Neologismen begegnen uns im alltäglichen Leben. Das Konzept des Neologismus bietet viel Potenzial für Kreativität. Deshalb wird es nicht nur als rhetorisches Stilmittel in der Literatur genutzt, sondern beispielsweise auch in der Werbung.
Und, hast Du das erste Wort dieser Erklärung als Neologismus erkannt?
Neologismus – Definition
Ein Neologismus ist ein rhetorisches Stilmittel, bei dem ein neues Wort erschaffen wird – eine sogenannte "Wortneuschöpfung". Der Begriff Neologismus leitet sich von den altgriechischen Wörtern néo und lógos ab. Ersteres bedeutet übersetzt "neu" und letzteres steht für "Wort".
Wenn Du mehr über die verschiedenen rhetorischen Stilmittel erfahren möchtest, schau Dir gern die Erklärung "Rhetorische Stilmittel" an.
Neologismen gehören als neu erfundene Wörter zur Gruppe der Wortfiguren. Neologismen wirst Du zunächst nicht im Duden finden – es sei denn, sie haben sich im allgemeinen Sprachgebrauch bereits etabliert. Daher sind einige Neologismen nach gewisser Zeit nicht mehr unbedingt als solche zu erkennen. Hättest Du zum Beispiel gedacht, dass "Brunch" ein Neologismus ist?
Der Neologismus "Brunch" ist eine Zusammensetzung der englischen Wörter breakfast und lunch. Ein "Brunch" ist demnach ein Frühstück zur Mittagszeit, bei dem sowohl typische Frühstücksbestandteile als auch Bestandteile eines Mittagessens gegessen werden.
Das Wort "Brunch" hat sich mittlerweile so stark im deutschen Sprachraum etabliert, dass es sogar nach den Regeln der deutschen Grammatik gebeugt wird. Das siehst Du zum Beispiel an der Wortform "brunchen" als Verb im Präsens mit typischer Endung "-en" oder an der Wortform "gebruncht" als Partizip II im Perfekt mit der typischen Vorsilbe "ge-" und der Endung "-t".
Neologismus – Wirkung und Funktion
Der Neologismus ist ein sehr beliebtes rhetorisches Stilmittel – nicht nur in der Literatur. Meist werden Neologismen von Schriftsteller*innen, Werbetexter*innen und Privatpersonen genutzt, um:
- sich von der Alltagssprache abzusetzen und präzise, treffende Wörter zu benutzen.
- einem Text eine persönliche, einzigartige Note zu verleihen und einen eigenen Stil zu entwickeln.
- Wörter zu erfinden, die die eigene Gefühlslage besser zum Ausdruck bringen oder schlicht von einem kreativen Umgang mit Sprache zeugen.
Um die Wirkung eines spezifischen Neologismus erkennen zu können, ist es wichtig, den Neologismus in seinem Kontext zu betrachten. Je nach sprachlicher Umgebung entfalten sich andere Wirkungen bei den Rezipient*innen – ob das nun Leser*innen von Texten oder Zuschauer*innen von Werbespots sind. Neologismen können:
- Neuartiges bezeichnen und damit sprachliche Lücken füllen.
- vor allem in Werbekontexten bewusst die Aufmerksamkeit der Rezipient*innen auf sich lenken.
- etwas positiv oder negativ bewerten.
Neologismen – Bildungsweisen
Ein Neologismus kann auf verschiedenste Weise gebildet werden, denn kaum ein Neologismus gleicht dem anderen. Dennoch bestehen bei der Bildung einiger Neologismen bestimmte Gemeinsamkeiten. Nachfolgend findest Du die vier beliebtesten Formen beziehungsweise Bildungsweisen von Neologismen.
Neologismus durch Zusammensetzung
Neologismen können kreiert werden, indem zwei oder mehrere eigenständige Wörter zu einem Wort zusammengeführt werden. Die einzelnen Wortbausteine sind dabei auch im fertigen Neologismus zu erkennen.
Das Wort "Erdenhimmel" ist beispielsweise ein Neologismus des bekannten Schriftstellers Hermann Hesse. Der Begriff stammt aus seinem Gedicht "Friede" und setzt sich aus den Wörtern "Erde" und "Himmel" zusammen.
Neologismus durch Abkürzung
Neologismen können außerdem durch das Abkürzen von Wörtern kreiert werden. So entstehen Neologismen in Form von sogenannten Kurzwörtern.
Der Neologismus "Hiwi" ist zum Beispiel sehr bekannt und längst etabliert. Das Kurzwort steht für "Hilfswissenschaftler*in" beziehungsweise "wissenschaftliche Hilfskraft".
Neologismus durch Eindeutschung
Weiterhin können Neologismen dadurch entstehen, dass Wörter aus anderen Sprachen in die deutsche Sprache integriert und nach den Regeln der deutschen Grammatik gebeugt werden. Oft werden dafür englische Wörter genutzt.
Das Verb "relaxen" stellt zum Beispiel einen Neologismus in Form eines eingedeutschten Wortes dar, das der Verbindung des englischen Verbs to relax (übersetzt: "entspannen") mit der deutschen Verbendung "-en" entspringt.
