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Popliteratur – Definition
Die Popliteratur ist eine Strömung der Literatur, deren Entstehung auf die USA der 1940er-Jahre zurückgeführt werden kann und die sich ab den 1950er-Jahren auch in Deutschland ausbreitete. In den 1990er-Jahren erlebte die Popliteratur einen Neuaufschwung - bis heute erscheinen dem Genre zuzuordnende Romane.
Popliteratur ist eine Strömung der Gegenwartsliteratur ab 1950. Ihre Werke sind zumeist fragmentarisch, stecken voller Referenzen auf Sekundärliteratur oder anderes kulturelles Material und konzentrieren sich auf Momentaufnahmen im Leben junger Menschen in wohlhabenden Ländern.
Die Inhalte sind häufig provokant und sonderlich. Die Konsumkultur und ihre Produkte und Marken sind fast immer Bestandteil der Handlung.
Werke wie das 1995 vom Schweizer Autor Christian Kracht erschienene "Faserland" erlangten internationale Aufmerksamkeit.
Faserland beschäftigt sich mit Identitätskrisen und gesellschaftsanalytisch mit unserer Konsumkultur, die junge Hauptperson irrt dort durch die alte Bundesrepublik. Der Roman trifft einen Nerv und wurde zum Klassiker deutschsprachiger Gegenwartsliteratur.
Auch Nick Hornby, der englische Autor des Bestsellers "About a Boy" erlangte große internationale Berühmtheit und ist der wohl bekannteste Vertreter der Popliteratur.
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Popliteratur – Epoche
Um die Beweggründe und Motive der popliterarischen Autoren besser zu verstehen, lohnt es sich, einen Blick auf die Entstehung der Strömung zu werfen. Wie es dazu kam, dass die Popliteratur von den USA nach Deutschland überschwappte und in welchem Zustand sich die deutsche Bevölkerung damals befand, erfährst Du in diesem Abschnitt.
Die Entstehung der Popliteratur
Die Entstehung der Epoche des Pop kann ungefähr auf die USA der 1940er-Jahre zurückgeführt werden.
Die damaligen amerikanischen Autor*innen sind der sogenannten Beat-Generation zuzuordnen. Die Beatniks, wie William S. Burroughs (Naked Lunch, 1959) oder Allen Ginsberg (Howl, 1956) brachen herkömmliche Moralvorstellungen und konsumierten bewusstseinserweiternde Drogen. In ihren Büchern verarbeiteten sie diese Erfahrungen.
Als Beat Generation wird eine Richtung der US-amerikanischen Literatur, die nach dem Zweiten Weltkrieg entstand, bezeichnet. Die Beatniks lebten und schrieben unkonventionell und chaotisch. Sie rebellierten gegen die Nachkriegs-USA, gegen Antikommunismus und gegen Verklemmtheit.
Übrigens: Trotz der modern scheinenden Werke wurden Autorinnen auch von den Beatniks wenig ernst genommen. Die meisten Autoren der Popliteratur waren männlich.
Die Schriftsteller*innen stellten ihren amerikanischen Alltag schonungslos und realistisch dar und erzählten nebenbei von verschiedenen Subkulturen und Drogenerfahrungen. Solch eine neue Form der Literatur provozierte und empörte anfangs viele Leser*innen.
Zur Zeit ihrer Entstehung in den USA der 1940er-Jahre drückte die Popliteratur eine Auflehnung gegen die veralteten Strukturen der US-Gesellschaft aus. Drogen, Sexualität und das Leben als Außenseiter*in wurden thematisiert.
Die Protagonist*innen setzen sich mit Werbung, mit Filmen, mit Musik oder mit Comics auseinander, die sich wiederum mit der Gegenwart beschäftigen.
Nach den zwei Weltkriegen stand die Welt unter Schock und auch in der Literatur musste ein Umsturz erfolgen. Vorbei war es mit Sinn, Bürgerlichkeit und Ordnung. Die unglaubliche Brutalität und die Sinnlosigkeit der Kriege mussten verarbeitet werden. In Literatur und Kultur dominierte also plötzlich Spielerisches und Surreales.
Auch Pop-Art entstand und sorgte dafür, dass sich die Popkultur in allen Kunstbereichen ausbreitete; auch in der Literatur. Künstler wie Andy Warhol oder Roy Liechtenstein spielten mit den künstlerischen Aspekten der Waren und der Konsumkultur.
