immer lauter und gipfelte 1848 in der Märzrevolution in allen deutschen Kleinstaaten.
Auch wenn diese Revolution langfristig keine Erfolge erzielte, war sie doch ein erster wichtiger Schritt zu einer gesamtdeutschen Nationalversammlung und kann damit als Grundlage für das heutige demokratische System gesehen werden.
Der wahre Kern der Geschichte
Die realistische Darstellungsweise der Erzählung ist ein wichtiger Aspekt von Novellen. In der Judenbuche finden sich viele Parallelen zu wahren Begebenheiten. Annette von Droste-Hülshoff verbrachte während ihrer Kindheit mit ihren Eltern viel Zeit in Westfalen, derselben Region, in der auch das Dorf B. verortet wird. Dort erfuhr sie von folgender Geschichte:
Ein Mann namens Hermann Georg Winckelhan soll einen jüdischen Geschäftsmann, Soistmann Berend, beim Kauf eines Hemdes um sein Geld betrogen haben. Daraufhin habe ein Prozess stattgefunden, bei dem Winckelhan zu einer Geldstrafe verurteilt worden sei. Er habe daraufhin eine Morddrohung ausgesprochen und sei später mit einem Knüppel bewaffnet auf dem Weg in den Wald gehend beobachtet worden. Ein paar Tage später habe Berends Frau ihren Mann erschlagen unter einer Buche gefunden. Die Juden aus der Gemeinde ritzten einen Spruch in hebräischer Schrift in den Baum.
Um seiner Verhaftung zu entkommen, sei Winckelhan ins Ausland geflohen und versklavt worden. Erst 25 Jahre später sei er in sein Heimatdorf zurückgekehrt und habe den Mord gestanden. Von einer Strafe sei jedoch aufgrund seiner Leiden in Gefangenschaft abgesehen worden. Er habe aber nicht ins bürgerliche Leben zurückgefunden und fortan als Bettler und Tagelöhner gelebt. 1806 habe er sich an der Buche mit der hebräischen Inschrift erhängt, sei aber auf seine Bitte hin katholisch beigesetzt worden.
Die Judenbuche - Zusammenfassung
Die Geschichte der Judenbuche beginnt mit der Rahmenhandlung über das Dorf B. im Jahr 1738, die Binnenhandlung setzt jedoch etwa 12 Jahre später ein. Der primäre Schauplatz ist das kleine Dorf B., das zu Beginn des Werks als eher ärmlich und nicht sonderlich schön beschrieben wird. Umso schöner ist jedoch die Natur in der Umgebung des Dorfes. Die Gesetze im Dorf B. sind simpel und ungenügend. Straftaten werden vernachlässigt und nach einiger Zeit nicht weiter verfolgt. Daher machen die Dorfbewohner die öffentliche Meinung, Gewohnheiten und die Verjährung von Straftaten zu ihren Urteilskriterien
Friedrich Mergel
In diesem Dorf wird Friedrich Mergel, der Protagonist der Handlung, 1738 geboren. Er verliert seinen Vater Hermann Mergel, der ein Alkoholproblem hatte, im Alter von neun Jahren. Daraufhin wächst er zunächst bei seiner Mutter Margret Semmler auf. Durch ihre Erziehung wird er fromm, gläubig und tugendhaft. Von anderen wird er jedoch eher als Außenseiter, schwach und schüchtern wahrgenommen und misshandelt.
Im Alter von zwölf Jahren nimmt ihn sein Onkel Simon Semmler bei sich auf. Er lässt ihn auf seinem Hof arbeiten und wird zu einer Art Ziehvater für Friedrich. Bei ihm lernt er auch Simons unehelichen Sohn Johannes Niemand kennen, der ihm verblüffend ähnlich sieht. Friedrich wird zu einem Vorbild für Johannes, der ihm auf Schritt und Tritt folgt.
