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Wenn Du in diesem Satz nicht alles verstanden hast, ist das nicht schlimm. Es ist ein Beispiel, wie das sogenannte Code-Switching aussehen kann. Menschen, die mehr als eine Sprache beherrschen, wechseln gelegentlich innerhalb eines Gesprächs zwischen den Sprachen.
Im oberen Satz wird die spanische Sprache mit der deutschen vermischt. Die Person sagt: "Ich weiß nicht, wie spät es ist, aber ich gehe jetzt nach Hause. Bis morgen! Wir sehen uns!"
Code-Switching – Definition und Bedeutung
Als Code-Switching wird der Wechsel von einer Sprache zu einer anderen Sprache innerhalb einer zusammenhängenden, sprachlichen Äußerung bezeichnet. Dabei kann der Wechsel einen ganzen Gesprächsabschnitt, einzelne Sätze, Satzteile oder vereinzelte Wörter umfassen. Bi- oder multilinguale Menschen können Code-Switching unbewusst oder bewusst einsetzen und jede der Sprachen korrekt bedienen.
Das englische Wort code bezeichnet in der Sprachwissenschaft ein Inventar aus sprachlichen Zeichen sowie deren Anwendungsregeln = Sprache. Das englische Wort to switch bedeutet "wechseln" oder "schalten".
Code-Switching kommt oft bei Menschen vor, die mit zwei oder mehreren Sprachen aufgewachsen sind. Diese sind entweder bilingual (zwei Muttersprachen) oder multilingual (drei oder mehr Muttersprachen). Besonders bei Menschen, die in ein anderes Land eingewandert sind und früh eine neue Sprache lernen mussten, ist dieser Sprachwechsel oft zu beobachten.
Code-Switching kann auch innerhalb einer einzigen Sprache auftreten, indem man zwischen einer Hochsprache und einem Dialekt wechselt.
Bi- und multi- sind zwei Vorsilben aus dem Lateinischen und bedeuten soviel wie "zwei" und "mehrfach". Auch lingua ist ein lateinisches Wort. Es bedeutet "Zunge" oder auch "Sprache".
Beim Code-Switching wird die Ausgangssprache für den Wechsel auch Matrixsprache genannt. Sie ist die dominante Sprache und bestimmt die Rahmenbedingungen wie Satzaufbau, Betonung oder Position der Wörter.
Die Sprache, deren Wörter oder Satzteile innerhalb der Matrixsprache verwendet werden, ist die eingebettete Sprache.
Obwohl bei bilingual aufwachsenden Menschen nur eine Sprache die dominante ist, ist der Zugriff im Gehirn auf die andere Sprache zur selben Zeit aktiviert. Daher können sie sich meist problemlos am Vokabular der eingebetteten Sprache bedienen, sie grammatisch korrekt anwenden und in die Matrixsprache zurückwechseln.
Bedingungen für das Code-Switching
Die Sprechsituation kann ausschlaggebend dafür sein, wie und in welchem Umfang Code-Switching betrieben wird. Oft ist die Verwendung gebunden an das soziale Umfeld und die Themen, die innerhalb dieses Umfeldes behandelt werden. Ist das Thema aus einem Bereich, mit dem eine andere Sprache verbunden ist, kommt es zum Code Switching.
Code-Switching – Beispiele
Anhand des folgenden Beispiels siehst Du eine Gesprächssituation, in der Code-Switching stattfinden kann:
Eine Familie aus Ecuador ist nach Deutschland ausgewandert. Die Kinder haben in der Schule die deutsche Sprache gelernt, zuhause wird mit der Familie weiterhin Spanisch geredet. Der Vater fragt die Kinder, welches Thema sie denn aktuell in Mathe behandeln.
Vater: "¿Qué estás haciendo en matemáticas?"
Kind: "Empezamos hoy con el tema del Integralrechnung."
Das Kind antwortet, dass es heute mit Integralrechnung angefangen hat. Dabei wurde das Wort nicht ins Spanische übersetzt, sondern in den Satz eingebettet.
Lernt man eine neue Sprache in der Schule, so werden Wörter benutzt, die außerhalb dieses Umfeldes seltener benutzt werden. Man lernt dort schulbezogene Wörter wie "Integralrechnung“ oder "Lehrerversammlung". Es kann sein, dass das Kind diese Wörter in der Muttersprache "Spanisch" nicht kennt, da sie ihm nie beigebracht wurden.
