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Eine kurze Zusammenfassung von "Michael Kohlhaas" erhältst Du nachfolgend:
- Das Werk "Michael Kohlhaas" wurde im Jahr 1810 veröffentlicht.
- Eine Interpretation der Novelle legt nahe, dass in "Michael Kohlhaas" Gesellschaftskritik ausgeübt wird.
- Der historische Hintergrund von "Michael Kohlhaas" befasst sich mit der Aufklärung sowie den Ideen und Auswirkungen der Französischen Revolution.
Eine Novelle ist eine kurze Erzählung, die realistisch wirkt und mindestens ein besonderes Ereignis enthält.
"Michael Kohlhaas" – Zusammenfassung
In dieser Zusammenfassung von "Michael Kohlhaas" wird der Inhalt der Novelle nach der Reihenfolge der Geschehnisse dargestellt.
- Der Pferdehändler Michael Kohlhaas ist auf einer Geschäftsreise von seinem Heimatort an der Havel (in Brandenburg) nach Dresden (in Sachsen).
- An der Grenze zu Sachsen muss er dem Junker Wenzel von Tronka Zoll bezahlen.
- Da er keinen Passierschein besitzt und diesen in Dresden besorgen und dementsprechend erst auf der Rückreise vorzeigen kann, muss er zudem zwei seiner Rappen als Pfand auf der Tronkenburg lassen.
Ein "Junker" ist ein Mitglied des Adels von niederem Rang. Ein Rappe ist ein Pferd mit schwarzem Fell.
Ausführliche Inhaltsangabe – "Michael Kohlhaas": Der Betrug
Nachdem Michael Kohlhaas in Dresden erfährt, dass es einen solchen Passierschein gar nicht gibt, kehrt er an die Tronkenburg zurück und findet seine beiden Pferde in einem schlechten Zustand vor.
- Diese wurden in seiner Abwesenheit für die harte Feldarbeit eingesetzt und sind dadurch abgemagert. Kohlhaas Knecht, den er zur Aufsicht dort gelassen hatte, wurde verjagt.
- Daraufhin versucht Kohlhaas, sich Recht zu verschaffen.
- Seine Klage an den sächsischen Kurfürsten wird jedoch abgelehnt, da die Familie des Junkers Wenzel in engem Kontakt zum Kurfürsten steht.
- Kohlhaas Frau Lisbeth möchte dem brandenburgischen Kurfürsten die Anklage bringen.
- Sie erhofft sich durch Kontakte über einen ehemaligen Liebhaber Vorteile.
- Liesbeth kommt jedoch bei dieser Unternehmung durch eine Wache ums Leben.
- Daraufhin übt Kohlhaas Selbstjustiz und überfällt die Tronkenburg.
- Dabei tötet er alle Bewohner, der Junker selbst kann jedoch rechtzeitig fliehen.
- Kohlhaas verfolgt ihn bis nach Wittenberg, steckt auch dort Häuser in Brand und führt einen regelrechten Krieg gegen das fürstliche Heer.
- Er gelangt auf seiner Verfolgung auch nach Leipzig und hinterlässt auch dort eine Spur der Verwüstung.
"Michael Kohlhaas" Inhalt: Vermeintliche Amnestie
In einem Aushang von Martin Luther wird Kohlhaas vorgeworfen, er verübe Gewaltverbrechen, ohne das legale Rechtssystem ausreichend in Anspruch genommen zu haben.
- Nach einem klärenden Gespräch zwischen den beiden gewährt Luther ihm mithilfe einer Bittschrift freies Geleit nach Dresden.
- Er bittet beim Kurfürsten von Sachsen um Strafmilderung unter der Bedingung, dass Kohlhaas erneut rechtmäßige Klage einreicht.
Unter einer sogenannten "Bittschrift" versteht man einen verfassten Brief an eine höher gestellte Institution oder eine Person.
Martin Luther (1483–1546) war ein bedeutender Reformator der katholischen Kirche in Deutschland. Er kritisierte vor allem den Ablasshandel. Darunter versteht man den Verkauf von Briefen, die eine Person oder Verwandte das Leben im Himmel versprachen und somit vor der Hölle bewahren sollten.
