Im Krebsgang

Als Krebsgang wird die Fortbewegungsart von Krabben, einer Unterart der Krebse, bezeichnet. Das Besondere daran ist, dass Krabben niemals vorwärts, sondern immer seitlich gehen. Aber was hat das mit "Im Krebsgang" von Günter Grass zu tun?

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Inhaltsverzeichnis
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Springe zu einem wichtigen Kapitel

    Die Novelle "Im Krebsgang" von Günter Grass erschien im Jahr 2002 und erzählt die Geschichte von Paul Pokriefke und seiner Familie, die sich über insgesamt ein Jahrhundert erstreckt. Thematisch geht es um den Untergang des deutschen Flüchtlingsschiffs "Wilhelm Gustloff" im Januar 1945 vor der pommerschen Küste, bei dem geschätzt 9000 Menschen ums Leben kamen.

    Das Schiff "Wilhelm Gustloff" war ein Schiff der NS-Organisation "Deutsche Arbeiterfront", kurz DAF. Es war das damals größte Kreuzfahrtschiff der Welt. Am 30. Januar 1945 wurde es durch Torpedos eines russischen U-Bootes versenkt. An Bord waren Flüchtlinge aus Ostpreußen. Der Untergang gilt als die größte Katastrophe der Seefahrtsgeschichte.

    "Im Krebsgang" ist eine komplexe Geschichte, deren Handlung in verschiedenen Handlungssträngen zu unterschiedlichen Zeiten erzählt wird. Mehr dazu findest Du im Abschnitt "Analyse".

    "Im Krebsgang" – Zusammenfassung

    Der Journalist Paul Pokriefke berichtet vom Untergang des Flüchtlingsschiffs "Wilhelm Gustloff". Dabei stellt er fest, dass sein Leben mit dem Unglück in Verbindung steht. Die Geschichte beginnt mit den Biografien dreier Männer, von denen einer der Nationalsozialist Wilhelm Gustloff ist, der 1936 von einem jüdischen Studenten erschossen wird. Daraufhin wird ein Passagierschiff nach ihm benannt.

    Paul Pokriefke bekommt den Auftrag, über den Untergang der "Wilhelm Gustloff" zu schreiben. Bei seinen Recherchen stößt er auf eine Webseite mit rechtsradikalen Inhalten und stellt fest, dass der Betreiber der Seite sein Sohn Konny ist. Der bringt später einen anderen Jugendlichen um, als dieser auf das Grab von Wilhelm Gustloff spukt. Konny muss ins Gefängnis und zeigt sich auch dort weiter besessen von der Geschichte Wilhelm Gustloffs. Im Internet wird Konny als Vorbild gepriesen.

    Der Nationalsozialismus ist eine politische Strömung, die in Deutschland 1918 nach dem Ende des Ersten Weltkriegs entstand. Im Rahmen des Nationalsozialismus etablierte sich 1933 unter der Leitung von Adolf Hitler eine Diktatur in Deutschland. Angehörige dieser politischen Strömung wurden als Nationalsozialisten bezeichnet.

    Die Ziele der Nationalsozialisten waren es, das deutsche Volk zu bewahren, indem Hass gegenüber anderen Bevölkerungsgruppen, insbesondere den Juden und Minderheiten, geschürt wurde. Zudem expandierte das Deutsche Reich, indem die Wehrmacht benachbarte Länder besetzte. Um die "deutsche Rasse" zu bewahren, verübten die Nationalsozialisten Verbrechen an Minderheiten, insbesondere den Massenmord an der jüdischen Bevölkerung, der auch als Holocaust bezeichnet wird. In dessen Verlauf verloren schätzungsweise 6 Millionen Juden ihr Leben.

    Mit dem Begriff Rechtsextremismus werden verschiedene extremistische Strömungen innerhalb der politischen Rechten bezeichnet. Rechtsextremisten stellen die soziale und rechtliche Gleichheit der Menschen infrage. Ihr Gesellschaftsverständnis ist autoritär und antidemokratisch geprägt. Im Zentrum ihrer Ideologien steht die ethnische Zughörigkeit. Oft werden Verschwörungstheorien anstelle einer rationalen Analyse herangezogen, wenn gesellschaftliche Missstände bewertet werden. Zudem bieten diese Verschwörungstheorien Anknüpfungspunkte an historische Ereignisse und an den Nationalsozialismus.

    Autoritäre Regime zeichnen sich dadurch aus, dass sie die Demokratie und ihre Möglichkeiten stark einschränken.

    In der Politik bezeichnet eine Ideologie Vorstellungen, Ideen und Theorien, mit denen politisches Handeln begründet und rechtfertigt werden soll.

    Als Ethnie wird eine Menschengruppe mit gleicher Kultur, Herkunft, Religion, Geschichte oder Sprache bezeichnet.

    Eine Verschwörungstheorie ist eine Vermutung über eine Verschwörung einer Gruppe von Menschen, mit dem Ziel, etwas im Geheimen zu tun, um davon einen Vorteil zu haben. Eine sehr bekannte Verschwörungstheorie ist, dass es die Mondlandung nie gegeben habe und die Bilder dazu in einem Filmstudio aufgenommen wurden.

    In den letzten Jahren wurde die Verwendung des Begriffs "Theorie" im Zusammenhang mit "Verschwörung" immer wieder diskutiert. Das Wort "Theorie" würde voraussetzen, dass es sich um eine wissenschaftliche Betrachtungsweise handelt. Da dies aber nicht der Fall ist, wird inzwischen häufig der Begriff "Verschwörungserzählung" genutzt.

