Lenz Büchner

In unserer modernen Gesellschaft bekommt die mentale Gesundheit zunehmend einen höheren Stellenwert. Dennoch wird sie vernachlässigt, weil der Alltag keinen Platz lässt, um sich damit auseinanderzusetzen. Dies war bereits in früheren Jahrhunderten ein Problem, mit dem sich auch der Schriftsteller Georg Büchner auseinandergesetzt hat.

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    Lenz Büchner, Inhaltswarnung Thematisierung von Suizid, Gewalt, Rassismus und andere Formen von Diskriminierung, StudySmarter

    Im 1839 veröffentlichten Werk "Lenz" von Georg Büchner geht es dem Schriftsteller Lenz ebenfalls darum, dem städtischen Alltag zu entfliehen: Er besucht aufgrund von Angstzuständen und Wahnvorstellungen den Pfarrer Oberlin in einem kleinen Gebirgsdorf und versucht dort, gesundheitliche Besserung zu erlangen.

    Büchners Werk beruht auf dem Leben des realen Schriftstellers Jakob Michael Reinhold Lenz (1751 bis 1792), der in der Epoche des Sturm und Drang (1765 bis 1785) wirkte.

    Georg Büchner: "Lenz" – Zusammenfassung / Inhalt

    Im Folgenden erhältst Du eine Zusammenfassung des Inhalts aus Georg Büchners "Lenz". Der Schriftsteller Lenz macht sich bei nebligem und regnerischem Wetter auf den Weg durch die Vogesen nach Waldbach im Elsass. Er nimmt die ihn umgebende Natur sehr intensiv war. Sie wirkt auf ihn äußerst beängstigend und bedrohlich. Zudem verliert er seine Orientierung in Zeit und Raum, nimmt seine eigene Erschöpfung nicht richtig wahr und seine Stimmung schwankt zwischen Hochgefühl und Gleichgültigkeit. Er fühlt sich verfolgt und leidet unter Wahrnehmungsstörungen und Angstzuständen.

    Die Vogesen sind ein Mittelgebirge im Osten von Frankreich. Aufgrund der Nähe zur deutschen Grenze wurde in dem Gebiet sowohl Deutsch als auch Französisch gesprochen.

    Das Elsass ist eine Region im Nordosten Frankreichs, die an Deutschland angrenzt und über Jahrhunderte mal zu Frankreich und mal zum deutschen Gebiet gehörte. Während Lenz' Aufenthalt stand das Elsass unter französischer Regierung.

    Abends erreicht er das Pfarrhaus in Waldbach, wo er vom Pfarrer Oberlin und seiner Familie aufgenommen wird. Oberlin erkennt ihn zunächst nicht, erst nachdem er den Namen Lenz hört, kann er den berühmten Schriftsteller einordnen. Sie verbringen den Abend zusammen, Lenz kann sich etwas entspannen, er erzählt viel von der Heimat und bekommt für seinen Aufenthalt ein Zimmer im Ort.

    Nachts im Bett wird Lenz wieder von der Angst eingeholt, die ihn auch auf dem Weg nach Waldbach begleitet hat. Er stürzt aus dem Haus, irrt durch die Gegend und verletzt sich mit Absicht selbst, um wieder zur Besinnung zu kommen. Daraufhin stürzt er sich in einen Brunnen, der aber nicht besonders tief ist. Dabei macht er allerdings so viel Lärm, dass einige Dorfbewohner aufwachen und zum Brunnen eilen. Durch den Sturz kann Lenz wieder klar denken und schämt sich dafür, was er gerade getan hat.

    In den nächsten Tagen begleitet Lenz den Pfarrer Oberlin bei seinen Besuchen im Tal, wo dieser als Seelsorger tätig ist. Oberlin schätzt die Gesellschaft des Schriftstellers und auch Lenz tun diese Besuche gut. Er schätzt das ruhige Leben im Dorf und das sanfte Gemüt des Pfarrers. Die Nächte sind für ihn dennoch oft nur schwer auszuhalten, die Angstzustände verfolgen ihn weiterhin.

    Lenz beginnt in der Bibel zu lesen und beschäftigt sich mit seinem Glauben. Während eines Spaziergangs meint er, sein Schatten wäre von einem Regenbogen umgeben und hält dies für eine Offenbarung. Der Pfarrer erlaubt ihm sogar, eine Sonntagspredigt zu halten, die Lenz schlicht und dennoch berührend gestaltet. Später ist er überzeugt, den gesamten Weltschmerz zu fühlen und versinkt in Selbstmitleid.

