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Familienroman – Definition
Familienroman – Entstehungsgeschichte
Die Anfänge des modernen deutschen Familienromans liegen im 18. Jahrhundert: In der Epoche der Empfindsamkeit (1740 bis 1790) schenkten Menschen dem Thema Familie in Briefromanen vermehrt Aufmerksamkeit. So werden in Briefromanen häufig Themen wie Familie, die Rolle der Frau und die Kindererziehung behandelt.
Briefromane bestehen aus den Briefen eines Ich-Erzählers und sind meist inhaltlich von einem Briefwechsel gekennzeichnet, d. h. der Erzähler erhält auch entsprechenden Antwortbriefe. Jedoch beschreibt nicht nur der Erzähler das Geschehen, auch die Figuren in den Briefen selbst kommen zu Wort. Durch die erzählerische Ich-Form und Struktur von Briefromanen wird Vertrauen erzeugt.
Der eigentliche Höhepunkt des Familienromans lässt sich im 19. und frühen 20. Jahrhundert verorten. Zuvor spielte der Familienroman kaum eine Rolle und wurde von Entwicklungsromanen und Gesellschaftsromanen verdrängt. Bis zu seiner Rückkehr im 19./20. Jahrhundert überlebte der Familienroman nur innerhalb der Trivialliteratur.
Werke, die der Trivialliteratur – auch populäre Massenliteratur genannt – zugeordnet werden, werden häufig als minderwertig betrachtet.
Im Entwicklungsroman steht die geistig-seelische Entwicklung einer vorwiegend jungen Hauptfigur im Vordergrund. Diese Entwicklung geschieht durch die Auseinandersetzung mit sich selbst und der eigenen Umwelt.
Im Gesellschaftsroman, der auch als Sozialroman bezeichnet wird, wird das gesellschaftliche Leben der Menschen und ihre Wechselwirkungen zur Natur und zur Gesellschaft dargestellt.
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Innerhalb der Epochen wandelten sich auch die Schwerpunkte, die sich in den Familienromanen zeigten. Seitdem kann es sich bei Familienromanen sowohl um unterhaltende Literatur, als auch um besonders anspruchsvolle und kunstvoll gestaltete Literatur handeln.
Die Entstehungsgeschichte des Romangenres des Familienromans wird viel diskutiert. Dennoch herrscht zumindest Einigkeit darüber, dass der Familienroman üblicherweise in Zeiten, in denen das öffentliche Leben stark eingeschränkt war, bzw. bei geringem Interesse am Bürgertum entstand. Der Familienroman war eine Möglichkeit, um die eigene Lebensrealität darzustellen.
Die europäische Gesellschaft in der Zeit des 18. Jahrhunderts war eine Ständegesellschaft, d. h. die soziale Ordnung war wie eine Pyramide aufgebaut. Die herrschenden beiden Stände stellten der Adel sowie die Geistlichen dar. Erst danach folgte das Bürgertum und darunter die Bauern und Personen, die keinem Stand zugehörig waren.
Familienroman – Genre
Der Familienroman gehört zur literarischen Gattung der Epik und ist eines von vielen Romangenres. Bei der Bezeichnung "Familienroman" handelt es sich jedoch um keinen einheitlich verwendeten Begriff. Häufig werden die Begriffe des Generationenromans, der Familiensaga und auch der Familienchronik in der deutschen Literatur bedeutungsgleich verwendet. Es gibt Versuche diese Genres voneinander zu trennen, aber für gewöhnlich wird die Unterscheidung nicht unternommen, da sich die wesentlichen Konflikte in all diesen Genres sehr stark ähneln.
Bei der Epik handelt es sich also um eine erzählende bzw. narrative Literatur. Neben der Epik existieren noch zwei weitere wichtige literarische Gattungen: die Lyrik und die Dramatik. Die Lyrik bezeichnet gegliederte, rhythmisierte Texte, die gesungen werden können. Mit der Dramatik sind literarische Texte gemeint, die in erster Linie für eine Aufführung auf einer Bühne verfasst worden sind.
Der Hauptunterschied zur Epik ist, dass die Epik einen Erzähler, als vermittelnde Instanz zwischen den Lesenden und der Handlung besitzt.
