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Exilliteratur

Verbotene literarische Werke und verfolgte Autor*innen: Während der Zeit des Nationalsozialismus in Deutschland (1933 bis 1945) wurden Werke von Autor*innen, die sich regierungskritisch äußerten oder jüdischer Herkunft waren, verboten. Betreffende Autor*innen wurden verfolgt und mussten ihr Heimatland Deutschland verlassen. Sie suchten Zuflucht im Ausland und lebten im sogenannten Exil. Ihre im Exil entstandenen Werke werden der deutschen Literaturepoche der Exilliteratur zugeordnet. 

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Exilliteratur

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Exilliteratur, Inhaltswarnung Gewalt Rassismus Diskriminierung, StudySmarter

Verbotene literarische Werke und verfolgte Autor*innen: Während der Zeit des Nationalsozialismus in Deutschland (1933 bis 1945) wurden Werke von Autor*innen, die sich regierungskritisch äußerten oder jüdischer Herkunft waren, verboten. Betreffende Autor*innen wurden verfolgt und mussten ihr Heimatland Deutschland verlassen. Sie suchten Zuflucht im Ausland und lebten im sogenannten Exil. Ihre im Exil entstandenen Werke werden der deutschen Literaturepoche der Exilliteratur zugeordnet.

Das Wort "Exil" leitet sich vom lateinischen Wort exilium ab, das übersetzt "verbannt", "Verbannter" oder "in der Fremde weilend" bedeutet. Exil meint den neuen Zufluchtsort im Ausland, den der/die Autor*in aufgrund von Verbannung oder Verfolgung im Heimatland aufsuchen musste.

Exilliteratur Epoche – Zeitraum von 1933 bis 1945

Unter dem Begriff der Exilliteratur werden alle literarischen Werke von Autor*innen verstanden, die infolge von staatlicher Verfolgung, politischer oder religiöser Diskriminierung ihr Heimatland verlassen mussten.

Die Werke der Exilliteratur werden auch Emigrantenliteratur genannt.

Die deutsche Literaturepoche der Exilliteratur umfasst die Zeit des Nationalsozialismus in Deutschland, also den Zeitraum von 1933 bis 1945.

Der Nationalsozialismus in Deutschland stellte eine politische Bewegung dar, deren Ideologie nationalistische und rassistische Ansichten beinhaltete. Mit dem Begriff des Nationalsozialismus wird häufig auch der Name Adolf Hitler assoziiert. Die von Hitler errichtete Diktatur wurde von seinen Parteimitgliedern aus der Nationalsozialistischen Deutschen Arbeiterpartei (NSDAP) gestützt.

Unter einer Diktatur wird eine uneingeschränkte, durch Gewalt und Unterdrückung ausgeübte Herrschaftsform verstanden.

Die Politik der Nationalsozialisten mündete im Zweiten Weltkrieg. In diesem Krieg ermordeten die Nationalsozialisten systematisch über sechs Millionen jüdische Menschen sowie Roma und Sinti, Homosexuelle und politische Gefangene.

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Durch die Kontrolle der Meinungsäußerung versuchten die Nationalsozialisten, Kunst und Literatur gemäß ihren Zielen zu reglementieren. Autor*innen, die sich dem Regime nicht fügten, erhielten ein Schreibverbot, wurden verfolgt, inhaftiert und ermordet. Viele Autor*innen mussten daher aus Deutschland flüchten und suchten Zuflucht im ausländischen Exil.

Die meisten Autor*innen, die sich zur Zeit des Nationalsozialismus im Exil befanden, verfolgten das gemeinsame

Ziel, über den Nationalsozialismus aufzuklären und vor diesem zu warnen.

Der Begriff "Exilliteratur" bezeichnet nicht nur eine bestimmte Literaturepoche in Deutschland. Seit der historischen Epoche der Antike (etwa 800 v. Chr. bis 600 n. Chr.) sind Fälle bekannt, in denen es zur Verfolgung von Autor*innen und zum Verbot ihrer Werke gekommen ist. Diese Autor*innen flüchteten ebenfalls aus ihrer Heimat ins Exil, weshalb ihre Werke ebenfalls als "Exilliteratur" bezeichnet werden.

