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Groteske Komödie – Definition
Die Groteske Komödie setzt sich aus dem Stilmittel "Groteske" und der Dramengattung "Komödie" zusammen.
Stilmittel sind dazu da, eine bestimmte Wirkung in Literatur und Kunst zu erzeugen.
Das Drama ist eine der drei großen Gattungen in der Literatur. Das Drama besteht meist aus einer Handlung, die in Monologen und Dialogen mehrerer Figuren einen Konflikt behandelt.
Das "Groteske" in der Literatur bezeichnet einen Verstoß gegen Normen und spielte besonders in der Epoche der Romantik eine große Rolle. Die Inhalte wirken oft komisch bzw. lächerlich, aber gleichzeitig auch schauderhaft und fehl am Platz.
Häufig ist das Ziel, Kritik an der Gesellschaft zu üben, indem Eigenschaften von Personen, Dingen oder auch ganzen Gruppen bzw. Organisationen übertrieben inszeniert werden. Zur selben Zeit bietet das Groteske auch Freiraum zum sprachlichen Experimentieren, da die Grenzen der Realität nicht eingehalten werden müssen.
Sichtbar werden diese Merkmale in Texten wie "Frankenstein" (1818) von Mary Shelley oder "Der Glöckner von Notre Dame" (1831) von Victor Hugo. In diesen wird das "Hässliche" und Unförmige dargestellt, das aber wiederum Mitleid und eventuell auch Sympathie erregt. "Der Besuch der alten Dame" (1956) von Friedrich Dürrenmatt dagegen demonstriert das "Hässliche" der Menschheit an der Gesellschaft, die einen ihrer Mitbürger für Geld opfert.
Die Romantik (1795-1835) ist eine literarische Epoche, die sich von der Poetik der Weimarer Klassik abwenden wollte. Es wurden irrationale und fantasievolle Elemente verwendet und vor allem in der Spätromantik (1815-1835) gab es einen verstärkten Fokus auf die sogenannte "Schauerliteratur", die das Unheimliche abbildete.
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Die Komödie ist eine der zwei Hauptgattungen des Dramas. Man erkennt sie daran, dass dort Figuren eines niederen Standes auftreten. Das liegt daran, dass es unangemessen gewesen wäre bspw. den Adel mit seinen Fehlern darzustellen und sich über ihn zu amüsieren.
Eine Ständegesellschaft ordnet die Menschen bestimmten Schichten zu. Vom Mittelalter bis ins 19. Jahrhundert waren diese aufgeteilt zwischen dem Klerus (höchster Rang; Geistliche), dem Adel (2. Rang) und den Bauern und Bürgern (letzter Rang).
Den Figuren in einer Komödie werden meist Fehler zugesprochen, die einen bestimmten Typ von Mensch darstellen sollen. Auch hier wird also, wie in der Groteske, Gesellschaftskritik geäußert. Die verschiedenen Typen von Menschen dienen als Reflexionsfiguren im Text, mit denen sich der Zuschauende bzw. Lesende identifiziert oder von denen er sich distanziert. Oft wird in dieser Dramengattung mit Doppeldeutigkeit gearbeitet, die verwirren und zum Nachdenken anregen soll. Die Verwirrung wird abschließend aufgelöst und so haben Komödien immer ein Happy End.
Groteske Komödie – Merkmale
Durch die Verbindung aus "Groteske" und "Komödie" wird es möglich, die Realität zu verdrehen und sie so lachhaft und befremdlich wirken zu lassen. In der Grotesken Komödie werden Gegensätze vereint und die Grenzen zwischen Realität und Fiktion verschwimmen.
Die folgenden Beispiele von Grotesken Komödien in Literatur, Kunst und Film sollen veranschaulichen, welche Formen die Textart annehmen kann und wie sie angewandt wird.
"Die Physiker" als Groteske Komödie in der Literatur
In der Tragikomödie "Die Physiker" von Friedrich Dürrenmatt aus dem Jahre 1962 geht es um die Patienten einer psychiatrischen Klinik namens Möbius, Beutler und Ernesti, sowie die Leiterin der Klinik, Mathilde von Zahnd.