    "Im Krebsgang" – Inhaltsangabe der Kapitel

    Die Novelle "Im Krebsgang" umfasst neun Kapitel. Inhaltlich geht es um den Untergang des Fluchtschiffs "Wilhelm Gustloff", zu dem Erzähler Paul Pokriefke recherchiert. Er setzt so Stück für Stück die Geschichte des Schiffsunglücks zusammen und erfährt nebenbei, wie seine Familie in die Geschichte involviert ist.

    Kapitel 1

    Der Journalist Paul Pokriefke erzählt von seinen Nachforschungen über den Untergang der "Wilhelm Gustloff" am 30. Januar 1945. Er findet heraus, dass Wilhelm Gustloff in den 1930er-Jahren in der Schweiz lebte und dort der NSDAP beitrat. Er warb viele Mitglieder an und wurde ein wichtiger Bestandteil der späteren Propagandamaschinerie der Nationalsozialisten.

    Propaganda bezeichnet zielgerichtete Versuche, um öffentliche Sichtweisen und politische Meinungen zu formen. Durch Propaganda werden wissenschaftliche Erkenntnisse manipuliert und versucht, das Verhalten der Menschen in eine gewünschte Richtung zu lenken.

    David Frankfurter, ein jüdischer Student, war in Sorge über die Entwicklungen der rechtsradikalen Bedrohung in seinem Land und beschloss, Wilhelm Gustloff zu töten. Er erschoss den Mann am 4. Februar 1936 und stellte sich daraufhin der Polizei. In der Sowjetunion begann gleichzeitig ein Mann namens Alexander Marinesko seine Karriere als U-Boot-Kommandant. Er wird später das Fluchtschiff "Wilhelm Gustloff" versenken.

    Der Begriff Kommandant wird beim Militär verwendet. Dabei handelt es sich um den Befehlshaber eines Panzers, Schiffs, Flugzeugs oder anderen Standorts.

    Paul Pokriefke wurde in der Nacht des Untergangs auf einem Rettungsboot geboren. Tulla, seine Mutter, war Passagierin auf dem Schiff und überlebte als eine der wenigen die Katastrophe. Sie wurde in Schwerin untergebracht und war Bürgerin der DDR. Ihren Sohn Paul schickte sie als Jugendlichen nach Westberlin, wo er bei einer Freundin lebte. Später machte er ein Volontariat beim Springer Verlag und arbeitete als Journalist unter anderem für die taz.

    DDR ist die Abkürzung vor "Deutsche Demokratische Republik". Die DDR bestand vom 7. Oktober 1949 bis zum 3. Oktober 1990. Sie entstand durch die Teilung Deutschlands nach dem Zweiten Weltkrieg.

    Als Volontariat wird im Journalismus die Ausbildung nach dem Studium bezeichnet. Diese kann im Rund- und Hörfunk, in Print- und Onlinemedien, in der PR oder bei Verlagen stattfinden.

    "Taz" steht für "Tageszeitung". Gemeint ist damit eine Tageszeitung in Berlin, die einfach "taz" heißt. Die taz wird als systemkritisch und linksalternativ oder grün-links beschrieben.

    Kapitel 2

    Paul recherchiert viel über die "Wilhelm Gustloff", weil er für einen seiner alten Dozenten als Ghostwriter arbeitet. Dabei findet er einiges über die Hintergründe des Schiffsuntergangs heraus.

    Eine Dozentin oder ein Dozent ist jemand, der/die an Hochschulen oder in der Erwachsenenbildung unterrichtet.

    Eine Ghostwriterin oder ein Ghostwriter schreibt im Namen und im Auftrag für eine andere Person.

    Gustloff wurde im nationalsozialistischen Deutschland zum Märtyrer. Nach ihm wurde das seinerzeit größte Passagierschiff der Welt benannt. Währenddessen saß David Frankfurter im Gefängnis und der U-Boot Kommandant war in der Ostsee unterwegs.

    Als Märtyrer werden Menschen bezeichnet, die sich für ihre Überzeugungen opfern oder Verfolgungen auf sich nehmen.

    Viele dieser Informationen findet der Journalist Paul auf einer rechtsradikalen Internetseite, die sich "Blutzeuge" nennt. Dort verfolgt er auch die Diskussion zweier Chatter, die sich "David" und "Wilhelm" nennen und sich mit Wissen rund um das Schiff und Verschwörungstheorien zu übertrumpfen versuchen.

    Kapitel 3

    Auf "Blutzeuge" verfolgt Paul Pokriefke, wie die Chatter David und Wilhelm über die Details diskutieren. Als "Wilhelm" sich politisch äußert, glaubt Paul, seinen eigenen Sohn Konny darin zu erkennen. Er schaut sich weitere Beiträge des Chatters an und stößt dabei auf eine Geschichte, die seine Mutter Tulla immer wieder erzählte.

    Paul will der Sache auf den Grund gehen und besucht seine Ex-Frau und seinen Sohn, um beide mit seinen Vermutungen zu konfrontieren. Als Konny sagt, er befasse sich in seiner Freizeit mit "historischen Studien"1, ist sich Paul sicher, dass Wilhelm niemand anderes als sein Sohn ist. Zudem findet er heraus, dass Konny der Betreiber der Seite ist.

    Kapitel 4

    "Der Alte", Pauls ehemaliger Dozent, sagt, er könne die Geschichte über die "Wilhelm Gustloff" nicht selbst schreiben. Stattdessen soll diese Aufgabe Paul übernehmen. Dieser recherchiert weiter.