Die Exilliteratur ist zeitlich zwischen den Literaturepochen der Neuen Sachlichkeit und der Trümmerliteratur einzuordnen. Sie verläuft zudem parallel zur Literaturepoche der "Inneren Emigration" und der Blut-und-Boden-Literatur.

Innere Emigration

Autor*innen der Inneren Emigration verließen Deutschland während der Zeit des Nationalsozialismus nicht. Dennoch fügten sie sich nicht den Vorstellungen der Nationalsozialisten und erhielten oftmals ein Schreibverbot. Um sich dennoch kritisch äußern zu können, verschlüsselten sie die Kritik am Nationalsozialismus in ihren Werken. Alternativ behandelten sie in ihren Werken keine politischen Themen. Für Autor*innen, die mit ihren Werken aktiv Widerstand leisteten, bestand große Lebensgefahr.

Blut-und-Boden-Literatur

Andere Autor*innen befürworteten die nationalsozialistische Ideologie und verbreiteten diese in ihren Werken. Ihre Werke gehören der sogenannten Blut-und-Boden-Literatur an. Die Blut-und-Bodenliteratur wurde vor allem als Propagandamittel, also zur systematischen Verbreitung der Werte des Nationalsozialismus genutzt, um die Gesellschaft zugunsten des Nationalsozialismus zu beeinflussen.

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Exilliteratur – Zeitgeschichtlicher Hintergrund

Nach der Machtübernahme Hitlers am 30. Januar 1933 und des folgenden Aufbaus der nationalsozialistischen Diktatur in Deutschland wurden die demokratischen Grundrechte stark eingeschränkt oder – im Falle der Meinungsfreiheit – vollständig abgeschafft.

Gleichschaltung

Neben der Politik wurden auch alle Bereiche des gesellschaftlichen Lebens durch den Nationalsozialismus kontrolliert bzw. "gleichgeschaltet." Gleichschaltung im Kontext des Nationalsozialismus bedeutet, dass alle Lebensbereiche auf die nationalsozialistische Ideologie hin ausgerichtet wurden, mit dem Ziel diese zu fördern und gesellschaftlich zu verankern. Vereine und Verbände mussten strengen Vorgaben der Regierung folgen oder wurden aufgelöst und durch regierungstreue Institutionen ersetzt.

Zur Ideologie des Nationalsozialismus gehörte unter anderem der Sozialdarwinismus, der die Minderwertigkeit bestimmter Menschengruppen annimmt. Insbesondere Antisemitismus, also die Feindlichkeit gegenüber Menschen jüdischer Abstammung, spielte ideologisch eine große Rolle. Mit der Abwertung bestimmter Menschengruppen ging gleichzeitig eine Aufwertung der sogenannten "arischen Rasse" einher, die laut nationalsozialistischer Ideologie im Idealfall aus blonden und blauäugigen Menschen besteht.

Jegliche Form von Kritik an der Regierung, sei es in Werken der Kunst, der Literatur, des Journalismus oder in Film und Fernsehen wurde verboten. Künstler*innen und Autor*innen war es nicht mehr möglich, sich künstlerisch und kreativ zu entfalten oder ihre kritische Meinung über den Nationalsozialismus zu äußern.

Verbotene Literatur und Bücherverbrennungen

Im März 1933 wurden von der nationalsozialistischen Regierung sogenannte "schwarze Listen" mit verbotenen Werken veröffentlicht. Werke, die sich auf den Listen befanden, wurden seit 1933 aus Bibliotheken, Verlagen und Buchhandlungen entfernt und beschlagnahmt.

Im Zeitraum vom 10. Mai bis zum 21. Juni 1933 wurden verbotene Werke von über 250 Autor*innen öffentlich verbrannt. Die Bücherverbrennungen fanden unter dem Titel "Aktion wider den undeutschen Geist" in zahlreichen Städten Deutschlands statt. Als "undeutsch" wurden insbesondere Werke jüdischer Autor*innen deklariert. Doch auch demokratische und kommunistische Werke wurden verbrannt.

