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"Traumnovelle" – Zusammenfassung
Die Handlung der "Traumnovelle" ist in sieben Kapitel aufgeteilt, die aufeinander aufbauen und den Konflikt zwischen Fridolin und Albertine schildern.
1. Kapitel
Der Arzt Fridolin und seine Frau Albertine leben zusammen mit ihrer sechsjährigen Tochter im Wien des 18. Jahrhunderts. Nachdem das Ehepaar einen Maskenball besucht und dort mit anderen Personen geflirtet hat, verbringen sie eine Liebesnacht miteinander. Anschließend erzählt Albertine von einem Mann, den sie in ihrem letzten gemeinsamen Urlaub in Dänemark gesehen und von dem sie sich angezogen gefühlt hatte. Auch Fridolin hatte damals am Strand ein junges Mädchen in den Blick genommen, welches dort unbekleidet vorbeigelaufen war und ihn fasziniert hatte.
Durch die Unterhaltung erfährt Fridolin, dass Albertine unzufrieden in der Ehe ist und sich wünscht, bereits vor ihrer Heirat Erfahrungen mit anderen Männern gemacht zu haben. Fridolin dagegen hatte die Möglichkeit, schon vorher mit anderen Frauen sexuellen Kontakt zu haben.
2. Kapitel
Fridolin wird wegen eines Herzinfarkts in die Klinik gerufen, in der er arbeitet. Als er dort ankommt, ist sein Stammpatient allerdings bereits verstorben. Die Tochter des Patienten, Marianne, kennt Fridolin schon einige Jahre aufgrund der Krankheit ihres Vaters. Sie trauert um ihren Vater und erzählt, dass sie mit ihrem Verlobten nach Göttingen ziehen werde, damit dieser an der dortigen Universität lehren kann.
Sie bricht auf einmal in Tränen aus und gesteht Fridolin ihre Liebe. Der küsst sie auf die Stirn, aber empfindet nicht dasselbe. Als Mariannes Verlobter hereinkommt, stellt Fridolin den Totenschein aus und verlässt die Klinik.
3. Kapitel
Fridolin ist nachts in der Stadt unterwegs und wird von einem Studenten angerempelt. Der Student lacht ihn aus und Fridolin ist aufgebracht. Er überlegt, ob er den Studenten zum Duell herausfordern soll. Er besinnt sich dann aber eines besseren und läuft stattdessen weiterhin ziellos umher. Er gelangt in eine Gasse, in der sich Prostituierte anbieten.
Dort wird er von der siebzehnjährigen Prostituierten Mizzi angesprochen und überredet, auf ihr Zimmer zu kommen. Sie verführt ihn, aber er bekommt Angst vor einer Geschlechtskrankheit und beginnt sich zu wehren. Anstelle dessen möchte er sich mit ihr unterhalten. Mizzi ist enttäuscht, weshalb Fridolin dann doch auf sie eingeht. Doch jetzt weist Mizzi ihn zurück, da sie nicht schuld daran sein möchte, wenn ihm etwas geschieht.
Er bietet ihr Geld an, aber sie weist es zurück. Daraufhin küsst er ihre Hand und sie ist gerührt von der Geste, weil diese sonst nur bei Damen, also Frauen von ehrenwertem Rang, üblich sei. Fridolin verlässt das Zimmer und nimmt sich vor, am nächsten Tag Süßigkeiten und Wein vorbeizubringen.
4. Kapitel
Abermals ist Fridolin nachts auf den Straßen Wiens unterwegs und kommt in ein Kaffeehaus. Dort liest er in einer Zeitung einen Bericht über ein Mädchen, das sich in einem Hotelzimmer vergiftet habe. An einem anderen Tisch entdeckt er einen alten Studienkollegen, den er Nachtigall nennt.
Nachtigall verdient seinen Lebensunterhalt mit dem Klavierspielen in Kaffeehäusern und bei geheimen Veranstaltungen. Bei diesen Veranstaltungen würden Orgien veranstaltet werden und die Mitglieder verkleiden und maskieren sich. Fridolin erregt der Gedanke, daran teilzunehmen und er fragt Nachtigall, ob dieser ihn mitnehmen kann. Nachtigall empfindet das Vorhaben zunächst als zu gefährlich, lässt sich dann aber doch dazu erweichen, Fridolin den Wunsch zu erfüllen.