Seine wichtigsten Kritikpunkte an der katholischen Kirche hielt er in 95 Thesen fest und schlug sie 1518 an das Tor der Schlosskirche in Wittenberg. Da er seine Thesen nicht widerrufen wollte, geriet er in den Jahren 1521/1522 in Gefangenschaft auf der Wartburg. In dieser Zeit übersetzte er die Bibel ins Deutsche.
Durch seine Kritik an der katholischen Kirche und dem Wunsch nach Reformen spaltete er sie (ungewollt) in einen katholischen und evangelischen Teil. Er gilt somit als Begründer der lutherisch-protestantischen Kirche.
Der Strafmilderung (Amnestie) wird zunächst stattgegeben, vor allem, um das Volk nicht gegen sich aufzubringen, welches ihn unterstützt.
- Kohlhaas reicht erneut Klage ein.
- Diese geht aber durch die Intrigen eines Anhängers von Wenzel verloren.
- Zusätzlich wird die Amnestie aufgrund eines Streits um die Ausreisegenehmigung für Kohlhaas wieder aufgehoben und er wird unter Hausarrest gesetzt.
"Michael Kohlhaas" Inhalt: Die Falle
In der Zwischenzeit hat sich ein ehemaliger Vertrauter Kohlhaas, Johann Nagelschmidt, als Anführer seines aufgelösten Heerhaufens etabliert. Diese ziehen plündernd und mordend durch das Land. Kohlhaas kann den Verdacht entkräften, mit Nagelschmidt zu kooperieren, zumal er diesen aufgrund von Gräueltaten hängen lassen wollte.
- Zum Schein bekommt Kohlhaas ein Angebot eines Boten von Nagelschmidt.
- Dieser wolle ihm helfen, aus seiner Gefangenschaft in Dresden zu entkommen.
- In der Hoffnung auf Freiheit und der Flucht nach Ostindien geht Kohlhaas auf das Angebot ein.
- Dabei weiß er nicht, dass es sich um eine Falle der Obrigkeit handelt.
- Aufgrund des Fluchtversuchs wird Kohlhaas verhaftet.
"Michael Kohlhaas" Inhalt: Die Prophezeiung
Für einen fairen Prozess soll Kohlhaas nach Berlin überführt werden.
- Der Kurfürst von Sachsen erfährt in der Zwischenzeit von einem silbernen Amulett, das Kohlhaas von einer "Zigeunerin" zu Beginn seines Rachefeldzugs erhalten habe.
- In dem Amulett befinde sich eine Prophezeiung auf Papier, welche die Zukunft über das sächsische Fürstengeschlecht voraussage.
- Darin stehe der Name des letzten Kurfürsten geschrieben sowie das Datum, wann er sein Reich verlieren werde sowie der Name des Verursachers.
Das Wort "Zigeuner" ist eine von Klischees überlagerte Bezeichnung der Mehrheitsgesellschaft und wird von den meisten Angehörigen der Minderheit als diskriminierend erachtet. So haben sich die Sinti und Roma nämlich nie selbst genannt. Da in dem Werk "Michael Kohlhaas" der abwertende Begriff verwendet wird, wird er mit diesem Hinweis in dem Artikel in Anführungszeichen geschrieben.
- Der Kurfürst von Sachsen möchte dieses Amulett daher unbedingt haben und versucht seine Anklage zurückzunehmen.
- Das gelingt ihm jedoch nicht und Kohlhaas wird wegen Landfriedensbruch zum Tode verurteilt.
- Auf dem Schafott verschluckt Kohlhaas die Prophezeiung, wodurch der Kurfürst einen Nervenzusammenbruch erleidet.
Das "Schafott" war eine Richtstätte in Form einer Bühne. Auf ihr fanden öffentliche Enthauptungen statt, um dem einfachen Volk die Macht der Obrigkeit zu demonstrieren und sie abzuschrecken.
- Vor seinem Tod erfährt Kohlhaas noch, dass Wenzel von Tronka zu zwei Jahren Haft verurteilt worden ist und die Rappen wieder gesund pflegen muss.