Das Wort „Demokratie“ leitet sich von dem altgriechischen Wort dēmokratía ab, das übersetzt „Volksherrschaft“ bedeutet. Eine Demokratie ist eine Regierungsform, die auf den Prinzipien der Gleichheit und Freiheit aller Bürger*innen beruht. So dürfen alle Bürger*innen z. B. frei ihre eigene Meinung äußern, ohne staatliche Verfolgung befürchten zu müssen. Außerdem zeichnet sich eine Demokratie durch die gleichberechtigte Beteiligung des gesamten Volkes an politischen und gesellschaftlichen Prozessen aus. Zu den politischen Beteiligungsmöglichkeiten gehören etwa freie Wahlen, bei denen die Bevölkerung ihre politischen Vertreter*innen wählt.

Kommunismus“ stammt vom lateinischen Wort communis ab, das übersetzt „gemeinsam“ bedeutet. Der Kommunismus ist eine Gesellschaftstheorie. Das Ziel kommunistischer Bewegungen liegt darin, den gesellschaftlichen Zustand des Kommunismus herbeizuführen. Im Kommunismus sind Güter nicht mehr das Eigentum von Unternehmer*innen, sondern das gemeinsame Eigentum aller Bürger*innen eines Staates. Außerdem gibt es im Kommunismus keine unterschiedlichen gesellschaftlichen Klassen mehr.

Das Ziel der Aktion bestand darin, in aufsehenerregenden öffentlichen Verbrennungen alle Werke zu beseitigen und zu zerstören, die nicht der Ideologie des Nationalsozialismus entsprachen oder dessen Existenz durch alternative politische Ansichten gefährdeten.

Die Bücherverbrennungen führten dazu, dass die ersten Autor*innen Deutschland verließen. Man spricht von einer ersten Auswanderungs- bzw. Emigrationswelle. Neben Autor*innen, darunter viele jüdische Autor*innen, verließen unter anderem auch weitere (jüdische) Bürger*innen, Wissenschaftler*innen und Künstler*innen das Land.

Eine weitere Liste mit verbotenen Werken stellte die sogenannten "Liste des schädlichen und unerwünschten Schrifttums" dar, die seit 1935 regelmäßig herausgegeben bzw. aktualisierte wurde. Weitere literarische Werke von Autor*innen, die jüdischer Abstammung waren, sowie Werke, die Kritik an der nationalsozialistischen Herrschaft und am Krieg äußerten, wurden auf der Liste gesammelt. Die Liste beinhaltete unter anderem auch Werke, die pazifistische Botschaften beinhalteten. Auch Schriften, die demokratische oder kommunistische Ansichten verbreiteten, waren verboten.

Das Wort "Pazifismus" leitet sich von den lateinischen Wörtern pax (= "Frieden") und facere (= "machen, handeln") ab. Unter Pazifismus versteht man eine Weltanschauung, die kriegerische Auseinandersetzungen vollständig ablehnt.

Kurz gesagt: Jegliches schriftliches Gedankengut, das nicht der nationalsozialistischen Ideologie entsprach bzw. für die Aufrechterhaltung des Nationalsozialismus nicht förderlich war, wurde verboten. Bis zum Ende der Diktatur befanden sich 12.400 einzelne Werke und außerdem das Gesamtwerk von 149 Autoren auf der "Liste des schädlichen und unerwünschten Schrifttums".

Die nationalsozialistische Kulturpolitik zerstörte den Literaturbetrieb nachhaltig: Während ein erheblicher Teil der kritischen deutschsprachigen Literatur zerstört und verboten wurde, wurden gleichzeitig Werke gefördert, die die Regierung verherrlichten und etwa Themen wie Krieg und Landwirtschaft verklärt darstellten.

Nürnberger Gesetze

Im Jahr 1935 wurden die Nürnberger Gesetze eingeführt, woraufhin eine zweite Auswanderungswelle einsetzte. Die Nürnberger Gesetze diskriminierten die jüdischen Bürger*innen aufgrund ihrer jüdischen Abstammung und schlossen diese systematisch vom gesellschaftlichen Leben aus.

Jüdischen Bürger*innen wurden im Rahmen der Nürnberger Gesetze zahlreiche Rechte entzogen, sie waren nun nicht mehr nicht gleichgestellt mit anderen Bürger*innen Deutschlands. Beispielsweise wurde die Ehe und der Geschlechtsverkehr zwischen jüdischen und nicht jüdischen Bürger*innen verboten und mit Gefängnisstrafen geahndet.