    Als der Krieg begann, wurde die "Wilhelm Gustloff" in ein Lazarett umfunktioniert und versorgte Verwundete auf der Ostsee. Später wurden auf dem Schiff deutsche U-Boot Matrosen ausgebildet. 1943 wurde die damals hochschwangere Tulla kriegsdienstverpflichtet und sprang aus der Straßenbahn, um das Kind durch den Aufprall beim Sturz abzutreiben.

    Ein "Lazarett" ist ein Krankenhaus für Soldaten.

    Pauls Recherchen ergeben auch, dass Konny die Geschichte der "Wilhelm Gustloff" in der rechtsradikalen Szene verbreitete. Konny stellt vor allem auf seiner Seite "Blutzeuge" das klassenlose Schiff als Idealbild für eine sozial gerechte Welt dar, indem er es mit heutigen Kreuzfahrschiffen und dessen Preisen vergleicht.

    Kapitel 5

    Im Jahr 1944 brach nach einem russischen Angriff in Nemmersdorf Panik aus und die Menschen aus Ostpreußen flüchteten nach Westen. Unter ihnen befand sich auch die abermals hochschwangere Tulla. Sie schaffte es im letzten Moment auf die "Wilhelm Gustloff". Das Schiff fuhr in dieselbe Richtung wie das russische U-Boot Marineskos.

    Als das Massaker von Nemmersdorf werden die Ereignisse bezeichnet, die rund um den 21. Oktober 1944 in Nemmersdorf stattfanden. Der Ort heißt heute "Majakowskoje" und liegt in Nordwestrussland zwischen Polen und Litauen. Im damaligen Nemmersdorf wurden 13 einheimische Zivilisten erschossen, die in einen Bunker geflüchtet waren, als die Wehrmacht und sowjetische Truppen kämpften.

    Auf der Webseite "Blutzeuge" findet Paul immer wieder Geschichten, die nicht mit den historischen Fakten übereinstimmen. Auch unterschlägt Konny die Mängel des Fluchtschiffs, wie die schadhaften Rettungsboote. Allerdings findet Paul in vielen Geschichten den Stil seiner Mutter Tulla und fragt sich, wie viele der rechtsextremistischen Aussagen Konny von seiner Oma übernommen hat.

    Kapitel 6

    Paul liest die Darstellung des Untergangs der "Wilhelm Gustloff" auf der Webseite "Blutzeuge", die sein Sohn Konny verfasst hat. Dabei fällt ihm auf, dass die Beschreibung des Schiffes und der Ereignisse rechtsextremistische Sichtweisen enthält. So ist unter anderem der Umstand, dass es sich um ein Schiff der Nationalsozialisten handelte, verherrlicht dargestellt.

    Verherrlichen bedeutet, etwas übertrieben loben.

    Paul erinnert sich an die Geschichte, die ihm seine Mutter Tulla erzählte. Demnach war die "Wilhelm Gustloff" hell erleuchtet über die Ostsee gefahren und dort von dem russischen U-Boot gesichtet worden. Vier Torpedos hatten das Fluchtschiff getroffen, das daraufhin untergegangen war. Tulla konnte sich retten und wurde von einem anderen Schiff gerettet, wo sie schließlich Paul zur Welt brachte.

    Kapitel 7

    Paul findet heraus, dass die Zahlen bezüglich der Anzahl der Passagiere auf der "Wilhelm Gustloff" sowie die der Toten stark schwanken und nicht gesichert sind.

    Paul fährt am 20. April 1997 nach Schwerin, weil er den Verdacht hat, dass sein Sohn Konny und der Chatter David sich treffen wollen – womit er recht hat. Konny zeigt David Schwerin und die beiden verstehen sich gut. Als sie jedoch an die ehemalige Gedenkstätte von Wilhelm Gustloff kommen, spuckt David dreimal darauf. Konny erschießt daraufhin David mit drei Schüssen, genau, wie im Jahr 1936 David Frankfurter Wilhelm Gustloff erschossen hatte. Konny stellt sich der Polizei und sagt, er habe geschossen, weil er Deutscher sei.

    Kapitel 8

    Bei der Gerichtsverhandlung gegen Konny machen Konnys Eltern Paul und Gabi von ihrem Schweigerecht gebrauch. Tulla hingegen sagt aus. Sie macht deutlich, dass sie ihren Enkelsohn sehr schätzt und dass sie die Schuld für dessen Tat bei den Eltern sieht. Sie gesteht aber auch ein, Konny einen Computer geschenkt zu haben, mit dem er zum Internet und rechtsradikalen Verschwörungstheorien Zugang gehabt hätte. Im Verfahren stellt sich heraus, dass David kein Jude war, sondern ein Deutscher namens Wolfgang Stremplin.

    Konny erzählt vor Gericht die Geschichte von Wilhelm Gustloff und dessen Tod, sowie von der schlimmen Zeit, die seine Großmutter Tulla auf dem Fluchtschiff hatte. Er sagt, er habe sich für den Tod Gustloffs rächen wollen und es sei ihm egal, dass David kein Jude gewesen sei. Für Konny stehe David stellvertretend für das Judentum. Das Gericht verurteilt Konny wegen Totschlags zu sieben Jahren Haft.

    Das Judentum ist die älteste monotheistische Religion, also eine Religion mit nur einer Gottheit. Sie ist über 3000 Jahre alt. Grundlage für das Judentum ist die Thora. Dabei handelt es sich um die fünf Bücher Mose, die einen Teil der Bibel bilden. Im Jahr 2010 lebten weltweit ca. 13,5 bis 15 Millionen Juden.