- Somit erhält Kohlhaas noch die Gerechtigkeit, für die er gekämpft hatte und kann zufrieden sterben.
"Michael Kohlhaas" – Charakterisierung
Die Charakterisierung von Kleists "Michael Kohlhaas" bezieht die wichtigsten Figuren der Novelle ein:
- Michael Kohlhaas,
- Lisbeth Kohlhaas,
- Wenzel von Tronka,
- Kurfürst von Brandenburg und
- Kurfürst von Sachsen.
In der folgenden Figurenkonstellation werden die wichtigsten Figuren der Novelle "Michael Kohlhaas" aufgeführt.
Michael Kohlhaas
Die Figur Michael Kohlhaas kann als Protagonist in die Handlung der Novelle eingeordnet werden. Weitere Merkmale der Figur sind:
- ist Pferdehändler,
- mit Lisbeth verheiratet, hat 5 Kinder,
- wohltätig und in der Nachbarschaft anerkannt,
- religiös (protestantisch),
- Gerechtigkeit ist ihm sehr wichtig,
- nimmt alles in Kauf, um Gerechtigkeit zu bekommen,
- verliert seine Frau und sein Familienleben im Kampf um Gerechtigkeit,
- übt Selbstjustiz aus,
- im Besitz einer Prophezeiung über das Geschlecht des Kurfürsten von Sachsen,
- wird am Ende wegen Landfriedensbruch hingerichtet; stirbt in Frieden, weil er kurz vor seinem Tod die Gerechtigkeit erhält, für die er gekämpft hat.
"Michael Kohlhaas" Figurenkonstellation: Lisbeth Kohlhaas
Die Figur Lisbeth Kohlhaas kann als Frau von Michael Kohlhaas in die Handlung der Novelle eingeordnet werden. Weitere Merkmale der Figur sind:
- Anhängerin Luthers,
- treue Ehefrau, Hausfrau und Mutter,
- wird als mutig und klug beschrieben,
- stirbt bei dem Versuch, ihrem Mann im Kampf um Gerechtigkeit zu helfen.
"Michael Kohlhaas" Figurenkonstellation: Wenzel von Tronka
Die Figur Wenzel von Tronka kann als Besitzer der Tronkenburg in Sachsen (niederer Adel) in die Handlung der Novelle eingeordnet werden. Weitere Merkmale der Figur sind:
- über familiäre Beziehungen hat er Kontakt zum Kurfürsten von Sachsen,--> kann so rechtlichen Strafen entgehen,--> sowie auch der Klage von Kohlhaas,
- wird "Junker" genannt,
- ruht sich auf seiner gesellschaftlichen Position aus,
- betrügt Kohlhaas um zwei Rappen und ist damit Urheber des Rachefeldzugs von Kohlhaas.
"Michael Kohlhaas" Figurenkonstellation: Kurfürst von Sachsen
Die Figur Kurfürst von Sachsen kann als Gegenspieler von Michael Kohlhaas in die Handlung der Novelle eingeordnet werden. Weitere Merkmale der Figur sind:
- hat viel Macht,
- Führungsschwäche,
- Ausübung seines Amts beruht vor allem auf familiärer und freundschaftlicher Verbundenheit und seinem eigenen Nutzen,
- er dreht das Recht so, dass es zu seinen Gunsten oder zu den Gunsten eines Bekannten von ihm ausgelegt wird,
- abergläubisch,
- will Hinrichtung verhindern, um die Prophezeiung zu bekommen.
"Michael Kohlhaas" Figurenkonstellation: Kurfürst von Brandenburg
Die Figur Kurfürst von Brandenburg kann als führungsstarker und gerechter Kurfürst in die Handlung der Novelle eingeordnet werden. Weitere Merkmale der Figur sind:
- besitzt viel Macht,
- Ablehnung der Klage von Kohlhaas ging nicht direkt von ihm aus,
- überträgt Klage an Graf von Kallheim, der mit dem Haus der Tronka verwandt ist und daraufhin ablehnt,
- strategisch und politisch orientiert, prinzipientreu.