    In der Nacht erscheint ihm seine Mutter auf dem Totenbett. Als er dies am nächsten Morgen dem Pfarrer Oberlin schildert, erzählt dieser über Kämpfe von Geistern in den Bergen und von Wünschelrutengängern. Lenz meint, die elementarische Natur sei einfach und unvereinbar mit der geistigen Natur des entwickelten Menschen.

    Mit dieser Aussage verweist Lenz auf die Naturverbundenheit von Menschen. Er sagt: "je feiner der Mensch geistig fühlt und lebt, umso abgestumpfter würde dieser elementarische Sinn"1. Damit meint er, je weiter ein Mensch sich geistig entwickelt, desto weniger würde er auf die Natur und Umgebung achten und sich mit ihr verbunden fühlen.

    Schließlich kehrt Kaufmann, ein alter Freund von Lenz, in Oberlins Haus ein. Dieser vertritt im Gespräch über Kunst eine andere Meinung als Lenz. Lenz sagt, Kunst solle die Wirklichkeit so detailgetreu und realistisch wie möglich darstellen und sie nicht idealisieren. Während der Unterhaltung zeigt Lenz einen klaren Verstand und äußert, dass Schönheit nur in der Bewegung oder bei Veränderungen zu erleben sei und nicht durch eine bloße Empfindung dargestellt werden kann. Kaufmann hält dagegen, dass es für einige Kunstwerke keine Vorlagen in der Wirklichkeit geben kann.

    Schließlich fordert Kaufmann Lenz auf, den Wunsch seines Vaters zu berücksichtigen und nach Hause zurückzukehren. Lenz weigert sich und beendet das Gespräch. Er meint, er könne es nur in Waldbach aushalten und würde im alltäglichen Leben wahnsinnig werden. Oberlin nimmt dagegen eine Einladung Kaufmanns an und reist mit ihm in die Schweiz.

    Lenz hat Angst vor der Abwesenheit Oberlins und begleitet ihn deshalb bis ins Gebirge hinauf, wo sie sich trennen und er danach allein durch die Berge wandert. Am späten Abend gelangt er zu einer Hütte im Steintal, wo ein todkrankes Mädchen und dessen Eltern wohnen. Lenz bleibt zum Essen und für die Nacht bei dieser Familie. Am nächsten Morgen erfährt er, dass er bei einem Heiligen und Geisterbeschwörer übernachtet hat und ist beunruhigt. Für den Rückweg schließt sich einer Holzarbeitergruppe an.

    Nach der Nacht im Gebirge fühlt sich Lenz verändert, denn seine Verfassung ist von heftigen Stimmungsschwankungen sowie auch Kälte und Gleichgültigkeit geprägt. Daraufhin sucht er die Gesellschaft von Madame Oberlin. Er denkt an seine Liebe zu Friederike Brion zurück, die ihm Ruhe gebracht hat. Er stürzt sich in den Glauben und hofft, so, seine innere Leere füllen zu können. Als er erfährt, dass das kranke Mädchen, das er in den Bergen kennengelernt hatte, verstorben ist, begibt er sich, als Büßer gekleidet, dorthin, um es aufzuerwecken. Als es ihm nicht gelingt, rennt er aufgewühlt ins Gebirge, wo er gegen Gott lästert und sich dem Atheismus zuwendet.

    Im Atheismus glauben die Menschen, dass es keine höhere Macht wie einen Gott gibt.

    Der Pfarrer Oberlin kommt früher als geplant aus der Schweiz zurück und fordert Lenz auf, nach Hause zum Vater zurückzukehren. Lenz leidet jedoch unter Wahnvorstellungen und ist in starker Unruhe. Er fantasiert sogar, er hätte seine frühere Geliebte Friederike Brion ermordet. Er ist nur noch selten bei klarem Verstand.

    Sein Zustand wird zunehmend hoffnungsloser, was Oberlin erschüttert. Lenz leidet unter absoluter innerer Leere und Angstattacken, wo nur Oberlin ihn hindurch begleiten kann. Oberlin kümmert sich um Lenz und erträgt dessen wiederholte Selbsttötungsversuche. Nachdem sich Lenz jedoch aus dem Fenster stürzt, kann ihn Oberlin nicht länger bei sich behalten und lässt ihn nach Straßburg bringen. Lenz ist innerlich endgültig leer und nimmt dies gleichgültig hin.