Fridolin geht zu einem Kostümverleiher mit dem Namen Gibiser, um sich ein Mönchskostüm und eine Maske auszuleihen. Im Lager entdecken sie die Tochter von Gibiser und zwei Männer. Das Mädchen trägt ein Pierrettenkostüm und die beiden Männer sind als Femrichter verkleidet. Das Mädchen hatte die beiden Herren für eine sexuelle Begegnung ins Lager eingeladen. Gibiser schimpft mit seiner Tochter und nennt sie wahnsinnig. Den Männern droht er damit, die Polizei zu rufen.
Die Pierrette ist die weibliche Form eines Pierrot. Der Pierrot ist eine typische Figur im italienischen Theater. Er verkörpert einen naiven Charakter und man erkennt ihn an seinem weißgeschminkten Gesicht und einer weiten weißen Bluse.
Ein Femrichter war im mittelalterlichen Gericht jemand, der die Todesstrafe verhängen durfte.
Vor dem Kostümverleih wird Fridolin dann von Nachtigall abgeholt und ihm die Parole für den Eintritt verraten, welche "Dänemark" lautet. Sie fahren zu einer Villa und betreten dort einen dunklen Saal, in dem bereits die Mitglieder in Mönchs- und Nonnenkostümen warten. Trotz seiner Verkleidung erkennen ihn die anderen Teilnehmenden als einen Fremden. Eine verschleierte Frau nähert sich und rät ihm, zu fliehen. Fridolin weigert sich jedoch und bleibt.
Es kommen weitere verschleierte nackte Frauen in den Saal und die Männer beginnen, mit ihnen zu tanzen. Auch Fridolin wird aufgefordert und wieder erscheint die verschleierte Frau und warnt ihn, zu gehen, bevor seine Identität aufgedeckt wird. Es wird jedoch nicht ersichtlich, aus welchem Grund die Identitäten nicht bekannt werden dürfen. Er weigert sich nach wie vor, die Veranstaltung zu verlassen und bekommt das Gefühl, es würde ein Spiel mit ihm getrieben werden. Er sagt, er würde nur dann gehen, wenn die Frau mit ihm käme und beabsichtigt ihren Schleier abzunehmen.
Sie weicht zurück und erzählt von einem Vorfall, der kürzlich passiert sei. Darin hätte ein Mann eines der Mädchen entschleiert. Dafür wurde er selbst entlarvt und ausgepeitscht und das Mädchen musste Gift trinken. Ein Mann kommt zu ihnen und fragt Fridolin nach der Parole für den Innenraum. Da der aber nur die für den Eingang kennt, wird er aufgefordert, die Maske abzunehmen.
Die Frau, die ihn gewarnt hatte, tritt vor und will sich für Fridolin opfern. Fridolin wird aus der Villa gejagt und erfährt nicht mehr, was mit ihr geschieht. Beim Verlassen des Gebäudes wird er gewarnt, keine Nachforschungen anzustellen. Er wird zu einer Kutsche gebracht und diese fährt ihn zu einem Feld, wo er abgesetzt wird. Fridolin läuft zurück in die Stadt und nimmt sich dort eine Kutsche nach Hause.
5. Kapitel
Fridolin kommt früh morgens zu Hause an und verstaut das Kostüm im Schrank. Er geht ins Schlafzimmer und erblickt dort seine schlafende Frau. Plötzlich beginnt Albertine im Schlaf laut zu lachen. Fridolin weckt sie auf und fragt, was sie geträumt habe.
Sie erzählt, dass sie beide in ihrem Traum ein Prinz und eine Prinzessin gewesen und über einen See geflogen seien. Dieser Ausflug sei ihre Hochzeitsreise gewesen und sie landeten auf einer Wiese. Dort liebten sie sich und am nächsten Morgen wären ihre Kleider verschwunden gewesen. Fridolin hätte sich aufgemacht, um neue Kleider zu besorgen und während er fort war, gesellte sich der Däne aus dem Urlaub zu Albertine. Er verführte sie und sie schliefen miteinander. Es tauchten weitere Paare neben ihnen auf und liebten sich.
