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Der Roman "Fast ein bisschen Frühling" wurde von dem Autor Alex Capus verfasst. In dem Werk wird sehr detailliert und basierend auf einer wahren Begebenheit, die Freundschaft und die gemeinsamen Verbrechen von Kurt Sandweg und Waldemar Velte thematisiert.
"Fast ein bisschen Frühling" – Zusammenfassung
Die Geschehnisse des Romans "Fast ein bisschen Frühling" werden von einem Ich-Erzähler namens Max wiedergegeben. Dieser ist selbst Teil der erzählten Welt, denn er ist der Enkel von den beiden Figuren Ernst und Marie Walder. Im Folgenden findest Du die Zusammenfassung von "Fast ein bisschen Frühling".
Die Begrifflichkeit "erzählte Welt" umfasst in der Literatur sowohl die Geschichte eines Textes als auch die darin vorkommenden Figuren, Räume und Handlungen. Die erzählte Welt kann, muss jedoch nicht mit den Regeln der Realität einhergehen. Sie kann ebenfalls rein fiktiv sein.
Die beiden arbeitslosen Ingenieure Kurt Sandweg und Waldemar Velte sehen in ihrem Wohnort Wuppertal keine Perspektive für die Zukunft und möchten deshalb nach Indien durchbrennen. Kurzerhand überfallen sie eine Bank in Stuttgart, um an Geld zu gelangen. Dabei erschießen sie einen Kassierer. Auf ihrer Flucht kommen sie zunächst im schweizerischen Basel an.
Reise und Aufenthalt in Basel
Der Ich-Erzähler leitet den Anfang der Geschichte ein, indem er von den Geschehnissen des 13. Dezembers im Jahre 1933 berichtet. An jenem Tag sind die beiden jungen Männer Kurt Sandweg und Waldemar Velte unterwegs nach Indien. Grund hierfür ist die Perspektivlosigkeit, die die beiden in ihrer Heimat Wuppertal sehen.
Auf ihrer Reise legen Waldemar und Kurt einen Zwischenstop in Basel ein. Dort tanzen sie Tango mit der Verkäuferin einer Schallplattenabteilung, deren Name Viktoria Schupp lautet. Am darauffolgenden Abend gehen die drei miteinander spazieren. Viktoria wird auch Dorly genannt, und arbeitet in dem Kaufhaus "Globus". Dorly bringt ihre Freundin Marie Stifter zu dem gemeinsamen Spaziergang mit.
Schnell stellt sich heraus, dass sich der als melancholisch veranlagte Waldemar in Dorly verliebt hat. Aber auch Kurt entwickelt Gefühle für die Verkäuferin, die sich als 25-Jährige ausgibt, obwohl sie bereits 32 ist. Die aufgekommenen Gefühle der jungen Männer sorgen dafür, dass die beiden Männer ihre Weiterreise vorerst verschieben.
Ein Rückblick
In einem ersten Rückblick wird von einem Banküberfall in Stuttgart berichtet. Diesen Überfall haben Kurt und Waldemar verübt. Bei ihrem Raub haben sie den Filialleiter der Bank, Julius Feuerstein, erschossen. Nachdem die beiden Bankräuber zurück nach Wuppertal flüchten, gerät mehr und mehr das nationalsozialistische Regime Deutschlands in den Vordergrund.
Kurt und Waldemar betrachten die Nationalsozialisten als Verbrecher und verweigern deshalb den Arbeitsdienst. Als einzigen Ausweg ziehen sie in Erwägung, nach Indien oder Amerika aufzubrechen. Ihre Reise führt sie nach Antwerpen über Paris, wo sie ein Reisegrammofon erwerben. Nach einigen Tagen kommen die beiden in Basel an.
Ein Grammofon ist ein Gerät, mit dem Töne aufgezeichnet und wiedergegeben werden können. Ein Reisegrammofon hat eine kleinere Größe und meist einen hölzernen Koffer als Schutzhülle, sodass es problemlos auf Reisen mitgenommen werden kann. Das Grammofon wurde im Jahr 1887 von Emil Berliner erfunden.
