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Der Roman "Nathan und seine Kinder" von Mirjam Pressler aus dem Jahr 2009 hinterfragt, ob das friedliche Zusammenleben der Religionen überhaupt möglich ist. Gleichzeitig arbeitet Pressler mit ihrem Roman das Drama "Nathan der Weise" von Lessing aus dem 17. Jahrhundert zeitgemäß und verständlich auf.
"Nathan und seine Kinder" spielt in den Jahren 1191/1192 und handelt vom reichen jüdischen Kaufmann Nathan, der im muslimisch regierten Jerusalem eine eigentlich christliche Adoptivtochter erzieht und am Ende durch Unbekannte ermordet wird.
"Nathan und seine Kinder" – Zusammenfassung / Inhaltsangabe
Der Roman "Nathan und seine Kinder" besteht aus 18 Kapiteln, die jeweils aus der Perspektive einer anderen Figur erzählt werden. Im Folgenden erhältst Du eine Zusammenfassung von "Nathan und seine Kinder".
"Nathan und seine Kinder" – Inhaltsangabe: Kapitel 1 – 3
Die nächsten Abschnitte stellen eine Inhaltsangabe von "Nathan und seine Kinder" dar. Der Küchenjunge Geschem beobachtet einen Brand in Nathans Haus und sieht, dass ein Tempelritter Nathans Tochter Recha in Sicherheit gebracht hat. Nathan ist währenddessen auf Geschäftsreise und ist überglücklich, als er bei seiner Heimkehr erfährt, dass seine Tochter wohlauf ist.
Daja, die Erzieherin und Gefährtin von Nathans Tochter Recha, passt in der Nacht des Brands auf sie auf und erinnert sich im zweiten Kapitel daran, wie sie vor 14 Jahren in Nathans Haus gekommen ist. Sie ist als Waise aufgewachsen und hat sich durch Überredung von ihrem späteren Ehemann Gisbert einem Kreuzzug nach Jerusalem angeschlossen. Der Weg war durch Hunger, Vergewaltigungen und Überfällen geprägt, wobei auch Gisbert ermordet wurde. Als unglückliche Witwe begegnet sie in Jerusalem Nathan, der sie aufnimmt und als Erzieherin für seine Tochter anstellt.
1099 eroberten christliche Kreuzritter aus ganz Europa die heilige Stadt Jerusalem. "Nathan und seine Kinder" spielt in den Jahren 1191/ 1192, genauer gesagt nach dem Waffenstillstand im dritten Kreuzzug (1189 bis 1192). In diesem Kreuzzug wollten die Christen Jerusalem vom muslimischen Sultan Saladin, der die Stadt seit 1187 regiert und auch in "Nathan und seine Kinder" vorkommt, zurückerobern.
Elijahu ist Nathans langjähriger Freund und Verwalter, der sich durch den Brand an ein Massaker von Kreuzfahrenden in seiner und Nathans Heimatstadt Gath erinnert. Dort sind auch Nathans Frau und sieben Söhne umgekommen. Nach der siebentägigen Trauerzeit, die im jüdischen Glauben üblich sind, übergibt ihm ein Klosterbruder einen christlichen Säugling, den Nathan wie ein eigenes Kind aufnimmt und Recha nennt. Zusammen mit ihr und Elijahu zieht er nach Jerusalem. Jetzt fordert Nathan von seinem Freund, dass er den begabten Geschem wie einen Sohn aufzieht, unabhängig davon, welcher Religion der Küchenjunge zugehörig ist. Elijahu kommt Nathans Bitte nach.
"Nathan und seine Kinder" – Zusammenfassung: Kapitel 4 – 6
Recha erinnert sich beim Aufwachen an ihren unbekannten Retter, wobei sie überzeugt ist, von einem Engel gerettet worden zu sein. Nur ungern sieht sie ein, dass es ein Mensch gewesen sein muss. Bei einem Spaziergang durch Jerusalem sieht sie bei der Grabeskirche den Tempelritter. Sie bittet schließlich Daja, ihn in das Haus ihres Vaters einzuladen.
