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Kurzgeschichte – Definition
Kurzgeschichten sind epische Werke, die der Gattung der Kurzprosa zugeordnet werden. Inhalt, Form und Sprache bestimmen dabei die Merkmale einer Kurzgeschichte, das Hauptmerkmal liegt dabei in der Kürze. Die Bezeichnung etablierte sich aus dem englischen Begriff "short story".
Kurzgeschichte – Entstehung
Die Kurzgeschichte hatte ihren Ursprung im englischen beziehungsweise amerikanischen Sprachraum. Sie entstand dort mit dem Zeitungswesen im 18. und 19. Jahrhundert. Bekannte englischsprachige Autoren von Kurzgeschichten sind:
- Edgar Allan Poe
- F. Scott Fitzgerald
- William Faulkner
- Ernest Hemingway
Einzug in den deutschen Sprachraum hielt die Kurzgeschichte erst Anfang des 20. Jahrhunderts. Dort musste sie sich zunächst gegen ähnliche Textarten wie zum Beispiel die Novelle, die Anekdote oder die sogenannte Kalendergeschichte durchsetzen.
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Gegen Ende des Zweiten Weltkriegs wurde die Kurzgeschichte im Rahmen der sogenannten Trümmerliteratur in Deutschland populär. Autor*innen wählten diese Textform, um sich kritisch mit der Nachkriegszeit und ihren Folgen auf die Menschen auseinanderzusetzen. Sie grenzten sich mit ihrem einfachen sprachlichen Stil bewusst von der Literatur ab, die unter der Herrschaft des Nationalsozialismus entstanden war.
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Mitte der 60er-Jahre verlor die Kurzgeschichte jedoch wieder an Beliebtheit. Lange Zeit fand sie kaum Beachtung, doch mit der Etablierung des Internets und der Verleihung des Literaturnobelpreises 2013 an Alice Munro kehrt nun auch das Interesse an der Kurzgeschichte zurück.
Alice Munro ist eine Schriftstellerin aus Kanada. Ihr Werk beläuft sich auf über 150 Schriften, wobei es sich ausschließlich um Kurzgeschichten handelt, die einzeln oder in Sammelbänden erschienen.
Bereits als Teenagerin begann Alice Munro mit dem Schreiben. Ihre erste Kurzgeschichte "The Dimensions of a Shadow" wurde veröffentlicht als sie 20 Jahre alt war. Daraufhin schrieb sie für viele kanadische Zeitschriften und literarische Journals.
Ein Jahr vor ihrer Nobelpreisverleihung gab sie bekannt, dass sie das Schreiben aufgrund ihres hohen Alters aufgeben müsse.
Kurzgeschichte – Merkmale
Die typischen Merkmale einer Kurzgeschichte lassen sich in zwei Kategorien untergliedern:
- inhaltliche und thematische Merkmale
- formale und sprachliche Merkmale
Eine Faustregel besagt, dass es möglich sein muss, eine Kurzgeschichte in einem einzigen Leseakt, also in einem Rutsch, durchzulesen. Doch nicht jedes kurze epische Werk ist gleich eine Kurzgeschichte.
Inhaltliche Merkmale – Kurzgeschichte
Ein sehr typisches Merkmal findet sich direkt in der Einleitung einer Kurzgeschichte. Lesende finden sich meist ohne Einführung im Handlungsgeschehen wieder und müssen sich ohne viele Erklärungen darin zurechtfinden.
Der Inhalt einer Kurzgeschichte wird meist direkt aus der Lebenswelt Lesender aufgegriffen. Die Erzählung skizziert eine scheinbar gewöhnliche Alltagssituation, die von einer Hauptfigur oder maximal zwei Charakteren durchlebt werden. Eher selten gibt es Kurzgeschichten, die von drei oder mehr Personen handeln.
Da es die Kurzgeschichte in allen Genres gibt, kann sie beispielsweise auch Science-Fiction, Fantasy- oder Thriller-Elemente enthalten. Dem zunächst unauffällig wirkenden Inhalt liegt oft eine aktuelle Thematik, eine kritische Sichtweise oder ein komplexes Problem zugrunde. Zu den Aufgaben bei einer Interpretation gehört es, zwischen den Zeilen zu lesen und die wahre Bedeutung des Beschriebenen zu entschlüsseln.