Die hasserfüllte Liebe zwischen Marie und Ernst
Nachdem Marie nun mit Dorly, Waldemar und Kurt spazieren war, beginnt sie schnell, Gefühle für Kurt zu entwickeln. Allerdings erkrankt Marie kurz darauf an Grippe und verlässt viele Wochen lang nicht ihr Bett, sodass sie Kurt nicht wiedersehen kann.
Darauffolgend wird das Leben von Marie zu jener Zeit näher beschrieben. Marie Stifter lebt mit Ernst Walder unweit von Basel in einem Dorf. Obwohl die beiden bereits zum Zeitpunkt ihrer Begegnung keine leidenschaftlichen Gefühle füreinander hegen, verloben sie sich am 4. Januar 1934.
Die Beziehung zwischen den Eheleuten gleicht zeitlebens einem Kampf – statt einander zu lieben und mit Respekt gegenüberzutreten, machen sie die Ehe zu einem Schlachtfeld, auf dem der gegenseitig empfundene Hass ausgetragen wird.
Fortsetzung der Bankraube
Kurt und Waldemar gehen noch eine ganze Zeit lang jeden Abend mit Dorly spazieren und kaufen regelmäßig Schallplatten bei ihr. Schließlich tritt zutage, dass sie bereits wegen ihres tödlichen Bankraubs in Stuttgart gesucht werden.
Weil den beiden Bankräubern jedoch erneut Geld fehlt, sehen sie sich gezwungen, eine weitere Bank auszurauben. Sie stehlen ein Auto, überfallen einen Waffenhändler und rauben am 5. Januar eine Bank in Basel aus. Dieses Mal kommen gleich zwei Menschen zu Tode: der Direktor der Bank und erneut ein Kassierer.
Im Anschluss verabschieden sich die beiden Männer von Dorly. Sie wiederum bittet Karl und Waldemar, ihr ihre Pässe zu zeigen und merkt sich kurzerhand die Daten, um sie später an die Polizei auszuliefern. Daraufhin werden die beiden Verbrecher von der Polizei gejagt.
Von Basel nach Frankreich und zurück
Kurt und Waldemar flüchten nach ihrem zweiten Banküberfall zunächst nach Frankreich. Sie möchten nach Spanien einreisen, können dies allerdings aufgrund eines Einreiseverbots nicht. Daraufhin machen sich die Männer nach Berlin auf – dort wollen sie Visa beantragen.
Bevor die beiden in Berlin ankommen, reisen sie durch Basel. Am 13. Januar kommen sie dort an und besuchen erneut Dorly. Tagsüber kaufen sie Schallplatten, abends gehen sie spazieren. Dass sie noch immer gesucht werden, scheinen sie für kurze Zeit zu vergessen. Als Kurt und Waldemar am 19. Januar von Zivilpolizisten überprüft werden, besorgen sie sich Fahrkarten nach Berlin.
Als die beiden am 20. Januar aus einer Pension in die Hauptstadt aufbrechen möchten, werden sie von einer plötzlichen Polizeikontrolle überrumpelt. Daraufhin erschießt Waldemar zwei Polizisten. Im Anschluss flüchten die beiden Verbrecher mit Fahrrädern.
Fahndung und Verfolgungsjagd
Nach den Banküberfällen und dem Mord an zwei Polizisten wird auf Hochdruck nach Kurt und Waldemar gefahndet. Die Polizei gelangt auf einer ersten Spur zu deren Freundin Dorly. Diese berichtet ihnen, was sie über Kurt und Waldemar weiß und verrät auch die Informationen, die sie von deren Personalien entnommen hatte.
Noch am selben Abend werden die beiden Verbrecher unweit von Dornach, einem kleinen Ort in der Schweiz, entdeckt. Eine Verfolgungsjagd zwischen der Polizei und den gesuchten Verbrechern beginnt. Dabei werden erneut zwei Polizisten angeschossen – einer von ihnen stirbt unmittelbar, der andere kommt mit dem Leben davon.
Die Verfolgungsjagd wird in einem nahegelegenen Waldgebiet fortgesetzt. Endlich gelingt es der Polizei, Kurt und Waldemar zu umstellen. Was die Polizei jedoch nicht ahnt ist, dass der 21-jährige Franz Zellweger die beiden Diebe ebenfalls zur Strecke bringen möchte, und sich deshalb ebenfalls in jenem Waldgebiet aufhält. Franz wird mit einem der beiden Verbrecher verwechselt und unbeabsichtigt von einem Polizisten erschossen.