Der Tempelritter erinnert sich in der Nacht des Brands an die vom Sultan angeordnete Enthauptung seiner Mitstreiter. Denn als seine Truppen des Kreuzzuges den von Richard Löwenherz und dem Sultan vereinbarten Waffenstillstand brechen wollten, wurden sie aus dem Hinterhalt angegriffen. Der Sultan Saladin ließ nur den Tempelritter leben und stellte ihn unter seinen persönlichen Schutz.
Am nächsten Tag sucht er den Patriarchen von Jerusalem auf und fragt nach einer Aufgabe. Der Patriarch schickt ihn als Spion gegen Saladin los und verlangt, er solle den Sultan töten. Der Tempelritter möchte seinem Wohltäter eigentlich keinen Schaden zufügen, doch der Patriarch verweist auf seine Gehorsamspflicht gegenüber der Kirche.
Ein Patriarch ist ein hochrangiger Vertreter in der katholischen Kirche.
Al-Hafi, der Vetter vom Sultan Saladin und sein Schatzmeister, vermutet, der Tempelritter sei nur verschont worden, weil er Saladins verschollenem älteren Bruder Assad ähnlich sehe.
Dann wird al-Hafi plötzlich Zeuge eines geheimen Treffens von Saladins jüngerem Bruder Melek al-Adel und dem Hauptmann Abu Hassan. Die Staatskasse ist leer, weil der Sultan viel Geld ausgibt, die Kreuzzüge finanzieren muss und seine Schiffslieferungen aus Ägypten ausbleiben. Sittah, die Schwester des Sultans, bittet al-Hafi von seinem reichen jüdischen Freund Nathan Geld zu leihen.
"Nathan und seine Kinder" – Inhaltsangabe: Kapitel 7 – 9
Im siebten Kapitel erzählt Daja Nathan von dem zufälligen Treffen mit dem Tempelritter. Nathan möchte sich für die Rettung seiner Tochter bedanken, doch der Ritter weist den Dank eines Juden zurück. Daja erinnert ihn währenddessen an die christlichen Werte und überredet ihn zum Nachtmahl bei Nathan. Beim Essen freunden sich Nathan und der Ritter an und unterhalten sich über eine biblische Vision einer idealen Welt. Außerdem verliebt sich Recha in den Ritter.
Im neunten Kapitel macht sich Sittah Gedanken über einen Vorschlag von König Richard Löwenherz, denn aufgrund eines Friedensabkommens soll ihr Bruder Melek eine Schwester des englischen Königs ehelichen und sie selbst einen königlichen Vetter. Melek gefällt dieser Vorschlag, da so Saladins Macht geschwächt wäre.
Obwohl der nach Frieden strebende Saladin eine List vermutet, empfängt er die englischen Gesandten prunkvoll. Der Vorschlag wird jedoch von Löwenherz zurückgenommen, da seine Schwester keinen Muslim heiraten möchte und auch Sittah für eine Hochzeit zum Christentum konvertieren sollte. Saladin bittet um Bedenkzeit für eine Lösung, denn er braucht Geld und kann sich einen Angriff auf ihn nicht leisten. Er überlegt sogar, das Vermögen reicher Juden zu enteignen oder zu stehlen.
"Nathan und seine Kinder" – Zusammenfassung: Kapitel 10 – 12
Saladins Hauptmann, Abu Hassan, ist maßgeblich für den Hinterhalt verantwortlich, in den die Tempelritter geraten sind und ist seitdem ein Vertrauter des Sultans. Er hat sich jedoch einer Widerstandsgruppe angeschlossen, die den Sultan stürzen und seinen Bruder Melek an die Macht bringen wollen. In seinen Augen ist Saladin zu tolerant gegenüber Andersgläubigen.
Mittlerweile hat sich der Tempelritter Curd in Nathans Tochter Recha verliebt, kann sie jedoch aufgrund ihres jüdischen Glaubens nicht heiraten.