Pop-Art ist eine Kunstrichtung, vorwiegend der Malerei und der Skulptur, die Mitte der 1950er in Großbritannien und in den USA entstand. Ihre Motive beziehen sich auf Alltagsgegenstände, auf Konsum, Marken und Massenmedien.
Im Playboy-Magazin erschien 1968 der Aufsatz "Cross the Boarder - Close the Gap". In diesem forderte der amerikanische Literaturwissenschaftler Leslie Fiedler, dass nicht mehr in "niedere" und "hohe" Literatur unterschieden werden sollte.
Hier in Deutschland veröffentlichte der rebellische Schriftsteller Rolf Dieter Brinkmann 1969 die Anthologie "Acid. Neue amerikanische Szene" und brachte somit die amerikanische Popliteratur nach Deutschland. Von der 68er-Studentenbewegung wurde diese frische Literaturform begrüßt und bot eine Möglichkeit, sich von der Elterngeneration abzugrenzen.
Eine Anthologie bezeichnet eine Zusammenstellung gesammelter literarische Werke.
Popliteratur der 1990er-Jahre
Bereits Ende der 80er-Jahre begann die Popliteratur auch in Deutschland immer mehr in Literaturdebatten einbezogen zu werden.
In den 1990er-Jahren erlebte die Popliteratur eine Renaissance und war auf ihrem absoluten Höhepunkt. Autor*innen wie Christian Kracht, Benjamin von Stuckrad-Barre oder Alexa Henning von Lange waren in aller Munde.
Fünf bekannte Popliteraten trafen sich damals im Berliner Hotel Adlon: Christian Kracht, Eckhart Nickel, Alexander von Schönburg und Benjamin von Stuckrad-Barre. Die beim Treffen aufgezeichneten Gespräche wurden später in einem Buch mit dem Titel "Tristesse Royale. Das popkulturelle Quintett" veröffentlicht.
Die Werke dieser Zeit heben sich stark von ihren Vorgängern der 60er ab, denn seit Ende des Krieges hat sich die Gesellschaft deutlich verändert. Der zunehmende Wohlstand und der fortschreitende Fokus auf Individualismus führen zu mehr Freizeitangeboten, aber gleichzeitig auch zu mehr Oberflächlichkeit und Einsamkeit.
Viele denken um, die meisten Menschen kehren vom Glauben an absolute Wahrheiten ab. Der Zeitgeist des Hedonismus zeigt sich auch in der Literatur. Die Protagonist*innen der Popliteratur müssen sich nun den Problemen der entwickelten Gesellschaft stellen: Angst, Depression und Langeweile.
Die meisten jungen Autor*innen der Zeit wollten sich medial selbst inszenieren und Elemente der Techno-Rave-Kultur in ihre Werke übernehmen. Autor*innen wie Sybille Berg mit "Sex 2", Rainald Goetz mit seinem Roman "Rave" oder Benjamin von Stuckrad-Barre mit "Soloalbum" konnten große Erfolge verzeichnen.
Unter der Techno-Rave-Kultur versteht man eine Tanz- und Musikkultur, die sich in rhythmisch-melodischen Liedern und passendem "Rave"-Tanz ausdrückt.
Popliteratur heute
In den früheren 2000ern erschienen in zahlreichen Feuilletons zwar einige Artikel, die den "Tod der Popliteratur" verkündeten, doch auch heute noch erscheinen Werke, die man der Literaturgattung Pop zuordnet.
Im 2020 erschienenen "Allegro Pastell" beispielsweise schreibt der häufig mit Christian Kracht verglichene Autor Leif Randt über zwei durchdesignte Millennials. Das Buch ist stilistisch genau und präzise verfasst. Die Handlung spielt sich fast ausschließlich an realen Orten ab. Die Kenntnis von Marken und Orten wird vorausgesetzt.
Millennials ist die Bezeichnung für die um die Jahrtausendwende geborene Generation.
Popliteratur – Merkmale
Welche Merkmale weist Popliteratur auf? Die Bezeichnung "Popliteratur" ist umstritten. Gerne benutzt wird der Begriff hauptsächlich von Autor*innen deutschsprachiger Feuilletons.