Der Zwischenfall mit dem Oberförster
Eines Nachts hütet Friedrich die Kühe seines Onkels. Er sitzt an dem Stamm einer alten Buche gelehnt und hört die Schüsse der Holzdiebe und der Förster, die diese aufhalten wollen. Friedrich hatte die Auseinandersetzung seit Stunden mitverfolgen können und weiß daher genau, wo sich die Förster befinden.
Als der Oberförster Brandis vorbeikommt, fragt er Friedrich, ob er wisse, wo sich die anderen Förster befänden. Friedrich möchte darauf zunächst keine Antwort geben. Daraufhin wird der Förster ausfällig, beleidigt Friedrich und seine Mutter, woraufhin eine kleine Auseinandersetzung zwischen den beiden entsteht.
Schließlich gibt Friedrich Brandis bewusst die falsche Richtung zu den anderen Förstern an. Daraufhin geht Brandis in die falsche Richtung und muss sich ohne den Schutz seiner Gefährten gegen die Holzdiebe verteidigen. Kurze Zeit später bekommt Friedrich ein schlechtes Gewissen wegen seiner Lüge und er macht sich mit den Kühen auf den Weg nach Hause.
Der nächste Mordfall
Am nächsten Tag gibt Friedrich an, Kopfschmerzen zu haben, während die Nachricht über den Tod des Försters Brandis das Haus seiner Mutter erreicht. Er gerät zunächst kurz unter Verdacht, hat aber ein Alibi, da er schon vor dem Mord mit den Kühen im Dorf gesichtet wurde. Die Täter werden nie gefunden. Doch Friedrich ist sich seiner Mitschuld bewusst und möchte zur Beichte gehen, aber Simon redet es ihm aus. Ab diesem Punkt wird Simons Einfluss auf Friedrich immer größer. Friedrich lebt im Überfluss, gibt mit seinen Reichtümern an und gewinnt hohes Ansehen, während seine Mutter immer ärmer und dadurch psychisch labiler wird.
Auf einer Hochzeit zeigt Friedrich seinen Wohlstand und prahlt mit einer wertvollen Taschenuhr, für die er dem Juden Aaron noch Geld schuldet. Auf der Hochzeit versucht Johannes Niemand Butter zu stehlen und versteckt sie in seiner Hosentasche. Die Butter schmilzt und läuft ihm das Bein herunter, sodass er erwischt und von der Hochzeit verbannt wird. Etwas später macht Aaron Friedrich vor den Hochzeitsgästen auf seine Schulden aufmerksam. Friedrich ist so beschämt, dass er mit Aaron das Fest verlässt und beide danach nicht mehr gesehen werden.
Drei Tage später wird Aarons Leiche von seiner Frau unter der alten Buche gefunden. Sie fordert die Aufklärung des Mordes und Friedrich gerät unter Verdacht, wird aber nicht gefunden. Dieser Mordfall kann nicht aufgeklärt werden. Die alte Buche aber wurde von einer Gruppe Juden gekauft; diese ritzten einen hebräischen Spruch hinein.
Die Judenbuche
28 Jahre später in der Weihnachtszeit kommt ein armer alter Mann in das Dorf B. und wird als Johannes Niemand identifiziert. Er kommt beim Gutsherrn unter und erzählt ihm, was ihm in den letzten 28 Jahren passiert sei. Er und Friedrich Mergel hätten als Soldaten gearbeitet und seien in türkische Gefangenschaft geraten, wo sie als Sklaven arbeiten mussten. Aufgrund seiner zunehmenden Schwäche habe man ihn entlassen. Was mit Friedrich geschehen ist, wisse er nicht, da sie getrennt worden seien. Der Gutsherr hatte über die Jahre Friedrich Mergels Namen wieder reingewaschen und daher das Gerücht seiner Unschuld im Mordfall Aarons verbreitet. Diese Geschichte erzählt er dem alten Mann jetzt auch, welcher nachdenklich darauf reagiert.
