Springe zu einem wichtigen Kapitel
Für die meisten Menschen aus den unteren Schichten war es hingegen kaum möglich, an eine entsprechende Bildung zu gelangen und so etwa eine Universität zu besuchen. Doch es gab Versuche, wenigstens die Literatur und das Theater für die ärmere Schicht zugänglich zu machen. Das Volksstück war einer dieser Versuche, wobei die Werke nicht zum Lesen, sondern zur Aufführung bestimmt waren.
Volksstück – Definition
Das Volksstück hat sich mit der Zeit gewandelt und demnach gibt es viele historische Definitionen. Zentral für das Verständnis des Volksstücks ist jedoch die gegenwärtige Definition, die Du im Folgenden findest.
Unter dem "Volksstück", auch "Volkstheater" genannt, ist eine Untergattung des Dramas zu verstehen, das für ein breites Publikum bestimmt ist und in der ursprünglich das Leben und die Schicksale der Menschen aus den unteren Ständen bzw. Schichten thematisiert wurden. Außerdem handelt es sich beim Volksstück um eine offene Dramenform.
Die offene Dramenform bildet einen Gegensatz zur geschlossenen Dramenform, die in ihrem Aufbau bestimmten Regeln folgt. So weist ein geschlossenes Drama häufig die Einheit von Zeit und Ort auf. Das heißt, die Handlung spielt sich an einem bestimmten Ort ab und sie dauert meist nicht länger als einen Tag.
Die Geschichte des Volksstücks
Das Volksstück hat mit der Zeit sowohl inhaltlich als auch hinsichtlich der Funktion große Veränderungen erfahren. Daher bietet es sich an, sich mit diesen Veränderungen auseinanderzusetzen.
Die Anfänge
Die Anfänge des Volkstheaters in Europa liegen im 17. Jahrhundert und es ging unter anderem aus dem Puppenspiel hervor. Die deutschsprachigen Volksstücke haben ihren Ursprung in den Possen, also derben Komödien, die seit dem Ende des 17. Jahrhunderts von den von Stadt zu Stadt wandernden Wandertruppen aufgeführt wurden. Als Volkstheater galt zu dieser Zeit alles, was eine Parodie oder Travestie war und worin keine adeligen Figuren vorkamen.
Eine Parodie ist eine lächerliche Nachahmung eines berühmten Werks. Wenn ein berühmtes Werk als Ganzes ins Lächerliche gezogen wird, indem es sowohl auf der inhaltlichen als auch auf der sprachlichen Ebene lächerlich nachgeahmt wird, dann liegt in diesem Fall eine Parodie des Originalwerks vor.
Eine bekannte Parodie aus der deutschen Literatur ist das Werk "Die Freuden des jungen Werthers" des deutschen Autors Friedrich Nicolai. In diesem Roman, der genau wie seine Vorlage "Die Leiden des jungen Werther" des deutschen Dichters J. W. von Goethe in der Briefform verfasst ist, wird Goethes ganzes Werk parodiert, also lächerlich nachgemacht, um eine scharfe Kritik daran zu üben.
Eine Travestie ist zwar ebenfalls eine lächerliche Nachahmung, aber in einer Travestie wird nicht der Stoff des Originalwerks selbst, sondern nur dessen Stil verändert, lächerlich nachgeahmt bzw. veralbert.
Goethes "Die Leiden des jungen Werthers" ist in einer sehr gehobenen Sprache verfasst. Ein Werk, in dem die Geschichte des Briefromans "Die Leiden des jungen Werthers" in der Umgangssprache erzählt würde, würde eine Travestie des Originalwerks darstellen. Eine Parodie ist das nicht, denn es wird hier ja zum Zweck der Unterhaltung nur der Stil nachgeahmt.
Volksstücke im 18. und 19. Jahrhundert
Anfangs wurden Volksstücke auf Bühnen im Freien aufgeführt. Zu Beginn des 18. Jahrhunderts aber veränderte sich die Situation. Denn als nicht höfische Bühne diente nun das Wiener Vorstadttheater zur Aufführung von Volksstücken in Österreich. Diese wurden auch durch den österreichischen Adel gefördert, da er so den Inhalt von Volksstücken besser kontrollieren und jegliche Revolutionsversuche verhindern wollte.