Die Nürnberger Gesetze bereiteten spätere Schoah (auch Holocaust genannt) vor. Unter den Begriffen "Schoah" bzw. "Holocaust" versteht man die systematische Ermordung von über sechs Millionen jüdischen Menschen durch deutsche Nationalsozialisten während des Zweiten Weltkriegs.

Das Wort "Schoah" (auch "Schoah" oder "Shoa" geschrieben) stammt aus dem Hebräischen und bedeutet übersetzt "die Katastrophe", "das große Unglück, Unheil". "Holocaust" hingegen leitet sich vom altgriechischen Wort holókaustos ab und bedeutet übersetzt "vollständig verbrannt". Viele jüdische Menschen sprechen sich für die Verwendung des Wortes "Shoah" aus.

Der Begriff "Schoah" bezieht sich ausschließlich auf die Ermordung von Juden und Jüdinnen durch die Nationalsozialisten. Der Begriff "Holocaust" schließt auch weitere Opfer des Nationalsozialismus mit ein, darunter Roma und Sinti, Homosexuelle sowie politische Gefangene.

Das Leben im Exil

Rund 1500 Autor*innen verließen Deutschland und flüchteten zunächst ins europäische Ausland. Mit der Ausbreitung der nationalsozialistischen Herrschaft in Europa und dem Beginn des Zweiten Weltkriegs wurden viele Autor*innen ein weiteres Mal zur Flucht gezwungen. Sie ließen sich in weiter entfernten Ländern, wie den Vereinigten Staaten von Amerika (USA), Mexiko und der Sowjetunion nieder.

Während der Kontakt zur Heimat in der Regel nicht möglich war, litten viele Geflüchteten aufgrund ihrer deutschen Herkunft unter Anfeindungen im Ausland. Gefühle von Einsamkeit und Isolation wurden häufig in literarischen Werken verarbeitet. Die Hoffnung auf eine schnelle Möglichkeit der Heimkehr starb schnell. Publikationsmöglichkeiten für deutschsprachige Werke gab es im Ausland nur begrenzt, wodurch viele Autor*innen am Existenzminimum lebten.

Da vielen die deutsche Staatsbürgerschaft vor ihrer Flucht aberkannt worden war, reisten die Geflüchteten in den meisten Fällen mit gefälschten Ausweisdokumenten in andere Länder ein. Die ständige Sorge vor einer Abschiebung belastete viele Autor*innen in Exil zusätzlich. Viele Geflüchtete begingen aufgrund der ihnen als ausweglos erscheinenden Lebenssituation Suizid.

Fast alle im Exil lebenden Autor*innen lehnten das nationalsozialistische Regime ab. Werke der Autor*innen kritisierten den Nationalsozialismus und leisteten Aufklärungsarbeit aus dem Ausland. Um wirkungsvoller zu protestieren, schlossen sich einige Autor*innen, darunter Anna Seghers, 1933 zusammen und gaben die Zeitschrift "Neue Deutsche Blätter" heraus. Eine weitere, von Klaus Mann herausgegebene Zeitschrift mit dem Titel "Die Sammlung" verfolgte das Ziel, Autor*innen zu vereinen, die sich klar gegen den deutschen Nationalsozialismus positionierten.

Die Exilzeitschrift "Neue Deutsche Blätter wurde von 1933 bis 1935 vom deutschen Autor Wieland Herzfelde in seinem Exil in Prag herausgegeben. Dafür gründete er eigens einen Verlag. Da es ihm als Ausländer in Prag nicht erlaubt war, einen Verlag zu gründen, halfen ihm Freunde, die sich als Herausgeber des Verlags ausgaben. Die an der Zeitschrift beteiligten Autor*innen schrieben aus ihrem jeweiligen Exil, z. B. aus Paris. Jan Petersen, der in Berlin lebte, schmuggelte z. B. für die Autor*innen aktuelle Informationen aus Deutschland ins Ausland.