    Kapitel 9

    Konny sitzt seine Haftstrafe in der Jugendvollzugsanstalt ab. Dort macht er sein Abitur, gibt Computerkurse und nimmt an Tischtennisturnieren teil. Tulla besucht ihn oft, seine Eltern hingegen selten, da sie aufgrund ihrer Arbeit kaum Zeit dafür finden. Als Paul seinen Sohn nach einer sehr arbeitsreichen Zeit im Gefängnis besucht, zeigt Konny ein Modell des Schiffs "Wilhelm Gustloff", welches er selbst zusammengebaut hat. Konny hat kleine Details hinzugefügt, wie eine kleine Hakenkreuzfahne und rote Klebepunkte an den Stellen, an denen das Schiff von den Torpedos getroffen wurde.

    Jugendvollzugsanstalt, auch Jugendstrafanstalt oder Jugendgefängnis genannt, ist eine Einrichtung, in der jugendliche Straftäter unter 24 Jahren ihre Haftstrafe absitzen.

    Das Hakenkreuz symbolisiert die Ideologie, Gewaltherrschaft und die Verbrechen des Nationalsozialismus, deshalb ist es in Deutschland und vielen anderen Ländern verboten.

    Beim nächsten Besuch zertrümmert Konny vor Pauls Augen das Schiffsmodell. Konny fragt, ob Paul nun zufrieden sei. Am nächsten Tag kontaktiert ihn der Alte. Paul solle weiter recherchieren, denn es gebe neue Informationen. Paul findet zu seinem Entsetzen eine neue rechtsradikale Internetseite, auf der Konny als Vorbild gefeiert wird. Konny ist nun der neue Held der rechtsradikalen Szene.

    "Im Krebsgang" – Charakterisierung der Figuren

    In "Im Krebsgang" stehen die Mitglieder der Familie Pokriefke im Zentrum der Handlung. Doch auch ein paar Figuren außerhalb der Familie spielen eine Rolle. Die wichtigsten Figuren werden im Folgenden genauer betrachtet.

    "Im Krebsgang" – Paul Prokriefke

    • Erzähler, circa 50 Jahre alt
    • ist Journalist
    • verfasst als Ghostwriter für seinen Dozenten die Geschichte des Untergangs der "Wilhelm Gustloff"
    • wurde in der Nacht des Untergangs vom 30. auf den 31. Januar 1945 geboren
    • seine Mutter Tulla war Passagierin auf dem Fluchtschiff
    • ist politisch neutral und angepasst
    • hat nur wenig Kontakt zu seinem Sohn und seiner Mutter

    Konny

    • Pauls Sohn, 17 Jahre alt
    • wächst bei seiner Mutter auf und sieht seinen Vater selten
    • ist ein Gegner von Klassenunterschieden
    • vertritt rassistische Ansichten und mischt diese mit seiner Vorstellung von sozialer Gleichheit
    • betrachtet Wilhelm Gustloff als sein Vorbild
    • betreibt die rechtsradikale Internetseite "Blutzeuge"
    • erschießt seinen Chat-Kontrahenten "David", als dieser auf das Grabmal Gustloffs spuckt

    Tulla

    • Pauls Mutter, 70 Jahre alt
    • flieht 1945 auf dem Schiff "Wilhelm Gustloff" aus Ostpreußen
    • bringt auf einem Rettungsboot ihren Sohn Paul zur Welt
    • lebt nach ihrer Flucht in Schwerin
    • ist weltfremd und politisch ahnungslos
    • erzählt immer wieder die gleichen alten Geschichten, vor allem die vom Untergang der "Wilhelm Gustloff"
    • gibt ihrem Enkel Konny eine Waffe, damit dieser sich selbst verteidigen kann

    Der Alte

    • ehemaliger Dozent von Paul, circa 70 Jahre alt
    • ist der Auftraggeber, für den Paul als Ghostwriter arbeitet
    • sieht es als sein Versagen, die Geschichte vom Leiden der deutschen Flüchtlinge nicht aufgeschrieben zu haben
    • hat genaue Vorstellungen davon, wie Paul recherchieren und schreiben soll
    • kannte Tulla als Kind und Jugendliche, will wissen, was aus ihr geworden ist
    • ist überheblich und wertend

    Die Figur "Der Alte" trägt autobiografische Züge des Autors Günter Grass. In einem Satz im dritten Kapitel wird Günter Grass' Roman "Hundsjahre" erwähnt, als Paul vom Alten spricht: "Gleich nach dem Erscheinen des Wälzers, Hundejahre‘ sei ihm diese Stoffmasse auferlegt worden."1

    Wolfgang Stremplin

    • ist ein Chatter namens "David" und 18 Jahre alt
    • stammt aus einer gebildeten deutschen Familie mit christlicher Tradition
    • interessiert sich für die Geschichte von David Frankfurter, der Wilhelm Gustloff 1936 erschoss
    • gibt sich in Internetportalen als Jude aus
    • argumentiert gegen die rechtsextremistischen Kommentare anderer und diskutiert oft mit Konny
    • trifft sich mit Konny in Schwerin
    • wird von Konny erschossen, nachdem er auf ein Grabmal Gustloffs spukte

    "Im Krebsgang" – Figurenkonstellation

    Die Figuren in "Im Krebsgang" können verschiedenen Zeiten zugeordnet werden. Einerseits jene, die in der Gegenwart der Geschichte, Ende der 1990er-Jahre, wesentlich sind und andererseits jene, die in der NS-Zeit angesiedelt sind.