Auch im 19. Jahrhundert bestand die Tradition der Volksstücke fort. Es entstanden sogar viele erfolgreiche Volksstücke, so zum Beispiel in Wien. Neu daran war, dass die Volksstücke inhaltlich teilweise ernst und übertrieben gefühlvoll und feierlich waren. In der Epoche des Biedermeier erlebte das Volksstück den Aufstieg zu einer wichtigen Gattung dieser Zeit.
Falls Du Dich mehr über die Literaturepoche des "Biedermeier" informieren möchtest, sieh Dir gern die Erklärung dazu an!
Ab dem Jahr 1848 aber verloren die Volksstücke an Beliebtheit. Ein wichtiger Grund dafür war die Verstädterung im deutschsprachigen Raum. Dabei wurden die Aufführungsorte der Volksstücke immer weniger.
Diese Tendenz war aber nur vorübergehend, denn gegen Ende des 19. Jahrhunderts wurde im bäuerlichen Milieu in Österreich eine Erneuerung des Volksstücks angestrebt, und zwar von dem österreichischen Dramatiker Ludwig Anzengruber. Diese Erneuerung sah den Verzicht auf die Ständeklausel, die Kritik sozialer Umstände und eine realitätsnahe Gestaltung der Figuren vor.
Unter "Ständeklausel" ist eine gesellschaftliche Situation im europäischen Mittelalter und der Frühen Neuzeit zu verstehen. Viele westeuropäische Gesellschaften des Mittelalters und der Frühen Neuzeit bestanden aus drei Ständen. Dem ersten Stand gehörten Geistliche, dem zweiten Stand dagegen Adlige an. Der dritte Stand bestand aus vermögenden Bürgerinnen und Bürgern. Auf dem Land bildeten freie Bauern den dritten Stand.
Volksstücke im 20. Jahrhundert
Im 20. Jahrhundert wurden Volksstücke inhaltlich wieder modifiziert. Nun standen Themen wie Sprachlosigkeit und Entfremdung im Vordergrund. Ein Grund dafür war die durch die Lohnarbeit immer schwächer werdende Beziehung der Menschen unter anderem zu ihrer Familie.
Im Zuge des Nationalsozialismus wurde das Volksstück seinem ursprünglichen Zweck entfremdet. Denn nun sollte es der Untermauerung der sogenannten Blut-und-Boden-Ideologie dienen, die die Nationalsozialisten verbreiteten.
Die Blut-und-Boden-Ideologie war eine Rassentheorie, die inzwischen widerlegt ist. Demnach wurde ländliche und bäuerliche Lebensweise für besser als die städtische gehalten und extrem idealisiert. Außerdem diente die Theorie dazu, jüdische Menschen in Deutschland und Europa zu diskriminieren.
Ab dem Jahr 1965 wurden die kritisch-realistischen Volksstücke beliebter. Diese wollten inhaltlich bestehende Vorurteile beseitigen, um einem falschen Bewusstsein über gesellschaftliche Probleme und Entwicklungen wie Missständen und ihren Ursachen entgegenzuwirken. Insgesamt ging es den Vertretern und Vertreterinnen des kritischen Volksstücks darum, die Illusion einer konfliktfreien Welt zu zerstören. Denn die trivialen Volksstücke bis dahin vermittelten diese meist trügerische Illusion einer Welt ohne ernsthafte Sorgen, in der sich Probleme mit Heiterkeit und Humor beseitigen lassen.
Das Volksstück heute
Auch heute besteht die Tradition von Volksstücken in den Neuen Medien wie dem Film und in den Hörspielen fort: In Radiopodcasts etwa werden Volksstücke für die Hörer*innen aufgearbeitet. Und auch die heutige Stand-up-Comedy weist Einflüsse des Volksstücks auf.
Eine Stand-up-Comedy ist ein oft kurzer Auftritt von Komiker*innen, bei dem diese ihre Einfälle und Gedanken in einer lustigen Weise darbieten.