Al-Hafi, der Vetter des Sultans, bringt Nathan zum Sultan Saladin, der von dem Juden Geld borgen möchte. Der Sultan fragt ihn, welche die wahre Religion sei und welcher Glaube der richtige sei. Nathan antwortet mit einer Geschichte, der Ringparabel: Seit Generationen wird ein Ring, der aus seinem Träger einen wohltätigen und angenehmen Mann machen soll, vom Vater an den am meisten geliebten Sohn weitervererbt.
Als der Ring an einen Vater gelangt, der seine drei Söhne gleichermaßen liebt, lässt er zwei weitere identische Ringe anfertigen. Auch ein Richter kann nicht entscheiden, wer den echten Ring besitzt und rät daher jedem der Söhne, sich so zu verhalten, als hätten sie den echten Ring.
Der Sultan unterbricht Nathan, weil er die Ringe als Symbol für die drei monotheistischen Religionen erkennt. Damit sieht er ein, dass die Menschen trotz unterschiedlicher Religionen durch ihre Liebe zu Gott und zu ihren Mitmenschen verbunden sind. Saladin ist von der Parabel gerührt und sieht Nathan nun als Freund. Aus Dankbarkeit für die Begnadigung des Tempelritters Curd bietet Nathan an dem Sultan ein Darlehen an, damit er Jerusalem vor neuerlichen Angriffen schützen könne.
"Nathan und seine Kinder" – Inhaltsangabe: Kapitel 13 – 15
Daja vereinbart auf dem Weg zum Markt ein Treffen mit dem Tempelritter und wird von plötzlichem Heimweh erfasst. Nach langem Überlegen entschließt sie sich, Curd zu erzählen, dass Recha nicht die leibliche Tochter Nathans und eine Christin ist.
Der Tempelritter reagiert verwirrt über diese Enthüllung und macht sich außerdem Sorgen über sein Keuschheitsgelübde. Er begibt sich zum Patriarchen und hofft, dass dieser ihn von diesem Gelübde entbinden könnte. Er erzählt dem Geistlichen von einem Juden, der eine christliche Tochter aufgezogen hat. Der Patriarch möchte den Namen des Juden erfahren, doch der Tempelritter erkennt darin eine mögliche Gefahr für Nathan und beschließt, den Sultan nach Hilfe zu fragen.
Im fünfzehnten Kapitel begleitet Geschem, der Ziehsohn von Nathans Freund Elijahu, eine Karawane auf dem Weg nach Jericho und denkt über seine religiöse Abstammung nach. In Jericho angekommen, lernt er den muslimischen Jungen Mussa kennen, der dem Ruf zum Gebet folgt. Daraufhin entschließt sich Geschem, wie sein Ziehvater jüdisch zu leben.
"Nathan und seine Kinder" – Zusammenfassung: Kapitel 16 – 18
In Nathans Haus erfährt Recha von Daja, dass der Tempelritter in sie verliebt sei und dass sie nicht die leibliche Tochter Nathans ist. Recha verzweifelt darüber, fühlt sich heimat- und schutzlos und irrt allein durch Jerusalem. Sie denkt über ihre Herkunft nach, sieht jedoch ein, dass Nathan sie vor einem Leben auf der Straße bewahrt hat.
Im siebzehnten Kapitel verkaufen Nathan und Elijah im Palast des Sultans kostbare Stoffe und andere Handelsgüter, wobei der Sultan zu ihnen freundlich ist. Auch der orientalisch gekleidete Tempelritter ist anwesend, angeblich soll er der Neffe Saladins sein. Elijahu verdächtigt währenddessen den Hauptmann Abu Hassan, Böses zu planen. Auf dem Heimweg werden die beiden Kaufmänner plötzlich überfallen, wobei Elijahu ernsthaft verletzt und Nathan getötet wird. Nach dem Überfall schleppt Elijahu die Leiche seines Freundes nach Hause.