    Straßburg ist eine Stadt im Nordosten Frankreichs und liegt an der Grenze zu Deutschland.

    Georg Büchner "Lenz" – Charakterisierung

    In den nächsten Abschnitten erhältst Du jeweils für die Figuren aus Georg Büchners "Lenz" eine Charakterisierung.

    Lenz

    • Der Schriftsteller Lenz ist vor allem für seine Dramen bekannt.
    • Er begibt sich nach Waldbach, um Ruhe vom Alltag zu finden und gesund zu werden.
    • Lenz wird mit fortschreitender Krankheit wahnsinnig, unterliegt vor allem nachts Angstzuständen und Bewusstseinsstörungen wie Halluzinationen sowie Gemütsschwankungen.

    Da es sich um eine literarische Figur handelt, kann bei Lenz keine eindeutige Krankheit diagnostiziert werden. Die Symptome können jedoch z.B. auf Schizophrenie hindeuten.

    Schizophrenie ist eine psychische Erkrankung, bei der das Denken und Verhalten der Erkrankten beeinträchtigt sind. Typische Symptome sind u.a. Halluzinationen, Realitätsverlust, Antriebsstörungen, motorische Defizite oder Wahnvorstellungen wie ein Verfolgungswahn.

    Der Ausdruck "wahnsinnig" meint im damaligen Verständnis so viel wie "nicht vernünftig denkend" und bezieht sich auf Lenz' Krankheitssymptome.

    • Durch den Aufenthalt beim Pfarrer wird er gläubig, nachdem er ein totes Mädchen jedoch nicht wiedererwecken kann, verschwört er sich dem Atheismus.
    • Sein Vater verlangt, er solle nach Hause zurückkehren, ihn unterstützen und wieder arbeiten, was Lenz verweigert.
    • Lenz fühlt sich sehr heimisch im Steintal, beim Pfarrer und dessen Familie, wird aber aufgrund mehrerer Selbstmordversuche nach Straßburg gebracht. Er isoliert sich zunehmend von der Außenwelt, bis er innerlich völlig leer ist und so vor sich hin lebt.
    • Im Gespräch mit Kaufmann unterstützt er die Ansicht des Realismus in der Kunst.

    Realismus

    Im Realismus soll nach Büchner Kunst die Wirklichkeit möglichst realitätsnah abbilden. Es soll wertfrei gezeigt werden, wie die Welt ist und nicht, wie sie sein könnte. Dazu gehört auch die Darstellung einfacher Leute und ihrer Probleme oder die Darstellung von Krankheiten. Oftmals werden daher reale Vorbilder als Stoffgrundlage gewählt.

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    Oberlin

    • Oberlin ist Pfarrer und Seelsorger in Waldbach im Steintal. Dass Lenz bei ihm auftaucht, sieht er als Schickung Gottes.
    • Der Pfarrer ist sehr fürsorglich und engagiert, besucht z.B. die Dorfbewohner zu Hause und hilft, Kanäle und Wege anzulegen und unterrichtet in der Schule.
    • Er kümmert sich um Lenz während dessen Krankheit, nimmt ihn im Alltag mit, begleitet Lenz´ Anfälle und verhindert dessen Selbstmord.
    • Er ist fromm und aufgeschlossen, weshalb er Lenz aufnimmt und auch dessen Halluzinationen ernst nimmt.
    • Nach seiner Rückkehr aus der Schweiz fordert er Lenz auf, den Wunsch seines Vaters zu befolgen und ist erschüttert über Lenz' sich weiter verschlechternden Zustand.
    • Als er Lenz nicht mehr helfen kann, schickt er ihn nach Straßburg, wo dieser besser betreut werden kann.

    Auch Oberlin beruht auf einer realen Person. Der Pfarrer Johann Friedrich Oberlin (1740 bis 1826) nahm den Schriftsteller Jakob Lenz im Januar 1778 bei sich in Waldersbach, dem der Ort Waldbach in der Novelle nachempfunden ist, auf.

    Kaufmann

    • Kaufmann ist mit seiner Braut zu Besuch im Steintal.
    • Er ist ein alter Freund von Lenz und vertritt im Kunstgespräch die Ansicht des Idealismus.
    • Kaufmann fordert Lenz auf, auf Wunsch des Vaters nach Hause zurückzukehren und sich wieder Ziele zu setzen.
    • Er lädt Oberlin in die Schweiz ein und sie reisen gemeinsam ab.