Das Versteck im Wald
In der folgenden Nacht sind Kurt und Waldemar noch immer auf freiem Fuß und verstecken sich im Wald. Sie fürchten, dass dies ihr Ende sei. Waldemar äußert, dass es nur folgerichtig für ihn sei, mit der bürgerlichen Gesellschaft in Konflikt zu geraten. Schließlich sei er auf der Suche nach einer objektiven Wahrheit und denke stets logisch. Die Menschen verachte er als Verbrecher der Welt und bereue deshalb nichts. Kurt pflichtet ihm bei und die beiden hoffen, dass wenigstens ihre Familien sie verstehen.
Nach der Nacht im Wald geht die Polizei davon aus, dass Kurt und Waldemar im Schutz der Dunkelheit aus dem Wald geflüchtet sind. Die Polizeibeamt:innen geben deshalb ihre Stellungen auf. Mithilfe eines Flugzeugs wird stattdessen versucht, die Geflüchteten im Basler Umfeld zu entdecken. Kurzerhand gerät Ernst Walder ins Visier der Polizei, da er fälschlicherweise für Kurt gehalten wird.
Der Verrat
Um weiter unentdeckt zu bleiben, meldet sich Kurt am darauffolgenden Tag bei Dorly. Er bittet sie, ihm und Waldemar Essen zu besorgen. Dorly kommt jedoch der Bitte nicht nach – stattdessen schaltet sie die Polizei ein. Die Polizei umstellt daraufhin den Park, bei dem Kurt Dorly gebeten hatte, das Essen vorbeizubringen.
Die beiden Flüchtigen geben nun jede Hoffnung auf und beschließen, ihre Leben zu beenden. Daraufhin schießen sie aufeinander. Kurt stirbt, während Waldemar verletzt überlebt. Er verfasst daraufhin einen Abschiedsbrief an Dorly und bezeichnet sie darin als das größte Glück seines Lebens. Wenige Stunden später tötet er sich durch einen Schuss in die Brust.
Die Reaktionen der Bevölkerung
Im letzten Teil des Buches wird von den Überlebenden erzählt. Dabei geht insbesondere Dorly hervor, die lange Zeit als Mitwissende beschuldigt wird. Nachdem im Jahre 1942 ihre Mutter stirbt, verliert sich ihre Spur.
Die allgemeinen Reaktionen in der Bevölkerung auf das Geschehene sind weitreichend. Während die Kommunistinnen und Kommunisten Kurt und Waldemar als Nationalsozialisten bezeichnen, gehen die Katholikinnen und Katholiken davon aus, dass es sich bei den jungen Männern um Manifestationen des Teufels gehandelt habe.
Unter ganz anderen Gesichtspunkten betrachtet eine gleichaltrige Frau die Taten der beiden jungen Männer. Sie spricht von der Problematik des Erwachsenwerdens in einer Welt, die Jugendlichen keinen Raum bietet, ihre eigenen Fähigkeiten zu entfalten. Schließlich biete diese Welt nur eines: Arbeitslosigkeit.
"Fast ein bisschen Frühling" – Charakterisierung
Da der Roman "Fast ein bisschen Frühling" durch den thematischen Schwerpunkt der Verbrechen von Kurt und Waldemar insbesondere die beiden Figuren "Kurt" und "Waldemar" thematisiert, findest Du im Folgenden eine Charakterisierung dieser beiden zentralen Figuren.
Kurt Sandweg
wurde am 03. August 1910 in Wuppertal geboren
ist zu Beginn der Geschichte 23 Jahre alt,
ist arbeitslos
lebt in Wuppertal
ist ein heiterer und redseliger Mensch
ist seit seiner Kindheit mit Waldemar Velte befreundet
möchte einen Neuanfang in Indien
beschließt, gemeinsam mit Waldemar aus dem Nazideutschland zu fliehen
stirbt am 21. Januar 1934 in Basel
Waldemar Velte
wurde am 04. August 1910 in Wuppertal geboren
ist zu Beginn der Geschichte ebenfalls 23 Jahre alt
ist wie Kurt arbeitslos
hat ein eher schwermütiges Wesen
denkt und philosophiert gerne
ist stets auf der Suche nach einer absoluten Wahrheit
verliebt sich in Viktoria Schupp, genannt Dorly
stirbt am 21. Januar 1934 in Basel
"Fast ein bisschen Frühling" – Analyse
Die Geschehnisse in "Fast ein bisschen Frühling" werden von einem Ich-Erzähler wiedergegeben, der jedoch großteils ein auktoriales Erzählverfahren anwendet. Im Folgenden erhältst Du Informationen über den Dramen-ähnlichen Aufbau von "Fast ein bisschen Frühling", die besondere Erzählperspektive und erfährst Genaueres zur Sprache des Werks.