Im letzten Kapitel denkt die trauernde Recha voll Dankbarkeit an ihren Vater und seine Fürsorge und Liebe zu ihr. Zahlreiche Besucher kommen vorbei, um ihr Beileid auszusprechen und al-Hafi, der Vetter des Sultans, ist täglich an ihrer Seite, aber auch der Tempelritter kommt vorbei. Später teilt ihr Elijahu seine Vermutung über Abu Hassan als Verantwortlichen für den Mord mit, doch Recha behält dieses Geheimnis für sich. Der Tempelritter beichtet Recha, dass er dem Patriarchen von ihr erzählt hat, doch Recha ist nicht an Rache interessiert. Für sie ist entscheidend, dass Nathan in seinem Leben viele gute Taten vollbracht hat.
"Nathan und seine Kinder" – Personenbeschreibung / Charakterisierung
Der Roman "Nathan und seine Kinder" enthält 13 Figuren, von denen 8 mindestens ein Kapitel erzählen. Die 4 wichtigsten Figuren erhalten im Folgenden eine Personenbeschreibung und Charakterisierung.
Nathan
- Nathan ist ein reicher jüdischer Kaufmann und der Adoptivvater von Recha.
- Seine Frau und sieben Söhne kamen bei einem Brand in seiner Heimatstadt Gath um, der von Kreuzrittern gelegt wurde.
- Der Verlust trifft ihn tief, sodass sich auch seine Haare und Bart grau färben und er Gewicht verliert.
- Nach der Trauerzeit nimmt er einen christlichen Säugling auf und zieht nach Jerusalem.
- In seinem Haushalt nimmt er Daja als Erzieherin für Recha und den Küchenjungen Geschem auf und gibt ihnen ein Zuhause.
- In Jerusalem ist er als Nathan der Weise bekannt, weil er oft nach Rat gefragt wird und er kann aufgrund seiner Handelsbeziehungen mehrere Sprachen sprechen.
- Nathan freundet sich mit dem Sultan an, wird aber nach einem geglückten Geschäft im Palast bei einem Überfall ermordet.
- Nathan hat einen starken Glauben an Humanität, die Kraft des Verstandes und der Toleranz.
Recha
- Recha ist im heiratsfähigen Alter und hat eine helle Haut, blaugraue Augen und rötliche Haare.
- Dass sie von Nathan adoptiert wurde, erfährt sie erst nach 18 Jahren. Sie wurde ihm als Baby von einem Klosterbruder übergeben und ist als Christin geboren, wurde aber von Nathan mit jüdischem Glauben erzogen.
- Von ihrer Erzieherin Daja lernt sie Deutsch, spricht aber auch einige andere Sprachen.
- Recha ist gefühlsorientiert und glaubt, von einem Engel aus dem Feuer gerettet worden zu sein. Ihr Retter war der Tempelritter Curd von Stauffen, in den sie sich verliebt.
- Nach dem Tod Nathans ist sie verzweifelt und stark getroffen. Doch sie wahrt die Erinnerung an seine guten Taten und führt sein Geschäft weiter.
- Recha entwickelt sich von einem unsicheren Mädchen zu einer verantwortungsvollen Frau und damit zu einer humanen Figur im Sinne Nathans.
Der Tempelritter
- Der christliche Tempelritter Curd von Stauffen ist ca. 20 Jahre alt, hat schwarze Locken und ist freundlich und hilfsbereit.
- Sein Tempelritter-Gelübde hat ihn zu Keuschheit, Armut und Gehorsam verpflichtet.
- Er wurde von seinem Onkel Konrad von Stauffen erzogen, erfährt aber erst mit 17 Jahren, dass dieser nicht sein Vater ist und er eigentlich als Leu von Filnek geboren wurde.
- Nach diesem Schock beteiligt er sich an einem Kreuzzug, bei dem all seine Kameraden umkamen, Curd wurde aber vom Sultan persönlich begnadigt.
- Curd rettet Nathans Tochter Recha aus dem brennenden Haus und verliebt sich in sie. Aufgrund seines Gelübdes und der unterschiedlichen Religionen ist eine Hochzeit aber undenkbar.
- Er erzählt dem Patriarchen Rechas Geschichte, woraufhin dieser Nathans Tod fordert. Curd bittet in diesem Dilemma den Sultan um Rat und wird von ihm als vermutlicher Neffe im Palast aufgenommen. Er nennt sich ab dann Leu von Filnek.