    Kaufmann beruht auf der realen Persönlichkeit Cristoph Kaufmann, der mit Jakob Lenz befreundet war und ihn 1778 nach Waldersbach zu Oberlin schickte.

    Idealismus

    Im Idealismus soll die Kunst ein Ideal abbilden, nach dem die Menschen streben sollten. Das Denken und Handeln sollte sich an diesem Ideal orientieren. Diese Kunstauffassung vertrat u.a. Friedrich Schiller (1759 - 1805), ein Vertreter der Weimarer Klassik.

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    Georg Büchner "Lenz" – Aufbau / Sprache

    Die folgenden Abschnitte stellen eine Analyse von Aufbau und Sprache von Georg Büchners "Lenz" dar.

    Aufbau

    Das Werk "Lenz" von Büchner ist ein Fragment und wird meistens als Novelle eingeordnet.

    Eine Novelle ist eine Prosaform von mittlerer Länge und gehört zur Gattung der Epik. Sie hat meistens nur eine geradlinige Haupthandlung und behandelt nach Goethe eine "unerhörte Begebenheit".

    Ein Fragment ist hier ein unvollständiger Text, der z.B. vom Autor nie zu Ende geschrieben wurde oder auch bewusst offen gelassen werden kann.

    Der Titel des Werkes "Lenz" stammt allerdings nicht von Büchner, sondern wurde mit der Veröffentlichung 1839 nach Büchners Tod hinzugefügt. Weil Büchner sehr jung verstarb, ist auch unklar, ob "Lenz" absichtlich als Fragment belassen wurde oder einfach nicht fertiggestellt werden konnte.

    Inhaltlich kann das Werk in drei Teile gegliedert: werden: Die Einleitung des Werkes geschieht durch Lenz' Wanderung zum Pfarrer Oberlin ins Steintal. Dann folgt der umfangreichste Abschnitt, der Hauptteil, der Lenz' Aufenthalt dort und auch seinen Krankheitsverlauf schildert. Im Schluss wird seine Abreise dargestellt sowie auch sein weiteres Leben in Straßburg angedeutet.

    Den Hauptteil kann man anhand der Personen- und Ortswechsel weiter gliedern: Im ersten Teil wandert Lenz ins Steintal. Oberlin nimmt Lenz auf und in seinem Alltag mit, bis Oberlin mit Kaufmann schließlich in die Schweiz reist. Lenz wandert währenddessen allein durchs Gebirge und wieder ins Dorf zurück. Dann folgt der Teil in Oberlins Abwesenheit, wo sich Lenz in Gesellschaft von Madame Oberlin begibt. Als letzten Teil können die Tage nach Oberlins Rückkehr betrachtet werden.

    Erzählperspektive und Sprache

    Das Werk wird durch einen auktorialen Erzähler geschildert, der die Gedanken jeder Figur wiedergeben kann, sich aber sehr auf die Ansichten von Lenz fokussiert. Daher werden auch Gedanken von Lenz wiedergegeben, besonders während seiner Anfälle:

    [...] kam ihm Alles so traumartig, so zuwider vor, es kam ihm die Angst an wie Kindern, die im Dunkeln schlafen; es war ihm als sei er blind; jetzt wuchs sie, der Alp des Wahnsinns setzte sich zu seinen Füßen, der rettungslose Gedanke, als sei Alles nur sein Traum, öffnete sich vor ihm, er klammerte sich an alle Gegenstände, Gestalten zogen rasch an ihm vorbei, er drängte sich an sie, es waren Schatten, das Leben wich aus ihm und seine Glieder waren ganz starr.1

    In diesem Beispiel wird sowohl das Geschehen geschildert als auch die Gedanken von Lenz wiedergegeben, z.B. durch den Vergleich "es war ihm als sei er blind". Der Bericht wirkt durch die knappe Formulierung und fehlende Überleitungen beinahe wie eine Szene, sodass die Lesenden ganz nah am Geschehen und der Figur sind.

    Vergleiche sind sprachliche Bilder, bei denen mindestens zwei Sachverhalte, Personen oder Gegenstände gegenübergestellt werden. Damit können Ähnlichkeiten oder Unterschiede ausgedrückt werden.