    "Im Krebsgang" – Analyse von Aufbau und Sprache

    In dieser Analyse von "Im Krebsgang" werden strukturelle Merkmale wie Erzähler und Zeitstruktur ebenso betrachtet wie sprachliche Mittel. Außerdem wird dargelegt, welche Merkmale einer Novelle "Im Krebsgang" aufweist.

    "Im Krebsgang" – Analyse des Aufbaus

    "Im Krebsgang" ist in neun Kapitel von ungefähr gleicher Länge unterteilt. Jedes Kapitel umfasst mehrere Absätze, die in unterschiedlichen Zeiten spielen. Eine Ausnahme bildet Kapitel neun, das nur von der Gegenwart und der jüngsten Vergangenheit erzählt.

    Der Inhalt der Geschichte enthält einige historische Fakten rund um das Schiff "Wilhelm Gustloff". Diese Fakten werden mit der fiktiven Geschichte des Journalisten Paul Pokriefke und seiner Familie verwoben. Verbunden werden die beiden Handlungsstränge durch die Figur Tulla. In mehreren, parallel verlaufenden Handlungssträngen wird die Geschichte Stück für Stück erzählt, bis sich ein Gesamtbild ergibt.

    Die Novelle wird vom Ich-Erzähler Paul Pokriefke wiedergegeben. Er schildert die Ereignisse aus der Innensicht, teilt also auch Gefühle und Gedanken mit, was die Geschichte nahbar und lebendig macht. Lesende erfahren durch Pauls Augen, was beim Unglück der "Wilhelm Gustloff" geschehen ist und auch, wie der Sohn des Erzählers in die Geschichte verwickelt ist.

    Die Handlung umfasst insgesamt mehr als 100 Jahre. Sie reicht von der Geburt Wilhelm Gustloffs im Jahr 1895 bis zu einem Zeitpunkt 1998 kurz nach den Bundestagswahlen. Güter Grass hat einige Rückblenden in die Novelle eingebaut, die sich in der Recherche des Erzählers und Journalisten Paul zeigen. Durch diese Rückblenden werden geschichtliche Fakten einerseits und die Familiengeschichte des Protagonisten andererseits vermittelt.

    Die Handlung findet nicht nur zu verschiedenen Zeiten statt, sondern wird auch in verschiedenen Zeitformen geschrieben. Die Ereignisse, die in der Gegenwart des Erzählers stattfinden, sind im Präsens geschrieben. Alle früheren Geschehnisse, sowohl die historischen Fakten zum Fluchtschiff und dessen Geschichte als auch die eigene Familiengeschichte, sind im Präteritum verfasst.

    In der Novelle gibt es zwei Spannungskurven. Eine dieser Kurven baut sich um die Geschichte des Fluchtschiffs auf. Die Zweite entsteht durch Konnys Geschichte, die sein Vater Paul verfolgt. Konny ist von der Geschichte des Schiffs besessen und verstrickt sich immer mehr in ihr und in rechtsextremem Gedankengut.

    "Im Krebsgang" – Analyse der Sprache

    Günter Grass verwendet in "Im Krebsgang" eine direkte, gut verständliche Sprache. Die Länge der Sätze variiert stark und reicht von kurzen Hauptsätzen bis hin zu verschachtelten, über mehrere Zeilen reichende. Die längeren Sätze enthalten oft Aufzählungen und viele Attribute.

    Wie dieser Jude Frankfurter, füge ich heute hinzu, der gleich mir ein Stäbchen am nächsten angezündet hat und über den ich jetzt schreiben muß (sic), weil die Schüsse ihr Ziel gefunden haben, weil der Bau des in Hamburg auf Kiel gelegten Schiffes Fortschritte machte, weil im Schwarzen Meer ein Navigationsoffizier Marinesko auf einem in Küstennähe tauglichen U-Boot Dienst schob und weil am 9. Dezember sechsunddreißig vor dem Gericht des Schweizer Kantons Graubünden der Prozeß (sic) gegen den aus Jugoslawien stammenden Mörder des Reichsdeutschen Wilhelm Gustloff begann.1

    Bei diesem Zitat handelt es sich um einen sehr langen Satz, der Einschübe und eine Reihe von Aufzählungen enthält. Zudem wird deutlich, dass der Autor seine Geschichte in alter Rechtschreibung verfasste. Das zeigt sich an den Wörtern "muß" und "Prozeß", die nach der neuen Rechtschreibung mit einem "ss" statt mit einem "ß" geschrieben werden.

    Grass verwendet bei der Figur Tulla den Danziger Dialekt, der phonetisch, also lautschriftlich, wiedergegeben wird.

    Das Schiff hätt auf sonst wen jetauft sain kennen ond wär trotzdem abjesoffen. Mecht mal bloß wissen, was sich dieser Russki jedacht hat, als er Befehl jab, die drai Dinger direktemang auf ons loszuschicken …1

    Auch Fachbegriffe werden verwendet, die beispielsweise aus der Schifffahrt kommen.

    Doch noch ist die Gustloff nicht auf Kiel gelegt, geschweige denn vom Stapel gelaufen.1

    Den Ausdruck "auf Kiel legen" benutzen Schiffsbauer, wenn der Bau beginnt. Wenn das Schiff fertig gebaut ist und das erste Mal ins Wasser gelassen wird, wird der Ausdruck "vom Stapel laufen" verwendet.