- Curd hat zu Beginn religiöse Vorurteile, die er mit seiner Ordenskleidung am Ende ablegt. Ab dann glaubt er vor allem an Toleranz und Humanität.
Saladin
- Saladin ist Sunnit und als Sultan der Herrscher über Jerusalem und die islamische Welt. Als Kind war er eher klein und zierlich, aber trotzdem wild und ungestüm, während er als Erwachsener immer noch schmächtig, aber ernster und nachdenklicher ist.
- Der Sultan ist für sein großes Herz und seine Großzügigkeit bekannt, sodass er kaum eine Bitte ablehnt und in Geldnot gerät.
- Er mag das einfache Leben, muss aber als Herrscher im Palast leben. Seine Familie sowie Frau und Kinder leben in seiner Heimatstadt Tikrit.
- Weil der Tempelritter ihn an seinen geliebten verschollenen Bruder Assad erinnert, lässt er ihn leben.
- Während das Volk Saladin als Herrscher gern hat, gilt er bei seinen Feinden als grausam, hinterhältig und gemein.
- Trotz seines zwiespältigen Charakterbildes begeistert ihn die Lehre aus Nathans Ringparabel und er freundet sich mit ihm an.
Die Sunniten sind die größte Glaubensgruppe des Islams.
"Nathan und seine Kinder" – Analyse
Pressler hat für ihren Roman eine besondere Erzählperspektive gewählt, denn die Figuren erzählen abwechselnd aus ihrem Leben. Die Sprache hat sie bewusst einfach und zielgruppengerecht gehalten.
Aufbau und Erzählperspektive
Der Roman "Nathan und seine Kinder" ist in 18 Kapitel unterteilt, die jeweils die Namen der acht Figuren tragen, aus deren Perspektive das Kapitel erzählt wird. Die folgende Übersicht orientiert sich an dieser Einteilung und zeigt, welche Figur welches Kapitel erzählt:
Figuren | Erzählte Kapitel |
Abu Hassan | Kapitel 10 |
Al-Hafi | Kapitel 6, 12 |
Daja | Kapitel 2, 7, 13 |
Elijahu | Kapitel 3, 17 |
Geschem | Kapitel 1, 15 |
Recha | Kapitel 4, 8, 16, 18 |
Sittah | Kapitel 9 |
Tempelritter | Kapitel 5, 11, 14 |
Die meisten Kapitel werden aus der Ich-Perspektive Rechas geschildert, da sie Nathan als sein Kind am nächsten steht. Auffällig ist, dass Nathan als titelgebende Hauptfigur gar nicht selbst berichtet, sondern nur indirekt aus Perspektive der anderen Figuren beschrieben wird.Durch die Ich-Perspektive der jeweiligen Erzählfigur werden die Gedanken und Gefühle dieser Figur besonders deutlich, da es keinen vermittelnden Erzähler gibt. Stattdessen bekommen die Lesenden einen Einblick in den inneren Monolog der jeweiligen Figur.
Der innere Monolog umfasst die inneren Selbstgespräche und Gedanken einer Figur.
Der folgende Auszug gibt die Gedanken des Tempelritters wider, nachdem Daja ihm Rechas Adoption offenbart hat:
Und wenn sie keine Jüdin wäre? Wenn sie Christin wäre wie du und ich?1
Um Spannung aufzubauen, verwendet Pressler neben den verschiedenen Perspektiven auch Voraus- und Rückblicke. Denn so können die Lesenden die Verknüpfung zwischen den einzelnen Erzählungen und den Figuren erst nach und nach zusammensetzen. In den ersten Kapiteln blicken die Figuren zurück, z.B. schildert Daja im zweiten Kapitel ihre beschwerliche Reise aus Deutschland nach Jerusalem.
Später wird dann auch in der Gegenwart der Handlung erzählt oder sogar ein Rückblick aus der Zukunft beschrieben, z.B. als Recha und Elijahu an Nathans Ermordung zurückdenken, obwohl dieser in der Handlung noch nicht geschehen ist.