Währenddessen wurde Fridolin im Wald verhaftet und zu einer Burg gebracht, wo er im Hof gefesselt wurde. Die Fürstin des Landes wollte ihn begnadigen, wenn er mit ihr schliefe. Fridolin wollte Albertine jedoch treu bleiben und weigerte sich. Er wurde in einen Folterkeller gebracht und als die Fürstin dort erschien, sah sie aus wie das Mädchen aus Dänemark. Es wurde ein Kreuz auf der Wiese errichtet, an dem Fridolin angeschlagen werden sollte.
Albertine sah ihn auf das Kreuz zuschreiten und empfand keinerlei Mitgefühl, sondern spottete über seine Treue. Sie begannen wieder zu schweben, aber flogen aneinander vorbei. Fridolin wurde ans Kreuz geschlagen und während Albertine davonflog, wollte sie, dass er zumindest noch ihr Lachen hörte.
Fridolin ist über den Traum bestürzt und möchte nicht länger mit Albertine zusammen sein, was er ihr aber nicht sagt. Er empfindet den Traum als einen realen Betrug. Sie beide legen sich schlafen.
6. Kapitel
Als Fridolin am nächsten Morgen aufwacht, macht er sich auf die Suche nach Nachtigall. Er fährt zum Kaffeehaus und die Kassiererin nennt ihm die Pension, in der Nachtigall untergebracht ist. Dort angekommen, berichtet ihm der Portier, wie Nachtigall früh morgens von einigen vermummten Männern abgeholt worden und nicht zurückgekehrt sei.
Anschließend möchte Fridolin zu Gibiser, um ihm das Kostüm wiederzugeben. Er spricht den Kostümverleiher auf dessen Tochter an und rät ihm, einen Arzt aufzusuchen, wenn sie verrückt sei. Gibiser reagiert wütend und bedeutet Fridolin, sich um seine eigenen Angelegenheiten zu kümmern. Fridolin sieht, wie einer der Männer, die er in der vergangenen Nacht mit Gibisers Tochter zusammen gesehen hatte, aus ihrem Zimmer kommt. Er gibt dem Wunsch Gibisers nach Privatsphäre jedoch nach und begibt sich zur Arbeit.
In seiner Mittagspause macht er sich auf die Suche nach der Villa aus der letzten Nacht und findet diese auch. Ein Diener kommt heraus und übergibt ihm wortlos einen Brief. In diesem wird er abermals gewarnt, keine Nachforschungen bezüglich der geheimen Organisation anzustellen. Daher fährt er zum Essen zurück nach Hause.
Als er ankommt, stellt er verwundert fest, dass er nicht sauer auf Albertine ist. Er erzählt ihr von seinem Tag, doch als ihr Knie seines anfasst, fühlt er sich peinlich berührt. Fridolin beschließt, Rache an ihr für ihren Traum zu üben. Nach der Arbeit fährt er deswegen zu Mariannes Wohnung, um sie zu verführen. Doch es gelingt ihm nicht, weil er keinerlei Gefühle für sie empfindet und verlässt die Wohnung wieder.
Anschließend fährt er zu Mizzis Wohnung. Er erfährt von einer Kollegin, dass sie wahrscheinlich aufgrund einer Geschlechtskrankheit ins Krankenhaus eingeliefert wurde. Fridolin bemitleidet sich selbst und macht sich auf den Weg in ein Café. Er liest in der Zeitung, dass sich eine Frau namens Baronin D. in einem Hotelzimmer vergiftet hätte. Er vermutet, es könnte die Frau sein, die ihn bei der Orgie gewarnt hatte. Er fährt ins Krankenhaus, um sie aufzusuchen.
Fridolin erfährt, dass sie bereits tot sei und geht in die Pathologie, wo ein Kollege ihm den Zutritt zu ihrer Leiche gewährt. Er kann die Leiche nicht genau identifizieren und verlässt das Krankenhaus wieder.
Die Pathologie ist ein Teilbereich der Medizin, der sich mit Krankheitsursachen beschäftigt. Pathologen untersuchen menschliche Zellen, um Diagnosen zu erzielen, Krankheiten vorzeitig zu erkennen und unklare Erkrankungsursachen aufzudecken.