Ihr Ziel ist dabei, das Publikum zum Lachen zu bringen. Es besteht eine große Ähnlichkeit zwischen einer Stand-up-Comedy und einem Kabarett. Ein Kabarett aber enthält oft eine Kritik an gesellschaftlichen Verhältnissen und der Politik.
Volksstück – Merkmale
Volksstücke unterscheiden sich von anderen Dramen aufgrund ihrer Merkmale. Jedes Volksstück ist zwar einzigartig, dennoch können einige charakteristische Merkmale für das Volksstück als Dramenform genannt werden:
- Schlichte Sprache
- Leben des "gemeinen" Volkes als Hauptthema
- Fehlen von tragischem Ton
- Volksstück als politisches Mittel
- naive Moral
- Happy End
- Lächerliches und Derbes als Bestandteile
Schlichte Sprache
Seit ihrer Entstehung wurden Volksstücke für ein Publikum ohne hohe Bildung geschrieben: Zur Zielgruppe gehörten Bauer*innen und Menschen, die die schriftliche Sprache nicht verstanden. Eine schlichte Sprache ist daher kennzeichnend für das Volksstück. So kommunizieren Figuren eines Volksstückes zum Beispiel oft auch in den regionalen Dialekten und bedienen sich örtlich gängiger Idiome.
Ein Idiom ist eine besondere Sprechweise einer Menschengruppe aus einer bestimmten Region. "Schwein haben" (d. h. Glück haben), "Einen Schlussstrich ziehen" (d. h. etwas beenden) und ähnliche Ausdrucksweisen kannst Du als "idiomatisch" bezeichnen.
Das Leben des "gemeinen" Volkes als Hauptthema
Im Gegensatz zum griechischen Theater oder auch zum Theater der Weimarer Klassik bildete der oft beschwerliche Alltag des "gemeinen", das heißt des nicht gehobenen Volkes, das Thema in Volksstücken. Sein Glück wie Unglück, seine Mimik wie Gestik, seine Laute wie Klagen sollten im Vordergrund der Darstellung stehen. Nicht mythologische Figuren und adelige Personen, sondern vielmehr einfache, notgeplagte Bäuerinnen und Bauern sollten thematisiert werden.
Wie kamen die Menschen unteren Standes mit dem zurecht, was ihnen an Ressourcen zur Verfügung stand? Wie sah ein Liebesverhältnis in diesem Stand aus? Was hielten die Menschen dieses Standes für Tugend und was für Laster? Was taten sie in ihrer Freizeit? Das sind Fragen, die in den Volksstücken thematisiert wurden.
Aus dem folgenden Zitat eines bekannten Volksstücks geht ebenfalls hervor, dass auch das Setting eines Volksstücks nicht gehoben war:
Stille Straße im achten Bezirk.
Von links nach rechts: Oskars gediegene Fleischhauerei mit halben Rindern und Kälbern, Würsten, Schinken und Schweinsköpfen in der Auslage. Daneben eine Puppenklinik mit Firmenschild »Zum Zauberkönig« – mit Scherzartikeln, Totenköpfen, Puppen, Spielwaren, Raketen, Zinnsoldaten und einem Skelett im Fenster. Endlich: eine kleine Tabak-Trafik mit Zeitungen, Zeitschriften und Ansichtspostkarten vor der Türe. Über der Puppenklinik befindet sich ein Balkon mit Blumen, der zur Privatwohnung des Zauberkönigs gehört. [...] 1
Der Raum, in dem sich das Drama ab dieser Stelle entwickeln wird, ist ein Stadtteil der ärmeren Bevölkerung. Denn es ist auf eine deprimierende Weise von "Oskars gediegene Fleischhauerei mit halben Rindern und Kälbern, Würsten, Schinken und Schweinsköpfen in der Auslage" die Rede.