Feuilletons sind Absätze im Kulturteil einer Zeitschrift oder Zeitungen, die sich mit literarischen, kritischen oder populärwissenschaftlichen Themen beschäftigen.
Zudem sind die Merkmale der Popliteratur schwer definierbar - zu großen Schwankungen unterliegen die zeitgemäß aktuellen Trends. Trotzdem kann man einige immer wiederkehrende Themengebiete erkennen, die Du Dir im nächsten Abschnitt anschauen kannst.
Themengebiete der Popliteratur
Wie bereits erwähnt, beschäftigt sich die Popliteratur mit der medialen und konsumbestimmten Wirklichkeit der Wohlstandsgesellschaften. Sie zeigt also nur einen ganz bestimmten Blick auf das Leben.
So geht es oft um Drogenkonsum, um Liebesbeziehungen und neue Beziehungsformen, um Musik, und ganz allgemein um popkulturelle Referenzen, wie Werbung, Kino, Fernsehen oder das Internet. Mehrfach werden Oberflächen oder Produkte ausführlich beschrieben.
Die Protagonisten*innen sind meistens Wohlstandskinder und in einem vermögenden Land aufgewachsen. Sie blicken zynisch auf eine Welt, die sie nicht verstehen und die wenig Sinn hat. Für sie zählen nicht selten nur ihre individuelle Entwicklung und der Hedonismus.
Der Hedonismus ist ein philosophisches Prinzip. Lebt man hedonistisch, sind die höchsten Werte des Lebens Lust und Genuss. Man versucht, so angenehm und glücklich wie möglich zu leben.
Schließlich beschäftigen sich die Protagonisten*innen mit Themen wie Egoismus, Individualismus oder Liebe und sind auf der anstrengenden Suche nach einem Sinn in einer in ihren Augen durchgetakteten Konsum-Welt.
Sprachliche und stilistische Merkmale der Popliteratur
Die verwendete Sprache ist der Lebensrealität der Zielgruppe angepasst und steckt voller Anglizismen. Auch Jugend- und Umgangssprache werden verwendet, sodass junge Leser*innen sich sofort verbunden und verstanden fühlen.
Anglizismen sind Wortbildungen oder Wörter, die eigentlich aus dem Englischen stammen, aber in eine andere Sprache übernommen wurden. (Zum Beispiel: Internet, Hashtag, Feedback, easy, crazy...)
Pop-Autor*innen erzählen oft auf zynische, bissige und ironische Weise.
Als Ironie bezeichnet man ein rhetorisches Stilmittel, bei dem das Gegenteil der eigentlich Gesagten gemeint wird. Wenn Du Dich näher damit beschäftigen willst, klick Dich doch in die Erklärung "Ironie" auf StudySmarter.
Autor*innen beschreiben häufig auch scheinbar zufällige Orte oder Gegenstände detailliert. Charakteristisch für Pop-Werke ist zudem ein offenes Ende, das verschieden interpretiert werden kann.
Popliteratur – Gattungen
Durch einen Blick auf die literarischen Gattungen, die von Schriftsteller*innen der Popliteratur genutzt wurden, kann man feststellen, dass die intensive Auseinandersetzung mit der Schnelllebigkeit der Zeit nicht nur inhaltlich, sondern auch vor allem formal thematisiert wird. Gefühle werden nicht beiseite geschoben, sondern in epischen Popromanen detailliert beschrieben und verarbeitet.
Epik
Besonders beliebt ist die Gattung der Epik für popliterarische Autoren*innen. In Form von Romanen, Anthologien und Kurzgeschichten befinden sich die Heldenfiguren der Romane auf einer verzweifelten Suche nach ihrer Identität und fühlen sich von der modernen Welt häufig entfremdet und einsam.
Regelmäßig wird das Geschehen durch einen Ich-Erzähler dargestellt. Meistens leuchtet in den inneren Monologen der Hauptpersonen eine zugrundeliegende Resignation, eine Müdigkeit von der Welt durch die Zeilen. Sie wirkt auf den ersten Blick oft oberflächlich, doch bei näherer Betrachtung traurig und bedeutungsvoll.
Auch der Popjournalismus ist eine gängige Ausdrucksform der Autoren*innen. In Feuilletons werden aktuell-populäre Themen aufgegriffen. Bekannte Zeitungen, in denen man Spuren des Popjournalismus finden kann, sind die "Frankfurter Allgemeine Zeitung", "Süddeutsche Zeitung", "Die Zeit" und der "Spiegel".