    An mehreren Stellen von "Im Krebsgang" findet sich zudem Umgangssprache. So wird etwa der Fernseher als "Mattscheibe" bezeichnet. Die verwendete Umgangssprache ist zum Teil auch recht derb, wie sich vor allem an Stellen, an denen vom Rechtsextremismus geschrieben wird, zeigt.

    Dieser kackbraun aufgehenden Saat diente einunddasselbe (sic) Köpfchen als Mistbeet.1

    Das Adjektiv "kackbraun" dient der Umschreibung der politisch Rechten, die auch oft als "braun" bezeichnet werden. Auch das Wort "Mistbeet" ist umgangssprachlich und verstärkt das zuvor geschriebene, denn die Saat bringt nur ein Beet voller Mist hervor.

    Eine weitere Auffälligkeit ist das Wort "einunddasselbe". Grass schreibt in der Novelle mehrfach Wörter zusammen, die nach der deutschen Rechtschreibung getrennt geschrieben werden müssen.

    Rhetorische Stilmittel

    Eines der Stilmittel, die Günter Grass in der Novelle "Im Krebsgang" verwendet, ist die Metapher. Dabei wird ein Ausdruck in einen anderen Bedeutungszusammenhang gebracht, so wie es im vorherigen Beispiel sichtbar war.

    Dieser kackbraun aufgehenden Saat diente einunddasselbe (sic) Köpfchen als Mistbeet.1

    Das "Mistbeet" steht hier bildhaft für die rechtsextreme Szene, die mit den Worten "kackbraun aufgehenden Saat" angekündigt wird. Auch "Saat" ist eine Metapher, denn es ist ja nicht wirklich ein Saatgut gemeint, sondern die sich immer weiter verbreitenden Rechtsextremisten.

    Ein weiteres Stilmittel, das der Autor häufig verwendet, ist die Ellipse. Bei Ellipsen handelt es sich um unvollständige Sätze. Dabei werden einzelne Wörter oder Satzteile weggelassen.

    So mault sie immer noch, als wäre seitdem nicht ein Haufen Zeit bachrunter gegangen, Wörter breitgetreten, Sätze in der Wäschemangel gewalkt.1

    In diesem Zitat wurden in den letzten beiden Nebensätzen die Hilfsverben weggelassen.

    Merkmale der Novelle

    "Im Krebsgang" trägt den Untertitel "Eine Novelle". Welche Merkmale für die Textart Novelle sprechen und welche dagegen, wird im Folgenden aufgezeigt.

    Trotz des Umfangs von über 200 Seiten kann "Im Krebsgang" noch zu den mittellangen epischen Texten gezählt werden, denn die Geschichte ist deutlich kürzer als ein komplexer Roman. Novellen erzählen immer von einer unerhörten Begebenheit und von etwas Neuem. Das Neue an "Im Krebsgang" ist die Verbindung historischer Ereignisse mit einer fiktiven Geschichte in der Gegenwart. Unerhört ist etwas, wenn es nicht alltäglich, sondern einzigartig ist. Ein Schiffsunglück dieser Größenordnung erfüllt diese Bedingung.

    Die Geschichte des Erzählers und seiner Familie ist zwar fiktiv, könnte sich so aber ereignet haben. Paul könnte auf dem Schiff geboren worden sein und auch die Ereignisse, die zum Mord an Wolfgang Stremplin führten, sind glaubwürdig. Auch dies ist ein eindeutiges Merkmal einer Novelle.

    Die Beständigkeit der Charaktere als ein Merkmal der Novelle ist hingegen nur zum Teil zutreffend. Paul und Tulla machen keine Veränderungen durch, Konny hingegen schon, denn er wird im Verlauf der Handlung immer radikaler. Insgesamt ist die Zahl der Figuren jedoch übersichtlich, was wiederum ein Merkmal der Novelle ist.

    Die Erzählhaltung einer Novelle ist distanziert und neutral. Das trifft auf "Im Krebsgang" nicht zu. Der Erzähler ist in die Handlung involviert und teilt Gefühle und Gedanken mit den Lesenden. Zudem gibt es keinen linearen Handlungsverlauf. Der Erzähler wechselt häufig zwischen Gegenwart und Vergangenheit und wiederholt Ereignisse, die bereits erzählt wurden, in anderen Kontexten. Es wird zwischen den einzelnen Zeiten hin und her gesprungen und nichts gestrafft, was eindeutig gegen die Novelle spricht.

    "Im Krebsgang" enthält eine Reihe von Merkmalen einer Novelle. Vor allem die unerhörte Begebenheit, die Beständigkeit der Charaktere, die übersichtliche Zahl der Figuren und die mittlere Länge des Textes sprechen für eine Einordnung als Novelle.

    Wenn Du mehr zur "Novelle" wissen möchtest, dann schau dir die Erklärung dazu hier bei StudySmarter an.

    "Im Krebsgang" – Interpretation

    Mit "Im Krebsgang" hat der Autor Günter Grass eine Geschichte verfasst, die mehrere Interpretationsansätze bietet. Im Folgenden werden zwei zentrale Thematiken näher betrachtet.

    Die Schuldfrage

    Der erste Satz der Novelle leitet zugleich das zentrale Thema der Schuldfrage ein.

    "Warum erst jetzt?"1

    Dieser Frage wird von "dem Alten", dem Dozenten des Erzählers Paul, gestellt. Er will wissen, warum Paul erst im Alter von 50 Jahren seine Geschichte erzählt und erteilt ihm den Auftrag, über den Untergang der "Wilhelm Gustloff" zu schreiben.