Während der Zeit des Nationalsozialismus (1933 bis 1945) wurden mehr als 400 Exilzeitschriften veröffentlicht. Viele der erschienenen Zeitschriften wurden – wenn überhaupt – kaum länger als ein Jahr herausgegeben. Autor*innen und Journalist*innen arbeiteten unter erschwerten Arbeitsbedingungen. Vielen Journalist*innen fehlte z. B. das Geld, um einen Zugang zu den Informationen der internationalen Nachrichtenagenturen zu erhalten. Solche Informationen waren für das Verfassen ihrer Artikel notwendig.

Exilliteratur – Themen und Motive

Grundlegende Themen der Exilliteratur sind die Kritik am Nationalsozialismus, verbunden mit einer Aufklärung über und einer Warnung vor diesem. Ferner verfolgten Autor*innen im Exil das Ziel, durch ihre Werke einen Beitrag zum Widerstand gegen den Nationalsozialismus in Deutschland zu leisten und Widerstandskämpfer*innen zu unterstützen.

In ihren Werken argumentierten sie auch für den Frieden und die Menschlichkeit sowie gegen den Krieg. Hinzu kommt die Thematisierung des Lebens im Exil. Unter anderem lassen sich die Motive der Sehnsucht nach der Heimat, des Verlusts der eigenen Kultur und Existenzängste in den Werken wiederfinden.

Exilliteratur – Merkmale und Sprache

Werke der Exilliteratur besitzen im Gegensatz zu Werken anderer Literaturepochen keine einheitlichen sprachlichen oder formalen Merkmale. Da die Ziele der Autor*innen eine Auseinandersetzung mit Themen der Politik und Gesellschaft sowie eine Aufklärung über den Nationalsozialismus waren, wählten Autor*innen für ihre Werke meist eine sachliche und nüchterne Sprache. Dadurch sollte sichergestellt werden, dass die Inhalte ihrer Werke präzise vermittelt werden.

Beeinflusst wurde die Exilliteratur in ihrer Nüchternheit und Präzision durch die ihr vorausgehende Literaturepoche der Neuen Sachlichkeit. Viele Autor*innen, die während der Zeit des Nationalsozialismus ins Ausland flüchten mussten, hatten ihre Werke zuvor im Stil der Neuen Sachlichkeit verfasst. Viele Werke, die im Exil entstanden, bauten sprachlich und stilistisch auch weiterhin auf diesem Stil auf.

Autor*innen der Neuen Sachlichkeit (1918 bis 1933) verzichteten auf die Beschreibung von Emotionen und subjektiven Eindrücken und orientierten sich an journalistischen Schreibweisen. Dafür verwendeten sie eine neutrale, realistische sowie präzise Alltagssprache und verzichteten weitestgehend auf rhetorische Stilmittel. Die Wirklichkeit sollte möglichst sachlich dargestellt werden, um eine Distanz zwischen Handlung und Leser*innen zu schaffen und dadurch kritisches Denken und Lernen zu ermöglichen.

Wenn Du mehr über die Literaturepoche erfahren möchtest, schau Dir gern die Erklärung "Neue Sachlichkeit" auf StudySmarter an!

Literarische Gattungen in der Exilliteratur

In der Exilliteratur stellt die Epik die wichtigste literarische Gattung dar. Lyrik und Dramatik spielen eine weniger wichtige Rolle für die Vertreter*innen der Epoche.

Epik

Die Epik stellte die wichtigste literarische Gattung für die Autor*innen der Exilliteratur dar, besonders beliebt war der Roman. Leser*innen aus dem Ausland hatten im Vergleich zu lyrischen Werken und Dramen großes Interesse an den epischen Werken der im Exil lebenden Deutschen, wodurch es wahrscheinlicher wurde, dass das Werk von einem ausländischen Verlag publiziert wurde. Dennoch gelang es vielen Exilautor*innen nicht, ihre Werke zu veröffentlichen.

In ihren epischen Werken positionierten sich die meisten Autor*innen gegen den Nationalsozialismus. Zu den Romangenres, die die Autor*innen nutzten, zählen der Exilroman, der historische Roman, der utopische Roman und der Zeitroman.