Aufbau
In dem Kriminalroman "Fast ein bisschen Frühling" stehen im Zentrum der Handlung die Verbrechen der beiden Täter Kurt und Waldemar und deren Aufklärung. Der Roman ist in 23 Kapitel unterteilt und in Form eines epischen Textes verfasst, teilweise lassen sich auch Merkmale eines Dramas erkennen.
Die Dramatik ist neben der Epik und der Lyrik eine der drei literarischen Hauptgattungen. Zentral für ein Drama ist ein Konflikt, der entweder gelöst wird oder in einer Katastrophe endet. Sieh Dir doch die Erklärung "Drama" auf StudySmarter an, wenn Du mehr über diese literarische Hauptgattung erfahren möchtest!
Der Kriminalroman, oder auch kurz als Krimi bezeichnet, gehört zu einem literarischen Genre, das ein Verbrechen im Hinblick auf Motiv, Ausführung, Täter sowie Aufdeckung und Aburteilung eines Täters behandelt. Es umfasst die Darstellung eines Verbrechens sowie die Aufklärung als zentrales Thema. Die ermittelnde Instanz, unter anderem die Polizei, versucht auf Grundlage einer rationalen Analyse die Hintergründe der Tat aufzudecken.
Oft geht es um die zentralen Fragen, wie Verbrechen geschehen können und warum Menschen zu Kriminellen werden. Vor allem wird die Schuld der kriminellen Personen vor dem Hintergrund von psychologischen und gesellschaftlichen Hintergründen analysiert und bewertet. Meist laufen die Ereignisse in einem Kriminalroman geradlinig und chronologisch ab.
Die Ausgangslage der Erzählung ist ein Banküberfall in Stuttgart, den die beiden jungen Männer Kurt Sandberg und Waldemar Velte begehen.
Anhand der folgenden Tabelle kannst Du die Dramen-ähnlichen Merkmale in "Fast ein bisschen Frühling" erkennen:
Dramen-typische Merkmale in "Fast ein bisschen Frühling" | |
Tragische Wendung | Die Durchreise in Basel stellt eine schöne, für den weiteren Handlungsverlauf jedoch tragische Wendung dar: Kurt und Waldemar lernen Dorly kennen und verlieben sich beide in sie. Die drei haben Spaß zusammen, jedoch erhöht sich die Spannung, als feststeht, dass die beiden einen zweiten Bankraub begehen werden. Dramen typische |
Spannungsbogen | Kurt und Waldemar rauben in Basel eine Bank aus, erschießen den Direktor der Bank und einen Kassierer. Die Jagd nach den beiden stellt den Spannungsbogen dar. |
Höhepunkt | Nachdem die beiden in ein Waldgebiet flüchten und zwei Polizisten erschießen, ist der tragische Höhepunkt der Handlung erreicht. Ein dramatischer Ausgang ist abzusehen. |
Tragisches Ende | Zuletzt sind sich Kurt und Waldemar ihrer ausweglosen Situation bewusst und erschießen sich gegenseitig. Während Kurt sofort stirbt, nimmt der verletzte Waldemar sich in den folgenden Stunden selbst das Leben. |
Erzählperspektive
Obwohl es sich in dem Werk um einen Ich-Erzähler handelt, der die Geschichte einleitet, verfügt der Roman über auktoriale Erzählzüge.
Der Ich-Erzähler ist auch die handelnde Figur der Geschichte und wird so für die Lesenden zu einer greifbaren Person. In dieser Erzählform ist die subjektive Sicht auf die Ereignisse stark ausgeprägt. So werden alle Geschehnisse stets aus der Sicht einer Person beschrieben.