    Die Beschreibungen des Erzählers in "Lenz" sind größtenteils sehr sachlich und berichtähnlich gehalten, wie bereits der Anfang zeigt:

    Den 20. ging Lenz durch's Gebirg. Die Gipfel und hohen Bergflächen im Schnee, die Täler hinunter graues Gestein, grüne Flächen, Felsen und Tannen. Es war naßkalt, das Wasser rieselte die Felsen hinunter und sprang über den Weg.1

    Die Sätze in diesem Beispiel sind sehr knapp und parataktisch, d.h. mehrere Hauptsätze sind aneinandergereiht. Auch einige Ellipsen, also unvollständige Sätze, sind zu finden, z.B. fehlt im zweiten Satz das Verb. Dies unterstreicht Lenz' geistige Verwirrung. Trotz der knappen Ausdrucksweise des Erzählers sind seine Schilderungen der Natur sehr bildhaft, wodurch die Lesenden sich die Situation von Lenz genau vorstellen können.

    Die Feststellung "Es war naßkalt" klingt wie aus einem wissenschaftlichen Bericht entnommen. Der Sprachstil im Werk ist meistens ebenso nüchtern und distanziert. Trotzdem sind auch in diesem Ausschnitt anschauliche Stilmittel enthalten, z.B. die Personifikation "das Wasser [...] sprang".

    Die Personifikation verleiht Tieren, Pflanzen oder Gegenständen menschlichen Charakter, indem sie mit menschlichen Eigenschaften oder Handlungen in Verbindung gebracht werden.

    Nur manchmal wird auch erlebte Rede verwendet, besonders wenn Lenz' Sinneseindrücke in seinen Wahnvorstellungen beschrieben werden.

    Die erlebte Rede gibt die Gedanken und Gefühle von Figuren in der dritten Person wieder. Sie ist eine Erzählform zwischen direkter und indirekter Rede und gibt den Lesenden so einen Einblick in das Innenleben der Figuren.

    In dem folgenden Textauszug wandert Lenz zum ersten Mal ins Steintal. Der Erzähler schildert seine Eindrücke der Umgebung und gleichzeitig auch seine Gefühle:

    Es war ihm alles so klein, so nahe, so naß, er hätte die Erde hinter den Ofen setzen mögen, [...]1

    Diese beiden gegensätzlichen Erzählstile wechseln zum Teil sehr schnell, da Lenz in einem Moment fantasiert, im nächsten aber wieder klar denken kann. Außerdem bekommen Lesende so beide Perspektiven geschildert: Sie können sowohl das tatsächliche Geschehen verfolgen als auch Lenz' subjektive Sicht und Äußerungsformen seiner Krankheit.

    Thematisierung von Wahnsinn

    In "Lenz" setzt sich Büchner anhand der Krankheit von Lenz mit dem Thema Wahnsinn auseinander. Im 19. Jahrhundert begann die Wissenschaft gerade erst, sich mit der Psyche der Menschen zu beschäftigen und das Wissen über psychische Krankheiten war sehr begrenzt. Oft orientierten Wissenschaftler sich an sogenannten Fallgeschichten, die den Krankheitsverlauf einer Person schildern. Manchmal wurden auch literarische Beispiele zur Analyse genutzt. Andererseits dienten Fallgeschichten auch als literarische Vorlage, so z.B. in Büchners Werk "Woyzeck", das von einem psychisch erkrankten Soldaten handelt.

    Georg Büchner "Lenz" – Interpretation

    Eine Schlüsselszene des Werkes "Lenz" ist das sogenannte Kunstgespräch zwischen Lenz und Kaufmann. Darüber hinaus hinterfragt Büchner mit "Lenz" auch die Religion, stellt die Natur als Spiegel von Lenz' Gefühlen dar und auch ein autobiografischer Bezug ist zu erkennen.

    Das Kunstgespräch

    Im Kunstgespräch argumentieren Lenz und sein Freund Kaufmann darüber, ob Kunst besser realistisch oder idealistisch dargestellt werden sollte. Damit greift Büchner eine Diskussion seiner Zeit auf und macht durch die Figur Lenz gleichzeitig seinen eigenen Standpunkt deutlich. Büchner lehnte nämlich den Idealismus, der in der Weimarer Klassik (1786 - 1832) vertreten wurde, ab.

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    Stattdessen vertrat Büchner den radikalen Realismus. Die Vertreter des Realismus meinten, Kunst solle die Wirklichkeit möglichst realistisch und wertfrei darstellen.