Code-Switching – Funktion
Die Situation des/der Sprechenden entscheidet darüber, welche Funktion das Code-Switching übernimmt. Hierbei kann es unterschiedliche Absichten für einen Wechsel von einer Sprache in die andere geben.
Direktive Funktion
Diese Funktion äußert sich darin, wenn Sprechende Code-Switching anwenden, mit dem Ziel, andere Menschen aus dem Gespräch auszuschließen oder sie ins Gespräch zu integrieren.
Piotr und Jakob stehen auf dem Schulhof und sprechen miteinander Deutsch. Als ihre Lehrerin an ihnen vorbeigeht, wollen sie nicht, dass diese das private Gespräch mitbekommt. Sie wechseln die Sprache daher für einen Moment ins Polnische.
Expressive Funktion
Hier verwenden Sprechende bewusst Begriffe oder ganze Sätze ihrer Muttersprache in der Matrixsprache. Damit drücken sie ihre Identität aus.
Sofia redet mit Freunden über ihren anstehenden Geburtstag: "Bei uns in Colombia wird die Quinceañera groß gefeiert."
In dem Beispiel wird Sofias Identität als Kolumbianerin sogar dreimal ausgedrückt:
- das erste Mal durch "bei uns"
- das zweite Mal durch die spanische Übersetzung "Colombia" und
- das dritte Mal durch den Eigenbegriff "Quinceañera".
Das spanische Wort Quinceañera bedeutet übersetzt "die Fünfzehnjährige". In lateinamerikanischen Ländern ist es Brauch, den 15. Geburtstag eines Mädchens als Übergang in das Erwachsenenleben groß zu feiern.
Besonders gut ist die Identitätsbestimmung auch bei Wörtern zu beobachten, die in anderen Sprachen nicht existieren. So gibt es im Deutschen das Wort "Heimat", welches nicht direkt den Ort als Territorium meint, sondern die Beziehung zu dem Ort. Dazu gehört das Gefühl und die Erfahrung, die man mit dem Ort verbindet.
Anders als bei Wörtern wie "Rechtschreibregeln" oder "Integralrechnung" lassen sich solche Begriffe nicht wortwörtlich in andere Sprachen übersetzen, ohne die Bedeutung zu verlieren.
Referenzielle Funktion
Fallen den Sprechenden in der Matrixsprache nicht die richtigen Wörter ein, greifen sie auf bereits bekannte Begriffe der anderen Sprache zurück. Sind die Sprachkenntnisse nicht ausreichend, um sich über vereinzelte Wörter hinaus ausdrücken zu können, kann die Person auch das komplette Gespräch auf der Sprache weiterführen.
Alejandro und Christo wollen kochen und kaufen dafür ein. Es fehlt noch Koriander.
Christo: "Haben wir jetzt alles?"
Alejandro: "Nein, wir brauchen noch was, dieses eine Kraut...äh...nicht Petersilie, sondern....cilantro."
Metalinguistische Funktion
Bei dieser Funktion wird die Hauptaussage in der Matrixsprache getätigt und ein Kommentar oder eine Bewertung in der eingebetteten Sprache angehängt.
...und dann fuhr der Bus einfach an mir vorbei und ich nur so: are you serious?
Code-Switching – Arten
Wie Du an den Beispielen bemerkt hast, hat das Code-Switching je nach Situation eine unterschiedliche Funktion. Diese Funktionen sind eng mit der Art des Code-Switching verbunden und lassen sich in eine der drei Formen einordnen.
Satzexternes Code-Switching
Bei dieser Form tritt das Code-Switching an der Satzgrenze zwischen zwei ganzen Sätzen oder zwischen zwei Teilsätzen auf.
Satzgrenzen erkennt man daran, dass Du an dieser Stelle einen Punkt setzen kannst und der Satz inhaltlich und grammatisch korrekt ist.
I like to speak Spanish more often pero me falten las palabras. Y luego, I end the sentences in English.
(Ich würde gern mehr Spanisch sprechen, aber mir fehlen die Wörter dazu. Und dann beende ich die Sätze auf Englisch.)
Satzinternes Code-Switching
Bei dem satzinternen Code-Switching tauschen Sprechende innerhalb eines eigenständigen Satzes die Sprache. Das kann einzelne Wörter betreffen oder auch Wortgruppen.
Intern bedeutet, etwas befindet sich "im Inneren" von etwas anderem.