Lyrik
Schriftsteller der Popliteratur bedienen sich zwar hauptsächlich der Epik, doch nutzen auch vereinzelt die Lyrik, um Gedanken in modernen Lebenssituationen in Versform festzuhalten.
Der Stil der zivilen Poesie etabliert sich: In ihr vereinen sich epische Elemente und lyrische Formate. Das lyrische Ich gibt dabei häufig Einblicke in tiefsinnige Gedanken, nimmt aber auch nicht selten eine informierende Haltung ein, bei der zeitgeschichtliche Themen aufgegriffen werden.
Dramatik
Die Dramatik tritt als Literaturgattung eher in den Hintergrund. Stattdessen scheint es so, als würde die Plattform des Films zeitweise die Funktion der Dramatik einnehmen.
Popliteratur – Werke / Autoren
Zu den bekanntesten Vertreter*innen der deutschen Popliteratur zählen:
- Christian Kracht
- Benjamin von Stuckrad-Barre
- Alexa Henning von Lange
- Eckhart Nickel
- Alexander von Schönburg
Die bekanntesten Bücher der deutschen Popliteratur sind etwa:
- "Faserland" von Christian Kracht (1995)
- "Acid. Neue amerikanische Szene" von Rolf Dieter Brinkmann (1969)
- "Sex 2" Sybille Berg (1998)
- "Rave" Rainald Goetz (1998)
- "Soloalbum" von Benjamin von Stuckrad-Barre (2016)
Popliteratur - Das Wichtigste
- Popliteratur ist eine Strömung der Gegenwartsliteratur, die in den 1940er-Jahren entstand und ca. 1990 wieder auflebte.
Popliteratur entstand in der Nachkriegszeit im USA der 40er-Jahre als Auflehnung gegen veraltete US-Strukturen.
Die Popliteratur wollte "hohe" und "niedere" Literatur ursprünglich zusammenführen.
In den 90er-Jahren verändern sich die Thematiken hin zu Individualismus und psychischen Problemen.
In den Werken geht es um Identitätssuchen junger Menschen aus Wohlstandsgesellschaften, sie enthalten zahlreiche popkulturelle Referenzen auf Musik, Markennamen oder Orte.
Die Inhalte sind oft provokant: Es geht um Grenzerfahrungen, Liebe, Drogen und Konsum.
Anglizismen, Jugendsprache und Umgangssprache werden gerne verwendet.
Vor allem die Epik ist populär: Kurzgeschichten, Romane und Anthologien werden zum Medium der Popliteraten.
Die Lyrik wird teilweise mittels ziviler Poesie genutzt, wobei die Dramatik eher in den Hintergrund gerät.
Zu den bekanntesten Vertretern der Popliteratur zählen unter anderem Christian Kracht und Benjamin von Stuckrad-Barre.
Zu den bekanntesten Werken der Popliteratur zählen unter anderem "Faserland" von Christian Kracht (1995) und "Acid. Neue amerikanische Szene" von Rolf Dieter Brinkmann (1969).
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Häufig gestellte Fragen zum Thema Popliteratur
Was versteht man unter Popliteratur?
Unter Popliteratur versteht man eine Strömung der Gegenwartsliteratur. Die Inhalte sind oft provokant und sonderlich, die Konsumkultur und ihre Produkte und Marken sind fast immer Bestandteil der Handlung.
Was macht Popliteratur aus?
Die Werke der Popliteratur macht aus, dass sie zumeist fragmentarisch sind. Außerdem stecken sie voller Referenzen auf Sekundärliteratur oder anderes kulturelles Material und konzentrieren sich auf Momentaufnahmen im Leben zumeist junger Menschen in wohlhabenden Ländern.
Was sind bekannte Werke der Popliteratur?
Bekannte Werke der Popliteratur sind "Faserland" von Christian Kracht (1995),
"Acid. Neue amerikanische Szene" von Rolf Dieter Brinkmann (1969) und "Sex 2" Sybille Berg (1998).
Wann gab es die Popliteratur?
Die Popliteratur gibt es immer noch. Sie entstand jedoch im USA der 1940er Jahre und hatte in den 90er Jahren auch in Deutschland ihren Höhepunkt.
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