Sprache
Die Sprache von "Nathan und seine Kinder" hat Pressler einfach und klar verständlich gestaltet, damit der Jugendroman für seine Zielgruppe leicht zu lesen ist. Trotzdem enthält der Roman auch einige Stilmittel, zum Beispiel Metaphern. Al-Hafi vergleicht das Leben mit einem Schachspiel und drückt damit aus, dass Menschen ihr Schicksal nicht beeinflussen können:
Das Leben ist wie ein Schachspiel, die Menschen sind [...] Figuren, die von einer höheren Macht hin und her geschoben werden.1
Pressler hat rhetorische Fragen eingebaut, um die Gedanken, Zweifel und Sorgen der Figuren in ihrem inneren Monolog zu verdeutlichen. Ein Beispiel sind Rechas Gedanken nach der Beerdigung von Nathan:
Das Leben geht weiter, sagten alle [...] Aber wie sollte es weitergehen ohne ihn, ohne meinen Vater?1
Auch Personifikationen kommen in “Nathan und seine Kinder” zum Einsatz, z.B. um die Verzweiflung des Tempelritters zu verdeutlichen:
[...] fiel die Verzweiflung über mich her wie ein reißender Wolf und wollte mich hinunterstoßen1
Wie das obere Beispiel zeigt, nutzt Pressler auch Tiere, um die meist negativen Gefühle der Figuren zu verdeutlichen. Sie baut etwa nachtaktive Tiere ein, um eine unheimliche Stimmung zu erzeugen, z.B. als Nathan getötet wird:
Nur die Schakale waren zu hören und der Ruf eines Nachtvogels.1
Der Ruf von Schakalen gilt in der Bibel als Zeichen für Klage und Trauer2 , die Nathans Familie und Freunde über seinen Verlust empfinden.
Pressler nutzt in ihrem Werk auch direkte Zitate aus den heiligen Werken des Islams, Christentums und Judentums. Damit verbindet sie ihre Figuren zum einen mit ihrer religiösen Tradition, andererseits untermauern Figuren wie z.B. Abu Hassan so aber auch ihren religiösen Fundamentalismus:
Und hatte [Saladin] denn vergessen, was unser Prophet dazu gesagt hatte? Ihr Gläubigen, schließt keine Freundschaften mit solchen, die nicht zu eurer Religion gehören.1
Er rechtfertigt so seine fehlende Toleranz und Ablehnung von Menschen anderer Religionen. Doch durch das Werk wird trotz solcher Zitate vor allem die religionsübergreifende Botschaft der Toleranz vermittelt.
Unterschiede zu Lessings Drama "Nathan der Weise"
Mit "Nathan und seine Kinder" wollte Mirjam Pressler die Geschichte aus Lessings "Nathan der Weise" verständlicher und jugendgerecht nacherzählen. Daher decken sich viele Elemente des Romans mit Lessings Drama, allerdings hat Pressler z.B. den historischen Kontext stärker berücksichtigt, da das Wissen über die Kreuzzüge im Mittelalter heute nicht mehr vorausgesetzt werden kann.
Die Autorin Mirjam Pressler
Mirjam Pressler (1940 bis 2019) war eine erfolgreiche deutsche Jugendbuch-Schriftstellerin. Außerdem war sie als renommierte Übersetzerin von Büchern aus dem Hebräischen ins Deutsche bekannt.
Die Autorin bezeichnet ihr Buch als eine Variation von Lessings Werk "Nathan der Weise"1 . Ihr Ziel war es, Lessings Vorlage zeitgemäß und für alle Altersgruppen verständlich aufzuarbeiten.