"Michael Kohlhaas" – Aufbau und Sprache
Der Aufbau der Novelle "Michael Kohlhaas" wirkt zunächst unstrukturiert, vor allem, weil es in der Novelle keine Gliederung durch Kapitel gibt.
- Allerdings ist die Handlung überwiegend chronologisch aufgebaut, abgesehen von dem Rückblick zum Treffen mit der "Zigeunerin".
- Das ermöglicht es dem/der Leser*in, der Geschichte gut zu folgen.
- Bei genauerem Betrachten gleicht die Novelle "Michael Kohlhaas" dem Aufbau eines klassischen Dramas:
- Sie beginnt mit einer Exposition, in der der Diebstahl der Pferde von Kohlhaas thematisiert wird.
- Dies stellt die Grundlage der Handlung dar.
Die Problematik steigert sich im Folgenden und führt letztlich zum Wendepunkt der Geschichte. Dieser findet sich im Gespräch mit Martin Luther und eröffnet damit ein letztes Mal die Hoffnung auf Freiheit und Anerkennung der Klage von Kohlhaas.
Danach neigt sich die Handlung dem Ende zu und mündet zugleich in einer harmonischen Lösung und in einem dramatischen Ende. Zwar wird Kohlhaas hingerichtet, dennoch kann er Frieden finden und beruhigt sterben, da seine Anklage erhört wurde und der Junker seine gerechte Strafe erhält.
Falls Du mehr zum Aufbau eines klassischen Dramas erfahren möchtest, dann lies Dir doch den Artikel "Drama" durch.
"Michael Kohlhaas" – Sprache und Erzählverhalten
Die Sprache in "Michael Kohlhaas" ist sehr komplex. Der Autor Heinrich Kleist bedient sich langer, verschachtelter Sätze, der hypotaktische Satzbau ist geprägt von vielen Nebensätzen:
Die Hypotaxe beschreibt das Verhältnis zwischen Hauptsatz und Nebensatz. Ein Hauptsatz kann im Gegensatz zum Nebensatz allein stehen, eine Satzstruktur aus Haupt- und Nebensätzen bezeichnet man als "Satzgefüge".
An den Ufern der Havel lebte, um die Mitte des sechzehnten Jahrhunderts, ein Rosshändler, namens Michael Kohlhaas, Sohn eines Schulmeisters, einer der rechtschaffensten zugleich und entsetzlichsten Menschen seiner Zeit.
Alle Zitate stammen, wenn nicht anders gekennzeichnet, aus Heinrich Kleists "Michael Kohlhaas" (2007, Köln: Anaconda Verlag).
- Die Geschichte wird von einem auktorialen Erzähler berichtet.
- Dieser ist nicht Teil der Geschichte und nimmt überwiegend eine neutrale, beobachtende Perspektive ein.
- Auf die innere Gefühlslage einzelner Figuren bezieht er sich nur selten, was eine berichtartige und eher objektive Wirkung erzeugt.
- Der Erzähler entspricht einem Chronisten aus der eigenen Epoche Heinrich Kleists.
- Er basiert seine Erzählung auf historischen Quellen, was ihr einen dokumentarischen Charakter verleiht.
- Dies wird unterstützt durch die zahlreichen Nennungen von Namen und konkreten Orts- und Zeitangaben:
Ein Chronist verfasst Chroniken, also Darstellungen von geschichtlichen Ereignissen und Abläufen.
In Dresden, wo er, in einer der Vorstädte der Stadt, ein Haus mit einigen Ställen besaß, weil er von hier aus seinen Handel auf den kleineren Märkten des Landes zu bestreiten pflegte, begab er sich, gleich nach seiner Ankunft, auf die Geheimschreiberei, wo er von den Räten, deren er einige kannte, erfuhr, was ihm allerdings sein erster Glaube schon gesagt hatte, daß die Geschichte von dem Paßschein ein Märchen sei.
Trotz der berichtartigen Wirkung baut der Erzähler an einigen Stellen subjektive Wertungen ein. Er fordert den/die Leser*in also einerseits auf, sich selbst eine Meinung zu Personen oder Handlungen zu bilden, andererseits beeinflusst er ihn/sie aber unterbewusst in seiner Meinungsbildung.