Der Exilroman

Exilromane behandeln thematisch das Leben im Exil und verfolgen das Ziel, über den Nationalsozialismus in Deutschland aufzuklären und Leser*innen vor diesem zu warnen. Thematisiert wurde in diesem Kontext unter anderem, wie es zum Aufstieg Hitlers und der Nationalsozialisten gekommen ist.

Der historische Roman

Einige historische Romane behandeln das Judentum und beleuchten dessen geschichtlichen Hintergrund. Andere historische Romane machen sich Fabeln und Erzählungen zu Nutze, um daran Parallelen in der Entwicklung von Politik und Gesellschaft in Deutschland offenzulegen.

Das Wort Fabel leitet sich vom lateinischen Wort fabula ab und bedeutet übersetzt "Erzählung", „Geschichte", "Sage“. Fabeln sind kurze in Vers- oder Prosaform verfasste Erzählungen, in denen Tier- und Pflanzengestalten mit menschlichen Eigenschaften auftauchen. Fabeln verfolgen das Ziel, den Leser*innen eine moralische Botschaft zu vermitteln, ihnen also z. B. bestimmte gesellschaftliche Werte näherzubringen.

Auch Satire ist ein wichtiger Bestandteil vieler historischer Romane.

Durch Satire können z. B. Menschen, Geschehnisse oder bestimmte Zustände, insbesondere gesellschaftliche oder politische Missstände, kritisiert werden. Dies wird z. B. durch Über- oder Untertreibung erreicht, die bis ins Lächerliche reichen kann.

Der utopische Roman

In utopischen Romanen wird ein fiktiver Zukunftsentwurf, also eine mögliche Zukunft, ausgearbeitet. Diese Vorstellung von Zukunft war in vielen Fällen mit einem Kulturpessimismus verbunden, der sich durch negative Erwartungen von zukünftigen kulturellen Entwicklungen ausdrückt.

Das Wort "Utopie" leitet sich von den altgriechischen Wörter ou (= "nicht") und tópos (= "Ort", "Stelle") ab, was sich als "Nicht-Ort" übersetzen lässt.

Der Zeitroman

Zeitromane erfüllen den Zweck, die Gegenwart des Autoren oder der Autorin für Leser*innen nachvollziehbar und wirklichkeitsnah abzubilden. In Zeitromanen thematisieren und kritisieren Autor*innen die gesellschaftlichen und politischen Entwicklungen ihrer Zeit und analysieren darüber hinaus Auswirkungen auf das Individuum.

Lyrik

Die Lyrik spielte in der Exilliteratur eine weniger wichtige Rolle. Im Gegensatz zu epischen Texten waren lyrische Werke bei Leser*innen im Ausland weniger beliebt. Dadurch war es für deutsche Autor*innen schwerer, diese bei ausländischen Verlagen zu veröffentlichen. Viele Gedichte der Exilautor*innen wurden daher erst nach Ende des Zweiten Weltkrieges publiziert. Zu den prägenden Dichter*innen der Exilliteratur gehören unter anderem Bertolt Brecht und Else Lasker-Schüler.

Auch in den Gedichten der Exilliteratur zeigt sich, dass das Ziel der Werke darin bestand, Inhalte sachlich und realitätsnah zu vermitteln. Die Gedichte folgen daher keine einheitlichen formalen Merkmale wie Metrum und Reimschema.

Im folgenden Auszug aus Bertolt Brechts Gedicht "Gedanken über die Dauer des Exils" (1937) zeigen sich die Motive der Sehnsucht nach der Heimat und der Hoffnung auf eine Rückkehr ins Heimatland. Das Gedicht ist in zwei Teile gegliedert, wovon der erste Teil aus vier Strophen und der zweite Teil aus zwei Strophen besteht.

Der folgende Ausschnitt besteht aus den ersten beiden Strophen, die zum ersten Teil des Gedichts gehören:

Schlage keinen Nagel in die Wand

Wirf den Rock auf den Stuhl.

Warum vorsorgen für vier Tage?

Du kehrst morgen zurück.

Lass den kleinen Baum ohne Wasser.

Wozu noch einen Baum pflanzen?