Neologismus durch Verschmelzung
Nicht zuletzt können Neologismen aus der Verschmelzung mehrerer Wörter entstehen. Dabei werden die Wortbausteine nicht nur aneinandergereiht, sondern die einzelnen Teile werden miteinander kombiniert.
Das Jugendwort des Jahres 2015, "Smombie", ist ein Neologismus. Er entstand durch die Verschmelzung der Wörter "Smartphone" und "Zombie", die sich auf inhaltlicher Ebene ergibt. Das Jugendwort bezeichnet nämlich Personen, die dauerhaft – wie Zombies – auf ihr Smartphone starren und dabei alles andere um sich herum ausblenden.
Neologismus – Beispiele
Es gibt unzählige Beispiele für Neologismen. Sie begegnen Dir überall und vielleicht hast Du auch schon einmal selbst einen Neologismus erstellt. Nachfolgend findest Du einige Beispiele:
"Ostalgie" ist eine Zusammensetzung aus "Ost(en)" und "Nostalgie".
Bedeutung: Eine nostalgische Sehnsucht nach bestimmten alltäglichen Lebensformen und Objekten aus der DDR.
"Vlog" ist eine Zusammensetzung aus "Video" und "Blog/Web-Log".
Bedeutung: Video-Blog
"Podcast" ist eine Zusammensetzung aus pod (in Anlehnung an Audioplayer Ipod, dt. "Hülle"/als Abkürzung für play on demand, dt. "abspielen auf Abruf") und Broadcast ("Sendung").
Bedeutung: Ein Audiobeitrag, der beliebig abgespielt werden kann.
"unkaputtbar" ist eine Zusammensetzung aus "kaputt" und "unzerstörbar".
Bedeutung: in adjektivischer Verwendung "nicht kaputt zu kriegen"
"Brexit" ist eine Zusammensetzung aus british ("britisch") und exit ("Ausgang" oder "Ausstieg").
Bedeutung: Austritt Großbritanniens aus der Europäischen Union
"chillen" ist ein eingedeutschter Neologismus, der sich vom englischen Verb to chill ("entspannen") ableitet.
Bedeutung: vor allem in der Jugendsprache "entspannen"
Neologismen in der Lyrik
In der Lyrik – und in der Literatur ganz allgemein – ist der Neologismus eine häufig gewählte Form des kreativen und gezielten Umgangs mit Sprache. Einige bekannte Beispiele für Neologismen in der Lyrik beziehungsweise Literatur findest Du hier. Die Bedeutung dieser Neologismen ergibt sich dabei immer aus dem Kontext des Geschriebenen.
"Erdenhimmel" ist ein Neologismus aus Hermann Hesses Gedicht "Friede".
"Taumelbunte" ist ein Neologismus aus dem Titel von Hermann Hesses Gedichtsammlung "Taumelbunte Welt".
"Aschensaat" ist ein Neologismus aus Gottfried Kellers Gedicht "Land im Herbste".
"Knallvergnügt" ist ein Neologismus aus Joachim Ringelnatz' Gedicht "Morgenwonne".
Neologismen aus Fremdsprachen
Nachfolgend findest Du einige Beispiele für Neologismen, die Wörtern anderer Sprachen entspringen und in die deutsche Sprache integriert wurden.
"traden" bedeutet "handeln" oder "tauschen" und kommt vom englischen Wort trade (übersetzt: "Handel").
"fluffig" bedeutet "locker/luftig" und kommt vom englischen Wort fluffy (übersetzt: "flauschig"/"locker").
"Habibi" bedeutet "Schatz" oder "Bruder" und kommt vom arabischen Wort Habibi (übersetzt: "Freund"/"Liebling").
Der Neologismus und Neue Medien
Besonders durch die Digitalisierung und damit der Nutzung der sogenannten Neuen Medien gehen viele Neologismen einher. Oft werden aus Werbetexten und Firmennamen neue Wörter geformt.
"tindern" ist ein verbaler Neologismus, der mit der Dating-App "Tinder" aufkam.
"googeln" ist ein verbaler Neologismus, der mit der Internet-Suchmaschine "Google" aufkam.
"studysmartern" ist ein frisch kreierter, verbaler Neologismus, den wir natürlich unbedingt etablieren wollen.
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Neologismus - Das Wichtigste
- Ein Neologismus ist ein rhetorisches Stilmittel, bei dem ein neues Wort erschaffen wird. Es handelt sich um eine Wortneuschöpfung.
- Neologismen gehören zur Gruppe der Wortfiguren.
- Neologismen können auf verschiedenste Weise gebildet werden, zum Beispiel durch Zusammensetzung, Abkürzung, Eindeutschung oder Verschmelzung.
- Neologismen werden von Schriftsteller*innen, Werbetexter*innen oder Privatpersonen genutzt, um Texten eine persönliche und einzigartige Note zu verleihen und von einem kreativen Umgang mit Sprache zu zeugen.
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