In der auktorialen Erzählsituation gehört der Erzähler selbst nicht zu der Geschichte, die er erzählt, sondern befindet sich an einem von den Ereignissen distanzierten Standort. Jemand erzählt folglich allwissend von einer oder mehreren Figuren und ist dabei selbst nicht Teil des Ganzen. Der auktoriale Erzähler hat Kenntnis über die Gedanken und Emotionen der Figuren.
Dass es sich zunächst um einen Ich-Erzähler handelt, ist anhand des Romaneinstiegs zu erkennen:
Das ist die wahre Geschichte der Bankräuber Kurt Sandweg und Waldemar Velte, die im Winter 1933/34 den Seeweg von Wuppertal nach Indien suchten. Sie kamen nur bis Basel, verliebten sich in eine Schallplattenverkäuferin und kauften jeden Tag eine Tango-Platte. Meine Großmutter mütterlicherseits ist zweimal mit ihnen spazierengegangen.1
Hingegen lassen die Beschreibungen im weiteren Verlauf der Geschichte nicht erahnen, dass es sich um einen Ich-Erzähler handelt. Schließlich hat der Ich-Erzähler Max das Beschriebene nicht selbst erlebt – er gibt die Geschehnisse jedoch mithilfe von Äußerungen Überlebender, wie z.B. Waldemars Schwester Hilde Velte, wieder. Ebenfalls bezieht er Abschriften aus Archiven der Polizei, Zeitungsartikel, Tagebucheinträge und Beschlüsse des Gerichts mit in die Geschichte ein.
Insbesondere die Wiedergabe des Geschehenen im Präsens und die wörtliche Rede verstärken den Eindruck eines auktorialen, also allwissenden Erzählers:
"Guten Tag, Fräulein Dorly."
"Guten Tag, die Herren."
Genau vierundzwanzig Stunden sind vergangen seit der ersten Begegnung in der Schallplattenabteilung des Globus. Dorly gönnt dem Finnen und dem tapsigen Österreicher nur einen kurzen Blick. Haben die ihren Aufenthalt in Basel also tatsächlich um einen Tag verlängert. Heute will Dorly nicht so viel Zeit haben. Die beiden haben sich gestern schon ein bisschen viel herausgenommen mit der Tanzerei und ihrem Gerede von Geburtstagen und Vornamen und Sternzeichen.1
Diese Ausführungen werden jedoch wieder von der Ich-Erzählperspektive eingeholt, indem der Erzähler Max anzeigt, dass seine Großmutter ihm von den damaligen Ereignissen berichtet. Auf diese Weise werden die Lesenden durch eine Art Unterbrechung in die Gegenwart der Berichterstattung zurückgeholt. Max' Großmutter, Marie Walder, berichtet ihrem Enkel über Dorly. Daraufhin gibt dieser in der Ich-Perspektive an:
Da die beiden einander kurz darauf aus den Augen verloren, fühlte meine Großmutter sich in späteren Jahren nicht mehr zur Verschwiegenheit verpflichtet. »Der haben zwei Jahre Ehe gereicht, um ihr alle Männer ein für alle Mal zu verleiden«, sagte sie mir über die Schulter hinweg, während sie auf der Veranda an den Kletterrosen umherschnipselte. Großvater saß, über ein Kreuzworträtsel gebeugt, am Gartentisch, knackte ärgerlich mit den Kiefergelenken und tat, als ob er nicht zuhörte.1
Sprache
Der Schreibstil von Alex Capus ist beinahe heiter und erinnert an einen romantischen Roadmovie mit teilweise rührenden Episoden. Die Gemütsverfassungen von Kurt und Waldemar schwanken zwischen Wut, Hass und Verzweiflung. Aber auch Spaß, Liebe und Zuneigung lassen sie fast sympathisch erscheinen.
Als "Roadmovie" wird ein Filmgenre bezeichnet, bei dem sich die Handlung vorwiegend unterwegs, also z. B. auf Landstraßen, abspielt. Dabei wird die Reise unterwegs als Metapher einer Suche nach etwas Bestimmtem gedeutet. Dies kann etwa Freiheit oder wie in "Fast ein bisschen Frühling" eine objektive Wahrheit sein.