Die wesentlichen Unterschiede zu Lessings Drama "Nathan der Weise" findest Du in der folgenden Tabelle zusammengefasst:
Kriterien | "Nathan der Weise" von Lessing | "Nathan und seine Kinder" von Pressler |
literarische Gattung | Lessing schrieb ein Drama, um seine Geschichte möglichst anschaulich zu gestalten. | Pressler schrieb einen Roman, also epischen Text, zur ausführlicheren Beschreibung und Gestaltung der Geschichte und um die Fantasie anzuregen. |
Titel | Der Titel dient zur Betonung der Weisheit im Sinn der Aufklärung bzw. des Humanismus. | Der Titel betont eher Nathans "Kinder"bzw. die in seinen Haushalt aufgenommenen Personen unterschiedlicher Religionen. |
Figurenkonstellation | Im Drama kommen weniger Figuren vor, damit Zuschauende den Überblick behalten.Recha ist eine Nebenfigur, während Nathan im Mittelpunkt steht. | Pressler fügt einige Figuren hinzu, z.B. Geschem und Elijahu und Abu Hassan.Sie entwickelt Recha als zentrale Figur weiter, weil sie als Tochter Nathan besonders nahe steht. |
Ausgang des Werkes | Das Drama endet mit allseitigen Umarmungen der Hauptfiguren und soll das Ideal der Aufklärung verkörpern sowie eine Lehre für die Zuschauenden sein. | Der Roman endet mit der Ermordung Nathans und hinterfragt so, ob eine Koexistenz der Religionen möglich ist. |
Verhältnis von Recha und Curd | Recha und Curd sind Geschwister, ihr Vater ist Saladins Bruder Assad, der für ihre Mutter zum Christentum konvertiert ist. | Die familiären Hintergründe bleiben offen, auch ob ihre Liebe glückt, bleibt ungeklärt. |
"Nathan und seine Kinder" – Interpretation
Im Folgenden werden Dir die wichtigsten Ansätze einer Interpretation von "Nathan und seine Kinder" erläutert. Pressler stellt mit "Nathan und seine Kinder" die Frage nach friedlichem Zusammenleben der Religionen und beleuchtet diese durchaus kritisch. Durch verschiedene Motive und Symbole veranschaulicht Pressler zudem die Emotionen ihrer Figuren.
"Nathan und seine Kinder" – Ringparabel / Religionen
Die Frage des Sultans nach der wahren Religion wird von Nathan diplomatisch durch die Ringparabel beantwortet. Dadurch kann er dem Sultan keine falsche Antwort geben und er ist gezwungen, selbst ein Urteil zu fällen.
Nathan sagt durch die Ringparabel, dass keine Religion die einzig wahre sei und alle Menschen so leben sollten, dass sie ihrem Gott gerecht werden und ihren Mitmenschen tolerant und friedfertig begegnen. Diese Eigenschaften soll nämlich auch der echte Ring seinem Träger in der Ringparabel verleihen.
Nathan verkörpert so einen Menschen, denn in seinem Haushalt leben Menschen vieler Religionen zusammen. Außerdem betont er die Gemeinsamkeiten der Menschen, statt den Fokus auf die Unterschiede ihrer Religionen zu setzen. Damit steht er für die Ideale der Aufklärung, die Lessing durch sein Drama darstellen wollte.
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Der Roman ist auch eine Umsetzung der Lehre aus der Parabel, denn Saladin, Nathan und der Tempelritter lernen miteinander in Frieden und Einklang zu leben oder freunden sich sogar an. Ihre Gegenfiguren sind der Patriarch und Abu Hassan, die ihren Mitmenschen gegenüber nicht gutmütig begegnen, sondern intolerant sind.
Trotzdem wird durch den Tod Nathans hinterfragt, ob dieses Ideal eines friedlichen Zusammenlebens überhaupt möglich ist. Damit gestaltet Pressler ihr Werk nicht wie Lessing idealistisch, sondern realistisch.
"Nathan und seine Kinder" zeigt, dass in der Realität auch guten Menschen böse Dinge widerfahren können. Trotzdem lässt sie Recha zuversichtlich in die Zukunft blicken und Nathans Vermächtnis wahren, sodass zumindest seine guten Taten in der Erinnerung weiterleben. Nathan wird zum Vorbild für Toleranz und Humanität und zeigt, dass eine Blutsverwandtschaft nicht immer entscheidend ist.