Der Junker antwortete, mit einem verlegenen Gesicht, indem er abging: ja, Kohlhaas, den Paß mußt du lösen. Sprich mit dem Schloßvogt, und zieh deiner Wege.
"Michael Kohlhaas" – Interpretation
Die Interpretation der Novelle "Michael Kohlhaas" erfolgt in erster Linie durch die Gesellschaftskritik. Das beginnt mit der Rückverlagerung der Handlung um rund drei Jahrhunderte in die Vergangenheit. Dies weist auf Kritik an der veralteten Struktur der Gesellschaft hin.
- Die Kritik wird an einigen Aspekten konkretisiert, unter anderem an der willkürlichen Herrschaftsweise der Fürsten.
- In der Novelle steht dabei nicht das Recht der Bürger im Vordergrund, sondern Eigennutz, gegenseitiger Schutz zwischen den Adelsgeschlechtern und Korruption.
- Zudem wird ein Teil der Herrscher durch den Kurfürsten von Sachsen als regierungsunfähig und abergläubisch dargestellt.
- Das lässt Kritik an der Herrschaft aus Gottes Gnaden mitklingen, die keine Rechtfertigung ihrer Macht erfordert.
Die Herrschaft aus Gottes Gnaden befugte die Fürsten bis ins 19. Jahrhundert zu herrschen, ohne von jemandem dazu beauftragt zu werden. Die Fürsten zu der Zeit wurden in die Herrschaftsfamilien hinein geboren und nicht vom Volk oder einem übergeordneten Herrscher gewählt. Sie rechtfertigten Ihre Macht damit, nur von Gott auserwählt worden zu sein und nannten sich deshalb "Herrscher aus Gottes Gnaden".
Das hatte auch zur Folge, dass diese Herrscher nicht immer geeignet für ihre Position waren. Sie trafen teilweise strategisch und moralisch falsche Entscheidungen und waren oft abergläubisch und korrupt.
- Diese Eigenschaften erfüllt auch der Kurfürst von Sachsen.
- Die Kritik daran äußert sich durch die offensichtliche, teils satirische Darstellung der Charaktereigenschaft des Kurfürsten.
- Zu Beginn des Werks lässt er sich durch den Einfluss der Familie des Junkers von Tronka überreden, die Anklage von Kohlhaas abzulehnen.
- Außerdem ist er im späteren Handlungsverlauf darauf besessen, Michael Kohlhaas hinrichten zu lassen.
- Als er vom Amulett der "Zigeunerin" erfährt, unternimmt er jedoch alles Mögliche, um die darin enthaltende Prophezeiung zu bekommen.
Zudem wird auch Kritik an der Kleinstaaterei deutlich. Der Zoll und das Wegerecht für Kohlhaas auf seinem Weg nach Sachsen sind der Auslöser für die ganzen Straftaten, die im Folgenden begangen werden.
Der Begriff "Kleinstaaterei" meint im abwertenden Sinn eine sehr ausgeprägte föderale Struktur. In diesem Zusammenhang sind die territorialen Kleinstaaten in Deutschland gemeint, auf denen die jeweiligen Herrscher ihr selbst ernanntes Recht ausübten.
- Wichtig sind Kohlhaas Reaktion und sein Umgang mit diesen Missständen.
- Zum einen ist seine Selbstjustiz in gewisser Hinsicht nachvollziehbar.
- Immerhin ist er im Recht und seine Enttäuschung von der Obrigkeit kann seinen Rachefeldzug in gewisser Weise rechtfertigen.
- In diesem Ausmaß ist sein Handeln aber maßlos übertrieben.
Letzten Endes verliert Kohlhaas seine Frau, sein harmonisches Familienleben und später sein eigenes Leben, nur um die Bestrafung des Junkers für das Misshandeln seiner Pferde durchzusetzen. Das steht in keiner Relation zueinander. Daher kann die Novelle auch zum Teil sarkastisch in Bezug auf Menschen gemeint sein, die um jeden Preis ihr Recht verteidigen wollen. Das macht es zu einem zeitlosen Werk, da das auch heute noch ein gängiges Phänomen ist.