Das Fehlen von tragischem Ton
Wenn Du Dir einige Theaterstücke des antiken Griechenlands und der Weimarer Klassik ansehen würdest, könntest Du wahrscheinlich folgendes feststellen: Das Schicksal einzelner Menschen sowie ganzer Gesellschaften wird oft dramatisch bis feierlich dargestellt. In Volksstücken aber wird die für die Tragik typische Ernsthaftigkeit eher vermieden. Denn nicht das Leben wichtiger Persönlichkeiten wie eines Königs, sondern das Leben einfacher Menschen soll in einem Volksstück dargestellt werden. Und dazu ist ein ernsthafter Ton nicht notwendig.
Nach dem griechischen Philosophen Aristoteles etwa sollte die Darstellung eines Dramas für eine Seelenreinigung sorgen. Seelenreinigung heißt in diesem Fall, dass die Zuschauerinnen und Zuschauer sich vom Schicksal der Dramenfiguren betroffen bzw. berührt fühlen.
Dieses Ziel verfolgten die meisten Volksstücke nicht. Auch das ist der Grund, warum in den meisten Volksstücken auf einen tragischen, ernsthaften Ton verzichtet wird. Stattdessen hatten die meisten Volksstücke das Ziel, das Leben des "gemeinen" Volkes zu thematisieren.
Das Volksstück als politisches Mittel
Folgender Fall aus der europäischen Geschichte zeigt, dass Volkstücke auch politische Zwecke hatten: In Österreich hatte Anfang des 18. Jahrhunderts die österreichische Monarchie die Absicht, den Einfluss Frankreichs auf ihrem Gebiet durch die Förderung von Volksstücken einzudämmen. Denn durch die Volksstückaufführungen wollte die Monarchie ihre Propaganda gegen das damalige Frankreich verbreiten.
Dazu vereinnahmte die damalige Monarchie in Österreich das Alt-Wiener Volkstheater. Damit versuchte die Monarchie die österreichischen Bürgerinnen und Bürger für sich zu gewinnen. Denn die Förderung dieser Dramen "für das Volk" verstanden viele Menschen am Anfang des 18. Jahrhunderts als eine Wohltat seitens der Monarchie.
Mit "Alt-Wiener Volkstheater" wird eine Theaterform im Österreich des 18. Jahrhunderts bezeichnet. Sie ist aus dem Barocktheater der vorigen Jahrhunderte hervorgegangen. Im Gegensatz zu dem Letzteren fand das Alt-Wiener Volkstheater auf Wanderbühnen und auf an Straßenecken errichteten Bühnen statt.
Eine der bekanntesten Erfindungen des Alt-Wiener Volkstheaters ist jene der Figur namens Hanswurst. Der österreichische Theaterschriftsteller Joseph Anton Stranitzky (1676–1726) hat sie erfunden. Wichtig für das Verständnis des Volksstücks ist diese Figur deshalb, weil sie in vielen Volksstücken zu finden ist.
Das Happy End
Da mit dem Volkstheater in erster Linie die Unterhaltung des Volks und – wie am Anfang des 18. Jahrhunderts in Österreich – die Treue des einfachen Volkes gegenüber der Obrigkeit angestrebt wurde, mussten die Stücke meist glücklich enden. Denn das gehörte zur Propaganda, womit die Aufmerksamkeit der Bürgerinnen und Bürger auf ein anderes Thema als auf die Ereignisse in der Politik gelenkt werden sollte.
Das Volksstück stellt in diesem Aspekt das Gegenteil der Tragödie dar, für die ein tragisches Ende charakteristisch ist.
Die naive Moral
In den meisten Volksstücken ist eine alltägliche, naive Moral vorzufinden: Das Gute wird belohnt und das Böse hingegen bestraft. Für ihren Fleiß durften die Menschen die Erbschaft antreten, für die Faulheit hingegen wurde eine Person verachtet. Diese Vorgehensweise verfolgte das Ziel, das weniger anspruchsvolle Publikum zu bilden.
In einem Volksstück kann von einer naiven Moral gesprochen werden, weil dabei ausgeschlossen wird, dass das Gute auch unbelohnt bleiben kann. In Tragödien kann der Held zum Beispiel trotz seiner Tugendhaftigkeit sterben.