Bevor er so hoch wie eine Stufe ist

Gehst du fort von hier.5

Optimistisch schaut das lyrische Ich in die Zukunft und geht davon aus, dass es bald wieder in die Heimat zurückkehren wird. Deshalb sieht es keinen Sinn darin, sich in seiner neuen Unterkunft einzurichten. Auch den kleinen Baum zu gießen, erscheint dem lyrischen Ich, im Angesicht des baldigen Aufbruchs in die Heimat, als nicht sinnvoll.

Im zweiten Teil des Gedichts ist jedoch eine veränderte Einstellung bezüglich der Dauer des Aufenthalts im Exil zu erkennen:

Sieh den Nagel in der Wand, den du eingeschlagen hast:

Wann, glaubst du, wirst du zurückkehren?

Willst du wissen, was du im Innersten glaubst?

Tag um Tag

Arbeitest du an der Befreiung

Sitzend in der Kammer schreibst du.

Willst du wissen, was du von deiner Arbeit hältst?

Sieh den kleinen Kastanienbaum im Eck des Hofes

Zu dem du die Kanne voll Wasser schlepptest!5

Neben Nägeln in der Wand, um etwa Bilder aufzuhängen, deutet der Vers "Tag um Tag" darauf hin, dass mittlerweile etwas Zeit vergangen ist. Auch die "Kanne voll Wasser" ist ein Indiz dafür: Der Baum benötigt mittlerweile viel Wasser, d. h. er ist um einiges gewachsen und hat die Höhe einer Treppenstufe längst überschritten.


Während das lyrische Ich im ersten Teil des Gedichts damit an eine baldige Rückkehr in die Heimat glaubt, wandelt sich seine Hoffnung auf eine baldige Rückkehr
im zweiten Teil des Gedichts in Resignation.

Dramatik

Ein Drama lebt von seiner Aufführung, doch Theaterbühnen waren für die Werke der Autor*innen der Exilliteratur aufgrund ihrer thematischen Ausrichtung in Form einer Kritik an der deutschen Politik kaum verfügbar. Viele im Exil verfasste Dramen wurden nie aufgeführt.

Bertolt Brecht erzielte als einziger Dramatiker große Erfolge mit seinen Dramen wie "Furcht und Elend des 3. Reiches", das er von 1935 bis 1943 immer weiter ausarbeitete. Das Theaterstück, das Brecht zunächst in Anspielung auf Heinrich Heines "Deutschland. Ein Wintermärchen" (1844) unter dem Titel "Deutschland – Ein Greuelmärchen" veröffentlichen wollte, besteht aus aneinandergereihten Szenen, die den nationalsozialistischen Alltag in Deutschland thematisieren und kritisieren. Das Werk ist dem epischen Theater zuzuordnen.

Das epische Theater wurde in den 1920er-Jahren von Bertolt Brecht und Erwin Piscator entwickelt. Es ergänzt Dramen um epische Merkmale. So verfügen Werke, die dem epischen Theater zuzuordnen sind, beispielsweise wie epische Texte über einen Erzähler.

Durch den sogenannten Verfremdungseffekt (auch V-Effekt), der u. a. durch Unterbrechungen in Form von Liedern hervorgerufen wird, soll das Publikum das Geschehen auf der Bühne kritisch hinterfragen und zum Nachdenken angeregt werden. Gleichzeitig soll verhindert werden, dass sich das Publikum mit den Figuren identifiziert und Mitgefühl für diese entwickelt.

Wenn Du mehr über das epische Theater erfahren möchtest, schau Dir gern die Erklärung "Episches Theater" auf StudySmarter an!

In "Furcht und Elend des 3. Reiches" treten pro Szene jeweils andere Protagonisten auf, die Szenen besitzen also keinen direkten Handlungszusammenhang. Eine Szene handelt beispielsweise davon, wie ein Ehepaar beobachtet, wie ihr Nachbar verhaftet wird, nachdem sie ihn verraten haben. Eine andere Szene handelt davon, wie eine Person leise zu einer anderen Person sagt, dass sie auf das Ende des Nationalsozialismus hofft. Neben Angst und Gewalt handeln die Szenen auch vom Widerstand gegen die Diktatur.