Ein paar Tage später wird seine Leiche an der Buche gefunden und eine Narbe am Hals identifiziert den alten Mann als Friedrich Mergel. Er hatte sich zuvor dort selbst erhängt. Seine Leiche wird daraufhin auf den Schindanger geworfen.
Ein Schindanger ist der Platz eines Dorfes, auf dem totes Vieh gehäutet und die Tierkadaver hinterlassen werden. Friedrich Mergels Leiche dort zu hinterlassen zeugt demnach von Respektlosigkeit und zeigt, dass die Dorfbewohner ihn für Aarons Mörder halten.
Der letzte Satz löst die Bedeutung des Zitats, das von den Juden in die Buche geritzt wurde, auf:
Wenn du dich diesem Orte nahest, so wird es dir ergehen, wie du mir getan hast.
Alle Zitate stammen, wenn nicht anders gekennzeichnet, aus Annette von Droste-Hülshoffs "Die Judenbuche" (2014, Reclam Verlag).
Die Figuren in "Die Judenbuche"
Typisch für Novellen ist unter anderem eine Beschränkung auf ein paar wenige Figuren, die alle eine bestimmte Daseinsberechtigung haben. Daher werden Dir die wichtigsten kurz vorgestellt:
Friedrich Mergel
Der Protagonist Friedrich Mergel wird im Alter von 12 Jahren von seinem Onkel als schwacher und schüchterner Außenseiter charakterisiert. Es liegt nahe, dass er diese Charaktereigenschaften durch den fehlenden Vater entwickelt hat. Geprägt von der Erziehung seiner Mutter ist er aber auch fromm, gläubig, tugendhaft, still und nachdenklich.
Der Einfluss seines Onkels Simon Semmler verändert seinen Charakter jedoch. Er wird habgierig, überheblich, kaltherzig, angeberisch, später auch unfair, hinterlistig und gewalttätig. Diese Entwicklung seines Charakters ist ein Prozess, der in der Irreführung des Oberförsters Brandis seinen Höhepunkt findet.
Als ihm die Folgen seines Handelns bewusst werden, bekommt er ein schlechtes Gewissen und zeigt Reue, indem er zur Beichte gehen will. Hier kommt der Einfluss der christlichen Erziehung seiner Mutter zum Ausdruck. Simon unterdrückt diesen Bereich seines Charakters in gewisser Weise, in dem er Friedrich vom Beichten abhält. Seitdem werden die von Simon übernommenen Charakterzüge immer präsenter und ermöglichen die Entwicklung Friedrichs zum Mörder.
Margreth Semmler
Die Mutter Friedrich Mergels wird als eine brave, anständige, kluge und geachtete Frau beschrieben. Sie ist sehr selbstbewusst und scheint der Überzeugung zu sein, sich gegen ihren Mann durchsetzen zu können, weshalb sie Hermann Mergel dann auch heiratet.
Ihren Sohn erzieht sie christlich und betet jeden Abend mit ihm. Wie der Großteil des Dorfes hat sie typische Vorurteile Juden und speziell den Förstern gegenüber.
Simon Semmler
Der Bruder Margreths und Onkel Friedrichs, wird als "kleiner, unruhiger, magerer Mann" beschrieben, dessen Gesicht dem eines Hechtes gleicht. Er gilt zudem als Streitstifter. Deshalb gehen ihm die meisten Menschen aus dem Weg. Er nimmt Friedrich Mergel bei sich auf und beeinflusst seine Entwicklung negativ.
In der Novelle wird Simon Semmler als der Oheim oder Ohm von Friedrich Mergel bezeichnet. Oheim (Ohm ist eine Abwandlung davon) ist ein veralteter Ausdruck für den Bruder seiner Mutter. Heute bezeichnet man dieses Verhältnis als Onkel.