Da dem Roman "Fast ein bisschen Frühling" ein realer Kriminalfall zugrunde liegt, entnimmt Capus detaillierte Angaben aus den Akten von Polizei- und Zeitungsarchiven, Protokollen von Zeugenaussagen und Gesprächen mit Überlebenden. Dabei wird nichts beschönigt und auch keine Stellung zu den Taten der Protagonisten abgegeben. Die Stellungnahme wird allein den Lesenden überlassen.
Als Kriminalliteratur, auch Kriminalroman oder Kriminalerzählung bezeichnet man epische Texte, die von einem Verbrechen oder mehreren Verbrechen und dessen Aufklärung handeln.
Als Erzähler wählt Capus den späteren Enkel von Marie Walder, den er das Geschehen in einer eher nüchternen und sachlichen Sprache schildern lässt, die dennoch spannend wirkt. Diese Spannung weckt die Neugier auf den weiteren Verlauf der Geschichte:
Als die Schwingtür aufgeht, betreten zwei bleiche Burschen den Schalterraum. Gutangezogene Burschen in Knickerbockers, teuren Tweedmänteln und mit nach hinten gekämmten Haaren. »Guten Morgen, die Herren. Was kann ich für Sie tun?« Da deutet schon eine Pistole auf Feuersteins Stirn. Über den Lauf hinweg fixiert ihn der kleinere Bursche mit grünen Augen und schweigt. Der zweite Bursche, ein langer und schlaksiger Kerl, hat keine Pistole. Der steht nur daneben und tut verlegen. Feuerstein wartet ab, was weiter geschieht.1
Einige Minuten später ist Feuerstein tot und es beginnt eine filmreife Flucht der beiden Gangster, die auf Umwegen letztlich in die Schweiz nach Basel führt.
"Fast ein bisschen Frühling" – Interpretation
Um einen Zusammenhang zwischen Inhalt und Gestaltung des Romans herzustellen, ist es hilfreich, sich mit der Interpretation des Werks auseinanderzusetzen.
Problemlösung Banküberfall
Die Ereignisse in "Fast ein bisschen Frühling" basieren auf einer wahren Begebenheit. Am 18. November 1933 fährt ein BMW im Stuttgarter Stadtteil Gablenberg vor eine Bankfiliale. Darin sitzen zwei junge Männer, die gerade mal 23 Jahre alt sind: Kurt Sandweg und Waldemar Velte. Die unzertrennlichen Freunde sind arbeitslos und fest entschlossen, aus dem durch die Nationalsozialisten geführten Deutschland auszubrechen.
Diese historische Gegebenheit hat Capus eins zu eins in seinen Roman "Fast ein bisschen Frühling" übertragen. Capus hat die Namen der realen Personen ohne Änderung auf seine fiktiven Protagonisten übertragen. Ebenfalls hat er zahlreiche reale Dokumente genutzt, die mit den historischen Personen und deren Bankrauben in Verbindung stehen. So hat der Autor neben Zeitungsartikeln auch Akten aus Polizeiarchiven in seinen Roman einfließen lassen.
Auch wenn nicht außer Acht gelassen werden darf, dass die detaillierten Ereignisse – wie etwa das Verliebtsein beider Männer in die Figur "Dorly" – in "Fast ein bisschen Frühling" nicht der Realität entsprechen, lassen sich realhistorische Fakten aus der Zeit jener Geschehnisse betrachten und in einen Bedeutungszusammenhang rücken.
Zur fast selben Zeit nämlich, in der Kurt und Waldemar die Bankraube begehen, streifen Bonny und Clyde durch die USA und begehen zahlreiche Straftaten. Diese beiden gelten als berühmt-berüchtigtes Mörderpaar, da sie während der Weltwirtschaftskrise zahlreiche Banken und Tankstellen überfallen haben und an Entführungen beteiligt waren. Dabei haben etliche Menschen ihr Leben verloren.
Alex Capus zitiert in "Fast ein bisschen Frühling" wiederholt Zeitungsausschnitte, die das amerikanische Gangsterpaar Boonie Parker und Cldye Barrow thematisieren. Zwei Jahre dauerte die Jagd nach den beiden, am 23. Mai 1934 gerieten sie im Auto in eine polizeiliche Falle und wurden brutal zur Strecke gebracht. Beide starben im Kugelhagel der Polizei in Louisiana.