    Diese Einstellung wird in folgendem Zitat der Figur Lenz deutlich:

    Der liebe Gott hat die Welt wohl gemacht wie sie sein soll, und wir können wohl nicht was Besseres klecksen, unser einziges Bestreben soll sein, ihm ein wenig nachzuschaffen. Ich verlange in allem Leben, Möglichkeit des Daseins [...] wir haben dann nicht zu fragen, ob es schön, ob es häßlich ist, das Gefühl, daß Was geschaffen sei, Leben habe [...] sei das einzige Kriterium in Kunstsachen.1

    Somit macht sich Lenz deutlich für den Realismus stark und sagt, man solle die von Gott geschaffenen Dinge möglichst genau nachahmen. Zum Idealismus sagt er:

    Dieser Idealismus ist die schmählichste Verachtung der menschlichen Natur.1

    Der Idealismus gibt also nicht die Natur des Menschen wieder, sondern zeigt etwas Künstliches und aufgrund dessen lehnt Lenz, dessen Meinung vermutlich auch Büchner vertrat, dieses Konzept ab. Lenz sagt weiterhin:

    Man muß die Menschheit lieben, um in das eigentümliche Wesen jedes einzudringen, es darf einem keiner zu gering, keiner zu häßlich sein, erst dann kann man sie verstehen; das unbedeutendste Gesicht macht einen tiefern Eindruck als die bloße Empfindung des Schönen [...]1

    Dieses Zitat kann so gedeutet werden, dass kein starres, unerreichbares Ideal dargestellt werden sollte, sondern die Veränderung und Dynamik abgebildet werden müssen. Das Leben der Menschen steht auch nie still, daher sollte man sich nicht bei einem einzelnen wunderschönen Eindruck aufhalten, sondern das Leben in all seinen Facetten betrachten.

    Dieses Konzept versucht Büchner auch in seinem Werk umzusetzen und stellt daher auch Lenz' Gedanken während seiner Angstzustände und Halluzinationen dar. Auch die Beschreibungen des dörflichen Lebens sowie die umfangreichen Naturbeschreibungen sind realistisch gehalten.

    Die Natur als Spiegel der Gefühle

    Im Lenz gibt es zahlreiche Naturbeschreibungen, die Lenz' innere Stimmung und seinen schwankenden Zustand spiegeln. Seine Desorientierung, Verzweiflung und Angst werden z.B. während seiner Wanderung ins Steintal durch verschiedene Wetterlagen, Orte und Entfernungen angegeben:

    Er ging gleichgültig weiter, [...] bald auf- bald abwärts. [...] Anfangs drängte es ihm in der Brust, wenn das Gestein so wegsprang, der graue Wald sich unter ihm schüttelte, und der Nebel die Formen bald verschlang, bald die gewaltigen Glieder halb enthüllte; es drängte in ihm, er suchte nach etwas, wie nach verlornen Träumen, aber er fand nichts.1

    Lenz wird als "gleichgültig" beschreiben, ist sich über die Richtung unschlüssig und seine Gefühle, z.B. das Drängen in der Brust werden mit den Eindrücken seiner Umgebung vermischt. Außerdem ist die Sprache durch die vielen Adjektive und Verben der Bewegung sehr lebendig gestaltet, damit die Lesenden Lenz' Zustand genau nachvollziehen können.

    Frage nach Gott

    Lenz hat laut seinem Gespräch mit Oberlin Theologie studiert und betet in seinen Anfällen auch Texte wie das "Vater unser". Durch das Lesen der Bibel im Pfarrhaus findet er wieder zu seinem Glauben, der für ihn vorher nicht so relevant war. Der Glaube spendet ihm während seines Aufenthaltes Trost und Hoffnung. Diese werden erschüttert, als Lenz in religiöser Schwärmerei Gott auf die Probe stellen will und erfolglos versucht, ein totes Kind wiederzuerwecken. Danach schreibt er die Religion ab und zweifelt am Ende sogar die Allmächtigkeit des Gottes an, weil dieser ihm nicht hilft, Besserung zu erlangen.

    Durch die Figur des Lenz stellt Büchner in seinem Werk die Frage, warum Gott den Menschen nicht hilft und sie stattdessen leiden müssen. Gleichzeitig zeigt er die Grenzen der Religion auf, denn das Werk hat für Lenz keinen positiven Ausgang: Er lebt zwar vor sich hin, ist aber innerlich leer.