Johannes Niemand
Er ist der uneheliche Sohn von Simon und wird daher weder von seinem Vater noch von der Gesellschaft anerkannt. Damit ist er sozusagen ein sozialer Niemand. Er sieht Friedrich Mergel verblüffend ähnlich. Friedrich wird zu seinem Vorbild und er folgt ihm überallhin. Angelehnt an seinen Namen zeigt er keinen ausgeprägten eigenen Charakter, sondern wird zum Anhängsel von Friedrich Mergel degradiert.
Die Juden und Aaron
Die Juden stehen für eine wohlhabende, aber verachtete Bevölkerungsgruppe aus Dorf B.. Aaron kommt beispielsweise aus dem Nachbardorf S.. Er ist ein erfolgreicher Geschäftsmann, dem Friedrich Mergel Geld schuldet. Er verleumdet ihn öffentlich und wird kurze Zeit später ermordet. Seine Frau fordert Gerechtigkeit, indem sie auffordert, den Mörder zu finden und zu bestrafen. Erst 28 Jahre später wird der Mord von der Judenbuche und ihrer Inschrift aufgelöst und gerecht.
Die Förster und Oberförster Brandis
Die Förster wollen verhindern, dass Bäume gefällt und gestohlen werden. Da die Bewohner des Dorfes B. vom Bäumefällen profitiert, haben die Förster einen schlechten Ruf.
Die Judenbuche - Interpretation wichtiger Textstellen
- Die erste wichtige Textstelle ist der Anfang. Hier wird das Dorf B. und seine Lage im Detail beschrieben. Moralvorstellungen und Lebensweisen werden deutlich und die Textstelle dient so als Rahmen für das gesamte Werk.
- Die zweite wichtige Textstelle beginnt mit dem Wegtragen der Leiche von Friedrichs Vater. In dem darauffolgenden Gespräch zwischen Friedrich und seiner Mutter werden allgemeine Ansichten und Vorurteile über Bevölkerungsgruppen deutlich; Friedrich wird zum ersten Mal mit der Frage konfrontiert, was er in seinem Leben machen möchte.
- Der Besuch seines Onkels ist ein Wendepunkt in Friedrichs Leben. Die Textstelle ist wichtig, weil hier Friedrichs Charakter sowohl von seiner Mutter als auch von Simon beschrieben wird. Hier wird Friedrichs bisher reines Wesen verdeutlicht. Die kaltherzige Handlungsweise seines Onkels scheint sich im weiteren Verlauf immer mehr auf ihn zu übertragen.
- Auf der Hochzeit zeigen sich die Charakterveränderungen Friedrich Mergels am deutlichsten: Die Auseinandersetzung mit Aaron und der darauffolgende Mord bilden den Wendepunkt der Geschichte und führen dazu, dass Friedrich das Dorf B. verlässt.
- Durch Friedrichs Selbstmord an der Judenbuche wird der Mord 28 Jahre später aufgelöst und gerächt. Die Bedeutung der Buche und des Zitats spielen hier eine besondere Rolle.
Wichtige Motive und Symbole in "Die Judenbuche"
Gerechtigkeit und das Rechtssystem
Unter höchst einfachen und häufig unzulänglichen Gesetzen waren die Begriffe der Einwohner von Recht und Unrecht einigermaßen in Verwirrung geraten, oder vielmehr, es hatte sich neben dem gesetzlichen ein zweites Recht gebildet, ein Recht der öffentlichen Meinung, der Gewohnheit und der durch Vernachlässigung entstandenen Verjährung.
Bereits zu Beginn der Novelle wird in dieser Textstelle das Rechtssystem im Dorf B. beschrieben. Das Prinzip der Selbstjustiz nimmt hier eine entscheidende Rolle ein: Immer wieder wird in der Geschichte deutlich, dass im Dorf B. die allgemeine Meinung über eine Person oder eine bestimmte Gruppe mehr gilt das tatsächliche Recht und Unrecht. Beispiele hierfür sind die Juden und die Förster. Beide Bevölkerungsgruppen werden prinzipiell als Täter wahrgenommen, ohne rechtliche Grundlage oder Beweise.