Ein alltägliches Beispiel können belanglose Nachbarschaftsstreitereien sein. Dabei kann es um nächtliche Ruhestörung gehen, oder auch um eine Hecke, die fünf Zentimeter zu weit auf das Grundstück des Nachbarn gewachsen ist. Es beginnt mit einer kleinen Auseinandersetzung und endet nicht selten vor Gericht. Dabei geht es den Betroffenen meist darum, Recht zu haben.
Die Anklage von Kohlhaas zeigt vor allem sein ursprüngliches Vertrauen in das Rechtssystem und die daraufhin umso größere Enttäuschung, als sein Antrag abgelehnt wird.
- Die Bedeutung des Rechts für Michael Kohlhaas zeigt sich in seinem darauffolgenden Handeln.
- Er lässt sein altes harmonisches Familienleben hinter sich und beginnt mit seiner brutalen und maßlos übertriebenen Rache.
- In der Hinrichtung wird der Wert der Gerechtigkeit für Kohlhaas deutlich.
- Alles, was er je wollte, war die Bestrafung des Junkers, die ihm kurz vor seinem Tod erfüllt wird.
- Dass er als Preis dafür sein eigenes Leben hergeben muss, spielt für ihn in der Situation keine Rolle mehr.
- Zudem kommt der Aberglaube und die eigennützige Regierungsweise einiger Fürsten zum Ausdruck.
- Der Kurfürst von Sachsen will um jeden Preis die Prophezeiung einer "Zigeunerin" haben.
- Sie ist ihm wichtiger als die Vollstreckung eines Urteils.
"Michael Kohlhaas" – Historischer Hintergrund
Heinrich von Kleist, der Autor von "Michael Kohlhaas", lebte zwischen 1777 und 1811 und stand daher unter dem Einfluss der Aufklärung sowie den Ideen und Auswirkungen der Französischen Revolution.
- Diese breiteten sich auch später in Deutschland aus.
- In den Freiheitskämpfen gegen Napoleon, die bis 1806 andauerten, entstand ein aufkommendes Nationalgefühl.
- Diese Einstellung etablierte sich in den folgenden Jahren und löste den Wunsch nach einem nationalgeeinten Rechtsstaat in Deutschland aus.
- Allerdings spielt Kleists Novelle nicht in der Zeit, in der er lebte, sondern im mittelalterlichen 16. Jahrhundert.
- In dieser Zeit erlebte die Gesellschaft den ersten Aufschwung einer Aufklärung, der sich unter anderem in der Reformation zeigte.
- Dennoch prägte das Stände- und Feudalsystem weiterhin die Gesellschaft.
- Somit sind die beiden Zeiten vergleichbar.
- Trotz wissenschaftlicher und gesellschaftlicher Aufklärung sind keine Änderung in Bezug auf die Kleinstaaterei im heutigen deutschen Gebiet entstanden.
- Bis 1806 waren die Kleinstaaten im heutigen Deutschland zu einem losen Staatenbund, dem Heiligen Römischen Reich Deutscher Nation zusammengefasst.
Die Nachteile werden in der Novelle deutlich:
- Zölle an den Kleinstaatsgrenzen,
- kompliziertes Wegerecht,
- Zusammenhalt und Intrigen der Fürsten untereinander und
- unterschiedliche Maßeinheiten und Währungen, die den Handel erschwerten.
Wahre Begebenheit
Tatsächlich soll im 16. Jahrhundert ein Kaufmann namens Hans Kohlhase aus dem Fürstentum Brandenburg gelebt haben, der auf dem Weg nach Leipzig von einem Junker um zwei seiner Pferde betrogen wurde. Als ihm auf legalem Weg das Recht verwehrt blieb, steckte er Häuser in Wittenberg in Brand und wurde daraufhin von Martin Luther zur Rechenschaft gezogen. Das brachte ihn jedoch nicht von seinen Gewalttaten ab – als Folge dessen wurde er festgenommen und in Berlin hingerichtet.