    Die Geschichte des Journalisten thematisiert, was viele Menschen der Nachkriegszeit betrifft: den Umgang mit der Schuld, nicht nur als Gesellschaft, sondern auch als Einzelner, mit seiner Familiengeschichte. Vom Erzähler erfahren wir, dass er sich journalistisch mit der Aufarbeitung des Zweiten Weltkriegs befasst hat, aber vor der eigenen Familiengeschichte die Augen verschlossen hat. Der Alte konfrontiert Paul immer wieder mit Fragen zu seiner Familie, sodass der Erzähler mehr und mehr die eigene Geschichte aufarbeitet.

    Die Aufarbeitung des Krieges und die Frage nach der Schuld ist für viele Menschen ein großes Thema. So war es auch für Günter Grass. Er war einer derjenigen, die einen wichtigen Beitrag bei der Aufarbeitung leisteten, z.B. durch seinen Roman "Die Blechtrommel". Seine eigene Vergangenheit thematisierte er aber erst viel später, nämlich im Jahr 2006. Damals gestand er, selbst Mitglied einer nationalsozialistischen Organisation gewesen zu sein: der Waffen-SS, einer Eliteeinheit des nationalsozialistischen Militärs.

    Die Novelle weist somit deutliche autobiografische Züge auf und kann damit auch als ein Aufarbeiten des Zweiten Weltkrieges von Grass gedeutet werden. Gleichsam ist dies auch eine Aufforderung an die Lesenden, sich selbst mit der eigenen Identität und Familiengeschichte zu befassen und sich mit der eigenen Rolle, bzw. die Rolle der Familie, im Zweiten Weltkrieg auseinanderzusetzen.

    Die Schuldfrage wird aber nicht nur an Paul thematisiert, sondern vor allem durch seinen Sohn Konny. Dieser ist rein äußerlich zwar nicht als Rechtsextremist erkennbar, hat sich jedoch viele Jahre lang unerkannt im Internet in rechtsextremistischen Kreisen bewegt. Als Paul davon erfährt, ist er erschüttert und konfrontiert seinen Sohn mit den Tatsachen, der jedoch weicht ihm aus. Erst als Konny einen anderen Jugendlichen tötet, kommt es zur gerichtlichen Aufarbeitung, bei der es auch um die Schuldfrage geht.

    Das Gericht urteilt, dass Konny die Tat begangen habe, weil er allein gelassen wurde. Er habe die Tat begangen, weil er seine Jugend ohne Vater verbringen musste und er verzweifelt war. Als Leitmotiv wird das Versagen des Vaters benannt. Paul findet das zwar schlüssig, sucht aber dennoch zunächst bei anderen die Schuld: bei seiner Ex-Frau Gabi, bei seiner Mutter Tulla und auch bei Konnys Lehrern. Doch schließlich sieht Paul auch die Schuld bei sich, denn er ist nicht oft für seinen Sohn da gewesen.

    Es geht also bei der Schuldfrage nicht allein um das Aufarbeiten des Vergangenen, sondern auch darum, sich mit dem gegenwärtigen Rechtsextremismus zu befassen.

    Rechtsextremismus im Internet

    Eine besondere Rolle nimmt in der Geschichte "Im Krebsgang" das Internet ein. Der Journalist Paul Pokriefke recherchiert hier zum Untergang der "Wilhelm Gustloff", wobei er auch auf Webseiten mit rechtsextremen Inhalten stößt, unter anderem die Seite "Blutzeuge". Wie sich später herausstellt, wird diese von Pauls Sohn Konny betrieben.

    Nach der Wiedervereinigung der DDR und der BRD kam es in den 1990er-Jahren zu einem starken Anstieg rechtsextremistisch motivierter Straftaten, vor allem in den neuen Bundesländern. Die Rechtsextremen waren dabei relativ schnell an ihrer Glatze, den Bomberjacken und weiß-geschnürten Springerstiefeln erkennbar. In "Im Krebsgang" wird gezeigt, dass Rechtsextreme heute nicht mehr so einfach zu erkennen sind. Viele sind äußerlich unauffällig, wie die Figur Konny.

    Der Rechtsextremismus hat sich im Zeitalter des Internets online verbreitet. Konny betreibt eine eigene Webseite mit dem Namen "Blutzeuge", auf der er die Geschichte von Wilhelm Gustloff und dem Schiff, das nach ihm benannt wurde, verherrlicht. Konny sieht im nationalsozialistischen Regime ein Vorbild für ein sozial gerechtes System. Damit spricht Grass durch die Geschichte ein wichtiges Thema an. Das Internet ist für die moderne Gesellschaft ein wichtiges Werkzeug, auf dem sich Menschen Informationen beschaffen und mit Gleichgesinnten zusammentun können.

    Die Webseiten, die in der Novelle benannt werden, gab es teilweise wirklich, was der Geschichte einen starken Bezug zur Realität gibt und sie authentisch macht. Darin schwingt eine Mahnung mit, nicht nur das Offensichtliche zu sehen, sondern auch die Augen für die getarnten oder versteckten Aktivitäten von Rechtsextremisten zu öffnen und sich dem Problem gesellschaftlich zu stellen.

    Auch der Titel "Im Krebsgang" bietet verschiedene Interpretationsmöglichkeiten. Einerseits weist der Titel auf die Erzählweise hin. Grass erzählt nicht chronologisch, sondern nähert sich der Geschichte von der Seite an – also im "Krebsgang", um sie so Stück für Stück aufzubauen. Der Erzähler bewegt sich an verschiedenen Orten zu verschiedenen Zeiten und macht teilweise auch darauf aufmerksam, dass er bspw. zu einem Ereignis zurückkehrt, von dem bereits gesprochen wurde.