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Der Familienroman entwickelt und verändert sich seit Jahrhunderten und taucht in immer neuen Formen und Ausprägungen auf. Durch seine inhaltliche Dichte – die Familiengeschichte wird schließlich meist über einen längeren Zeitabschnitt geschildert – gestaltet sich der Übergang zu anderen Romangattungen wie zum Gesellschafts-, Liebes-, Zeitroman sowie zu historischen Romanen oftmals fließend. Eine klare Zuordnung zu einem der Genres ist oft nicht eindeutig möglich, da sich die Werke schwer voneinander abgrenzen lassen.
Generell lässt sich das Thema der Familienschicksale auch in vielen Publikationen wiederfinden, die nicht zum Genre der Familienromane gezählt werden. Gleichzeitig stellen die behandelten Familienschicksale selten den maßgeblichen Grund für die Realisierung dieser Werke dar: Die Familienschicksale spielen sich hier lediglich im Hintergrund des jeweiligen Werkes ab.
Die Abgrenzung des Familienromans zu anderen Genres
Der Familienroman behandelt normalerweise das Leben und die Konflikte von zwei Generationen. Hierbei handelt es sich üblicherweise um die Geschichte von Eltern und ihren Kindern. Im Vergleich dazu setzt sich der Generationenroman mit mehr als zwei Generationen auseinander und beleuchtet in den meisten Fällen die Geschichte von mindestens drei Familiengenerationen.
Der Familienroman kann als Bezeichnung für Texte verstanden werden, die die Handlung innerhalb einer Familie fokussieren. Der Generationenroman hingegen ist ein Text, der chronologisch mehrere Generationen umfasst. Deswegen ist er durch eine zeitliche Ausdehnung, die sich logischerweise auch auf das Gesamtthema auswirkt, gekennzeichnet.
In den Romanerscheinungen, die nach 2000 publiziert wurden, nähern sich die Begriffe des Familien- und Generationenromans jedoch immer näher aneinander an. Die Texte, die den Generationenromanen entsprechen, werden häufig als "Familienromane schlechthin" bezeichnet und dadurch wird der Generationenroman heutzutage auch als Unterkategorie des Familienromans angesehen.
Familienroman – Merkmale und Kriterien
Die Handlung eines Familienromans befasst sich grundsätzlich mit dem Schicksal, den Entwicklungen, Ereignissen und Konflikten einer oder mehrerer Familien über viele Jahre hinweg. Das Hauptthema eines jeden Familienromans ist also immer die Familie und das jeweilige Zusammenspiel der verschiedenen Generationen innerhalb dieser Familie. Typischerweise dreht es sich dabei um Themen wie den Generationenkonflikt, Erbschaften, Familiengeheimnisse und/oder die individuellen Träume und/oder Probleme der einzelnen Familienmitglieder. Üblicherweise haben dabei die Handlungen einer Generation bedeutsame Auswirkungen auf alle nachfolgenden Generationen.
Der Familienroman kann nicht nur genutzt werden, um die Probleme und Konflikte innerhalb des engeren Familienzusammenlebens zu schildern, sondern auch um gesellschaftliche, politische, künstlerische, kulturgeschichtliche und/oder religiöse Fragen zu diskutieren. Das heißt: Innerhalb des Familienromans bleibt es meist nicht nur bei der Familiengeschichte. Diese wird eher als Ausgangspunkt verwendet, um weitere Themen anzusprechen.
Vor allem in der deutschen Literatur werden Familienromane häufig angewandt, um sich mit der nahen Vergangenheit und dementsprechend auch der eigenen Geschichte auseinanderzusetzen.
Das Hauptprinzip dieses Genres besteht also darin, eine Handlung anhand einer Generationenfolge darzubieten und dabei den familiären Kontext üblicherweise als Fallbeispiel für die geschichtliche Vergangenheit zu nutzen.
Ein weiteres wichtiges Kriterium des Familienromans ist eine realistische Erzählweise. Das bedeutet, dass die Handlung des Familienromans wirklichkeitsnah, detailgetreu und in einfacher Sprache wiedergegeben wird.