Schon der Untertitel der Novelle "Aus einer alten Chronik" lässt darauf schließen, dass diese reale Begebenheit Kleist als Grundidee für die Handlung seiner Novelle diente.
"Michael Kohlhaas" – Epoche
Die Novelle "Michael Kohlhaas" kann sowohl in die Epoche Weimarer Klassik als auch die Romantik eingeordnet werden. Die beiden Epochen verliefen parallel und standen in Widerspruch zueinander.
Die Weimarer Klassik reichte von 1786 bis 1832. Sie stand unter dem Einfluss der Aufklärung, woraus sich vorwiegend vernunftbetonte und humanitäre Themen ableiteten. Anders als noch im Sturm und Drang, der sich allen Konventionen widersetzte und besonders gefühlsbetont war, besonnten sich Autoren in der Klassik zurück auf antike Prinzipien. Es sollte bei den Figuren eine Harmonie zwischen Gefühlen und Verstand entstehen.
Zentrale Motive:
- Toleranz
- Selbstbestimmung
- Humanität
Die Gerechtigkeit, der Wunsch nach dessen Erfüllung und die Selbstbestimmung des Protagonisten sprechen dafür, dass die Novelle der Weimarer Klassik zuzuordnen ist. Allerdings wirkt die Novelle eher unstrukturiert und scheint keiner formalen Ordnung zu folgen, was einer Zuordnung zur Klassik widerspricht.
Romantik
Die Romantik (1795–1848) war eine Gegenbewegung zur Weimarer Klassik. Vertreter dieser Literaturepoche waren gegen die Rückbesinnung auf die Antike und vor allem gegen neue technische und wissenschaftliche Errungenschaften der Industrialisierung. Die Folge war die Flucht in eine Traumwelt, die oft etwas Mystisches und Wunderbares an sich hatte.
Die Literatur der Romantik setzte einen Fokus auf die Gefühle des Individuums und folgte keinen formalen Vorgaben. Häufig gab es auch eine Rückbesinnung auf das Mittelalter, welches bisher in der Literatur einen schlechten Ruf innehatte.
Zentrale Motive:
- Sehnsucht,
- unberührte Natur
- Fantasie- und Traumwelten.
Diese Rückbesinnung auf das Mittelalter ist ein markantes Merkmal der Novelle in der Romantik. Auch etwas Mystisches und Wunderbares wird durch das Auftreten der "Zigeunerin" und ihrer Prophezeiung eingebaut. Die Individualität des Protagonisten und sein Abwenden vom bestehenden Rechtssystem steht im Fokus. Durch das Fehlen von Kapiteln wirkt die Geschichte unstrukturiert und scheint keinen formalen Regeln zu folgen.
Wenn Du mehr über die Literaturepochen der "Weimarer Klassik" und "Romantik Literatur" wissen möchtest, lies Dir gerne unsere Artikel dazu durch.
Der Autor Kleist "Michael Kohlhaas"
Der Autor von "Michael Kohlhaas", Bernd Heinrich Wilhelm von Kleist, wurde 1777 als jüngster von fünf Geschwistern in Frankfurt an der Oder geboren.
- Er entstammte einem pommerschen Uradelsgeschlecht.
- Kleist widmete seine frühere Lebenszeit dem Militär und dem Staatsdienst.
- Später fokussierte er sich überwiegend auf das Schreiben.
- Um sich finanziell über Wasser zu halten, schrieb er in seinen letzten Jahren überwiegend aus Geldnot.
- Hinzu kam, dass seine Werke immer weniger Anklang fanden und sein Theaterstück "Der Prinz von Homburg" verboten wurde.
- Das Stück stieß auch bei der Regierung auf so großen Widerstand, dass Kleist keine Anstellung im Staatsdienst mehr erhielt.
Aufgrund von Geldsorgen und der Unzufriedenheit, notgedrungenen schreiben zu müssen, nahm er sich 1811 gemeinsam mit seiner Gefährtin Henriette Vogel am kleinen Wannsee bei Potsdam das Leben.
- "Das Erdbeben von Chile", "Die Marquise von O....", "Prinz Friedrich von Homburg", "Der gebrochene Krug" gehören zu seinen wichtigsten Werken.
