Ein ganzes Leben

Also ein Leben ist ein Leben. Und jedes Leben reduziert sich auf das pure Dasein. 1  

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Inhaltsverzeichnis
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Springe zu einem wichtigen Kapitel

    Diese Worte des Schriftstellers Robert Seethaler beschreiben schon das Wesentliche, worauf es in seinem 2014 erschienenen Roman "Ein ganzes Leben" ankommt. Der Roman behandelt die Geschichte des Mannes Andreas Egger, dessen Leben durch Härte und schmerzende Rückschläge, aber auch wenige Momente des Glücks gekennzeichnet ist. Geschildert wird – wie der Titel schon verrät – das ganze Leben von Andreas Egger, von Erlebnissen seiner Kindheit bis hin zu seinem Tod.

    "Ein ganzes Leben" Roman – Zusammenfassung des Inhalts

    Die Handlung des Romans beginnt im Jahr 1902, als Andreas vier Jahre alt ist.

    Ein schwerer Start

    Als Waisenkind wird Andreas zu dem Bauer Hubert Kranzstocker gebracht, da er der uneheliche Sohn der Schwägerin von Kranzstocker ist. In den Alpen Österreichs angekommen, nimmt ihn der Bauer widerwillig auf und auch nur, weil er dafür einen Sack Geld bekommt. Von da an beginnt für Andreas eine harte, von Gewalt erfüllte Kindheit: Von Kranzstocker erhält er regelmäßig Schläge.

    Als Andreas acht Jahre alt ist, schlägt ihm der Bauer einmal so fest auf seine Beine, dass eines davon bricht. Obwohl es geschient wird, wächst es nie wieder richtig zusammen und so ist eines von Andreas Beinen kürzer als das andere. Trotz seines lebenslangen Gehfehlers arbeitet Andreas hart auf dem Hof des Bauern und schafft es erst mit achtzehn Jahren, sich gegen Kranzstocker zu stellen und den Hof zu verlassen.

    Kurzes Glück

    Andreas ist stark und vertritt die Lebenseinstellung, sein Leben so zu nehmen, wie es ist und weder über seine Lebenssituation, noch über seine Gehbehinderung zu klagen. Er arbeitet gern und findet deshalb immer wieder eine Beschäftigung in seinem Dorf. Das wenige Geld, das er verdient, spart er sich zusammen und pachtet sich schließlich ein kleines Grundstück, auf dem er dann auch eine Hütte baut.

    An einem Wintertag will Andreas den Ziegenhirten namens Hörnerhannes besuchen, findet diesen jedoch sehr krank vor. Als er ihn deshalb hinunter ins Dorf tragen will, klagt Hörnerhannes über den Tod: Er stellt ihn sich als "die kalte Frau" vor, die unerwartet ihre Opfer holt. Als Andreas schließlich einen Hang hinabrutscht, rennt Hörnerhannes davon und entkommt. Um sich aufzuwärmen, sucht Andreas ein Wirtshaus auf, in dem er von der Kellnerin Marie bedient wird. Die beiden kommen sich näher.

    Marie und Andreas verlieben sich ineinander. Um sie heiraten zu können, möchte Andreas etwas mehr Geld verdienen und so nimmt er eine Stelle bei der Firma Bittermann & Söhne an, die Seilbahnen baut. Für Andreas beginnt eine von Glück erfüllte Zeit, denn Marie nimmt seinen Antrag an und zieht zu ihm auf den Hof. Doch sein Glück soll nicht lange anhalten: Bei einer Schneeschmelze kommt es 1935 zu einer Lawine, bei der seine Hütte erwischt und Marie getötet wird. Andreas selbst kommt – erneut mit einem gebrochenen Bein – davon und überlebt.

    Krieg und Abschied

    Andreas erkennt in seinem Leben keinen Sinn mehr, seit Marie gestorben ist. Deshalb meldet er sich 1939 freiwillig, um im Zweiten Weltkrieg zu kämpfen. Aufgrund seiner Gehbehinderung wird er zunächst ausgemustert, 1942 dann aber doch zu einer Gebirgsjägertruppe eingezogen. Im Krieg gerät er in Gefangenschaft sowjetischer Soldaten und muss dort acht Jahre ums Überleben kämpfen. Obwohl viele seiner Mitgefangenen sterben, gelingt ihm auch dies und er kommt im Jahr 1951 frei.