7. Kapitel
Wieder einmal kehrt Fridolin nachts heim und sieht Albertine schlafen. Er hat beschlossen, ihr alle Vorkommnisse der letzten zwei Tage zu berichten. Auf seinem Kopfkissen entdeckt er die Maske, die er während der geheimen Veranstaltung getragen hatte. Wahrscheinlich hatte er diese vergessen zurückzubringen und Albertine hatte sie entdeckt. Fridolin interpretiert ihre Geste als eine Aufforderung, zu reden und dass sie ihm verzeihe. Er weint und weckt Albertine damit auf.
Fridolin beichtet ihr alle Ereignisse. Sie meint lediglich, sie sei froh, dass ihnen nichts zugestoßen sei. Die Erzählung endet damit, dass Fridolin erkennt, dass Träume auch Einfluss auf das reale Leben haben können und Albertine antwortet:
Nun sind wir voll erwacht [...] für lange1
Damit erkennt sie an, dass die beiden vorerst ihre Probleme verstanden haben, in Zukunft aber nach wie vor Schwierigkeiten auf sie warten können.
"Traumnovelle" – Charakterisierung der Figuren
Die Novelle führt vergleichsweise wenige Figuren ein, die dafür eindeutige Charaktereigenschaften aufweisen und so die Handlung vorantreiben. Einige der Figuren dienen auch als Mittel, um Kritik an der Gesellschaft zu üben.
Fridolin
- 35 Jahre alt
- verheiratet mit Albertine
- hat eine sechsjährige Tochter
- berufstätig als Arzt
- ist der Meinung, dass seine soziale Fürsorge (Geld, Aufmerksamkeit) alle Wünsche seiner Frau befriedigen sollte
- Er wird als ängstlich dargestellt, was sich äußert, als er vom Studenten angerempelt wird und befürchtet, schwere Verletzungen davonzutragen. Diese Eigenschaft wird aber auch sichtbar, während er über das Berufsrisiko eines Arztes nachdenkt.
- eifersüchtig und sinnt nach Rache
Albertine
- Frau von Fridolin
- etwa 24 Jahre alt
- übt keinen Beruf aus/ Hausfrau
- unzufrieden mit ihrem Liebesleben, weil sie gern Erfahrungen vor der Ehe gemacht hätte
- offenherzig und einfühlsam
- realistisch und weiß, dass es in der Zukunft weiterhin Probleme in der Ehe geben kann
Nachtigall
- etwa im selben Alter wie Fridolin
- früherer Kommilitone
- wurde im Studium von Fridolin finanziell unterstützt
- nun tätig als Pianist
- hat einen sprechenden Namen: Er ist benannt nach dem nachtaktiven Singvogel "Nachtigall".
- verschwindet urplötzlich, als er von zwei Herren mitgenommen wird
Sprechende Namen weisen auf bestimmte Eigenschaften der Figuren hin, nach denen diese dann benannt werden. Beispielsweise hat Läuffer in "Der Hofmeister" von Lenz seinen Namen daher, dass er wie ein Diener seinen Hausherren hinterherläuft.
Mizzi
- 17 Jahre alt
- als Prostituierte tätig
- kindliches Verhalten
- sehr freundlich und bedacht
- wird vermutlich aufgrund einer Geschlechtskrankheit ins Krankenhaus gebracht und danach nicht wieder erwähnt
"Traumnovelle" – Aufbau und Sprache
Der Aufbau der "Traumnovelle" weist alle Eigenschaften auf, über die eine typische Novelle verfügt. Dazu zählt, dass es nur eine Haupthandlung gibt. Die Handlung einer Novelle verläuft stringent und chronologisch. Das bedeutet, dass es keine Zeitsprünge, Rückblenden oder Ausblicke in die Zukunft gibt. Es wird nur das Wichtigste erwähnt und die Erzählung handelt von besonderen aber realistischen Ereignissen. Du findest in einer Novelle also keine magischen Elemente oder Ähnliches.