Michael Kohlhaas - Das Wichtigste
- "Michael Kohlhaas" – Zusammenfassung: Michael Kohlhaas ist eine Novelle von Heinrich von Kleistaus dem Jahr 1810.
- Der Protagonist Michael Kohlhaas wird vom Junker Wenzel von Tronka um zwei Pferde betrogen.
- Nachdem seine Anklage sowohl vom Kurfürsten von Sachsen als auch vom Kurfürsten von Brandenburg abgewiesen wird, beginnt er, Selbstjustiz zu verüben und zündet Häuser in Wittenberg an.
- Nach einem Gespräch mit Martin Luther versucht Kohlhaas, ein letztes Mal auf legalem Weg Gerechtigkeit zu erlangen.
- Er erhält zunächst Strafmilderung, seine Anklage geht aber erneut unter.
- Auch die Strafmilderung wird aufgrund eines Streits über die Ausreisegenehmigung für Kohlhaas wieder aufgehoben und er wird gefangen genommen.
- Schlussendlich wird Kohlhaas zum Tode verurteilt, stirbt aber befriedigt von der Tatsache, dass Wenzel von Tronka seine gerechte Strafe erhält.
- "Michael Kohlhaas" – Charakterisierung:
- Michael Kohlhaas:
- Protagonist
- Pferdehändler
- Ehemann von Lisbeth
- wohltätig, religiös, gerechtigkeitsliebend
- Lisbeth Kohlhaas
- Frau von Michael Kohlhaas
- Anhängerin Luthers
- mutig und klug
- treue Ehefrau, Hausfrau und Mutter
- Wenzel von Tronka
- Besitzer der Tronkenburg in Sachsen
- ruht sich auf gesellschaftlicher Position aus
- hat Kontakt zum Kurzfürsten von Sachsen
- betrügt Kohlhaas um zwei Rappen
- Kurfürst von Sachsen:
- Gegenspieler von Michael Kohlhaas
- hat viel Macht
- führungsschwach
- übt Amt wegen eigenen Vorteilen aus
- Kurfürst von Brandenburg:
- führungsstark und gerecht
- hat viel Macht
- strategisch, politisch orientiert und prinzipientreu
- Michael Kohlhaas:
- "Michael Kohlhaas" – Interpretation: Neben der Frage nach der Rechtfertigung von Selbstjustiz kommt auch Gesellschaftskritik zum Ausdruck.
- "Michael Kohlhaas" – Epoche: Das Werk weist sowohl Merkmale der Klassik als auch der Romantik auf.
- Kleist "Michael Kohlhaas": "Das Erdbeben von Chile", "Die Marquise von O....", "Prinz Friedrich von Homburg", "Der gebrochene Krug" gehören zu Kleists wichtigsten Werken.
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Häufig gestellte Fragen zum Thema Michael Kohlhaas
Wie stirbt Michael Kohlhaas?
Michael Kohlhaas stirbt, indem er wegen Landfriedensbruchs zum Tode verurteilt und im Anschluss auf dem Schafott enthauptet wird.
Wie viele Kinder hat Michael Kohlhaas?
Michael Kohlhaas hat fünf Kinder.
Wie rechtfertigt Kohlhaas sein Handeln?
Sein Handeln rechtfertigt Kohlhaas mit dem Unrecht, was ihm aufgrund der Korruption angetan wurde. Vom Junker wurde er um seine Pferde betrogen und seine Frau kommt bei ihrer Unternehmung, Kohlhaas zu helfen, zu Tode.
In welche Epoche gehört Michael Kohlhaas?
Michael Kohlhaas gehört sowohl in die Epoche der Weimarer Klassik als auch der Romantik. Die beiden Epochen verliefen parallel und standen im Widerspruch zueinander.
Wer war Michael Kohlhaas?
Michael Kohlhaas ist Pferdehändler. Michael Kohlhaas lautet der Name des Protagonisten der Novelle "Michael Kohlhaas" von Heinrich von Kleist. Kohlhaas ist von einem Kaufmann aus dem 16. Jahrhundert inspiriert, der den Namen Hans Kohlhase trug.
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