Die Tragikomödie ist eine Mischform aus der Komödie und der Tragödie. Die Tragödie behandelt Menschen höheren Standes und schildert großes Leid, während die Komödie Menschen niederen Standes thematisiert und untragische Fehler aufzeigt.
Möbius ist ein Physiker und täuscht vor, zu glauben, er würde die Stimme König Salomons hören und dessen Befehle befolgen. Beutler und Ernesti geben sich als Patienten aus, die glauben, sie wären die Physiker Isaac Newton und Albert Einstein. In Wirklichkeit will Möbius allerdings nur die Ergebnisse seiner Arbeit vor der Welt geheim halten und Beutler und Ernesti sind Agenten der Regierung, die genau diese Erkenntnisse stehlen wollen. Frau von Zahnd entpuppt sich am Ende als die eigentlich geistig Kranke, da sie die Forschungsergebnisse nutzen will, um die Weltherrschaft an sich zu reißen.
König Salomon war laut der Bibel im 10. Jahrhundert vor Christus der Herrscher des Königreichs Israel.
Das Chaos, das Dürrenmatt hier kreiert, ist kennzeichnend für seine Werke und Bestandteil des Grotesken in seinen Dramen. Die Leserschaft wird nicht nur durch die Handlung in die Irre geführt, die immer wieder unerwartete Wendungen nimmt, sondern auch durch die Sprache selbst. Der Autor lenkt den Lesenden, indem er ihm zu Beginn des Stückes falsche Informationen liefert und diese dann erst am Ende auflöst. Ein Beispiel hierfür findet sich im Dialog zwischen Ernesti (Einstein), Möbius und der Krankenschwester Monika:
EINSTEIN (betrachtet seine Hände): "Ob ich noch jemals fähig bin, Geige zu spielen?"
Möbius erhebt sich, wie um Monika zu schützen.
MÖBIUS: "Sie geigten ja schon wieder."
EINSTEIN: "Passabel?"
MÖBIUS: "Die Kreutzersonate. Während die Polizei da war."
EINSTEIN: "Die Kreutzersonate. Gott sei Dank." Seine Miene hat sich aufgeklärt, verdüstert sich aber wieder. "Dabei geige ich gar nicht gern, und die Pfeife liebe ich auch nicht. Sie schmeckt scheußlich."
MÖBIUS: "Dann lassen Sie es sein."
EINSTEIN: "Kann ich doch nicht. Als Albert Einstein."6
Angesichts der Tatsache, dass Ernesti überhaupt nicht geistig krank ist, ist seine Inszenierung verblüffend glaubhaft. Die skurrile Sinnlosigkeit und Verwirrung seiner Aussagen lässt die Leserschaft keinen Moment an seiner Unzurechnungsfähigkeit zweifeln. Gleichzeitig sind seine Aussagen so unlogisch, dass es bereits komisch wirkt.
"Die Physiker" spielt in der fremden Welt einer Klinik, abgeschnitten vom Rest der Welt und die Charaktere werden mit allerhand überzogenen Eigenschaften versehen. Dürrenmatt nutzt die Groteske Komödie, um eine Distanz zwischen den Figuren und den Lesenden herzustellen und so ein objektives Lesen zu ermöglichen. Die komischen Elemente sollen zum Lachen animieren und entspannend wirken. Laut Dürrenmatt wäre der Lesende im entspannten Zustand in der Lage, das "Schlechte" oder "Hässliche" auf diese Weise besser zu verarbeiten und damit fertig zu werden.
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"Grotesken" als Groteske Komödie in der Kunst
Die "Grotesken" sind Zeichnungen des Wiener Theateringenieurs Lodovico Ottavio Burnacini aus dem 17. Jahrhundert. Das Theatermuseum in Wien hatte vom 08.10.2020 bis zum 02.08.2021 eine Ausstellung mit dem Namen "Groteske Komödie" veranstaltet, in der seine Arbeit veranschaulicht wurde. Seine Tätigkeit als Bühnenbildner begeisterte zahlreiche Besucher der Theater Wiens bereits zu seinen Lebzeiten als Angestellter am Kaiserhof.