Exilliteratur – bekannte Werke & Autoren

Einige der bekanntesten Vertreterinnen und Vertreter der Exilliteratur sind:

  • Bertolt Brecht (1898 – 1956)
  • Heinrich Mann (1871 – 1950)
  • Thomas Mann (1875 – 1955)
  • Else Lasker-Schüler (1869 – 1945)
  • Alfred Döblin (1878 – 1957)
  • Stefan Zweig (1881 – 1942)
  • Erich Maria Remarque (1898 – 1970)
  • Anna Seghers (1900 – 1983)
  • Kurt Tucholsky (1890 – 1935)
  • Lion Feuchtwanger (1884 – 1958)
  • Carl Zuckmayer (1996 – 1977)
  • Ernst Toller (1893 – 1939)

Beispiele für bekannte Werke der Exilliteratur sind unter anderem:

Exilliteratur – Das Wichtigste

  • Die deutsche Literaturepoche der Exilliteratur umfasst die Jahre 1933 bis 1945.
  • Nach der Machtergreifung Hitlers im Januar 1933 und dem Aufbau der nationalsozialistischen Herrschaft wurde das gesamte gesellschaftliche und politische Leben gleichgeschaltet, d. h. in einer Art und Weise kontrolliert und benutzt, sodass sie die nationalsozialistische Ideologie förderten.
  • Auch Kunst und Literatur wurden stark eingeschränkt: Es kam zu Bücherverbrennungen, verbotener Werke und Verfolgung von regierungskritischen und jüdischen Autor*innen.
  • Aufgrund der Verfolgung durch den nationalsozialistischen Staat mussten viele Autor*innen Deutschland verlassen.
  • Literarische Werke dieser Autor*innen, die im Zeitraum von 1933 bis 1945 im Ausland entstanden sind, werden der deutschen Literaturepoche der Exilliteratur zugeordnet.
  • Themen und Motive in literarischen Werken der Epoche sind unter anderem Sehnsucht nach der Heimat, Verlust der eigenen Kultur, Existenzängste, Kritik am Nationalsozialismus und Aufklärung über den Nationalsozialismus.
  • Während der Literaturepoche der Exilliteratur stellte die Epik die bedeutendste literarische Gattung und der Roman die bedeutendste Form der Epik dar.
  • Die Werke der Epoche lassen sich durch einen sachlichen Sprachstil charakterisieren.

Exilliteratur, Hilfe in Krisensituationen unter telefonseelsorge.de, telefonseelsorge.at, StudySmarter


Nachweise

  1. Bertolt Brecht (1998). Furcht und Elend des Dritten Reiches. Suhrkamp.
  2. Manfred Durzak, ed. (1973). Die deutsche Exilliteratur 1933–1945. Reclam.
  3. Konrad Feilchenfeldt (1986). Deutsche Exilliteratur 1933–1945. Winkler.
  4. Ludwig Hoffmann (1987). Kunst und Literatur im Exil 1933–1945. Reclam.
  5. Bertolt Brecht (1978). Svendborger Gedichte. Suhrkamp.

Häufig gestellte Fragen zum Thema Exilliteratur

Die Epoche der Exilliteratur in Deutschland umfasst die Jahre 1933 bis 1945. Damit verläuft die Epoche der Exilliteratur parallel zur Zeit des Nationalsozialismus in Deutschland. 

Unter dem Begriff der Exilliteratur versteht man alle literarischen Werke, die im sogenannten "Exil" bzw. im Ausland, aufgrund von staatlicher Verfolgung sowie religiöser oder rassistischer Diskriminierung im eigenen Heimatland, entstanden sind. 

Wichtige Werke der Exilliteratur sind unter anderem "Joseph und seine Brüder" (1933 – 1943) von Thomas Mann, "Jugend ohne Gott" (1937) von Ödön von Horváth, "Der gute Mensch von Sezuan" (1938 – 1942) von Bertolt Brecht und "Transit" (1944) von Anna Seghers.

Werke der Exilliteratur verfügen über keine einheitlichen sprachlichen oder formalen Merkmale. Den Autor*innen war die Vermittlung von Inhalten wichtig. Themen der Exilliteratur sind Kritik am Nationalsozialismus und Aufklärung über diesen, Widerstand gegen den Nationalsozialismus sowie Sehnsucht nach der Heimat. 

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