    Der Zweite Weltkrieg begann am 01. September 1939 und endete am 02. September 1945. Ausgemustert zu werden, bedeutet im Militärdienst, als untauglich befunden zu werden.

    Zurück im Dorf angekommen, muss Andreas zunächst in einer kleinen Unterkunft hinter dem Schulgebäude wohnen. Er muss sein Geld erst wieder als Gelegenheitsarbeiter verdienen, da die Firma Bittermann & Söhne pleiteging. Später bietet er Wanderungen für Touristen an und lernt auch wieder eine Frau kennen. Die Beziehung der beiden scheitert jedoch schnell. Andreas gibt seine Arbeit als Touristenführer wieder auf und zieht in einen alten Stall außerhalb des Dorfs.

    Andreas wird immer älter und einsamer. Als ihm eines Tages klar wird, dass er sein Dorf – außer im Kriegseinsatz – nie verlassen hat, setzt er sich in einen Bus und lässt sich bis zur Endstation fahren. Da Andreas gar nicht weiß, was er dort will, bringt ihn der Busfahrer wieder nach Hause. Ein halbes Jahr vergeht, als ihm die von Hörnerhannes beschriebene "kalte Frau" in Gestalt von Marie begegnet. Einige Wochen später, mit 79 Jahren, stirbt Andreas Egger und wird in einem Grab direkt neben seiner Geliebten Marie beerdigt.

    "Ein ganzes Leben" – Charakterisierung der wichtigsten Figuren

    Die Figuren Andreas Egger, Marie und Hubert Kranzstocker nehmen im Roman "Ein ganzes Leben" die zentralsten Rollen ein.

    Andreas Egger

    • wächst bei seinem Onkel Hubert Kranzstocker auf.
    • erfährt eine gewaltvolle Kindheit und Jugend.
    • erhält einen Gehfehler, als sein Onkel einmal zu fest zuschlägt.
    • verliebt sich in die Kellnerin Marie und heiratet sie.
    • verliert Marie bei einem Unfall.
    • zieht in den Zweiten Weltkrieg.
    • ist trotz all seiner schweren Schicksalsschläge ein genügsamer, starker Mensch, der sein Leben so hinnimmt, wie es ist.
    • stirbt im Alter von 79 Jahren in seiner Hütte und wird neben Marie begraben.

    Marie

    • ist eine hübsche, junge Frau mit blonden Haaren.
    • lernt Andreas kennen und heiratet ihn.
    • lebt mit Andreas ein einfaches, aber zufriedenes Leben.
    • stirbt in jungen Jahren, als ihr Zuhause von einer Schneelawine verschüttet wird.

    Hubert Kranzstocker

    • ist der Onkel von Andreas Egger.
    • ist ein gewaltsamer, herzloser Bauer.
    • misshandelt Andreas und fügt ihm seine Gehbehinderung zu.
    • verliert zwei leibliche Söhne im Krieg und stirbt daraufhin.

    "Ein ganzes Leben" – Analyse

    Im Folgenden wird zunächst die Sprache des Gesellschaftsromans analysiert. Anschließend erfährst Du etwas über den Aufbau des Werks.

    Sprache und Erzählperspektive

    "Ein ganzes Leben" ist in normaler Alltagssprache verfasst, was einen einfachen und verständlichen Lesefluss ermöglicht. Die Sprache des Fließtextes ist demnach typisch für die Literaturepoche der Postmoderne, in der das Werk entstanden ist. Auch die Sprache der Figuren liegt in normalem Hochdeutsch vor.

    Die Postmoderne ist eine Literaturepoche, die ihren Beginn in den 1980er-Jahren hat und bis heute anhält.

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    Der Erzählstil des Romans ist typisch für das Genre des Gesellschaftsromans. Ereignisse und Situationen werden detailreich und möglichst realistisch dargestellt, was dazu führt, dass sich Lesende die detailliert beschriebene Umgebung und Natur gut vorstellen können.

    Für einen Augenblick horchte er in den lautlos fallenden Schnee hinaus. Die Stille war vollkommen. Es war das Schweigen der Berge, das er so gut kannte und das doch immer noch imstande war, sein Herz mit Angst zu füllen.2

    Im Werk liegt die Erzählperspektive des personalen Erzählers vor.

    Der personale Erzähler kennt nur die Gedanken- und Gefühlswelt einer oder mehrerer bestimmter Personen. Aufgrund dessen übernimmt er deren Perspektive. Er kann bei mehreren Personen zwischen den einzelnen Perspektiven wechseln und Geschehnisse aus deren Sicht bewerten.