Aus diesen markant historischen Ereignissen lässt sich eine Frage ableiten: Was sagen diese einander ähnlichen Ereignisse über jene Zeit aus?
Dass Bonny und Clyde im selben Alter wie Kurt und Waldemar waren, zeigt, dass ihre Taten einander fast identisch waren und womöglich einen ähnlichen Auslöser gehabt haben könnten. So war es die Weltwirtschaftskrise, die viele Menschen zu jener Zeit stark belastete, da mit ihr eine sehr hohe Arbeitslosigkeit einherging. Auch der aufstrebende Nationalsozialismus kann als negativer Einfluss auf viele Menschen betrachtet werden, da die Skrupellosigkeit des Nazi-Regimes hinsichtlich Andersdenkender viele Menschen erschreckte.
Die Weltwirtschaftskrise 1929
Ende der 1920er-Jahre stiegen in den USA immer mehr Menschen in den Aktienhandel ein. Durch die große Nachfrage explodierten die Preise der Aktien in die Höhe und stiegen damit deutlich über ihren tatsächlichen Wert. So kam es am 25. Oktober 1929 zur Katastrophe an der New Yorker Börse, sehr viele der Anleger wollten ihre Aktien wieder verkaufen und die Preise fielen prompt. Die Spekulationsblase platzte, denn der echte Wert der Aktien war geringer als gedacht. Dieser Tag ging als Schwarzer Freitag oder "Black Friday" in die Geschichte ein.
Daraus folgten Geldknappheit und Produktionsrückgang, Entlassungen und Massenarbeitslosigkeit standen an der Tagesordnung. Die Zahl der Erwerbslosen stieg von knapp drei Millionen 1929 auf mehr als das Doppelte im Jahr 1932 an.
Die politischen und wirtschaftlichen Probleme verschärften sich seit der Weltwirtschaftskrise und waren auch Auslöser für die schnelle Machtergreifung durch Hitler Anfang 1933.
Obwohl Kurt und Waldemar sich explizit gegen die Gesinnung der Nationalsozialisten aussprechen, und aus diesem Grund Deutschland verlassen, begehen sie ihre ganz eigenen Gräueltaten. Schließlich sprechen die vielen Banküberfälle, bei denen Menschen ihr Leben verloren haben sowie die Verfolgungsjagd, die ebenfalls Menschen das Leben gekostet hat, für sich. In dieser Hinsicht wirkt ihr Vorgehen naiv, da sie weder ihr Leben außerhalb von Nazi-Deutschland in den Griff bekommen, noch anderweitig Gutes tun.
Dass Kurt und Waldemar also das Böse der Nationalsozialisten verachten, aber selbst auch Böses vollbringen, führt die Zwiespältigkeit dieser beiden Charaktere vor. In den Akten des ersten Banküberfalls heißt es zwar, dass die zu Tode gekommene Person unbeabsichtigt erschossen worden sei, die darauffolgenden Morde sprechen allerdings eine andere Sprache.
Dass der Autor Corpus den Figuren Kurt und Waldemar durch seine fiktive Umsetzung der Geschehnisse auch eine nicht böswillige Interpretation ihrer Charaktere ermöglicht, gelingt insbesondere durch die Liebesgeschichte zwischen Waldemar und Dorly, die die beiden als Menschen mit Gefühlen, Liebe und Zuneigung darstellt.
Außerdem wirkt Waldemar durch sein schwermütiges, und Kurt durch sein heiteres Wesen menschlich, auch wenn die Geschichte durch die Taten der beiden nur ein tragisches Ende nehmen kann.
Werden Kurt und Waldemar in Hinblick auf die realhistorischen Ereignisse mit Bonny und Clyde verglichen, so wäre eine psychologische Deutung dieser Geschehnisse möglich. Was das damalige Zeitgeschehen tatsächlich mit jungen Menschen gemacht und in ihnen ausgelöst hat, bleibt ein interessantes Thema.
Alex Capus – "Fast ein bisschen Frühling"
Alex Capus wurde im Jahr 1961 in der Normandie in Frankreich geboren. Capus studierte Geschichte, Philosophie und Ethnologie an der Universität in Basel. Zu seiner literarischen Schöpfung zählen zahlreiche prosaische Werke, also Romane und Erzählungen.