    Das Wort "Krebsgang" steht aber auch sinnbildlich für "Rückschritt". Damit wird also ausgedrückt, dass sich etwas zurückbewegt.

    Oft werden damit gesellschaftliche, politische oder wirtschaftliche Situationen, die sich rückschrittlich entwickeln, bezeichnet. Das könnte ein Hinweis auf die thematisierte Problematik des Rechtsextremismus sein.

    Günter Grass – "Im Krebsgang"

    Günter Wilhelm Grass wurde 1927 im polnischen Danzig geboren. Mit 17 Jahren meldete er sich freiwillig zur Wehrmacht, dem Militär der Nationalsozialisten, um der familiären Enge zu entkommen. Noch im selben Jahr wurde er von der Waffen-SS einberufen.

    Er verbrachte ein Jahr in amerikanischer Kriegsgefangenschaft und studierte danach Grafik und Bildhauerei in Düsseldorf. Er beendete das Studium in Berlin.

    Grass war zeit seines Lebens auch politisch aktiv und verfasste unter anderem Reden für den Bundeskanzler und SPD-Vorsitzenden Willy Brandt. Er unterstützte auch die rechtliche Gleichberechtigung von lesbischen und schwulen Partnerschaften gegenüber der heterosexuellen Ehe und engagierte sich gegen Atomkraft.

    Grass ist einer der wichtigsten deutschen Gegenwartsautoren. Im Jahr 1999 wurde er mit dem Literaturnobelpreis ausgezeichnet.

    Günter Grass starb 2015 an den Folgen einer Infektion in Lübeck.

    Im Krebsgang – Das Wichtigste

    • Die Novelle "Im Krebsgang" von Günter Grass erschien im Jahr 2002 und erzählt die Geschichte von Paul Pokriefke und seiner Familie, die sich über insgesamt ein Jahrhundert erstreckt. Thematisch geht es um den Untergang des deutschen Flüchtlingsschiffs "Wilhelm Gustloff" im Januar 1945 vor der pommerschen Küste, bei dem geschätzt 9000 Menschen ums Leben kamen.
    • In "Im Krebsgang" stehen die Mitglieder der Familie Pokriefke im Zentrum der Handlung.
    • "Im Krebsgang" ist in neun Kapitel von ungefähr gleicher Länge unterteilt. Jedes Kapitel umfasst mehrere Absätze, die in unterschiedlichen Zeiten spielen. Die Novelle wird vom Ich-Erzähler Paul Pokriefke wiedergegeben.
    • Günter Grass verwendet in "Im Krebsgang" eine direkte, gut verständliche Sprache. Er verwendet aber auch den Danziger Dialekt, einige Fachbegriffe, Umgangssprache sowie rhetorische Stilmittel, wie die Metapher und die Ellipse.
    • In "Im Krebsgang" bieten u.a. die Schuldfrage und das Thema Rechtsextremismus im Internet Interpretationsansätze.
    • Günter Wilhelm Grass wurde 1927 im polnischen Danziggeboren und verstarb 2015 in Lübeck.

    Nachweise

    1. Günter Grass (2015): Im Krebsgang. dtv Verlagsgesellschaft mbH & Co. KG.
    2. Lektuerehilfe.de: Im Krebsgang. (04.08.2022)
    3. Lektueren-verstehen.de: Im Krebsgang. (04.08.2022)
    4. Inhaltsangabe.de: Im Krebsgang. (04.08.2022)
    Häufig gestellte Fragen zum Thema Im Krebsgang

    Warum heißt es "Im Krebsgang"? 

    Als Krebsgang wird die Fortbewegungsart von Krabben, einer Unterart der Krebse, bezeichnet. Das Besondere daran ist, dass Krabben niemals vorwärts, sondern immer seitlich gehen. 

    "Im Krebsgang" ist eine komplexe Geschichte, deren Handlung in verschiedenen Handlungssträngen zu unterschiedlichen Zeiten erzählt wird. Der Autor nähert sich den Ereignissen dabei nicht chronologisch, sondern von der Seite her, also im Krebsgang. 

    Warum handelt es sich bei "Im Krebsgang" um eine Novelle? 

    "Im Krebsgang" enthält eine Reihe von Merkmalen einer Novelle. Vor allem die unerhörte Begebenheit, die Beständigkeit der Charaktere, die übersichtliche Zahl der Figuren und die mittlere Länge des Textes sprechen für eine Einordnung als Novelle.

    In welcher Zeit spielt "Im Krebsgang"? 

    Die Handlung umfasst insgesamt mehr als 100 Jahre. Sie reicht von der Geburt Wilhelm Gustloffs im Jahr 1895 bis zu einem Zeitpunkt 1998 kurz nach den Bundestagswahlen.

    Warum hat Günter Grass "Im Krebsgang" geschrieben? 

    In der Novelle geht es um die Schuldfrage. Günter Grass war einer derjenigen, die einen wichtigen Beitrag bei der Aufarbeitung des Zweiten Weltkrieges leisteten, z.B. durch seinen Roman "Die Blechtrommel". Seine eigene Vergangenheit thematisierte er aber erst viel später, nämlich im Jahr 2006. Im Krebsgang kann als Aufarbeiten des Zweiten Weltkrieges von Grass gedeutet werden.  

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