Die Novelle soll oftmals etwas vermitteln; meist eine bestimmte Moral. Welche das in der "Traumnovelle" ist, erfährst Du im Kapitel "Interpretation". Du findest in einer Novelle auch immer mindestens einen Wendepunkt, der die Handlung entscheidend umlenkt und den weiteren Verlauf der Erzählung bestimmt.
Einen dieser Wendepunkte stellt in der "Traumnovelle" der Traum Albertines dar. Obwohl das Paar bereits nach dem Maskenball auf Probleme in ihrer Ehe aufmerksam geworden ist, verletzt der Traum Fridolin besonders und motiviert ihn dazu, Rache an seiner Frau zu üben. Aber auch Fridolins Besuch bei der geheimen Veranstaltung ist ein Wendepunkt und trägt entscheidend dazu bei, dass die Handlung gefährlich wird und einige der Figuren vermutlich ihr Leben lassen müssen.
Sprache
Schnitzler charakterisiert seine Figuren nicht nur durch den Handlungsablauf. Auch ihre Sprache sagt etwas über ihre Herkunft und ihren Bildungsstand aus. So hat Nachtigall zum Beispiel einen polnischen Ethnolekt, da er in Polen geboren wurde und auch später mit Frau und Kind zeitweise wieder dorthin gezogen war. Mizzi dagegen spricht in österreichischer Mundart. Diese galt früher als unfein und zeigt so ihren niederen Bildungsstand an, während Fridolin und Albertine eine gehobene Sprache verwenden.
Der Autor verwendet zudem eine hohe Anzahl an Adjektiven und zahlreiche Aufzählungen. Durch diese Aneinanderreihung von Parataxen werden der Handlungsablauf beschleunigt und Spannung aufgebaut. Die langen, verschachtelten Sätze dienen zumeist der Ausführung von Fridolins inneren Monologen. Durch diese erhält die Leserschaft einen Zugang zu den Gedanken und Gefühlen der Figur.
In einer Parataxe stehen mehrere Hauptsätze nebeneinander.
Ein innerer Monolog ist eine Art von Selbstgespräch, das die Figur nur in ihren Gedanken äußert.
"Traumnovelle" – Interpretation
Die erotischen Fantasien von Albertine und Fridolin machen vordergründig die Handlung der Novelle aus. In ihnen verschwimmen die Grenzen von Traum und Wirklichkeit, welches ein Motiv in der "Traumnovelle" ist. Albertines Traum greift auf die Realität über, da er real die Ehe der beiden gefährdet. Fridolin ist sich zeitgleich während seiner Wanderschaften und Abenteuer teilweise nicht bewusst darüber, ob diese wirklich stattfinden. Aufgelöst wird der Wahrheitsgehalt Fridolins Erfahrungen erst am Ende durch das Auftauchen seiner Maske im Ehebett.
Die Motive Erotik und Tod sind außerdem durchgehend miteinander verbunden. Sobald Fridolin seinen sexuellen Trieben nachgehen will, verstirbt eine Figur oder wird ins Krankenhaus gebracht. Ebenso erleidet Fridolin in Albertines Traum einen schrecklichen Tod, während sie ihre Fantasien mit jemand anderem auslebt.
Grundlage für diesen Text bildet die Traumtheorie des Psychoanalytikers und Schriftstellers Sigmund Freud. Arthur Schnitzler hatte vor dem Verfassen der "Traumnovelle" dessen Arbeit gelesen und in die darin enthaltenen Überlegungen in sein Werk integriert.
Sigmund Freud war ein österreichischer Arzt, der die Psychoanalyse begründet hat. Seine Theorien zur Psychoanalyse beschäftigen sich unter anderem mit der Psychosexualität. Hier erforschte er, wie Wünsche und Ablehnung Einfluss auf die psychische Stabilität haben.
In Freuds Traumtheorie behandelt der Psychoanalytiker den Zusammenhang von Träumen und persönlichen Erlebnissen. Nach seiner Auffassung werden in Träumen unerfüllte Wünsche sichtbar. Da es von der träumenden Person als unangenehm empfunden werden würde, wenn diese Wünsche in der Realität exakt erfüllt werden würden, ist deren Erfüllung in den Träumen in abgewandelter Form erfolgreich und schützt so den Schlaf. Die träumende Person wird im Schlaf also nicht mit den Konsequenzen der realen Befriedigung ihrer Wünsche konfrontiert.