Das Lächerliche und Derbe als Bestandteile des Volksstücks
Volksstücke wurden für Menschen verfasst, deren Geschmack sich vom Stammpublikum des Hoftheaters oder der klassischen Dramen unterschied. Das Stammpublikum des Hoftheaters oder der klassischen Dramen verfügte über eine hohe Bildung und hatte daher sehr hohe Ansprüche an ein Theater.
Das Stammpublikum von Volksstücken hingegen war weniger anspruchsvoll und wollte stattdessen Spaß haben. Daher sind oft eine derbe Komik und lächerliche Nachahmungen in den Volksstücken zu finden. Auch lustige Zwischenfälle sowie groteske Begebenheiten werden darin thematisiert.
Witze, Schimpfwörter und Kosenamen etwa gehören zur derben Komik. Das Wort "derb" bezeichnet dabei etwas Grobes. In Possen können die Figuren Menschen höherer Schichten auf eine lächerliche Weise nachahmen.
Eine groteske Begebenheit ist eine Situation, die komisch und unsinnig wirkt bzw. von den Beobachtenden missinterpretiert wird. Eine groteske Situation liegt vor, wenn darin z. B. eine Reinigungskraft mit einem Besen von einem Menschen aus einem ganz anderen Kulturkreis für eine Kaiserin gehalten wird.
Das kritische und triviale Volksstück
Die Kritik an gesellschaftlichen Verhältnissen war das Ziel des kritischen Volksstücks, das im 20. Jahrhundert populär war. Dabei wurden zum Beispiel der Charakter und die Sprache einer Person ins Lächerliche gezogen, um so Kritik daran zu üben. Im trivialen Volksstück dagegen wird keine Gesellschaftskritik ausgeübt, vielmehr kommt eine klischeehafte Gestaltung von Figuren und ihren alltäglichen Problemen vor.
Im Gegensatz zu einem trivialen Volksstück fehlen in den kritischen Volksstücken oft Protagonistinnen und Protagonisten aus den oberen Schichten: Stattdessen sind die Bürgerinnen und Bürger aus weniger privilegierten Schichten selbst die Hauptfiguren. Ein weiterer Unterschied zwischen einem trivialen und einem kritischen Volksstück ist aber, dass der Grundton in einem kritischen Volksstück ernsthafter ist. Auch die Ereignisse werden ernsthafter dargestellt.
Volksstück – Der Unterschied zum klassischen Drama
Das Volksstück unterscheidet sich sehr von einem klassischen Drama. Das liegt auch daran, dass das Volksstück andere Zielsetzungen und Merkmale hat:
Kriterium | Volksstück | Klassisches Drama |
Das Zielpublikum | Menschen damaligen unteren Standes wie Bäuerinnen und Bauern und Arbeiterinnen und Arbeiter | Der Adel und Menschen gehobenen Standes wie Fürsten und Königsfamilien |
Aufführungsort | An Straßenecken errichtete Bühnen, Wanderbühnen, improvisierte Bühnen | Meist aufwendige Theaterhäuser |
Aufbau | Meist in zwei bis fünf Akte mit Szenen | Meist in drei bis fünf Akte mit Szenen |
Aufwand bis zur Aufführung | Eher gering, weil die Aufführung oft auf Wanderbühnen stattfand | Eher hoch, da z. B. viel Zeit für die Gestaltung der Kostüme und des Settings investiert wird |
Sprache und Vorlage | Da das Leben von Menschen unteren Standes im Vordergrund stehen sollte, wurde den Figuren darin eine Sprache in den Mund gelegt, die für die Menschen dieses Standes charakteristisch war.Daher ist die Sprache schlicht und mitunter mit Dialekt. | Oft dienten Werke der römisch-griechischen Antike als Vorlage für Dramen der Weimarer Klassik.Klassische Dramen sind meist in einer gehobenen Sprache geschrieben. |
Mit einem Akt ist ein Abschnitt in einem Drama gemeint, der sich aus mehreren Szenen zusammensetzt.