Familienroman – Beispiele
Durch Briefromane in der Epoche der Empfindsamkeit gewann das Thema der Familie an Aufmerksamkeit. In den meisten dieser Briefromane ging es um Themen wie das Schicksal, die Gefährdung und die Tugenden der Frau, sowie die Kindererziehung. Beispiele dafür sind:
- "Das Leben der Schwedischen Gräfin von G***" (1747/1748) von Christian Fürchtegott Gellert (1715-1769)
- "Geschichte der Miss Fanny Wilkes" (1766) von Johann Timotheus Hermes (1738-1821)
- "Sophiens Reise von Memel nach Sachsen" (1769-1773) von Johann Timotheus Hermes
Bekannte Beispiele für das Genre des Familienromans sind u. a. die Romane "Von guten und von bösen Nachbarn", "Buddenbrooks" oder "In Zeiten des abnehmenden Lichts", die Dir im Folgenden beispielhaft vorgestellt werden.
"Von guten und von bösen Nachbarn"
Als eines der ersten Beispiele in der deutschsprachigen Literatur und als Vorstufe für den Familienroman gilt der Roman "Von guten und von bösen Nachbarn" (1556) des Autors Jörg Wickram (1505 bis ca. 1555/1560). Hierbei handelt es sich um einen "Dreigenerationenroman". Innerhalb des Textes wird über diese drei Generationen hinweg erzählt, es gibt Generationenwechsel und in den Generationen selbst geht es auch immer um vergleichbare Probleme.
Jörg Wickram (ca. 1505-1560) war ein Schriftsteller der frühneuhochdeutschen Sprache. Vorher war er schon Goldschmied, Maler und Gerichtsdiener in Colmar. Ab 1530 veröffentlichte er seine ersten literarischen Werke. Bekannt wurde er für seine Dramen, Prosawerke und Übersetzungen.
Der Roman "Von guten und von bösen Nachbarn" behandelt Personen aus dem Bürgertum und richtet sich auch an diese. In der Botschaft des Romans spiegeln sich die Ideale des Bürgertums wider, da das Bürgertum zu dieser Zeit immer mehr an Bedeutung gewann und Selbstbewusstsein entwickelte.
Der Roman beschreibt das Idealbild einer guten Nachbarschaft und den Zusammenhalt in der Familie. Es geht hauptsächlich um die grundsätzliche Lebenslehre und dabei insbesondere um die typischen Verläufe, allgemeinen Erfahrungen und Lehren in der Kindererziehung.
"Buddenbrooks"
Als Paradebeispiel für einen Familienroman gilt der Roman "Buddenbrooks: Verfall einer Familie" (1901) von Thomas Mann (1875-1955). Bereits der Untertitel des Romans "Verfall einer Familie" weist darauf hin, dass das Thema Familie im Roman eine große Rolle spielt. Familienzusammenkünfte bilden den kompletten Rahmen des Romans, alle wichtigen Entwicklungen spielen sich innerhalb der Familie ab. D. h. die Familiengeschichte steht im Fokus des Romans, alle weiteren Ereignisse treten in den Hintergrund.
Thomas Mann (1875-1955) zählte zu den bedeutendsten Erzählern und Schriftstellern des 20. Jahrhunderts. Er schrieb Texte, die das Ende des bürgerlichen Zeitalters widerspiegeln sollten. Für seinen Familienroman "Buddenbrooks" wurde er 1929 mit dem Nobelpreis für Literatur ausgezeichnet.
"Buddenbrooks" beschreibt den allmählichen Untergang der angesehenen und erfolgreichen Kaufmannsfamilie Buddenbrook aus Lübeck. Zu Beginn des Romans herrscht ein intaktes Familienideal, das dem des 19. Jahrhunderts entspricht. Über die Zeit hinweg porträtiert der Roman den Verfall von vier Generationen, indem sich das Familienideal immer mehr auflöst, die Verbindung der Familienmitglieder und auch die Loyalität zwischen den Ehepartnerinnen und Ehepartnern weiter abnimmt.
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Aktuelle Beispiele
Auch heutzutage spielt der Familienroman noch eine wichtige Rolle. Eugen Ruge (*1954) gewann z. B. mit seinem Roman "In Zeiten des abnehmenden Lichts" (2011) den Deutschen Buchpreis. Sein Generationenroman handelt über das Leben vor, in und nach der DDR. Im Roman versucht die Familie vor dem Hintergrund der drastisch gesellschaftlichen Wandlung Glück zu finden. Die Handlungen und Unterlassungen einer Generation haben im Roman – wie für einen Familienroman üblich – ernsthafte und einschneidende Auswirkungen auf alle nachfolgenden Generationen.