    Die Erzählperspektive ist hier stark auf die Hauptfigur Andreas ausgerichtet: Meist werden die Dinge aus seiner Sicht betrachtet, seine Gefühle und Gedanken werden oft detailliert geschildert:

    »In welcher Erde willst du begraben sein?« »Weiß ich nicht«, sagte Egger. Über diese Frage hatte er noch nie nachgedacht, und eigentlich lohnte es sich seiner Meinung nach auch nicht, auf derartige Dinge Zeit und Gedanken zu verschwenden.2

    Aufbau des Werks

    "Ein ganzes Leben" beginnt mit einer Prolepse, also einer Vorausblende eines Ereignisses, das in der ansonsten weitestgehend chronologisch geschilderten Handlung erst noch passieren wird. In der Vorausblende wird geschildert, wie Andreas den Hörnerhannes krank auffindet und ihn ins Dorf tragen will, dieser jedoch entkommt. Die Prolepse endet damit, dass Andreas die Stelle bei der Firma Bittermann & Söhne annimmt.

    Nach dieser Vorausblende beginnt die chronologisch erzählte Haupthandlung, in der von Andreas Ankunft bei seinem Onkel bis zu seinem Todestag erzählt wird.

    Die letzten Seiten des Buches stellen wiederum eine Rückblende (Analepse) dar, in der Andreas letzter Ausflug mit dem Bus geschildert wird. Sie endet damit, dass sich Andreas auf dem Heimweg an die Worte des Hörnerhannes erinnert, der ihm von der "kalten Frau" erzählt hatte.

    "Ein ganzes Leben" – Epoche und historischer Hintergrund

    "Ein ganzes Leben" entstand in der Epoche der Postmoderne. Die Intertextualität ist ein zentrales Merkmal von postmodernen Werken. Dabei handelt es sich um Bezüge zu anderen Werken oder Verweise auf historische Geschehnisse. Letzteres setzt Robert Seethaler in seinem Roman um, denn die Handlung spielt nicht in der Entstehungszeit des Werks, sondern beginnt im Jahr 1902 und endet 1977, als die Figur des Andreas stirbt.

    "Ein ganzes Leben" spielt damit während des Ersten und Zweiten Weltkriegs sowie der Nachkriegszeit. Diese Zeit war für viele Menschen von Verlust, Armut und Zerstörung geprägt. Nach dem Krieg hatten die meisten Menschen viele geliebte Personen verloren. Sie mussten lernen, aus ihrer Situation das Beste zu machen.

    Genau diese Erfahrungen vieler Menschen lässt Robert Seethaler in sein Werk einfließen. Er charakterisiert die Hauptfigur Andreas als einen einfachen, zufriedenen Mann, der trotz körperlicher Einschränkung und vielen Rückschlägen nie aufgibt. Die Handlung des Romans handelt von Schmerz, Verlust, Krieg und Tod und schildert realistische Verhältnisse mit einem Fokus auf dem Menschen.

    "Ein ganzes Leben" von Robert Seethaler – Interpretation

    Obwohl sich der Inhalt des Romans kaum als leichte Kost charakterisieren lässt, trägt der Erzählstil von Robert Seethaler zu einer gewissen Leichtigkeit bei. Vom harten Leben des Andreas Eggers wird auf eine unaufgeregte, ruhige Weise erzählt.

    Appell an die Gesellschaft

    Das Leben so zu nehmen, wie es ist, ist wohl der größte Appell, den Robert Seethaler an die Gesellschaft richten möchte. Wie für einen Gesellschaftsroman typisch, ist auch die Erzählweise in "Ein ganzes Leben" sachlich. Die persönlichen Stärken der Hauptfigur Andreas werden komplex und über die gesamte Handlung dargestellt. Der Leserschaft wird durch die Eigenschaften der Figur des Andreas vermittelt, dass ein Mensch schlimme Ereignisse auf eine ruhige Art und Weise akzeptieren kann.

    Ein Appell ist eine Aufforderung, die in der zwischenmenschlichen Kommunikation an andere gerichtet werden kann.