Bekannte Volksstücke und ihre Autorinnen und Autoren
Um zu verstehen, wie ein Volksstück aufgebaut ist und welche Merkmale es besitzt, kann es hilfreich sein, dass Du Dir einige Volksstücke ansiehst. Bei der Suche nach diesen soll Dir die folgende Liste helfen:
- "Hanswurstkomödie" (Das ist eine Art des Volksstücks, unter das viele Werke mit der Figur "Hanswurst" fallen.)
- "Hanswurstische Träume" von Philipp Hafner (gilt als Vater des Wiener Volksstücks)
- "Die Bürger in Wien" von Adolf Bäuerle
- "Der Talisman" von Johann Nestroy
- "Kasimir und Karoline" von Ödön von Horváth
- "Geschichten aus dem Wiener Wald" von Ödön von Horváth
Falls mehr zu den Werken erfahren möchtest, findest Du die Besprechung der Werke "Geschichten aus dem Wiener Wald", "Kasimir und Karoline" und "Der Talisman" in den entsprechenden Erklärungen auf StudySmarter.
Das Volksstück "Kasimir und Karoline"
In dem Drama "Kasimir und Karoline" geht es um das Scheitern der Beziehung von Kasimir und Karoline und auch um das Ende der Ehe von Merkl Franz und Erna.
Dieses Drama stellt ein Beispiel für ein triviales Volksstück dar, denn es wird darin keine Gesellschaftskritik geübt. So stimmen die Merkmale dieses Werkes, die Du im Folgenden näher kennenlernen wirst, mit den Merkmalen eines trivialen Volksstücks überein.
Figuren aus einfachen Verhältnissen
Im Drama "Kasimir und Karoline" stammen die Hauptfiguren Kasimir und Karoline aus einfachen Verhältnissen. Kasimir ist Chauffeur, den seine Erwerbslosigkeit plagt. Aber auch seine Verlobte Karoline ist arm und muss immer Ausschau nach Wegen halten, die sie zum sozialen Aufstieg führen sollen. Und auch viele Nebenfiguren haben den gleichen sozialen Ursprung wie die Hauptfiguren.
Klischeehafte Gestaltung von Figuren
Alle Figuren im Drama werden klischeehaft dargestellt. Das heißt konkret, dass sie sich darin so verhalten sollen, wie es den gängigen Vorstellungen über ihre Herkunft entspricht. So verhalten sich beide Hauptfiguren, also Kasimir und Karoline, so, dass ihr Verhalten an Menschen aus einfachen Verhältnissen erinnern würde.
Speer nähert sich Rauch; er ist nun total betrunken: Herr Kommerzienrat. Sie sind wohl wahnsinnig geworden, daß Sie mich so anbrüllen – Sie wissen wohl nicht, wen Sie vor sich haben! Speer! Landgerichtsdirektor! 2
In dem Beispiel aus dem Volksstück "Kasimir und Karoline" verhält sich die Figur namens Speer stereotypisch, d. h. klischeehaft. Denn er ist Landgerichtsdirektor, also eine sozial hochstehende Person und der Autor lässt ihn ein Verhalten an den Tag legen, der für Menschen aus oberen Schichten (vermeintlich) typisch ist. In dieser Szene gibt Speer seinem Gegenüber zu erkennen, dass er eine sozial herausragende Person ist und deshalb respektiert werden möchte.
Schlichte Sprache
Die Sprache, die den Figuren in den Mund gelegt ist, zeichnet sich teilweise durch Derbheit aus. Zudem verwenden sie keine Fachbegriffe bzw. keine gehobene Sprache, wenn sie sprechen. Die schlichte, einfache Sprache kannst Du zum Beispiel an folgendem Auszug aus dem Volksstück erkennen:
Karoline: Ich gratuliere.
Kasimir: Zu was denn?
Karoline: Zu deiner Auszeichnung da.
Kasimir: Danke.
Stille. 2
Volksstück – Das Wichtigste
- Unter einem "Volksstück" ist ein Theater zu verstehen, das ursprünglich für die unteren Stände, also das Volk, bestimmt war.