Damit Dir dies gelingt, solltest Du sehr aufmerksam lesen und die Informationen aus dem Text stets hinterfragen. Überlege, wann und wo die Handlung spielt, wer die handelnden Figuren sind und aus welchem Grund sie sich so verhalten, wie sie es eben tun. Wenn die Zeit, in der die Handlung spielt, nicht genannt wird, können das Entstehungsjahr der Kurzgeschichte oder die Lebensdaten des*der Autor*in Hinweise liefern. Viele Kurzgeschichten haben einen historischen Kontext, wie zum Beispiel "Die Küchenuhr" von Wolfgang Borchert.
"Die Küchenuhr" von Wolfgang Borchert ist eines der bekanntesten Werke der sogenannten Trümmerliteratur. Diese Literaturepoche bezeichnet den Zeitraum nach dem Zweiten Weltkrieg. Zur damaligen Zeit entstandene Werke behandeln häufig die Folgen des Krieges auf die Menschen und ihr Leben in der Nachkriegszeit. Wenn Du mehr über die Trümmerliteratur oder die Kurzgeschichte "Die Küchenuhr" erfahren möchtest, sieh Dir gerne die gleichnamigen Erklärungen auf StudySmarter an!
Die Handlung selbst verläuft meist chronologisch und einsträngig. Außerdem umreißt eine Kurzgeschichte nur wenige Orte und behandelt oft lediglich Minuten oder wenige Stunden als Zeitrahmen. Ein Grund hierfür ist die Knappheit dieser Textart, die eine detaillierte Beschreibung und langfristig ausschweifende Erzählung kaum möglich macht.
Die Kurzgeschichte "Die Küchenuhr" von Wolfgang Borchert zeigt nur wenige Minuten im Leben der Hauptfigur. Sie beschreibt ein kurzes Gespräch zwischen Fremden auf einer Bank, wobei die Situation keinesfalls belanglos ist.
Der Schluss einer Kurzgeschichte ist fast immer offen. Meist gibt es eine Pointe am Ende. Sie soll Lesende zum Nachdenken und zum eigenständigen Befassen mit dem angedeuteten Thema anregen.
Als Pointe bezeichnen Expert*innen einen Überraschungseffekt am Schluss. Es kann sich dabei sowohl um eine interessante oder komische Erkenntnis als auch eine dramatische unerwartete Wendung handeln. Ohne die Pointe sind die meisten Witze beispielsweise nicht lustig.
Sprachliche Mittel – Kurzgeschichte
Ein sprachliches Mittel in der Kurzgeschichte ist, dass der Protagonist sich häufig in einem wichtigen Moment wiederfindet. Dieser Moment löst eine entscheidende Veränderung im Leben des/der Protagonisti*in aus. Er/Sie muss sich zum Beispiel einem zentralen Konflikt oder Ereignis stellen. Dieses Ereignis wird dann zu einem bedeutenden Wendepunkt im Leben der handelnden Figur.
In Wolfgang Borcherts "Küchenuhr" hat die Hauptfigur, ein junger Mann, der seine Eltern bei einem Bombenangriff verloren hat, eine bedeutende Erkenntnis. Eine kaputte Küchenuhr ist alles, was ihm aus dem früheren Leben geblieben ist und er erinnert sich an die Zeit mit seinen Eltern zurück. Ihm wird plötzlich klar, dass sein Leben nahezu "paradiesisch" war und er die Anwesenheit seiner Familie für selbstverständlich hielt, bis er sie verlor. Diese Erkenntnis wird zum Wendepunkt in seinem Leben, denn sie verändert seine Sichtweise auf die Vergangenheit und beeinflusst damit auch seine Zukunft.
Die Sprache ist meist sehr einfach gehalten und besonders in der wörtlichen Rede umgangssprachlich. Häufig sprechen die Figuren auch Dialekte. Auf diese Weise wirkt die Kurzgeschichte realistisch und aus dem Leben gegriffen. Lesende können sich so besser mit den Protagonisten identifizieren. Die versteckte Aussage wird über Leitmotive, Symbole und Metaphern transportiert.