    Bezug zur Realität

    Büchners Werk "Lenz" beruht auf dem realen Schriftsteller Jakob Michael Reinhold Lenz (1751 bis 1792). Viele der Ereignisse aus der Novelle stammen aus dem Tagebuch des Pfarrers Oberlin, bei dem der reale Lenz einige Zeit zu Besuch war, um sich von seiner Krankheit zu erholen. Einige Passagen hat Büchner sogar wörtlich übernommen, andere dienten ihm als Vorlage.

    Auch die heimliche Liebe zu Friederike Brion, die Goethes ehemalige Geliebte war, trifft auf Jakob Lenz zu. Christoph Kaufmann war zudem ein Freund von Lenz, der ihm den Aufenthalt bei Oberlin empfahl.

    Jakob Michael Reinhold Lenz (1751 bis 1792)

    Lenz ist als Sohn eines Pfarrers aufgewachsen und ist vor allem für seine Dramen wie "Der Hofmeister" oder "Die Soldaten" bekannt. Er war ein Vertreter des Sturm und Drangs (1765 bis 1785) und kannte Persönlichkeiten wie Johann Wolfgang von Goethe, der sein großes Vorbild war, Gottfried Herder oder Johann Caspar Lavater, ein Schweizer Schriftsteller. Er arbeitete auch als Lehrer an verschiedenen Orten, hatte allerdings auch mit einer psychischen Krankheit zu kämpfen. Nach der Ablehnung durch seine eigene Familie zog er schließlich nach Russland, arbeitete dort als Hauslehrer und Schriftsteller, wurde aber vor allem von Gönnern finanziert. Durch die Hoffnungslosigkeit seiner Situation verschlimmerte sich seine Krankheit; er starb in Moskau.

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    Doch auch zu Büchners Lebenslauf lassen sich Parallelen erkennen: Büchner schrieb sein Werk teilweise auf der Flucht nach Straßburg. Dort begegnetet Lenz, der 19 Jahre vor Büchners Geburt starb, zu seiner Zeit Goethe, daher hatte Büchner auch einen regionalen Bezug.

    In "Lenz" entflieht zudem ein Schriftsteller seinem Alltag und versucht, seiner psychischen Krankheit zu entkommen.

    Büchner befindet sich in einer vergleichbaren Situation: Weil er politisch verfolgt wird, sind seine Handlungen wie bei Lenz flüchtig und unstetig. Außerdem beugt sich Lenz am Ende dem Schicksal und lebt gleichgültig hin. Dies trifft auch auf Büchner zu, der trotz seiner revolutionären Aktionen nichts gegen seine Lebensumstände nichts unternehmen kann. Damit sieht er sich wie Lenz als gescheitert an.

    Der Autor Georg Büchner (1813 bis 1837)

    Büchner studierte Medizin u.a. in Straßburg und engagierte sich viel für politische Freiheit. Er gründete sogar die "Gesellschaft für Menschenrechte", die die politischen Verhältnisse umstürzen wollten. Allerdings schlossen sich ihm nur wenige Mitstreiter an. 1834 veröffentlichte Büchner die Flugschrift "Der Hessische Landbote" mit dem Aufruf zur Revolution. Aufgrund dessen musste er ein Jahr später nach Straßburg fliehen, wo er sich wieder mit der Wissenschaft beschäftigte. 1837 verstarb er unerwartet mit nur 23 Jahren an Typhus. Trotzdem gilt er bis heute als ein bedeutender Vertreter des Vormärz (1815 bis 1848). Weitere bekannte Werke von ihm sind "Dantons Tod" oder "Leonce und Lena".

    Eine Flugschrift umfasst mehrere Seiten und wird nur in unregelmäßigen Abständen gedruckt und anschließend auf der Straße verteilt. Dabei handelt es sich um Schriftstücke mit lokalen oder regionalen Nachrichten, kleine Preislisten oder Veranstaltungslisten und -hinweise. Verbreitet waren sie auch für Werbezwecke.

    Georg Büchner "Lenz" – Epoche

    Büchners "Lenz" wird der Epoche Vormärz zugeordnet. Im Vormärz (1815 bis 1848) forderten viele junge Menschen mehr Freiheiten wie politisches Mitspracherecht ein. Als Reaktion zensierte die konservativ geprägte Staatsführung literarische Veröffentlichungen und kritisierende Texte durften nicht veröffentlicht werden. Trotzdem verteilten viele, darunter auch Büchner, Flugschriften auf den Straßen. 1835 musste er wegen der Verbreitung des "Hessischen Landboten" nach Frankreich fliehen.