Weitere aktuelle Beispiele für Familienromane sind:
- "Die Korrekturen" (2001) von Jonathan Franzen (*1959)
- "Es geht uns gut" (2005) von Arno Geiger (*1968)
- "Die Mittagsfrau" (2007) von Julia Franck (*1970)
Familienroman - Das Wichtigste
- Der Familienroman ist ein Romangenre.
- In Familienromanen wird das Familienleben einer oder mehrerer Generationen thematisiert.
- Hauptthema eines Familienromans ist die Familie und das jeweilige Zusammenspiel der Generationen innerhalb dieser Familie. Üblicherweise haben dabei die Handlungen einer Generation erhebliche Auswirkungen auf die nachfolgenden Generationen.
- Klassische Themen eines Familienromans sind Generationenkonflikte, Erbschaften, Familiengeheimnisse, persönliche Träume und Probleme einzelner Familienmitglieder.
- Familienromane behandeln normalerweise das Leben und die Konflikte zweier Generationen, insbesondere zwischen Eltern und Kinder.
- Andere Genres, wie der Generationenroman, behandeln meistens mindestens drei Generationen. Der Generationenroman wird heutzutage jedoch als Unterkategorie des Familienromans angesehen.
- Die Familiengeschichte wird oft als Ausgangspunkt genommen, um weitere relevante Themen anzusprechen.
- Anfänge des modernen deutschen Familienromans liegen im 18. Jahrhundert, der Höhepunkt des Familienromans folgte im 19. und frühen 20. Jahrhundert.
- Es ist keine eindeutige Begriffsdefinition des Familienromans möglich, da die Begriffe "Generationenroman", "Familiensaga" und "Familienchronik" in Literatur häufig bedeutungsgleich verwendet werden.
- Durch inhaltlich vielfältige Ausführungen ist eine Abgrenzung zu anderen Romangenres (z. B. Gesellschafts-, Liebes-, Zeitromane) schwierig bzw. der Übergang zwischen den Genres ist fließend.
- Beispiele für Familienromane sind u. a. "Von guten und von bösen Nachbarn" von Jörg Wickram (1505 bis ca. 1555/1560), "Buddenbrooks" von Thomas Mann (1875-1955), "In Zeiten des abnehmenden Lichts" von Eugen Ruge (*1954).
Nachweise
- Simone Costagli; Matteo Galli. (2010). Deutsche Familienromane. Fink.
- buecher-wiki.de: Familienroman. (11.06.2022)
- Thomas Mann: Buddenbrooks (2012). C. Bange Verlag.
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Häufig gestellte Fragen zum Thema Familienroman
Was ist ein Familienroman?
Der Familienroman ist ein Genre des Romans. In Familienromanen wird das Familienleben einer oder mehrerer Generationen thematisiert. Vor allem in der deutschen Literatur wird der Familienroman verwendet, um sich mit der eigenen persönlichen Vergangenheit und Familiengeschichte auseinanderzusetzen.
Wann wurde der Familienroman erfunden?
Der moderne deutsche Familienroman wurde im 18. Jahrhundert erfunden. Der Höhepunkt des Genres folgte jedoch erst im 19. und frühen 20. Jahrhundert. Als eine Vorstufe des Familienromans wird der bereits im Jahr 1556 veröffentlichte Roman "Von guten und von bösen Nachbarn" des Autors Jörg Wickram (1505 bis ca. 1555/1560) bezeichnet.
Was macht einen Familienroman aus?
Einen Familienroman macht aus, dass sich die Handlung grundsätzlich mit dem Schicksal, den Entwicklungen, Ereignissen und Konflikten einer oder mehrerer Familien über viele Jahre hinweg beschäftigt. Typischerweise dreht es sich dabei um Themen wie Generationenkonflikte, Erbschaften, Familiengeheimnisse und individuelle Träume oder Probleme einzelner Familienmitglieder.
Was ist ein Beispiel für einen Familienroman?
Als Paradebeispiel für einen Familienroman gilt der Roman "Buddenbrooks" aus dem Jahr 1901 von Thomas Mann (1875-1955). Alle wichtigen Entwicklungen spielen sich in diesem Roman innerhalb der Familie ab und die Familiengeschichte wird gegenüber anderen Aspekten immer priorisiert.
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