"Sie hat weiter keinen Wert, meinte er entschuldigend, das weiß ich auch. Und sie ist auch nicht besonders schön. Sie ist nur ein Teller, so mit weißem Lack. Aber die blauen Zahlen sehen doch ganz hübsch aus, finde ich. Die Zeiger sind natürlich nur aus Blech. Und nun gehen sie auch nicht mehr. Nein. Innerlich ist sie kaputt, das steht fest. Aber sie sieht noch aus wie immer. Auch wenn sie nicht mehr geht." (Wolfgang Borchert, "Die Küchenuhr").
Auffallend an diesem Beispiel sind die kurzen Sätze und die häufigen Wiederholungen. Die wörtliche Rede wirkt dadurch etwas wirr und zusammenhanglos. Sie vermittelt nicht nur den Eindruck laut ausgesprochener Gedankenfetzen, sondern lässt auch auf das Trauma schließen, das der junge Mann im Zweiten Weltkrieg und durch den Verlust seiner Eltern erlitten hat.
Ein Leitmotiv ist ein rhetorisches Mittel in Form von einem Wortlaut, das im literarischen Werk immer wieder wiederholt wird und eine besondere Bedeutung hat, die über die wortwörtliche Aussage hinausgeht. Wenn Du mehr über rhetorische Stilmittel erfahren möchtest, sieh Dir die Erklärung zu "Rhetorische Stilmittel" auf StudySmarter an!
Eine Kurzgeschichte hat meist einen personalen Erzähler und wird häufig im Präteritum geschrieben. Es gibt allerdings keine feststehende Regel, die eine bestimmte Zeitform oder Erzählperspektive vorschreibt. Ebenso kann auch ein Ich-Erzähler oder eine auktoriale Perspektive sowie das Präsens gewählt werden.
Analyse zu einer Kurzgeschichte
Nicht alle genannten Merkmale sind immer zwingend Bestandteil einer Kurzgeschichte. Genauso wenig ist jeder kurze Text mit einem offenen Ende eine Kurzgeschichte. Dennoch lassen sich die meisten Kurzgeschichten mit den oben genannten Merkmalen vereinbaren. Diese Übersicht kann Dir als Checkliste dienen, wenn Du Deinen vorliegenden Text auf Merkmale untersuchst.
- Kurzgeschichten haben einen stark verkürzten Inhalt.
- Sie bestehen aus wenigen Seiten und lassen sich gut in einem Lesedurchgang beenden.
- Hinter einem Alltagserlebnis steckt oft eine versteckte Kernaussage, die erst entschlüsselt werden muss.
- Diese zentrale Kernaussage bezieht sich meist auf aktuelle Probleme oder komplexe Konflikte. Dabei übt sie häufig auch Kritik.
- Der Einstieg erfolgt unmittelbar und meist ohne oder nur mit kurzer Einleitung.
- Die Handlung verläuft chronologisch und wird häufig im Präteritum dargestellt. Letzteres ist allerdings nicht immer der Fall.
- Der Erzähler ist häufig personal. Es gibt aber auch Kurzgeschichten aus Ich-Perspektiven und mit auktorialen Erzählweisen.
- Es gibt nur wenige Hauptfiguren, üblicherweise nicht mehr als zwei.
- Nur wenige Orte werden grob skizziert, ebenso wie der Zeitrahmen recht beengt ist, in dem die Handlung stattfindet.
- Der Sprachstil ist einfach und die wörtliche Rede oft umgangssprachlich.
- Der Schluss bleibt meist offen und besitzt eine Pointe. Sie soll Lesende zum Nachdenken anregen.
Wenn Du erfahren möchtest, wie Du eine Kurzgeschichte analysierst und interpretierst, sieh Dir die Erklärung zur "Interpretation" auf StudySmarter an! Falls Du eine Inhaltsangabe schreiben möchtest, hilft Dir die Erklärung "Inhaltsangabe" weiter.