Antisemitismus
Der Antisemitismus, der auch schon zu Lebzeiten der Autorin in Deutschland präsent war, wird auch in der Judenbuche an einigen Stellen deutlich.
... hat er dem Aaron Geld genommen, so hat ihm der verfluchte Jude gewiss zuvor drum betrogen. Hülsmeyer ist ein ordentlicher, angesehener Mann, und die Juden sind alle Schelme.
Das Zitat stammt von Margreth Semmler und verdeutlicht die allgemeinen Vorurteile und den unbegründeten Hass auf die jüdische Bevölkerung. Ohne die genauen Hintergründe des Betrugs zu kennen, sieht Margreth die Schuld bei Aaron, obwohl dieser eigentlich bestohlen wurde. Die allgemeinen Vorurteile werden auch daran deutlich, dass Margreth die Juden über einen Kamm schert.
Die Textstelle verdeutlicht ebenso die Tatsache, dass die Kinder im Dorf B. von klein auf mit dieser vorurteilsbehafteten Weltsicht aufwachsen. Friedrich erkennt zunächst Hülsmeyer als den Täter. Daraufhin prägt die Mutter ihrem kleinen Sohn ein, dass Juden nicht vertrauenswürdig seien und dass die Schuld bei Aaron liege.
Die Kraft der Natur
Die Natur nimmt in der Judenbuche eine bedeutende Rolle ein. Insbesondere die romantischen Naturbeschreibungen der Autorin verdeutlichen dies. So wird beispielsweise gleich zu Beginn der Novelle das eher heruntergekommene Dorf B. in die schöne Idylle der umgebenden Natur eingebettet.
Die Natur nimmt auch im Leben der Dorfbewohner eine wichtige Rolle ein. Zum einen dient das Holz der Bäume aus dem nahegelegenen Wald als wichtige Ressource für die Bewohner. Zum anderen schafft er Arbeitsplätze für Holzfäller oder Förster. Einige bedeutende Szenen spielen in der Natur und auch oft nahe der alten Buche. Hier wurde z. B. die Leiche von Aaron und später auch die von Friedrich gefunden. Auch der Mord Brandis findet hier seinen Ursprung und geschieht dann später im Wald. Die Judenbuche wird so zu einer Art Schicksalsort.
Somit scheint die Natur großen Einfluss auf die Bewohner zu nehmen. Beispielsweise stirbt auch Friedrichs Vater in der Nacht eines starken Gewitters – ebenfalls ein Naturereignis. Seinen Höhepunkt findet die Einflussnahme der Natur am Ende, indem die Judenbuche das schafft, was den Dorfbewohnern nicht gelungen war: Sie identifiziert den Mörder von Aaron und rächt seinen Tod.
Aufbau und Erzählverhalten in "Die Judenbuche"
Bei der Judenbuche von Annette von Droste-Hülshoff handelt es sich um ein episches Werk mit einem verhältnismäßig kurzen Text. Besonders auffällig ist hier die realistisch wirkende Erzählart. Zwar wird der konkrete Name des Dorfes nicht verraten, dennoch wird es in Westfalen verortet. Der Buchstabe B. hinterlässt beim Leser den nachdrücklichen Eindruck, dass sich hinter der Abkürzung ein real existierendes Dorf befinde.
Zudem scheint die Erzählinstanz Teil der Geschichte zu sein. Zwar ist der Erzähler kein erwähnter oder handelnder Charakter, er erzählt aber berichtartig, als hätte er das Geschehen vor Ort miterlebt. Das wird besonders deutlich durch das Beschreiben von sichtbaren sowie hörbaren Handlungen, aus denen Schlüsse gefolgert werden sowie durch die häufige Benutzung des Verbs "scheinen".