- Im Laufe der Geschichte durchlief das Volksstück immer wieder Veränderungen in seiner Bedeutung und Funktion.
- Schlichte, leicht verständliche Sprache, das Leben des "gemeinen" Volkes als Hauptthema, das Fehlen von tragischem Ton, das Lächerliche und Derbe als Elemente sind einige der Merkmale des Volksstücks.
- Volksstücke hatten zudem nicht selten auch einen politischen Zweck. Das trifft beispielsweise auf das Alt-Wiener Volkstheater zu.
- Die Aufführung von Volksstücken ging mit geringem Aufwand einher, da sie meist an Wanderbühnen und Bühnen an Straßenecken stattfand.
- Das Volksstück unterscheidet sich von einem klassischen Drama unter anderem dadurch, dass es das Leben des Volkes wie Bäuerinnen und Bauern thematisiert. Das klassische Drama stellt dagegen das Leben von Menschen gehobenen Standes – wie von Adeligen und Reichen – dar.
Nachweise
- Projekt Gutenberg.org. Geschichten aus dem Wiener Wald. (26.05.2022)
- Projekt Gutenberg.org. Kasimir und Karoline. (26.05.2022).
Lerne mit 8 Volksstück Karteikarten in der kostenlosen StudySmarter App
Du hast bereits ein Konto? Anmelden
Häufig gestellte Fragen zum Thema Volksstück
Was ist ein Volksstück?
Unter dem "Volksstück", auch "Volkstheater" genannt, ist eine Untergattung des Dramas zu verstehen, das für ein breites Publikum bestimmt ist und in der ursprünglich das Leben und die Schicksale der Menschen aus den unteren Ständen bzw. Schichten thematisiert wurden. Außerdem handelt es sich beim Volksstück um eine offene Dramenform.
Welche berühmten Volksstücke gibt es?
Einige berühmte Volksstücke sind:
- "Hanswurstische Träume" von Philipp Hafner
- "Die Bürger in Wien" von Adolf Bäuerle
- "Der Talisman" von Johann Nestroy
- "Kasimir und Karoline" von Ödön von Horváth
- "Geschichten aus dem Wiener Wald" von Ödön von Horváth
Welche Merkmale hat das Volksstück?
Jedes Volksstück ist zwar einzigartig, dennoch können einige charakteristische Merkmale für das Volksstück als Dramenform genannt werden:
- Schlichte Sprache
- Leben des "gemeinen" Volkes als Hauptthema
- Fehlen von tragischem Ton
- beinhaltet eine naive Moral
- endet oft mit einem Happy End
- Lächerliches und Derbes als Bestandteile
Welche Arten von Volksstücken gibt es?
Es gibt das kritische und das triviale Volksstück. In einem trivialen Volksstück geht es um die Thematisierung des Lebens einfacher Menschen aus unteren Ständen bzw. Schichten. In einem kritischen Volksstück dagegen geht es darum, Kritik an den gesellschaftlichen Verhältnissen zu üben.
Über StudySmarter
StudySmarter ist ein weltweit anerkanntes Bildungstechnologie-Unternehmen, das eine ganzheitliche Lernplattform für Schüler und Studenten aller Altersstufen und Bildungsniveaus bietet. Unsere Plattform unterstützt das Lernen in einer breiten Palette von Fächern, einschließlich MINT, Sozialwissenschaften und Sprachen, und hilft den Schülern auch, weltweit verschiedene Tests und Prüfungen wie GCSE, A Level, SAT, ACT, Abitur und mehr erfolgreich zu meistern. Wir bieten eine umfangreiche Bibliothek von Lernmaterialien, einschließlich interaktiver Karteikarten, umfassender Lehrbuchlösungen und detaillierter Erklärungen. Die fortschrittliche Technologie und Werkzeuge, die wir zur Verfügung stellen, helfen Schülern, ihre eigenen Lernmaterialien zu erstellen. Die Inhalte von StudySmarter sind nicht nur von Experten geprüft, sondern werden auch regelmäßig aktualisiert, um Genauigkeit und Relevanz zu gewährleisten.
Erfahre mehr