Sein erstes literarisches Werk "Diese verfluchte Schwerkraft" brachte Capus im Jahre 1994 hervor. Drei Jahre später erschien die Erzählung "Munzinger Pascha". Daraufhin folgten zahlreiche Romane und Kurzgeschichten.
Capus erhielt für sein literarisches Schaffen einige Preise, darunter z. B. den Literaturpreis der Regiobank Solothurn.
"Fast ein bisschen Frühling" - Das Wichtigste
- In dem Roman "Fast ein bisschen Frühling" schildert der Autor, Alex Capus, basierend auf einer wahren Begebenheit die Freundschaft und die gemeinsamen Verbrechen von Kurt Sandweg und Waldemar Velte.
Die Geschehnisse finden kurz nach der Weltwirtschaftskrise und der Machtübernahme Hitlers statt.
Mit 23 Jahren beschließen Kurt Sandweg und Waldemar Velte aus dem Nazideutschland zu fliehen und nach Indien auszuwandern, um einen Neuanfang zu wagen.
Statt diesen Neuanfangs folgen jedoch zahlreiche Banküberfälle, bei denen einige Menschen zu Tode kommen. Eine lange Verfolgungsjagd mit der Polizei beginnt, bis die beiden Protagonisten schließlich keinen anderen Ausweg sehen, als sich selbst zu töten.
Obwohl es sich bei dem Werk um einen Ich-Erzähler handelt, der die Geschichte einleitet, verfügt der Roman über auktoriale Erzählzüge.
Der Schreibstil von Alex Capus ist beinahe heiter und erinnert an einen romantischen Roadmovie mit teilweise rührenden Episoden.
Ein möglicher Interpretationsansatz liegt in der realhistorischen Betrachtung der Ereignisse und der Gegenüberstellung mit dem amerikanischen Mörderpaar Bonny und Clyde.
Dass Bonny und Clyde im selben Alter wie Kurt und Waldemar waren, zeigt, dass ihre Taten einander sehr ähnlich waren und womöglich einen ähnlichen Auslöser gehabt haben könnten.
Es war die Weltwirtschaftskrise, die viele Menschen zu jener Zeit stark belastete, da mit ihr Arbeitslosigkeit einherging. Der aufstrebende Nationalsozialismus belastete zusätzlich viele Menschen.
Alex Capus wurde im Jahr 1961 in der Normandie in Frankreich geboren. Capus studierte Geschichte, Philosophie und Ethnologie an der Universität in Basel. Zu seiner literarischen Schöpfung zählen zahlreiche prosaische Werke, also Romane und Erzählungen.
Nachweise
- Alex Capus (2012): Fast ein bisschen Frühling. Carl Hanser Verlag.
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Häufig gestellte Fragen zum Thema Fast ein bisschen Frühling
Was passiert in Fast ein bisschen Frühling?
Zwei junge Freunde, im Alter von 23 Jahren, Kurt Sandweg und Waldemar Velte wollen aus dem Nazideutschland fliehen und nach Indien durchbrennen. Sie rauben eine Bank aus und fliehen. In Basel gelandet, begehen sie einen zweiten Banküberfall. Am Ende der Flucht erschießen sich beide selbst.
In welcher Zeit spielt Fast ein bisschen Frühling?
Die Geschehnisse in dem Roman "Fast ein bisschen Frühling" finden kurz nach der Weltwirtschaftskrise (1929) und der Machtübernahme Hitlers im Jahr 1933 statt.
Wie geht Fast ein bisschen Frühling aus?
Durch die Großfahndung sind sich beide der ausweglosen Situation bewusst und wollen sich gegenseitig erschießen. Kurt ist stirbt sofort und Waldemar ist verletzt. Doch dann schießt er ein letztes Mal und tötet sich selbst, beide sterben am 21. Januar 1934 in Basel.
Wer ist Alex Capus?
Alex Capus ist ein Schweizer Romanautor, der 1961 in der Normandie (Frankreich) geboren wurde. 1966 zog seine Mutter mit ihm in die Schweiz, wo er später an der Universität Basel Geschichte, Philosophie und Ethnologie studierte.
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