    Andreas verkörpert den Stoizismus. Dies bedeutet, dass er eine unerschütterliche Grundhaltung zum Leben besitzt, nämlich die, seinen Platz im Leben zu akzeptieren und in Harmonie mit der Natur zu leben. Andreas klagt nie über seine Lebenssituation und er verbittert auch nicht. Stattdessen verfügt er über einen unumstößlichen Lebenswillen.

    Ein schöner Tod

    Die chronologische Erzählweise des Werks wird jeweils am Anfang durch eine Vorblende und am Ende durch eine Rückblende unterbrochen. Genau diese Stellen sind es auch, an denen Andreas eine Konfrontation mit dem Tod in Form der "kalten Frau" erlebt. Zu Beginn, als Hörnerhannes ihm von der Frau erzählt, sowie am Ende, als ihm die "kalte Frau" in Gestalt von Marie begegnet.

    Dass Andreas die "kalte Frau" als seine damalige Frau Marie wahrnimmt, kann als ein schöner, letzter Abschied von dem Leben wahrgenommen werden. In den letzten Momenten seines Lebens ist er wieder mit Marie vereint und Marie holt ihn zu sich. Dass Andreas die "kalte Frau" als Ebenbild von Marie wahrnimmt, bedeutet, dass der Tod für Andreas etwas Schönes darstellt.

    Generell lädt Robert Seethaler damit ein, den Tod als etwas Erlösendes anzunehmen, als etwas Natürliches, zum Leben Dazugehörendes. Der Tod als Motiv wird im Buch nicht als ein dramatisches, schreckliches Erlebnis aufgebauscht – auch nicht, als Marie stirbt. Das Leben so zu nehmen, wie es ist, aber ebenso den Tod zu akzeptieren ist wohl der größte Appell, der sich durch "Ein ganzes Leben" zieht.

    Ein ganzes Leben - Das Wichtigste

    • "Ein ganzes Leben" ist ein Gesellschaftsroman von Robert Seethaler, der im Jahr 2014 erschienen ist.
    • Der Roman handelt vom Leben der Figur Andreas Egger, das hauptsächlich durch Härte und schmerzende Rückschläge gekennzeichnet ist. Es wird geschildert, wie Andreas trotz vieler Schicksalsschläge sein Leben so annimmt, wie es ist.
    • Die Erzählperspektive liegt in Form eines personalen Erzählers vor, der meist aus der Sicht von Andreas erzählt und dessen Gefühle und Gedanken offenbart.
    • Der Roman selbst entstand in der Epoche der Postmoderne. Die Handlung des Romans spielt jedoch während des Ersten und Zweiten Weltkriegs sowie während der Nachkriegszeit.
    • Mit seinem Roman richtet Robert Seethaler einen Appell an die Gesellschaft, das Leben mit all seinen Schicksalsschlägen und Verlusten, mit Krankheit und Tod zu akzeptieren.

    Nachweise

    1. https://www.deutschlandfunk.de/robert-seethaler-ein-ganzes-leben-100.html: Ein ganzes Leben. (15.08.2022)
    2. Robert Seethaler (2014). Ein ganzes Leben. Hanser Verlag.
    3. https://www.philomag.de/lexikon/stoizismus: Stoizismus. (16.08.2022)
    4. https://www.hanser-literaturverlage.de/themen/robert-seethaler: Robert Seethaler. (16.08.2022)
    Häufig gestellte Fragen zum Thema Ein ganzes Leben

    Wo spielt "Ein ganzes Leben"?

    Die Haupthandlung von "Ein ganzes Leben" spielt in den österreichischen Alpen. Diese Kulisse wird nur einmal verlassen, als Andreas Egger in den Krieg zieht.

    Wer hat "Ein ganzes Leben" geschrieben?

    "Ein ganzes Leben" wurde von dem Autor Robert Seethaler geschrieben.

    Worum geht es in "Ein ganzes Leben"?

    "Ein ganzes Leben" handelt von der Lebensgeschichte der Figur Andreas Egger, dessen Leben hauptsächlich durch Härte und schmerzende Rückschläge, aber auch wenige Momente des Glücks gekennzeichnet ist. Es wird geschildert, wie Andreas trotz vieler Schicksalsschläge sein Leben so annimmt, wie es ist.

    Wie ist Andreas Egger?

    Andreas Egger ist ein ruhiger, bescheidener Mann, der sich durch seinen unerschütterlichen Lebenswillen auszeichnet. Trotz vieler schlimmer Ereignisse in seinem Leben klagt er nicht, sondern nimmt alles im Leben so an, wie es kommt.

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