I don't know quien ella es. (Ich weiß nicht, wer sie ist)
- Code Switching betrifft die Wortgruppe quien ella es.
Cierra la window. (Mach das Fenster zu.)
- Code Switching betrifft das einzelne Wort window.
Emblematisches Code-Switching
Emblematisches Code Switching wird auch als "Tag-Switching" bezeichnet und betrifft Bestätigungswörter, Füllwörter oder Interjektionen, die in der eingebetteten Sprache in die Aussage der Matrixsprache eingefügt werden.
Interjektionen sind Äußerungen, mit denen man eine Empfindung oder Emotion ausdrückt, z.B. "hä?", "ach" oder auch "zum Donnerwetter".
"You are from Columbia, verdad?"
- verdad als Bestätigungswort aus dem Spanischen.
"Well, wir müssen da jetzt durch, you know, da gibt's keinen Weg dran vorbei."
- well und you know als Füllwörter aus dem Englischen.
"Sacre bleu, das war knapp!"
- sacre bleu als Interjektion aus dem Französischen.
sp.: verdad – Wahrheit (wird hier als Bestätigungspartikel verwendet, ähnlich dem deutschen "stimmt's?")
frz.: sacre bleu – Verdammt!
Code Mixing
Es gibt unter Sprachforschenden keine allgemeingültige Abgrenzung zwischen den Begriffen Code-Switching und Code-Mixing. Je nach Quelle werden sie synonym zueinander verwendet. Was beide Sprachphänomene gemeinsam haben: Sprechende nutzen mindestens zwei Sprachen, um eine Äußerung zu tätigen.
Ein Sprachwechsel in Form von Code-Switching hat dabei häufig eine bestimmte Funktion oder Bedeutung und wird absichtlich verwendet. Code-Mixing hingegen umfasst oftmals formale Aspekte der Sprache, z. B. Elemente aus der Grammatik und wird unbewusst geäußert.
- Die Sportart Walking wird umgangssprachlich auch "walken" genannt und ist ein Beispiel für Code-Mixing. An das englische Verb "to walk" wurde die deutsche Verbendung "-en" gehängt. Mittlerweile ist "walken" ein gebräuchliches Wort, sodass hier zwar Code-Mixing betrieben wird, dieses allerdings bewusst gewollt ist.
- Eine gebürtige Syrerin erzählt Dir etwas auf Deutsch. Sie hat die Sprache gerade neu gelernt und ein paar der Wörter sind in einer anderen Reihenfolge, als es für die deutsche Sprache üblich ist. Ins Syrische übersetzt, ist die Reihenfolge allerdings korrekt. Das Code-Mixing betrifft hier das Vokabular der deutschen Sprache, was auf den Satzbau der syrischen Sprache angewandt wird.
Vor- und Nachteile des Code-Switching
Code-Switching ist möglicherweise eine Folge einer bi- bzw. multilingualen Erziehung oder eines mehrsprachigen Umfeldes. Je nach Ausprägung können die erlernten Sprachen auf dem Niveau der Muttersprache gesprochen werden. Wird eine der Sprachen über die Zeit weniger gesprochen, kann es dazu führen, dass die Fähigkeit, sie zu sprechen, teilweise oder komplett vergessen wird. Den Sprechenden fallen dann beispielsweise nur noch einzelne Worte ein oder sie sind in der Lage, die Sprache zu verstehen, aber nicht mehr zu sprechen.
Code-Switching galt früher als "unreine" Sprache und war ein Zeichen mangelnder Kompetenz. Man nahm an, dass weder die eine noch die andere Sprache ausreichend gelernt wurde.
Tatsächlich besitzen multilinguale Menschen die Fähigkeit, in ihren Sprachen hin- und herzuwechseln und die Regeln der jeweiligen Sprache korrekt umzusetzen. Sie wissen also sehr gut, wie die Sprachen anzuwenden sind. Häufig fällt es ihnen auch leichter, weitere Sprachen zu erlernen. Gleichzeitig ist es mittlerweile erwiesen, dass durch das Code-Switching mehr Areale im Gehirn des Sprechenden/der Sprechenden aktiviert werden.
Unter dem Abschnitt "Expressive Funktion" hast Du gelernt, dass Code-Switching die Zugehörigkeit einer Identität ausdrückt. Es kann aber auch das Gegenteil der Fall sein. Gerade wenn die Sprache nicht komplett fehlerfrei gesprochen werden kann und sie mit Elementen der Muttersprache ergänzt wird, kann dies zu einem unsicheren Identitätsgefühl führen.