Motive und Symbole
Um eine spannende Atmosphäre zu erzeugen, verbindet Pressler die verschiedenen Handlungsstränge mit dem Motiv vom Tag oder der Nacht: Die Nacht erscheint dunkel, bedrohlich und geheimnisvoll, während der Tag für eine neue Chance, einen Neuanfang steht. Beispielsweise geschieht die Selbstfindung Rechas nachdem sie erfährt, dass sie adoptiert ist, bei Tag. Nathan wird dagegen in der Dunkelheit ermordet.
Die Motive Feuer und Wasser veranschaulichen die Gefühle und inneren Empfindungen der Figuren. Weitere Motive und ihre Bedeutung findest Du in der folgenden Tabelle zusammengefasst:
Motiv | mögliche Textstellen | Aussage/Interpretation |
Hitze, Wärme und Feuer |
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Wasser und Tal |
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Auch einige Symbole sind in "Nathan und seine Kinder" enthalten, wie die folgende Tabelle zeigt. Vor allem in Rechas Traum finden sich Hinweise auf ihre Gefühle, aber auch die charakterliche Weiterentwicklung, die sie im Roman durchläuft.
Symbol | mögliche Textstellen | Aussage/Interpretation |
Engel |
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Rosen |
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Nathan und seine Kinder – Das Wichtigste
"Nathan und seine Kinder" – Zusammenfassung: Der Roman "Nathan und seine Kinder" von Mirjam Pressler von 2009 spielt im 12. Jahrhundert und handelt vom jüdischen Kaufmann Nathan, der im muslimisch regierten Jerusalem eine eigentlich christliche Adoptivtochter erzieht und ermordet wird.
"Nathan und seine Kinder" – Inhaltsangabe: Das Werk wird in 18 Kapiteln aus der Perspektive verschiedener Figuren erzählt, allerdings kommt Nathan selbst nicht zu Wort.
Pressler wollte durch den Roman Lessings Drama "Nathan der Weise" jugendgerecht und zeitgemäß aufarbeiten und verwendet daher einfache Sprache.
"Nathan und seine Kinder" – Interpretation: "Nathan und seine Kinder" hinterfragt das Zusammenleben verschiedener Religionen auf realistische Weise.
Nathan verkörpert einen idealen Menschen und veranschaulicht seinen Glauben an Humanität und Toleranz durch die Erzählung der Ringparabel.
Nachweise
- Pressler (2011). Nathan und seine Kinder. Gulliver Verlag.
- www.bibelwissenschaft.de: WiBiLex: Schakal (19.09.2022)
- bpb.de: Martin Luther Kings "I have a Dream" (19.09.2022)
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Häufig gestellte Fragen zum Thema Nathan und seine Kinder
Woher kommt Nathan aus "Nathan und seine Kinder"?
Nathan lebte in der Stadt Gath, bevor er mit seiner Tochter Recha und seinem Freund Elijahu nach Jerusalem zog.
Was ist der Unterschied zwischen "Nathan der Weise" und "Nathan und seine Kinder"?
"Nathan und seine Kinder" ist ein Roman und endet mit dem Mord Nathans. Die Beziehung zwischen Recha und dem Tempelritter bleibt offen. "Nathan der Weise" ist ein Drama, das mit allseitigen Umarmungen endet und Recha und den Tempelritter als Geschwister enttarnt.
Wer ist Elijahu in "Nathan und seine Kinder"?
Elijahu ist Nathans langjähriger jüdischer guter Freund und Geschäftspartner und der Ziehvater des Waisenjungen Geschem.
Wie viele Kinder hat Nathan in "Nathan und seine Kinder"?
Nathan hatte sieben Söhne, die bei einem Brand ums Leben kamen. In sein Haus hat er seine christliche Adoptivtochter Recha, ihre Erzieherin Daja und den Waisenjungen Geschem aufgenommen. Im weiteren Sinn können aber alle, die sich mit Nathans Lehre von Humanität und Toleranz identifizieren, als seine Nachkommen verstanden werden.
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