In seinen Zeichnungen sind Menschen zu sehen, die teilweise tierartige oder maschinenähnliche Merkmale aufweisen und mit Faschingskostümen, Schminke und Masken kostümiert sind. Die dargestellten Körper haben merkwürdige und teils unnatürliche Proportionen und in manchen Fällen kann nicht zwischen alten und jungen Menschen unterschieden werden. Ebenso verschwimmen die Grenzen von Geschlechtern, sodass manchmal nicht ersichtlich ist, ob es sich um einen Mann, eine Frau oder keins von beidem handelt.
Die sichtbare Verzerrung von menschlichen Körpern wirkt fremd auf den Betrachtenden, aber gleichzeitig kann die unerwartete Darstellung lachhaft wirken.
"Fargo" als Groteske Komödie im Film
Der Film "Fargo" von den Brüdern Ethan und Joel Coen aus dem Jahr 1996 zeigt ein weiteres Beispiel für die Realisierung einer Grotesken Komödie. Der Thriller bedient sich eines schwarzen Humors und handelt von einem Autohändler, der pleitegeht. Um sein Geschäft wieder aufzubauen, inszeniert er die Entführung seiner Frau und will so seinen reichen Schwiegervater erpressen.
Im schwarzen Humor werden Themen wie Tod, Krankheit und Verbrechen thematisiert und oft verharmlost dargestellt. Viele streiten sich über die Grenzen, die in dieser Art von Komik überschritten werden dürfen, um noch humorvoll zu sein.
Der Thriller ist ein Genre in der Filmindustrie, dass besonders viel Spannung erzeugen und die Betrachtenden meist auch überraschen soll.
Allerdings bekommt einer der Entführer während ihres Auftrags bei einer Verkehrskontrolle Panik und erschießt infolgedessen einen Polizisten und einige Zivilisten. Damit beginnt die Handlung aus dem Ruder zu laufen und es ermittelt nun die schwangere Polizeichefin des Ortes in dem Fall.
Sowohl die Art des Humors, als auch der Gegensatz, der sich bei der leitenden Ermittlerin durch ihre Schwangerschaft ergibt, zeigen groteske und komische Elemente auf. Während die Handlung enorm an Spannung zunimmt und zusehends brenzlig wird, haben die Figuren immer einen witzigen Spruch auf den Lippen. Und die Polizeichefin, die eigentlich angesichts ihrer Schwangerschaft Schutz suchen müsste, macht sich stattdessen auf die Suche nach dem Mörder ihres Kollegen.
Groteske Komödie - Das Wichtigste
- Die Groteske Komödie ist zusammengesetzt aus der "Groteske" und der "Komödie".
- Sie ist sowohl in der Literatur, als auch in der Kunst und im Film zu finden.
- In der Grotesken Komödie werden Gegensätze vereint, um Betrachtende bzw. die Leserschaft durch die absurde Darstellung zum Nachdenken und zum Lachen zu bringen.
- Oft wird durch die überzogene Inszenierung auch Gesellschaftskritik geäußert, bspw. durch die Darstellung des Hässlichen.
- In der Grotesken Komödie verschwimmen die Grenzen zwischen Realität und Fiktion.
Nachweise
- kultur-online.net: Groteske Komödie. (26.06.2022)
- theatermuseum.at: Groteske Komödie Lodovico Ottavio Burnacini. (26.06.2022)
- oeaw.ac.at: Groteske und Comœdie. (26.06.2022)
- schreiben.net: Grotesk: Definition & 6 Merkmale der Groteske als Stilmittel. (26.06.2022)
- theaterkapelle.de: Dürrenmatt und die Dramentheorie. (26.06.2022)
- fdocuments.net: Die Physiker. (26.06.2022)
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Häufig gestellte Fragen zum Thema Groteske Komödie
Was ist groteske Literatur?
In der grotesken Literatur wird gegen Normen verstoßen und die Inhalte wirken oft komisch und fehl am Platz. Die Groteske wird häufig verwendet, um Gesellschaftskritik zu äußern.
Was meint "grotesk"?
Grotesk meint, dass etwas deplatziert wirkt und gegen Regeln verstößt. Das können zum Beispiel extrem große oder zu viele Körperteile sein.
Was soll das Groteske bewirken?
Das Groteske soll den Betrachtenden bzw. die Leserschaft zum Lachen, aber auch zum Nachdenken bringen. Die überzogenen oder fehlplatzierten Elemente äußern außerdem oft Kritik an der Gesellschaft.
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