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Metrum Anapäst – Lyrik
In Texten der Lyrik – also Gedichten – wird von verschiedenen Metren oder Versmaßen gesprochen, die den Rhythmus in einem Gedicht festlegen. Ein Metrum davon ist der Anapäst:
Der Anapäst ist einer von insgesamt neun Versfüßen. Aus ihm bildet sich eines der vier gängigsten Metren, auch Versmaß genannt. Er besteht aus drei Silben, zwei unbetonten und einer betonten, und ist damit das exakte Gegenstück des daktylischen Versfußes.
Als Versfuß wird der kleinste Teil eines Verses bezeichnet, also eine festgelegte Abfolge aus mindestens zwei Silben in einem Vers. Diese Silbenabfolge wiederholt sich immer wieder und bildet so das Metrum. Nicht alle neun Versfüße können allein stehen. Manche müssen auch innerhalb eines Verses miteinander kombiniert werden, um das Metrum zu bilden. Zu den neun Versfüßen zählen neben dem Anapäst:
Wortherkunft "Anapäst"
Die Bezeichnung Anapäst leitet sich von dem griechischen Wort anápaistos und dem lateinischen Begriff anapaestus ab. Übersetzt bedeutet das so viel wie "zurückprallen", "zurückschlagen" oder auch "rückwärts schlagen".
Versmaß Anapäst – Wirkung & Aufbau
Wie ist das Versmaß des Anapäst aufgebaut und welche Wirkung kann er in einem Gedicht haben?
- Der Anapäst ist ein dreisilbiger Versfuß.
- Er besteht aus zwei unbetonten Silben, gefolgt von einer betonten.
- Diese Abfolge wiederholt sich innerhalb eines Verses und bildet so das Metrum.
Anapäst – Beispiel
Um Dir den Aufbau des Anapäst an einem Beispiel zu veranschaulichen, sind die betonten Silben hier mit einem großen X, die unbetonten mit einem kleinen x gekennzeichnet. Im beispielhaften Vers von Johann Wolfgang von Goethes Gedicht "Pandora", das 1808 erschien, sind die betonten Silben farbig hervorgehoben:
xxX xxX xxX xxX
Alle laden zu Freuden der Liebe mich ein,
- Eine unbetonte Silbe wird in der Verslehre auch Senkung genannt (Stimme senkt sich ab).
- Eine betonte Silbe wird als Hebung bezeichnet (Stimme hebt sich, wird etwas lauter und kräftiger).
- Endet ein Vers auf eine unbetonte Silbe, spricht man von einer weiblichen Kadenz.
- Ist die letzte Silbe im Vers betont, handelt es sich um eine männliche Kadenz.
Je nachdem, wie viele betonte Hebungen in einem Vers vorkommen, wird von einem zwei-, drei- oder vierhebigen Anapäst gesprochen. Um die Anzahl der Hebungen in einem Vers herauszufinden, musst Du also nur die betonten Silben innerhalb des Verses zählen.
Dadurch, dass sich die Hebung im Versfuß am Schluss befindet, verschiebt sich die Betonung auch im Gesamtbild an das Ende des Verses. Beim Lesen hinterlässt das oft eine nachdrücklich bekräftigende, fast drängende Wirkung.
Anapäst – Beispielwörter
Es gibt einige Beispielwörter, in denen der Aufbau bzw. die Betonung des Anapäst deutlich wird. "Anapäst" ist dabei selbst ein Wort, dass sich im Anapäst sprechen lässt. Die betonte Silbe am Ende wurde hier farbig markiert:
A | na | päst
Weitere Beispielwörter, die Dir den Aufbau des Anapäst verdeutlichen können, sind beispielsweise:
E | ner | gie
Al | ler | gie
ü | ber | rannt
Nicht immer sind die anapästischen Versfüße in einem Vers vollständig ausgeprägt. So kommt es vor, dass ein Vers zum Beispiel mit nur einer unbetonten Silbe beginnt und direkt danach die Betonung folgt.