Demzufolge träumt Albertine von der Affäre mit dem Dänen, um ihren unerfüllten Wunsch nach weiteren sexuellen Erfahrungen zu verarbeiten. Fridolin muss sich darin der Folter und der Kreuzigung unterziehen, da sie ihre Eifersucht nicht in der Realität zum Ausdruck bringt. Gleichzeitig ist es deshalb auch notwendig, dass Fridolin ihr im Traum treu bleibt, um ihre Bedürfnisse zu erfüllen.
Mit der Thematisierung von Albertines und Fridolins Eheproblemen prangert Schnitzler das Ehemodell des 20. Jahrhunderts und die darin vorherrschende Doppelmoral an. Das folgende Zitat verdeutlicht, wie sich die Männer sexuell auslassen dürfen, während es Frauen nicht gestattet ist, solche Gedanken in irgendeiner Form zu haben:
Und er freute sich, dass [...] er noch mitten in seiner Jugend stand, eine reizende und liebenswerte Frau zu eigen hatte und auch noch eine oder mehrere dazuhaben konnte, wenn es ihm gerade beliebte.1
Dieser Gedankengang entspringt einem inneren Monolog von Fridolin. Während er selbst Rachegelüste angesichts des Traums von Albertine entwickelt, freut er sich doch zur selben Zeit darüber, mehrere Frauen neben ihr haben zu können.
"Traumnovelle" – Epoche
Schnitzler begann die "Traumnovelle" 1907 zu schreiben, also noch während der Epoche der Wiener Moderne (1890-1910). Diese bildete eine Gegenbewegung zum Naturalismus (1880-1900) und befasste sich vorrangig damit, Kunst um der Kunst willen zu schaffen und nicht, um einen bestimmten Zweck damit zu erfüllen.
Schriftstellerinnen und Schriftsteller des Naturalismus bilden nicht nur das Schöne, sondern ganz besonders das Hässliche ab und wollen dazwischen keinen Unterschied machen. Sie bleiben streng objektiv und missachten bürgerliche moralische Werte.
Die Wiener Moderne war die Blütezeit verschiedenster Kunstformen, wie der Literatur, der Malerei und ähnlichem, aber auch der Mathematik, Medizin, Wirtschaft und Rechtswissenschaften. Ihre Hauptthemen waren Sexualität, Geschlecht, Sprachkrise und der Tod.
Die Sprachkrise behandelt die Befürchtung von Autorinnen und Autoren im 19. Jahrhundert, dass die Sprache allein nicht imstande ist, die Wirklichkeit darzustellen.
Die Wiener Jahrhundertwende um 1900 war eine Zeit voller Wohlstand und Optimismus und der Genuss stand an erster Stelle. Es entwickelte sich die sogenannte "Kaffeehausliteratur", die darin bestand, dass sich Schriftstellerinnen und Schriftsteller in Cafés trafen und über ihre Arbeit austauschten. Auch Schnitzler gehörte zu ihnen und schloss sich der Schriftstellergruppe "Jung-Wien" an. Er war einer ihrer bedeutendsten Vertreter.
"Traumnovelle" – Arthur Schnitzler
Arthur Schnitzler wurde 1862 in Wien geboren. Er war der Sohn eines Medizinprofessors und studierte nach der Schule auf Wunsch seines Vaters hin ebenfalls Medizin. 18885 promovierte er in dem Fach.
Schon früh begann er auch zu schreiben und veröffentlichte 1880 sein erstes Gedicht "Liebeslied der Ballerina" in der Zeitschrift "Der freie Landbote". Da sein Vater Laryngologe war, hatte er während seiner Aufenthalte in dessen Klinik auch immer wieder mit Schauspielerinnen, Schauspielern, Sängerinnen und Sängern zu tun gehabt und so den Weg in die Kunst gefunden.
Ein Laryngologe ist ein Kehlkopfarzt.