Wir glauben den Grund eben in dieser ihrer selbstbewussten Vollkommenheit zu finden. (...) und bald sah man ihn oft genug quer über die Gasse ins Haus taumeln, hörte drinnen sein wüstes Lärmen und sah Margret eilends Tür und Fenster schließen.
Wichtig ist in diesem Zitat zum einen das Wort "wir". Es impliziert, dass eine Gruppe von Menschen, wahrscheinlich aus besagtem Dorf B., dieses Geschehen beobachtet und dann Vermutungen darüber aufgestellt hat.
Es werden keine Emotionen von Margret oder Hermann beschrieben. Der Erzähler hat weder Einblick in die Gefühlswelt (personal) noch ist er allwissend (auktorial).
Interessant ist die Tatsache, dass man als Leser beide Morde und auch den Selbstmord Friedrich Mergels nicht mitverfolgen kann. Es werden immer nur Leichen gefunden und Rückschlüsse auf den Tathergang gezogen. Der Erzähler, und damit auch der Leser, weiß nie genau, was sich wirklich zugetragen hat. Dieses Phänomen lässt das Geschehen besonders realistisch wirken.
Ein weiterer Aspekt der Novelle ist die einsträngige Handlung. Diese arbeitet konsequent auf den Wendepunkt hin und schweift nicht ab. Alles, was in der Novelle steht, ist wichtig für die beschriebene Handlung.
Das beste Beispiel dafür ist, dass zwischen dem Mordfall und der Wiederkehr Friedrich Mergels 28 Jahre liegen, die einfach übersprungen werden, weil sie für den Handlungsstrang nicht wichtig sind. Es geht allein um den Mordfall an Aaron, für den die weitere Entwicklung des Dorfes B. in den 28 Jahren keine Rolle spielt.
Die Judenbuche - Das Wichtigste
- Die Judenbuche von Annette von Droste-Hülshoff erschien 1842 in der Literaturepoche des Biedermeiers.
- Es geht um die Entwicklung des Protagonisten Friedrich Mergels zum Mörder.
- Friedrich Mergel entwickelt erst durch den Einfluss Simon Semmlers seine negativen Charaktereigenschaften.
- Judenfeindlichkeit und das Verständnis von Gerechtigkeit werden im Werk thematisiert.
- Die Natur spielt eine bedeutende Rolle und wird durch die Judenbuche symbolisiert.
- Die Judenbuche erfüllt die Kriterien einer typischen Novelle. Es ist eine relativ kurze, einsträngige Erzählung mit Wendepunkt. Die Erzählweise wirkt sehr realistisch.
- Die Judenbuche basiert auf einer wahren Begebenheit.
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Häufig gestellte Fragen zum Thema Die Judenbuche
Warum ist die Judenbuche eine Novelle?
Die Judenbuche erfüllt die Kriterien einer Novelle. Es ist eine relativ kurze einsträngige Erzählung mit Wendepunkt. Die Erzählweise wirkt sehr realistisch.
Was symbolisiert Friedrich Mergel in der Judenbuche?
Friedrich Mergel zeigt, wie sehr der Charakter eines Menschen durch die jugendliche Erziehung beeinflusst werden kann. Durch den Einfluss seines Onkels Simon entwickelt er erst seine negativen Charakterzüge, die ihn zum Mörder werden lassen.
Was ist die Judenbuche?
Die Judenbuche ist eine Novelle von Annette von Droste-Hülshoff. Die Buche in dieser Novelle nimmt eine besondere Rolle ein. Sie symbolisiert die Natur und ihre Kraft. Da sie von Juden gekauft und von ihnen ein bedeutsamer hebräischer Spruch hineingeritzt wird, wird sie "Die Judenbuche" genannt.
Wer schrieb die Judenbuche?
Die Judenbuche wurde von Annette von Droste-Hülshoff geschrieben.
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