Eine expressive Funktion des Code-Switching wird auch unter deutschsprachigen Jugendlichen praktiziert, um sich einer multilingualen Sprechergemeinschaft anzupassen, z. B. mit dem Ethnolekt "Kanak Sprak". Dabei wird die Sprache nicht erlernt, sondern einzelne Elemente der Sprache ins Deutsche eingefügt, z. B.
- Das Weglassen von Artikeln: "Lass ma Kino heute".
- Einzelne Wörter: "Yalla", "Lan".
Anpassung der Aussprache, insbesondere des "ch"-Lautes: "Isch", "misch".
Unterschied zwischen Code-Switching und Translanguaging
Im Bereich der Mehrsprachigkeit gibt es noch den Begriff Translanguaging. Beim Code Switching geht es darum, wie Sprachen untereinander gemischt werden und beim Translanguaging, dass verschiedene Sprachen miteinander genutzt werden.
lat. trans - jenseits, über (hier im Sinne von "über die Sprache hinaus").
Besonders in der Pädagogik wird Translanguaging eingesetzt, um mehrsprachig aufwachsende Kinder und Jugendliche zu unterstützen und zu fördern. Meist wird im Unterricht nur eine Sprache gesprochen und Fremdsprachen werden nur im jeweiligen Fremdsprachenunterricht genutzt. Bei multilingualen Menschen sind alle von ihnen gesprochenen Sprachen aktiv, auch, wenn nur eine überwiegend gesprochen wird.
Mit Translanguaging haben sie die Möglichkeit, in einer anderen Sprache auf ihr Wissen zurückzugreifen.
Natalia und Amina sind in einer Klasse, in der viele Schüler*innen andere Sprachen sprechen können. Die Unterrichtssprache ist Deutsch. Natalias Muttersprache ist Griechisch, Aminas ist Arabisch. Für eine Gruppenarbeit suchen sie sich die Informationen zum Thema in ihrer Muttersprache heraus und schreiben diese nieder.
Als sie ihre Notizen in der Gruppe besprechen, sprechen sie wieder in ihrer Unterrichtssprache Deutsch und tragen neue Informationen zusammen. Anschließend gehen sie wieder in Einzelarbeit, verarbeiten die neuen (deutschen) Informationen und tragen diese schließlich in deutscher Sprache vor ihrer Klasse vor.
Um das Thema zu bearbeiten, werden hier alle beherrschten Sprachen genutzt. Der Lerneffekt ist beim Translanguaging besonders hoch, da das Wissen von einer Sprache in eine andere übertragen wird.
Es ist ein pädagogischer Vorgang, der in Kitas und Schulen vom Lehrpersonal umgesetzt wird. Damit sollen bei mehrsprachig aufgewachsenen Kindern eventuelle Sprachdefizite ausgeglichen und Diskriminierung vermieden werden.
Code-Switching – Das Wichtigste
- Code-Switching nennt man den Wechsel von einer Sprache in die andere.
- Es gibt verschiedene Funktionen des Code-Switching, mit denen Sprechende eine bestimmte Absicht ausdrücken.
- Es gibt drei Arten, auf welche Code-Switching angewendet wird. Die Arten beziehen sich auf die unterschiedlichen Teile eines Satzes.
- Code-Switching hat keine klare Abgrenzung zu Code-Mixing.
- Unter Translanguaging versteht man die übergreifende Verwendung mehrerer Sprachen, um Wissen auszudrücken.
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Häufig gestellte Fragen zum Thema Code Switching
Was versteht man unter Code Switching?
Code Switching ist der Wechsel zwischen verschiedenen Sprachen innerhalb eines Satzes oder eines ganzen Gesprächs.
Welche Arten des Code Switching gibt es?
satzextern, satzintern, emblematisch
Wie funktioniert Code Switching?
Bi- bzw. multilinguale Menschen wechseln zwischen min. 2 Sprachen hin und her. Ausgetauscht werden einzelne Wörter, Satzteile, ganze Sätze oder Gesprächsabschnitte.
Warum ist Code Switching wichtig?
Code Switching ist wichtig, um sich oder andere sprachlich abzugrenzen oder zu integrieren und um Identitäten auszudrücken.
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