Dies ist etwa in folgendem Vers aus Goethes Gedicht "Pandora" (1808) der Fall. Auch hier sind die betonten Silben farbig hervorgehoben:
xX xxX xxX xxX
Wo gestern die Liebste mir wandelt’ und sang
In diesem Fall wird von einem akephal verkürzten Vers gesprochen. Umgekehrt gibt es aber auch Verse, bei denen der abschließende Versfuß am Ende verkürzt ist. Dies wird dann als katalektischer Vers bezeichnet. Hierbei ist zu beachten, dass durch einen verkürzten Versfuß am Ende eine Betonung fehlt, also die Anzahl der Hebungen im Vers sinkt. Ein katalektischer Anapäst sieht also so aus:
Katalektischer Anapäst mit weiblicher Kadenz und einsilbiger Kürzung: xxX xxX xxX xx
Katalektischer Anapäst mit weiblicher Kadenz und zweisilbiger Kürzung: xxX xxX xxX x
Während die akephale Kürzung am Anfang recht häufig vorgenommen wird, ist ein katalektisch anapästischer Vers eher selten. Der Anapäst wird im Deutschen eher wenig genutzt. In der griechischen sowie lateinischen Sprache findet er jedoch vermehrt Anwendung.
Anapäst – Gedichte
Es gibt verschiedene Gedichte, die das Metrum des Anapäst gut veranschaulichen. Als konkretes Beispiel für den Anapäst eignet sich das Schauspiel "Ion" von August Wilhelm Schlegel, das 1803 entstand. Die folgenden Verse entstammen dem ersten Auftritt aus dem vierten Akt und sind im Anapäst verfasst:
"Auf den Lippen die purpurnen Blüten der Lust, [...]
So umhauchtest du mich mit berauschendem Wahn"
(August Wilhelm Schlegel, 1803, Ion)
- Beide Verse sind in ihrem Metrum vollständig und enden daher mit Betonung, also männlicher Kadenz.
- Ist eine Zeile nicht katalektisch, spricht man auch von einem akatalektischen Vers.
- In diesem Fall weisen beide Verse je vier anapästische Hebungen auf.
Ein weiteres Beispiel ist das bereits erwähnte Gedicht "Pandora", das Johann Wolfgang von Goethe zwischen 1807 und 1808 verfasste. Auch in diesem Ausschnitt wurden die einzelnen Hebungen farbig markiert.
"Alle blinken die Sterne mit zitterndem Schein,Alle laden zu Freuden der Liebe mich ein,Zu suchen, zu wandeln den duftigen Gang,Wo gestern die Liebste mir wandelt’ und sang"
(Johann Wolfgang von Goethe, 1808, Pandora)
- Sämtliche Endungen weisen männliche Kadenzen auf.
- Dabei sind sowohl der dritte als auch der vierte Vers akephal verkürzt.
- Der erste Versfuß wirkt erst wie ein Jambus, der aus einer unbetonten und einer betonten Silbe besteht.
- Beim Weiterlesen stellt sich jedoch heraus, dass es sich dennoch um den Anapäst handelt.
Eine Form der Lyrik, die den Anapäst durchgängig nutzt, ist der Limerick. Beim Limerick handelt es sich um ein kurzes, unterhaltsames Gedicht, das aus fünf Versen besteht. Der erste, der zweite und der fünfte Vers enthalten dabei je drei Hebungen, die dritte und die vierte Zeile dagegen nur zwei.
Einer der ersten Dichtenden, die den Limerick anwandten, war Edward Lear. 1843 veröffentlichte er "A Book of Nonsense", das insgesamt 107 anapästische Limericks enthält.
Anapäst Betonung erkennen
Wie lässt sich die Betonung des Anapäst im Gedicht erkennen? Wenn Du das Metrum eines Gedichts ermitteln möchtest, kann es hilfreich sein, zunächst die Silben der einzelnen Verse voneinander zu trennen. Hierfür kannst Du einfach mit einem Bleistift dünne Linien ziehen.