In den Jahren 1885 bis 1888 wurde Schnitzler im Allgemeinen Krankenhaus in Wien als Assistenz- und Sekundararzt beschäftigt, bevor er anfing, bei seinem Vater in der Praxis zu arbeiten. Er behandelte auf den Gebieten der Inneren Medizin, Psychiatrie und Dermatologie. 1890 schloss er sich dann "Jung-Wien" an und lernte kurze Zeit später auch Sigmund Freud persönlich kennen. Drei Jahre später verstarb sein Vater und er eröffnete seine eigene Klinik.
Während der letzten Jahre hatte er immer wieder Liebschaften mit verschiedenen Frauen gepflegt, bekam dann aber 1902 sein erstes Kind mit der Theaterschauspielerin Olga Gussmann. Ein Jahr später heirateten sie und bekamen 1909 eine Tochter. 1921 ließen sie sich jedoch wieder scheiden. Die Probleme ihrer Beziehung werden als einer der Gründe angegeben, weshalb sich der Entstehungsprozess von der "Traumnovelle" verzögert hatte.
Schnitzler stirbt schließlich 1931 in Wien an einer Hirnblutung. Er hinterlässt eine Vielzahl an Briefen, Erzählungen, Tagebucheinträgen, Romanen und Theaterstücken.
Traumnovelle - Das Wichtigste
- Die "Traumnovelle" von Arthur Schnitzler ist 1925 erschienen und handelt von einem Ehepaar und ihren unerfüllten sexuellen Wünschen sowie ihrer Eifersucht.
- In der Erzählung werden die Sehnsüchte der Ehefrau Albertine nach Erfahrungen mit anderen Ehemännern behandelt. Ihr Mann Fridolin wird eifersüchtig und betrachtet ihre Träume als ein reales Hintergehen. Aufgrund dessen beabsichtigt er, andere Frauen aufzusuchen und Rache an Albertine zu nehmen. Sein Unterfangen gerät allerdings außer Kontrolle und er entkommt nur knapp den Fängen einer Geheimgesellschaft.
- In der "Traumnovelle" lassen sich beinahe alle Merkmale einer typischen Novelle finden. Sie besteht nur aus einer Haupthandlung und verläuft chronologisch. Ihre Ereignisse sind realistisch und es werden nur die wichtigsten Informationen erwähnt. Außerdem gibt es mehrere Wendepunkte, die den Verlauf der Handlung entscheidend lenken.
- Die Figuren werden durch ihre Sprache charakterisiert. Zudem verwendet Schnitzler besonders lange und verschachtelte Sätze, die die Erzählung beschleunigen und Spannung erzeugen. Die inneren Monologe geben einen zusätzlichen Einblick in die Gefühlswelt von Fridolin.
- Die Novelle lehnt sich an Sigmund Freuds Traumtheorie an, nach der in Träumen unerfüllte Wünsche dargestellt und erfüllt werden. Schnitzler hatte vor dem Verfassen der "Traumnovelle" Freuds Werk gelesen.
- Die "Traumnovelle" gehört zur Epoche der Wiener Moderne (1890-1910). Ihre Hauptthemen waren Sexualität, Tod, Geschlecht und die Sprachkrise.
Nachweise
- projekt-gutenberg.org: Traumnovelle. (19.07.2022)
- zum.de: Arthur Schnitzler: Traumnovelle. (19.07.2022)
- dieterwunderlich.de: Arthur Schnitzler: Traumnovelle. (19.07.2022)
- lektürehilfe.de: Traumnovelle. (18.07.2022)
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Häufig gestellte Fragen zum Thema Traumnovelle
Wie heißen die beiden zentralen Figuren in Arthur Schnitzlers "Traumnovelle"?
Die beiden zentralen Figuren heißen Albertine und Fridolin.
Wann spielt die "Traumnovelle"?
Die "Traumnovelle" spielt im 18. Jahrhundert.
Zu welcher Epoche gehört die "Traumnovelle"?
Die "Traumnovelle" gehört zur Epoche der Wiener Moderne.
Warum heißt die "Traumnovelle" von Arthur Schnitzler "Traumnovelle"?
Die "Traumnovelle" hat ihren Titel daher, dass zum einen Albertines Traum in der Erzählung Konsequenzen in ihrer Ehe verursacht und die Novelle sich zum anderen auf Sigmund Freuds Traumtheorie stützt.
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