Kurzgeschichte – Beispiele
In diesem Überblick findest Du einige Beispiele für bekannte Kurzgeschichten, die in der Literaturwissenschaft von Bedeutung sind:
- "Alles wie immer" (Sybille Berg)
- "Hauptsache weit" (Sybille Berg)
- "Anekdote zur Senkung der Arbeitsmoral" (Heinrich Böll)
- "Das Brot" (Wolfgang Borchert)
- "Nachts schlafen die Ratten doch" (Wolfgang Borchert)
- "Spagetti für zwei" (Federica de Cesco)
- "Erinnerungsangebote" (Kai Fischer)
- "Ein sauberes, gutbeleuchtetes Café" (Ernest Hemingway)
Kurzgeschichte – Das Wichtigste
- Kurzgeschichten gehören zur Gattung der Prosa und zeichnen sich besonders durch ihre besondere Kürze aus.
- Sie entstanden mit dem Zeitungswesen im englischsprachigen Bereich als sogenannte "short storys".
- Anfang des 20. Jahrhunderts hielten sie Einzug in Deutschland.
- Kurzgeschichten thematisieren häufig aktuelle Probleme oder Konfliktsituationen. Die zentralen Kernthesen verstecken sich jedoch hinter einem sehr einfachen Sprachstil und scheinbar banalen Alltagserlebnissen.
- Metaphern und Symbole geben bei einer Interpretation Hinweise auf die zugrundeliegende Aussage.
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Häufig gestellte Fragen zum Thema Kurzgeschichte
Was sind die Merkmale einer Kurzgeschichte?
Die Merkmale einer Kurzgeschichte lassen sich in inhaltliche und sprachliche Merkmale einteilen. Zu den inhaltlichen Merkmalen gehören:
- ein unmittelbarer Einstieg
- eine chronologische Handlungsabfolge
- ein offenes Ende
Sprachliche Merkmale sind:
- einfache Sprache
- Metaphern oder Symbole, hinter denen sich die Kernaussage verbirgt.
Wie fängt man bei einer Kurzgeschichte am besten an?
Eine Kurzgeschichte beginnt direkt und unmittelbar. Das bedeutet, Lesende finden sich sofort im Handlungsgeschehen wieder und es gibt höchstens eine sehr kurze Einleitung. Bevor Du aber zu Schreiben beginnst, solltest Du Dir ausreichend Gedanken über das Thema und die Figuren Deiner Kurzgeschichte machen. Erstelle am besten eine Gliederung für Deinen Text, an der Du Dich orientieren kannst.
Warum hat eine Kurzgeschichte ein offenes Ende?
Kurzgeschichten haben meist ein offenes Ende, um Lesende zum Nachdenken anzuregen. Eine Pointe am Schluss soll diesen Effekt noch verstärken. Da die Themen oft kritisch behandelt werden, ist es wichtig, sich ausreichend mit den Inhalten auseinanderzusetzen.
Was ist wichtig bei einer Kurzgeschichte?
Die wichtigsten Merkmale einer Kurzgeschichte sind:
- die Knappheit des Texts
- der unmittelbare Einstieg
- die versteckte Aussage
Wie analysiere ich eine Kurzgeschichte?
Bei der Analyse zu einer Kurzgeschichte kannst Du Dich an den folgenden Punkten orientieren:
- Kurzgeschichten haben einen stark verkürzten Inhalt.
- Hinter einem Alltagserlebnis steckt oft eine versteckte Kernaussage, die erst entschlüsselt werden muss.
- Diese zentrale Kernaussage bezieht sich meist auf aktuelle Probleme oder komplexe Konflikte. Dabei übt sie häufig auch Kritik.
- Der Einstieg erfolgt unmittelbar und meist ohne oder nur mit kurzer Einleitung.
- Die Handlung verläuft chronologisch und wird häufig im Präteritum dargestellt.
- Der Erzähler ist häufig personal.
- Es gibt nur wenige Hauptfiguren.
- Nur wenige Orte werden grob skizziert, ebenso wie der Zeitrahmen recht beengt ist, in dem die Handlung stattfindet.
- Der Sprachstil ist einfach und die wörtliche Rede oft umgangssprachlich.
- Der Schluss bleibt meist offen und besitzt eine Pointe.
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