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    Das Werk "Lenz" verfasste Büchner als Auftragsarbeit für eine Zeitung. In seine Novelle brachte er auch Sozialkritik ein: Lenz zieht als Stadtmensch ins Gebirge, um dem hektischen Alltag zu entkommen und wird von seinem Vater und auch Kaufmann aufgefordert, wieder zurückzukehren und sich wieder Ziele zu setzen. Lenz lehnt dies aber ab, weil er sonst "toll" (veraltet für "verrückt") werden würde. Am Ende wird Lenz unfreiwillig wieder nach Straßburg gebracht und lebt innerlich leer weiter. Trotzdem wird er von den Leuten als "ganz vernünftig" wahrgenommen.

    Somit kritisiert Büchner mit seinem Werk die voranstrebende Industriegesellschaft seiner Zeit, in der Erfolg und Geld oft über der Gesundheit standen. "Lenz" spiegelt den Kontrast vom ruhigen Landleben und der Leistungsgesellschaft, mit der meist eine Entindividualisierung einhergeht. Denn bei Oberlin wird Lenz trotz seiner Krankheit aufgenommen und betreut, während er in der Stadt innerlich leer in sein altes Leben zurückkehren muss, dies aber niemanden zu kümmern scheint.

    Diese Kritik von Büchners "Lenz" ist auch in der heutigen Zeit noch aktuell, denn der Karriere- und Leistungsdruck ist auch in der modernen Welt nach wie vor groß. Trotzdem entwickelt sich zunehmend ein Bewusstsein für eine ausgewogene Work-Life-Balance und auch mit der mentalen Gesundheit setzen sich immer mehr Menschen auseinander. Denn um leistungsfähig zu bleiben, gehören auch Pausen dazu. Dies kann auch z.B. wie in Lenz' Fall ein Urlaub in den Bergen sein, um dem stressigen Alltag zu entfliehen.

    Lenz Büchner – Das Wichtigste

    • Georg Büchner "Lenz" – Zusammenfassung: Im 1839 veröffentlichten Werk "Lenz" geht es um einen psychisch kranken Schriftsteller, der einen Pfarrer im Gebirge besucht, letztendlich aber aufgrund seines sich verschlechternden Zustandes nach Straßburg geschickt wird.
    • Georg Büchner "Lenz" – Inhalt: Die Novelle beruht auf Tagebuchaufzeichnungen des Pfarrers Oberlin, der den psychisch erkrankten Schriftsteller Jakob Michael Reinhold Lenz 1778 bei sich aufnahm. Heute könnte man diese Krankheit als Schizophrenie einordnen.
    • Das Werk wird durch einen auktorialen Erzähler geschildert, der sachlich und nüchtern berichtet, aber auch Einblicke in Lenz' Gefühlswelt gibt. Diese Gefühle spiegeln sich auch in den lebhaften Naturbeschreibungen.
    • Mit "Lenz" kritisiert Büchner den Idealismus, zeigt die Grenzen der Religion auf und übt Kritik an der voranstrebenden Industriegesellschaft. Außerdem verfasst er das Werk u.a. auf der Flucht nach Straßburg, während auch seine Hauptfigur Lenz vor dem Stress des Alltags flieht.
    • Georg Büchner "Lenz" – Epoche: Das Werk"Lenz" wird der Epoche Vormärz zugeordnet.

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    Nachweise

    1. Büchner (2002). Lenz. Reclam Verlag.
    Häufig gestellte Fragen zum Thema Lenz Büchner

    Wann wurde Georg Büchners "Lenz" geschrieben?

    Büchner schrieb an "Lenz" in den Jahren 1835 und 1836. Veröffentlicht wurde das Werk 1839, also erst 2 Jahre nach seinem Tod.

    Was für ein Fall ist Lenz?

    Das Werk Lenz ähnelt einer medizinischen Fallgeschichte, in der der Krankheitsverlauf vermerkt wird. Literarische Figuren können zwar nicht genau diagnostiziert werden, aber Lenz' Krankheit weist viele Symptome einer Schizophrenie auf.

    Warum hat Büchner "Lenz" geschrieben?

    Büchner verfasste "Lenz" als Auftragsarbeit für die Zeitschrift "Telegraph für Deutschland".

    Wo ist der Lenz?

    Die Hauptfigur Lenz aus Georg Büchners gleichnamigen Werk wandert nach Waldbach, ein kleines Gebirgsdorf im Steintal im Elsass. Er besucht dort den Pfarrer Oberlin.

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    Welche Kunstansicht vertritt Büchner?

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