- Im nächsten Schritt liest Du das Gedicht laut vor.
- Achte darauf, welche Silben Du ganz natürlich stärker beziehungsweise schwächer betonst als andere.
- Die Hebungen lassen Deine Stimme beim Vorlesen etwas höher und schärfer klingen.
- Wenn Du Dir nicht sicher bist, betone ganz bewusst die erste Silbe im Vers und die zweite und dritte nicht.
- Dann betone wieder die vierte und lasse die fünfte und sechste unbetont.
- Das führst Du fort, bis der Vers beendet ist.
- Wenn die Betonung natürlich klingt, liegt ein Anapäst als Versmaß vor.
Markiere Dir die Hebungen mit einem großen X und die Senkungen mit einem kleinen x, damit Du nicht durcheinander kommst. Alternativ sind auch waagrechte Striche für unbetonte Silben und Punkte für betonte Silben gebräuchlich.
Es gibt viele Methoden, um das Metrum in einem Gedicht zu kennzeichnen. Wichtig ist, dass Du Dich für eine Form entscheidest und dabei bleibst. Du kannst am Rand des Gedichts auch notieren, welches Symbol was bedeutet.
Anapäst — Das Wichtigste
- Metrum Anapäst Wortbedeutung:
- Die Bezeichnung "Anapäst" leitet sich ab von dem griechischen Wort "anápaistos".
- Sie bedeutet so viel wie "zurückprallen", "zurückschlagen" oder auch "rückwärts schlagen".
- Versmaß Anapäst Betonung:
- Der Anapäst ist einer von insgesamt neun Versfüßen.
- Er besteht aus drei Silben, zwei unbetonten und einer betonten.
- Damit ist er das exakte Gegenstück des Daktylus.
- Anapäst Wirkung:
- Der Anapäst legt den Schwerpunkt, also die Betonung, auf das Ende des Verses.
- Hierdurch wirkt er oft bekräftigend oder drängend.
- Anapäst Beispielwörter:
- "Anapäst" ist selbst ein Wort, dass sich in der Betonung des Anapäst sprechen lässt.
- Häufig wird der erste Versfuß des Anapäst akephal verkürzt.
- Das bedeutet, statt zwei unbetonten und einer betonten Silbe werden nur eine unbetonte und eine betonte Silbe genutzt.
- Anapäst Gedichte erkennen:
- Du kannst das Metrum eines Gedichts erkennen, indem Du den Vers zunächst in seine einzelnen Silben zerlegst und ihn Dir dann mit anapästischer Betonung laut vorliest.
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Häufig gestellte Fragen zum Thema Anapäst
Wie wirkt der Anapäst?
Der Anapäst wirkt bekräftigend oder sogar drängend, denn er verlagert die Betonung in einem Gedicht ans Ende des Verses.
Was ist der Anapäst?
Der Anapäst ist einer von insgesamt neun Versfüßen. Aus ihm bildet sich eines der vier gängigsten Metren. Er besteht aus drei Silben, zwei unbetonten und einer betonten, und ist damit das Gegenstück des Daktylus.
Wie erkennt man den Anapäst?
Den Anapäst erkennt man an seinem dreisilbigen Aufbau (Abfolge: zwei unbetonte Silben, eine betonte Silbe). Markiere Dir die einzelnen Silben eines Gedichts am besten mit Trennstrichen und lies sie Dir dann laut vor, um das Metrum herauszufinden.
Ist das Wort Anapäst ein Anapäst?
Das Wort "Anapäst" ist selbst ein Anapäst. Du kannst Dir den Aufbau des Metrums also gut an diesem Beispielwort vorstellen: An | a | päst. Die ersten beiden Silben sind unbetont, die letzte Silbe ist betont.
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